Favorite Entries 2003

31.12.2003
Good night, 2003. Embrace me, 2004. May you be as interesting, exciting, passionate and funny as your predecessor.

This entry sounds SO different from last year's. Thank you for that. You know who you are.

And now ... bring me that horizon.




25.12.2003
Und weiter im Text mit den Rückblicken: hier meine Magic Movie Moments 2003:

Gangs of New York: die unendliche Kamerafahrt über den New Yorker Hafen – von den ankommenden Einwanderern bis zu den in den Bürgerkrieg marschierenden Soldaten. Michael Ballhaus at his best.

Catch me if you can: der wunderbare animierte Vorspann.

Maid in Manhattan: der Moment, in dem Jennifer Lopez im Abendkleid auf Ralph Fiennes zugeschwebt kommt und der sie so fasziniert anschaut, als ob er noch nie einen anderen Menschen gesehen hat.

Punch-Drunk Love: die unglaubliche Liebeserklärung von Adam Sandler und Emily Watson:
Barry: "I'm lookin' at your face and I just wanna smash it. I just wanna fuckin' smash it with a sledgehammer and squeeze it. You're so pretty."
Lena: "I want to chew your face, and I want to scoop out your eyes and I want to eat them and chew them and suck on them."

The Rules of Attraction: die atemlose Rundreise durch Europa inklusive ner Menge Sex und ner Menge Drogen in fünf Zeitraffer-Minuten.

Pirates of the Caribbean: der Moment, als Orlando und Keira sich endlich küssen. Und jeder Moment mit Johnny Depp. Am liebsten der, in dem er entdeckt, dass der Rum alle ist. Welcome to the Caribbean.

Kill Bill Vol. 1: die Anime-Sequenz, in der das Blut der getöteten Mutter in Zeitlupe auf das Gesicht der Tochter tropft.

Mystic River: der Augenblick, in dem Sean Penn klar wird, dass seine Tochter ermordet worden ist. Der Augenblick, als er ihr das Kleid für die Beerdigung auf den toten Leib legt. Der Augenblick, als er endlich darüber weinen kann. Und der Augenblick, in dem er erkennt, dass er den Falschen für diesen Mord hingerichtet hat.

Intolerable Cruelty: die Szene mit dem Berufskiller, der Knarre und dem Asthma-Inhalator. Und wer den Film nicht gesehen hat: Er ist von den Coen-Brüdern. Mit ein bisschen kruder Fantasie kriegt ihr die Szene schon zusammen.

Finding Nemo: als Dory Marlin anfleht, sie nicht alleine zu lassen, weil sie sich zusammen mit ihm besser an alles erinnern kann.
Dory: "I don't want that to go away. I don't want to forget.“
Marlin: "I'm sorry, Dory. But I do."

Love Actually: der Moment, in dem Emma Thompson versteht, dass ihre Ehe gescheitert ist, sie zum Weinen ins Schlafzimmer geht und danach wieder die Fassung für die Familie bewahrt.

The Return of the King: der lange Schwenk über verschneite Gipfel, auf denen ein Leuchtfeuer nach dem anderen die Welt erhellt. Und die Szene, in der Pippin ein einsames Lied gegen den Wahnsinn von Denethor singt, während dieser Essen in sich hineinstopft.

Hero: jede einzelne Sekunde. Jede einzelne Einstellung. Jedes einzelne Bild.





23.12.2003
Frau Ingeborch blickt rück. Ich blicke mit.

1. Zugenommen oder abgenommen?
Unverändert. Glaube ich.

2. Haare länger oder kürzer?
Länger. Da bin ich mir sicher.

3. Kurzsichtiger oder weitsichtiger?
Ich bin kurzsichtig, aber meine neue Brille hat einen Hauch weniger Dioptrin als die davor. Also: ein bisschen normalsichtiger.

4. Mehr Kohle oder weniger?
Mehr.

5. Mehr ausgegeben oder weniger?
Mehr. Wenn ich mehr zum Ausgeben habe, dann gebe ich auch mehr aus.

6. Mehr bewegt oder weniger?
Mehr. Allein die Strecken, die ich in London rumgerannt bin, waren mehr als das sonst übliche Haustür-Auto-Agentur.

7. Der hirnrissigste Plan?
Mich mal wieder verlieben zu wollen.

8. Die gefährlichste Unternehmung?
Mit meiner Art Direktorin von München nach Ingolstadt im SLK zu fahren. 240 Sachen und ich schweißnass auf dem Beifahrersitz.

9. Der beste Sex?
Ja, gerne.

10. Die teuerste Anschaffung?
Mein „neues“ Auto. 1800 Euro.

11. Das leckerste Essen?
Viel zu viele Crêpes mit Michel und Jörn im Ti Breizh.

12. Das beeindruckendste Buch?
Traveling Mercies von Anne Lamott.

13. Der ergreifendste Film?
Punch-drunk love von Paul Thomas Anderson.

14. Die beste CD?
One Deed von Tony Vincent.

15. Das schönste Konzert?
Robbie Williams at Knebworth als Livestream. Richtig in einem Konzertsaal war ich dieses Jahr gar nicht. Asche auf mein Haupt.

16. Die meiste Zeit verbracht mit ...?
... meinen Kollegen.

17. Die schönste Zeit verbracht mit ...?
... mir selbst.

18. Vorherrschendes Gefühl 2003?
Augen auf und durch.

19. 2003 zum ersten Mal getan?
Nach London gefahren.

20. 2003 nach langer Zeit wieder getan?
In die Kirche gegangen.

21. Drei Dinge, auf die ich gut hätte verzichten mögen?
Depressiver Rückfall Anfang des Jahres. Deppige Internet-Stalker. 20six-Diskussionen.

22. Die wichtigste Sache, von der ich jemanden überzeugen wollte?
Meinen besten Freund davon, dass meine Kündigung ne gute Idee ist.

23. Das schönste Geschenk, das ich jemandem gemacht habe?
Eine meiner Kolleginnen meinte, meine Abschiedsmail wäre die schönste Post gewesen, die sie je bekommen hätte.

24. Das schönste Geschenk, das mir jemand gemacht hat?
Meine Therapietante, mein Gott, meine Kollegen und meine Freunde haben mir den Glauben an mich selbst zurückgegeben.

25. Der schönste Satz, den jemand zu mir gesagt hat?
„Bleib, wie du bist.“

26. Der schönste Satz, den ich zu jemandem gesagt habe?
„Merciiii, dass eeees diiiiich giiiiibt.“

27. 2003 war mit einem Wort ...?
Inspirierend.




20.12.2003
Die Schnuffiposter vom Schreibtisch abgenommen. Duden,Textor und alle Kreativfibeln in Tüten gepackt und ins Auto getragen. Schränke und Schubladen leergemacht. iBook aufgeräumt. Alle Daten von der lokalen Festplatte auf den Server kopiert. Outlook-Ordner weggeschmissen, wichtige Mails nach Hause weitergeleitet, im Explorer alle Bookmarks gelöscht. Agenturschlüssel abgegeben, Lohnsteuerkarte abgeholt. Nach Hause gefahren und das Make-up nach der ersten Heulattacke wieder aufgefrischt. In die Agentur zurückgefahren und zusammen mit Kollegen auf die Weihnachtsfeier gegangen.

Ne Menge gelacht, ne Menge getrunken, ne Menge Spaß gehabt. Gutes Essen genossen, ein paar Zigaretten geschnorrt, auch nach zweieinhalb Jahren noch Neues über Kollegen erfahren. Der Chefrede zugehört und sich halb drin und halb draußen gefühlt. Irgendwie noch dazugehörig und doch schon mit einem Bein woanders.

Irgendwann still und leise das Jäckchen angezogen, als der Kloß im Hals immer größer wurde. Vom Chef verabschiedet und zu hören bekommen: „Komm jederzeit wieder. Selbst wenn wir grad keinen Job freihaben – wir finden schon was, um dich wieder einzustellen.“ Alle Kollegen umarmt, ein paar geküsst, dutzende wundervolle Sätze zum Abschied gehört. Auf dem Weg nach Hause in einer Tour Rotz und Wasser geheult.

Ich weiß, dass ich viele gute Gründe gehabt habe zu kündigen.
Aber im Moment fällt mir kein einziger mehr ein.




19.12.2003
So many roads. Now all I have to do is start walking.




15.12.2003
Anke Gröner proudly presents My New Life®.
Out now for me to own. Limited availability. No guarantees.
Enjoy the ride.




15.12.2003
Salzkartoffeln

Mutter tischt auf. Mutter tischt immer auf. Seit ich denken kann, gibt es Weihnachten immer Ente, Erbsen und Möhren, braune Soße und Salzkartoffeln. Sie steht da, großgeblümt, fettig glänzend und tischt auf, wie sie es schon immer getan hat und wohl auch immer tun wird. Ich habe mich schon oft gefragt, ob sie eine Art Perpetuum Mobile ist, das nie aufhört, das zu tun, was es eben schon seit 1000 Jahren tut.

Vater sitzt am Kopfende, repräsentativ, wichtig, alt. Die Geschenke: der übliche Pfeifenreiniger, die Krawatten, die Bücher, die nie gelesen werden. Er steicht mit seinen blauen Händen über die gute Tischdecke und murmelt etwas von schöndasswirmalwiederallezusammensind. Dabei wischt er einige Krümel auf den Fußboden, die noch vom Zuckerkuchen übrig geblieben sind. Zum Kaffee. Schon Stunden her. Ewigkeiten. Mutter eilt herbei mit Fegeblech und müdem Blick. Sie kniet, und er tätschelt ihr mechanisch den Rücken.

Brüderchen neben mir. Die ersten grauen Strähnen in seinen blonden Haaren, um die ich ihn immer beneidet habe, wie um so vieles mehr. Der leise Tonfall, wenn er von seiner Familie erzählt, warum seine Frau ausgerechnet heute nicht hier sein kann, die Arbeit, die Kinder. Und jeder denkt sich seinen Teil und weiß von der Trennung und dass die Kinder schon längst zu altuninteressierteigenerfreundeskreis sind, um noch bei den Großeltern den ersten Feiertag zu verbringen.

Brüderchen darf den Vogel anschneiden. Ein wenig Bratensaft spritzt auf die Decke, ein müder Blick, ein Kichern. Meine Kinder.

Ich verteile die Salzkartoffeln. Mutter plaudert und erzählt Geschichten, die wir schon kennen aus den wenigen Telefonaten, die wir miteinander führen. Sie hat einen aufgeregten Unterton, wenn sie von den Preiserhöhungen für Butter und Mehl erzählt, einen hämischen, wenn sie die neuen Gräber beschreibt, einen erleichterten, wenn sie die letzten Arztbesuche schildert. Wir schlucken.

Abräumen dürfen die Enkelinnen. Ich höre das Klappern der Teller im Becken in der Küche und ihr erleichtertes Lachen, weil sie dem Kreis entrinnen konnten. Brüderchen und ich packen Geschenke aus und wieder ein. Die Autoschlüssel klimpern griffbereit in der Manteltasche. Vater reicht uns die blauen Hände, Mutter umarmt uns und hinterlässt einen Entengeruch am Kragen, der wochenlang nicht wieder weggeht.
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13.12.2003
Der folgende Eintrag war meine Abschieds-Mail an alle in der Agentur. Damit könnt ihr garantiert nicht viel anfangen, aber ich will mich an diese Mail erinnern. Und deswegen wird mein Weblog jetzt mal kurz zum (Achtung, böses Wort:) Tagebuch.
Da müsst ihr jetzt durch.

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Von: Anke Gröner <groener@xxx.de>
Datum: Fri, 12 Dec 2003 17:27:05 +0100
An: alle <alle@xxx.de>
Betreff: Famous last words: Nie wieder Post von Anke

Deswegen zum Schluss noch mal ne schöne lange Mail mit einem dicken Dankeschön für zweieinhalb Jahre Spaß bei xxx. Genauer gesagt, danke an ...

Holger: dafür, dass du mir gezeigt hast, dass auch Jungs verdammt eitel sein können. (Brille? Ich?)

Hans: für den Beweis, dass nicht alle Texter Labernasen sein müssen.

Kai A: für das Autogramm von Armin Reins.

Cora: dafür, dass du mich im tiefsten Winter auf Sommerreifen zur Werkstatt kutschiert hast (in einem italienischen Kleinwagen. Pffft. Würd ich ja nie fahren).

Nic: für das leckerste Parfum im Atelier.

Raphael: dafür, dass ich fast mal deine Wohnung gemietet und du fast mal mein Auto gekauft hast.

Sandra S: fürs Premiere-Decoder leihen und den schönsten Arsch der Agentur.

Sandra F: für die interessantesten Sätze auf Hosenböden.

Silke: für die Euros aus Luxemburg und die Jägermeister-Kulis. („Aber nicht mal das Team hat genug ... jajaJA, hör schon auf zu heulen, nimm halt einen, Herrgott!“)

Andreas: für den „Falling Down“-Modus und die Erkenntnis, dass es doch Menschen gibt, denen Braun steht.

Kiki: für deine blauen Augen, die mich so sentimental machen.

Uli: dafür, dass man dich immer so schön ausbremsen konnte, wenn du deinen Hektikflash gekriegt hast: „Uli – ALLES WIRD GUT! WIRKLICH! ATMEN!“

Yvonne: dafür, dass du dir Sorgen um mich gemacht hast, als meine Website einen Tag offline war und natürlich für das liebevolle Abschiedsgeschenk (a.k.a. Schnuffi-Kalender).

Isi: für das nette Gespräch auf Michels Geburtstagsfeier.

Torben: dafür, dass du der Leuchtturm der Weisheit warst inmitten eines Meeres aus Irrsinn und dass du immer „Guten Morgen, Anke“ gesagt hast anstatt „Mpff“.

Soosoo: für ne Menge Spaß in Berlin und dass ich mich dort wie ein richtiger Werber fühlen durfte.

Stephanie: fürs Urlaubstage-Zusammenrechnen und sich entschuldigen, dass es nicht mehr sind.

Nina F: dafür, dass du mir nach meiner undamenhaften Bemerkung „Ach, so scheiße sieht deine neue Frisur doch gar nicht aus“ keine runtergehauen hast.

Thomas: dafür, dass Katrin fast Tränen in den Augen hatte: „Anke, ein Produktioner! Nur – für – uns! Hassu'n Taschentuch?“

Axel L: fürs Immer-erst-zu-mir-kommen, wenn du eine Filmfrage hattest und dann zu Herrn Google.

Nina J: für deine vielen „Du bist die Beste!“-Mails, die ich alle ernst genommen habe.

Anna: für die ganzen philosophischen Buzzwords („Paradigmen“) und das Kiefer-Foto in der Hauspost.

Tanja: für die Fahrt im TT und deinen immer wieder funktionierenden „Ach, du bist halt am schnellsten“-Psychotrick. Leider Abzug in der B-Note für „kinky“.

Kai D: für die vielen Komplimente zu meinen Filmkritiken und das schönste Lachen der Agentur.

Hilko/Wilko: für die blödeste Eselsbrücke der Welt (hhhelle Haare = HHHilko, dunkle Haare = Wilko).

Olli G: nicht wirklich ein Danke dafür, dass du an unserem gemeinsamen ersten Tag bei xxx eine total schmissige Vorstellungsrede in der Montagsandacht gehalten hast und ich mit meinem „Ja, äh, ich komm' aus Hannover“ total abgestunken bin.

Olli H: für dein verschmitztes Lächeln, wenn du die Worte „dynamisch“, „hochwertig“ oder „Alufond“ sagst. (Nebenbei: Runner-up in der Kategorie „Unterarme“.)

Diether: dafür, dass du bei deinen Bonmots todernst bleiben kannst, während ich schon gackernd am Boden liege.

Jens D: für dein Urteil über den Gemeindehauskaffee: „Da kann man ja Kinder mit abtreiben!“ und den besten Visitenkarten-Satz aller Zeiten: „Advertising while you wait.“

Jakob: fürs Auf-die-gute-Seite-wechseln.

Elke: für deinen hauptstädtischen Kleidungsstil (bunt, baby, bunt).

Feli: dafür, dass du gleich an deinem ersten oder zweiten Tag bei xxx auf meinen Filmverteiler wolltest.

Isabell: für den Tipp mit der Kiezkantine (it may rest in peace).

Nils: für die appelige Allwissenheit, deine Hilfsbereitschaft und das begeisterte Leuchten in deinen Augen, wenn du über das neue Siebzehnzöllerpowerbook geredet hast.

Glenda: für Travis, Rent und das Vorsingen im großen Konfi. Self-confidence in a minute.

Tongtos: für die London-Tipps.

Axel D: für die schönsten Beine der Agentur und ne Menge äußerst unterhaltsamer Mittagspausen.

Robert: für die schönsten Unterarme (hier ist die Benchmark, Olli), dieses kleine, charmante Lächeln um die Mundwinkel und den wundervollen Balina Akzent, wa?

Alex: für Behörnchen, Brian Boitano und dass du mich geküsst hast, als ich dir gestanden habe, ab und zu die Scorpions auf meinem iPod zu haben. Aber wenn du eben diesen nochmal auf die Schreibtischkante haust, um mir zu zeigen, wie toll shock proof er ist, breche ich dir die kleinen Beinchen. Got me?

Tobi: für deine Hilfsbereitschaft, deine Geduld und dass ich immer gute Laune hatte, wenn ich mit dir ausdenken durfte. Für „Ja, leider“, „Timmyyy“ und „Jesus is my Homeboy“. Und dafür, dass ich dich mindestens zehnmal im Weblog zitieren konnte.

Michel: für dein offenes Ohr, deine gute Seele und dein mitfühlendes Herz (und deine unnachahmliche Nasenbohr-Geste, aber das ruiniert jetzt total den sentimentalen Eintrag).

Susi: dafür, dass du so traurig geguckt hast, als ich dir von meiner Kündigung erzählt hab. Fürs Amazon-Päckchen an den Platz bringen. Für die Zappa-Jeans. Fürs Kundentassen benutzen lassen. Fürs Katrin und mich in der Lounge erdulden. Für dein Lächeln.

Katrin: für alles.

Hartwig und Dominik: dafür, dass ich jetzt überall rumerzählen kann, ich hätte bei den attraktivsten Chefs der Branche gearbeitet (diese Augen! dieses Lachen!) und für die Gelegenheit, von euch lernen zu dürfen.

Anke, over and out.




12.12.2003
Diskussionsmüde.
Intellektuellenmüde.
Verblödungsmüde.
Verletzungsmüde.
Jahresendmüde.
Wortmüde.

We burn that bridge when we come to it.
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09.12.2003
Ich verabschiede mich allmählich aus dem Reich der Vernunft.

1. Ich habe mir bei McDonald's ein Happy Meal gekauft, um den lachenden Plastikfisch Marlin zu bekommen.
2. Ich habe meinen Lieblingsarter und unseren FFFler so lange genervt, bis sie einen Screenshot aus der gut kopiergeschützten Jesus Christ Superstar-DVD gemacht haben und daraus dann eine gephotoshoppte Postkarte, die ich Schnucki nach New York zum Autogramm-Draufschreiben schicken kann.
3. Und ich habe am Wochenende ein paar Songs aus Starlight Express aus dem Netz ... öhm ... gekauft, die mir auch noch gefallen.

Wir sehen uns auf der anderen Seite. War schön, so'n Hirn. Aber irgendwann reicht's dann auch mit dem Klumpen.




02.12.2003
I envy my eyes because they saw you before I did.
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29.11.2003
Ich war gestern auf meiner letzten offiziellen Agenturparty, denn meine Zeit in der Werbung ist in zwei Wochen vorbei. Ich habe so ziemlich jedem Kollegen und jeder Kollegin in die Ohren gebrüllt, wie sehr ich sie vermissen werde und habe dasselbe zu hören bekommen. Ich habe als Eher-Wein-als-alles-andere literweise Pseudobier in mich reingeschüttet. Ich habe als Im-Prinzip-seit-zwei-Jahren-Nichtraucher eine ganze Packung Marlboro weggequarzt (hört auf, mir diese Light-Scheiße anzubieten). Und ich habe mich als absoluter Nichttänzer und Höchstens-mal-bei-Technogeblubber-Kopfnicker auf die Tanzfläche gewagt und trotz des nicht funktionierenden Fußes und des ständigen Gefühls, gleich falle ich auf die Fresse, ein kleines Tänzchen gewagt. Audioslave. Jeder hat seinen Preis. Und meine Güte, hat die Plörre fantastisch geschmeckt und jede Zigarette Spaß gemacht und sah meine Luftgitarre gut aus. Ich bin jetzt taub und heiser und durchgeschwitzt.

Life tastes good. Every fucking minute of it.
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29.11.2003
Ohne Elke hätte ich Thanksgiving völlig vergessen. Dann mache ich ihr auch mal was nach:

Ich bin dankbar dafür, meine innere Ruhe wiedergefunden zu haben. Ich bin dankbar für meine Stärke, die mich nur noch selten im Stich lässt.

Ich bin dankbar für Musik, Bücher, Filme; alles, was meine Augen und Ohren erreicht und mein Herz höher schlagen lässt.

Ich bin dankbar für die letzten vier Jahre in Hamburg, die mich persönlich viel weiter gebracht haben als die 30 davor. Ich bin dankbar dafür, ein Talent mit auf den Weg bekommen zu haben. Ich bin dankbar für meine Freunde, die nicht müde wurden, mir das so lange zu sagen, bis ich es geglaubt habe.

Ich bin dankbar dafür, lauthals im Badezimmer singen zu können, über Witze meiner Kollegen lachen zu können, mich über jeden Sonnenaufgang freuen zu können, Essen wieder genießen zu können. Ich bin dankbar dafür, wieder laufen zu können. Ich bin dankbar für ein Dach über meinem Kopf, das ich selbst bezahlen kann.

Ich bin dankbar für viele Erfahrungen, die ich machen musste oder durfte, die mich zu der gemacht haben, die ich jetzt bin, denn ich bin zufrieden. Optimistisch. Gespannt. Ja, glücklich.
Und dafür bin ich am meisten dankbar.
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17.11.2003
Ich möchte erwähnen, dass ich meinen SysAdmin nach seiner geduldigen Wochenendkonsultation in mein Nachtgebet mit einschließe. Sollte man sowieso mit allen SysAdmins machen. Jedenfalls Leute wie ich, die von Tuten und ... wieder in die Metaphernfalle getappt, Gröner ... keine Ahnung haben.
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12.11.2003
Na toll:
Jetzt, wo ich gehe, wird unsere Fassade endlich vernünftig gestrichen, und die Agentur sieht aus wie ne Agentur und nicht mehr wie ein Kinderspielplatz.

Jetzt, wo ich gehe, steht hier oben im Atelier ne neue Espressomaschine, die leckereren Kaffee macht als die unten in der Lounge. Meaning: weniger laufen für besseren Geschmack.

Und vor allem: Jetzt, wo ich gehe, haben wir einen Kakaopulverstreuer, der HERZCHEN auf den Cappuccino macht!

Life's a bitch.
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10.11.2003

Drei Wochen Urlaub sind echt lang my ass.
Blink of an eye, people. Seriously.
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08.11.2003
„Also, wenn ich das richtig verstanden habe – Sie wollen gar nicht, dass wir Ihnen Arbeit vermitteln?
„Wenn Sie einen Job als Drehbuchautor im Computer haben, dann gerne. Aber eben nicht mehr als Texter.“
„Aber Sie sind doch Texter.“
„Aber ich will keiner mehr sein. Ich will Drehbücher schreiben.“
„Da haben wir aber bestimmt nix im System.“
„Deswegen will ich ja auch nicht von Ihnen vermittelt werden.“

Mit dem Arbeitsamt zu reden ist wie mit einem Chatbot zu diskutieren.
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07.11.2003
Guten Tag. Mein Name ist The Machine. Ich bin Ankes iBook und hatte gestern einen total revolutionären Tag.

Ich war ein wenig übermütig drauf und dachte mir so gegen 15 Uhr, ach, dachte ich mir, ich zerstöre einfach mal alle Pfade und Inhaltsverzeichnisse, die so auf meiner Festplatte rumliegen und stürze ab. Mal sehen, was Anke macht.

Sie hat zuerst hundertmal versucht, mich neuzustarten, teilweise mit den irrwitzigsten Klammergriffen, die sie wer weiß wo gesehen hat – aber nichts hat funktioniert. Ich habe ihr nur belustigt den Ordner mit dem blinkenden Fragezeichen angeboten und bin nicht mal mehr hochgefahren.

Anke war bemerkenswert ruhig, wenn man sich überlegt, wie schnell sie anfängt zu hyperventilieren, wenn irgendein Viggo-Trailer mitten im Download abbricht. Sie begann, ihre Wohnung nach der Bedienungsanleitung und den System-CDs abzusuchen. Nach ungefähr einer Stunde und einer Menge Gehuste ob des Staubaufkommens in den Regalen war sie fündig geworden. Ich bekam eine System-CD eingelegt und fuhr auch brav hoch. Nur leider war diese CD auf Niederländisch, dessen Anke nicht ganz so mächtig ist. Daher hat sie sich nicht getraut, auf irgendwelche Dialogfelder zu klicken (Weichei), sondern hat stattdessen den Agentur-SysAdmin angerufen, nicht ohne ziemlich lautstark über die *** bei Apple zu fluchen, die wohl zu *** sind, um eine deutsche CD beizulegen, diese *** ***.

Der SysAdmin hat sich dann heute morgen mit mir beschäftigt. Was eigentlich nur 20 Minuten dauern sollte, hat drei Stunden in Anspruch genommen. Ich muss wohl doch mehr kaputt gemacht haben als ich dachte; ich weiß gar nicht mehr, welche Verzeichnisse ich alle zerfräst habe. Anke hat mich des öfteren „Mistding“ genannt (meistens im Zusammenhang mit „Mein ganzes Leben ist da drauf!“), durfte sich dafür im Gegenzug aber auch anhören, dass man den iTunes-Kram ja auch mal brennen könne und warum sie immer noch sturerweise auf OS 9 arbeiten würde. Ihr Argument, sie sei halt sentimental und fände die blubberigen OS X-Balken so doof, wurde mit einem energischen SysAdmin-Schnauben als „Weiberkram“ abgetan.

Jetzt geht es mir wieder gut, Ankes rote Hektik-Flecken am Hals sind verschwunden, und sie atmet wieder ruhig. Sie hat sich ungefähr eine Million Mal bei ihrem absoluten Lieblings-Systemadministrator bedankt, dem sie irgendwann nochmal eine Ode texten wird. Und mir hat sie auch verziehen. Seit einer halben Stunde hat sie mich im Arm, und wenn sie nicht gerade auf mir tippt, küsst sie meine weiße Oberfläche und drückt mich an ihr kleines Mädchenherz. Aber ich brauche wirklich keinen Kamillentee. Und sie muss mir auch nichts vorlesen. Und, nein, ich will auch KEINE KEKSE!




03.11.2003
Und wenn der Gottesdienst wider Erwarten mal grottenlangweilig ist, sucht man sich seine Kathedrale eben selbst. Ach, Hamburg. Ach, Elbe. Ach, WellenWindWasserSchiffeSonneSand. Da lass ich dir sogar die nassen Hunde durchgehen.




27.10.2003
It was raining. I was somewhere in the West End, my movie was about to start, and I was lost. Standing outside of a parking garage, fighting with the magazine that held the address to the movie theater I was looking for and the pages of my map that kept turning over as soon as the wind hit them, I was getting wet. Really wet. It got worse every minute. I was running out of time. I desperately watched the papery mess in my hand when suddenly I heard a voice coming out of the dark entrance of the garage: "What are you looking for?"

I turned around to see a homeless man sitting there. He had covered a small piece of concrete with newspapers on which he sat and stared. At me, at the rain, at my magazine that began to sag under the weight of the water pouring down on it.
"Leicester Place", I said a little unwillingly but already waiting for his response.
"You need to go back to where you came from. Wrong direction. Look out for a street to your right."

He spoke in a low voice already and it nearly died away completely the longer he talked.
In the end it was merely a whisper. I looked at my map and realized in a second that he was right. I took out my wallet and fumbled for some coins to thank him but he had already turned away from me, muttering to himself: "See, I can be useful."

I was about to say "I never doubted that" but I knew it wasn't the truth.



19.10.2003
Die Popcornfresser. Die Tacostinker. Die Abspannfaschisten. Die Breitbeiner. Die Jackenreviermarkierer. Die Schuheabstreifer. Die Werbeblockpsssster. Die Pointenverrater. Die Taschentuchtröter. Die Metzelszenenquietscher. Die Zulautlacher. Die Dauerknutscher. Die Dialogpausenquatscher. Die Nichtsversteher. Die Untertitelvorleser.



17.10.2003
Gestern einen guten Tag in der Agentur gehabt. Einen von denen, die nur aus Hektik und Kleinkram und „Kannste mal hier“ und „Kannste mal da“ und „Der Kurier steht in zehn Minuten vor der Tür“ bestehen. Genau das mag ich an dem Job – und an jedem Job, kurz bevor ich ihn gewechselt habe: dieses Gefühl, ihn zu beherrschen.
Selbst in größter Hektik nochmal eben ne Copy zaubern. Selbst bei vier Tischen, die zahlen wollen, drei neue Bestellungen aufnehmen, Besteck hinbringen, Aschenbecher auswechseln und freundlich sein. Selbst mit viel zu wenig Schlaf und viel zu viel Restalkohol halbblind einen Film einlegen und scharfstellen. Geht alles. Weil ich es kann. Weil ich lange dafür gearbeitet habe, es zu lernen.
Ich liebe diese Sicherheit. Und ich hasse diese Routine.
Zeit zu gehen.
Immer wieder.




05.10.2003

Coffee

I like the way you are holding your coffee cup.
Clamped between your ring finger and your thumb
It describes small circles in the air
When you are swaying it around
Patiently waiting for the coffee to cool
Hesitating
Thinking
While you are talking to me
Reading
Smiling
Finally bringing it slowly to your lips
Where your tongue meets the taste.
I watch it and I know
That everything will be fine
As long as your coffee cup creates
Tiny airy pictures
At our breakfast table.




28.09.2003
Hey, du, Kerl in der Reihe hinter mir bei Seabiscuit, der seine weibliche Begleitung mit nutzlosen Fakten beeindrucken will: Ja, früher hießen M&M's Treets. Ja, früher hieß Twix Raider. Früher hatten wir auch einen Kaiser, und wer ganz früher nicht die Klappe gehalten hat, ist auf dem Scheiterhaufen geendet. Got me?




27.09.2003
Die Umzugskartons sind noch nicht ausgeräumt. Die Möbelpacker nehmen ihre Gurte und verlassen uns wieder. Bücher versperren den Eingang, der Kühlschrank ist leer, im Bad fehlen Glühbirnen. Heller Staub liegt auf dem neuen Fußboden und wartet darauf, weggewischt zu werden. Warum eigentlich, fragst du. Ja, warum eigentlich, wo meine Füße doch bunte Muster in ihn malen und du mit dem Finger gerade die Sonnenflecken nachzeichnest, die auf dem Parkett tanzen.



23.09.2003
Seit einigen Monaten fühlt sich alles wie Aufbruch an. Aufbruch in einen neuen Lebensabschnitt. Der Kopf ist schon ganz woanders, somewhere better. Wobei das Hier und Jetzt nicht fürchterlich ist, ganz im Gegenteil. Wenn ich den Job, in dessen Richtung ich mich gerade freischwimme, hier in der Agentur machen könnte, würde ich's tun, denn ich hab mich selten an einem Arbeitsplatz so geschätzt und wohl gefühlt.

Aber trotzdem mögen sich mein Hirn und mein Herz und meine Tippfinger nicht mehr mit dem beschäftigen, was sie tagtäglich auf dem Schreibtisch haben. Insofern hänge ich jetzt in der Eigentlich-aber-anderseits-Warteschleife fest, in der ich weiter das tue, was ich die letzten vier Jahre gemacht hab (Werbung) und davon träume, das zu tun, wovon ich eben – genau – träume (Filmkram in all seinen Ausprägungen). Wo genau es mich hinverschlagen soll, weiß ich noch nicht genau. Aber ich weiß, dass ich, wenn ich nicht hier und jetzt einen Schlussstrich ziehe, meinen Hintern nie hochkriege.

Also hab ich's getan.

Ich hab einen Strich unter mein Texterdasein gemacht.

Ich hatte vor einigen Wochen ein sehr nettes Gespräch mit meinem Chef, der mich mit einem dicken Kompliment bedacht hat: „Überschlaf die Kündigung nochmal, aber wenn du dich wirklich dazu entschließt, sag mir rechtzeitig Bescheid – du bist nicht so leicht zu ersetzen.“ Dankeschön. Von dem Satz zehre ich immer noch. Und ich überschlafe den Schritt auch brav jede Nacht nochmal. Aber immer, wenn ich morgens aufwache, weiß ich, dass es ein richtiger Schritt ist. Und ich freue mich: auf neue Herausforderungen, auf eine neue Art zu schreiben, auf alles, was ich noch lernen werde und auf alles, was ich schon gelernt habe und nun endlich anwenden kann.

Gleichzeitig hab ich natürlich Schiss wie nix Gutes, aber auch das fühlt sich irgendwie okay an. Es ist ein bisschen das kleine Teufelchen, das mir sagt: „Dann mach mal. Du wolltest das ja so“, während das Engelchen noch die langweilige „Aber in unserer heutigen wirtschaftlichen Lage einen sicheren Job aufgebenaaaaah“-Litanei singt.

Ich mochte mein Teufelchen schon immer lieber, weil es meinem Bauchgefühl entspricht, und im Nachhinein haben sich meine Bauchentscheidungen meist als richtig herausgestellt. Außerdem bin ich bis jetzt jedesmal auf den Füßen gelandet. Drückt mir die Daumen, dass das so bleibt. Und: Bis Dezember ist mein Gehalt ja noch sicher; bis dahin kann ich noch ne Menge Wasser den Rhein runtertexten.

PS: Wenn hier irgendjemand einen Job als Drehbuchlektor, Storyliner oder auch nur einen Praktikumsplatz als All-purpose runner weiß – immer her damit. Alle Karmapunkte dieser Welt sind euch sicher. (Wahlweise bringe ich euch was aus London mit.)




19.09.2003




16.09.2003
Gut gemeint und voll daneben, „blonder junger Mann gestern auf der Holstenstraße“: der Marilyn Manson-Aufkleber auf der Heckscheibe. Schwarzer Autolack. Die 666 im Nummernschild.
Nur doof, wenn der Wagen dann kein alter Friedshofsmercedes mit Totenköpfen am Rückspiegel ist, sondern ein knuffiger Peugeot 206. Da müssen wir wohl doch noch ein wenig üben für den Satanisten-Club, gell?




05.09.2003
Language my friend does cry
Moves time
Builds mountains.
Love shines a thousand eternity chains.




29.08.2003
Via une fille du: ein arg philosophischer Chatbot. Erinnert mich in seiner Argumentationsweise schwach an den großen Marvin:

Anke: Why shouldn't I be human?
Bot: Because you have no reasons.




28.08.2003
Dieser eine Moment, in dem man weiß, es gäbe noch so viel zu ändern: an sich, an seiner Umgebung, an seinen Plänen, an seiner Zukunft – und anstatt sich von all der Ungewissheit einschüchtern zu lassen, atmet man einfach kurz durch und denkt sich: Wird schon. Dieser eine Moment. Unbezahlbar.




22.08.2003
Gestern morgen in der Agentur. Cheffe spendiert Frühstück. Wir alle im Konfi, Brötchen essend.
Andreas (kauend): Sag mal, Cheffe, wann ist eigentlich der errechnete Geburtstermin für den Nachwuchs?
Cheffe (Kaffee absetzend): 11. September. Ausgerechnet.
Tobi (Eiersalat im Mundwinkel): Vielleicht werden's ja Zwillinge.




14.08.2003
– Smutje? Wie sieht's eigentlich in der Küche aus?
– Melde gehorsamst, Sir: Das Nutella kehrt wieder in den festen Zustand zurück.
– Sehr schön. Dann können Sie ja die T-Shirts aus dem Kühlschrank nehmen. Es ist doch nicht mehr 1987.




07.08.2003





02.08.2003
Satz des Tages: I don't think so.

Ich kann unter alles einen Strich machen und es dann abhaken. Ich kann meine Familie ertragen, ohne wahnsinnig zu werden oder automatisch an Massenmord zu denken. Ich kann berufliche Entscheidungen treffen und sie nicht sofort danach wieder anzweifeln. Ich kann mir eingestehen, dass mir manche Menschen mehr bedeuten als andere. Und es macht mir gar nichts aus, von eben diesen Menschen irgendwie hintenrum mitgeteilt zu kriegen, dass es ihnen nicht so geht. Wobei sich das „mitteilen“ eher in „ignorieren“ äußert. Macht mir alles nix aus, denn ich ruhe in mir selbst. Ich kenne meine Stärken, ich bin selbstbewusst, klug, begabt und sowieso zu geil für diese kleine, doofe Welt. Ich kann sogar fliegen, wenn ich mich nur darauf konzentriere, beim Fallen den Boden zu verfehlen Und wenn alle Stricke reißen (das darf man ab und zu auch mal wörtlich nehmen), hilft ein halber Liter Noilly Prat auf Eis gegen alles.

I don't fucking think so.




30.07.2003
Dieser Eintrag bei Herrn Scholz hat mich zurück in meine tiefste Pubertät katapultiert.

Die erste Band, an die ich mein unschuldiges Herz verloren habe, waren The Teens. Ich erinnere mich, dass ihre Musik auf unseren Kracherpartys (ohne Jungs, aber mit Mama nebenan) immer der Knaller war. Ihre Kassetten waren meine erste Quelle für englische Vokabeln, auch wenn es ein Jahr gedauert hat, bis ich kapiert hatte, was „gonna“ bedeutet. Und ich war hemmungslos verknallt: in Robbie, den schnuckeligen Sänger. Als er die Band verließ (er war sozusagen der Ur-Robbie), habe ich brennend heiße Tränen vergossen, am Strand von Büsum, wo wir gerade im Urlaub waren. Während meine Schwester sich mit einem Ganzkörper-Sonnenbrand in den Mittelpunkt drängen musste, war ich mit meinem Kummer ganz alleine. Ich blickte auf die plätschernde Nordsee und wusste, die Welt wird nie wieder gut.

Aber es gab ja noch andere Schnuffis in der Band. Zweiter Favorit war – natürlich – der Basser. Alex. Eher der Schüchterne, wie die Basser halt so sind, eher im Hintergrund, aber mit diesem beseelten Blick, der mein Jungmädchenherz hoffen ließ – darauf, dass mein Leben vielleicht doch wieder einen Sinn bekäme.

The Teens waren relativ schnell wieder von der Bühne der Popmusik verschwunden, nachdem Robbie weg und der Rest aus der Pubertät raus war. Aber meine Geschichte mit ihnen war noch nicht zu Ende.

Ungefähr 15 Jahre später erzählte mir meine Freundin Uta, dass ihre Bekannte Charlie Besuch bekäme – irgendein Musiker aus Berlin, den sie werweißwo kennengelernt hatte. Ob ich Lust hätte, zum gemeinsamen Frühstück vorbeizukommen. Ich hatte und kam. Und wer saß am Tisch und plauderte fröhlich mit den Anwesenden? Alex. DER Alex.

Jeder, der mich kennt, weiß, dass ich die Labernase vor dem Herrn bin. Es gibt kaum ein Thema, zu dem ich nicht wenigstens ein paar Allgemeinplätze beitragen kann, um in der Konversation zu bleiben. Gib mir ein Stichwort, und ich monologisiere vor mich hin (so wie jetzt). Aber an dem Morgen war ich wieder 12. Ich hab zuerst meinen Mund nicht wieder zu- und dann nicht wieder aufgekriegt. Ich hab nur dagesessen wie ein Idiot und ihn angeglotzt. Der Rest der Truppe hat die ganze Zeit Witze gemacht und mir in die Rippen gehauen, aber ich hab's echt nicht fertig gekriegt, auch nur „Hallo“ zu sagen. Das Idol meiner Jugend, einer der ersten Kerle, mit denen ich feuchte Träume hatte – und da sitzt der Typ einfach neben mir und redet wie ein ganz normaler Mensch. Ich hab's einfach nicht fassen können.

Ein paar Wochen später war Alex wieder in der Gegend, und wir haben uns mit ein paar Leuten bei mir getroffen. Inzwischen hatte ich meine Sprache wiedergefunden und ihm ein wenig peinlich berührt die Story erzählt, was er grinsend zur Kenntnis genommen hat. Er hat mir geduldig dutzende von Geschichten über die Teens erzählt, wollte aber logischerweise lieber über Big Light reden, bei denen er inzwischen spielte. Das hat mich zwar nicht die Bohne interessiert, aber egal. Ich hab ihm andächtig zugehört und die ganze Zeit gedacht: Alex von den Teens redet mit mir. 12 eben.

An dem Abend bei mir haben wir unter anderem ein Kino-Quiz gespielt, was sein Autogramm erklärt, das er mir etwas unwillig auf meine alte Teens-Kassette gegeben hat, denn eine CD von Big Light hatte und habe ich bis heute nicht.

Ich habe ihn noch ein paar Mal gesehen, aber seit die Freundschaft zwischen Charlie und ihm in die Brüche gegangen ist, haben wir auch keinen Kontakt mehr. Dafür habe ich als Trophäe noch ein Buch im Schrank stehen, das er mir zum Geburtstag geschenkt hat: Wassermusik von T.C. Boyle. Erstens: guter Geschmack, der Mann, und zweitens: mit Widmung.

Und jetzt bin ich total sentimental drauf. Ich werde mal versuchen, einem Nik Kershaw- oder Duran Duran-Fanclub beizutreten.

Forever young.
Forever stupid.




16.07.2003
Mein blöder Fünf-Minuten-Crush ist leider nach fünf Minuten noch nicht weg. Jetzt sitze ich also hier und schmore und checke alle zehn Sekunden meine E-Mails und starre auf mein Telefon. Ganz große Klasse. Nachdem ich mich jahrelang über den albernen Pärchenkram lustig gemacht und großkotzig behauptet habe, hey, wenn ich mich jemals wieder verknalle, bin ich total entspannt und kann damit total erwachsen umgehen und stehe überhaupt total über all diesem „Oooh, er ist ja sooo niedlich“-Gepiepse.
Hmja. Mein erwachsenes Damit-Umgehen sieht im Moment so aus: „AAAAH, er hat 'Hallo' gesagt. Heißt das, er will mich heiraten?“

Oh Mann.




11.07.2003
„There was a time I was happy in my life
There was a time I believed I'd live forever

Manchmal glaubt man, der Job sei der Grund dafür, dass man so nah am Wasser ist und kaum die Mundwinkel zu einem Lächeln hochkriegt und man sich nicht konzentrieren kann und man einfach nur nach Hause unter die Bettdecke will. Der Job. Oder der ungeliebte, weil nicht voll funktionsfähige Körper. Oder auch nur die Tatsache, dass der Lieblingsjogurt ausverkauft ist. Und erst wenn man abends im Bett liegt und bei einer Songzeile von Madonna auf einmal hemmungslos zu weinen anfängt, wird einem klar, dass man nicht so schlecht drauf ist, weil JobKörperJogurt. Sondern weil Karl. Weil man geliebt und verloren hat. Weil einem an manchen Tagen mit aller Macht bewusst wird, dass man bestimmte Menschen nie wieder sehen, nie wieder eine E-Mail von ihnen bekommen, nie wieder mit ihnen über schlechte Witze lachen und nie wieder eine Diskussion über Pro und Contra Diet Coke führen wird. Nie wieder. An normalen Tagen tut es weh. An anderen ein bisschen mehr. Und an manchen will man eben einfach nur noch unter die Decke, auf den Arm, ganz weit weg und dabei zerfließen. Aus Schmerz, verloren zu haben. Aus Angst, so etwas nie wieder zu finden. Aus Verzweiflung, weil man gar nicht weiß, wo man suchen sollte.

Aber wenn man dann leergeheult ist, erinnert man sich plötzlich daran, wie großartig sich die Liebe angefühlt hat. Wie wundervoll die Vertrautheit und die Geborgenheit und die Sicherheit.

Ich hatte all das. Und irgendwo spüre ich noch, wie es war, so beschützt zu werden; das Gefühl vermittelt zu bekommen, etwas ganz Besonderes zu sein. Dieses Gefühl geht nicht weg. Auch wenn ich alleine im Bett liege und an manchen Tagen bei Madonna anfange zu weinen.

Wer weiß? Wenn ich noch ein bisschen durchhalte und jeden Tag einen kleinen Schritt weitergehe ... vielleicht werde ich dann irgendwann wieder ewig leben.

Ich geh einfach mal los. Aber ich glaube, ich brauche noch ein paar Taschentücher für den Weg. Und ein paar für den Job. Und ein paar für den Körper.

Das mit dem Jogurt kriege ich, glaube ich, auch so hin.




27.06.2003
„So now it was all over, he thought. So now he would never have a chance to finish it. So this was the way it ended, in a bickering over a drink. Since the gangrene started in his right leg he had no pain and with the pain the horror had gone and all he felt now was a great tiredness and anger that this was the end of it. For this, that now was coming, he had very little curiosity. For years it had obsessed him; but now it meant nothing in itself. It was strange how easy being tired enough made it.
Now he would never write the things that he had saved to write until he know enough to write them well. Well, he would not have to fail at trying to write them either. Maybe you could never write them, and that was why you put them off and delayed the starting. Well he would never know why.“

The Snows of Kilimanjaro, Ernest Hemingway

Was lernen wir daraus? Immer schön schreiben. Selbst wenn es spät ist und man keine Zeit hat und nicht mal ins Kino gekommen ist (nach der Präse ist vor der Präse). Immer schön weiter schreiben. Gegen die Wut. Gegen den Schmerz. Für den Kopf. Für die Seele. Für mich. Für die anderen. Weil's Spaß macht. Weil's gut tut. Weil's weh tut. Weil's weh tun muss. Weil es besser wird. Weil es nur dadurch besser wird. The pen is mightier than the sword. Mein iBook kann zaubern. Take me away.




24.06.2003
Ich habe mich nun, ach, mit meiner Seele und meinem Kopf beschäftigt. Ausführlichst. Mit professioneller Hilfe. Und im Moment habe ich auch das Gefühl, das ich die beiden kleinen Nervensägen ganz gut im Griff habe.
Worauf ich allerdings überhaupt nicht vorbereitet bin, ist, dass auf einmal das Herz rumquengelt und wahrgenommen werden will. Unter dieses ganze Thema hatte ich doch schon längst einen dicken, fetten Strich gemacht. Mit Häkchen. Und den Zettel, auf dem ich Strich und Häkchen gemacht habe, hatte ich verbrannt und die Asche verstreut. Wo kommst du also wieder her? Geh weg. Lass mich in Ruhe. Mein Leben mag ereignisloser sein ohne dich, aber auch weniger schmerzhaft. Out! Out!




16.06.2003
Mir ist gestern ein Filmzitat aus Marvin’s Room (Marvins Töchter) eingefallen. In dem Film geht es um zwei Schwestern, von denen die eine (Diane Keaton) sich jahrelang um den geliebten todkranken Vater kümmert, der sie nicht einmal mehr erkennt. Sie ist trotzdem stets glücklich gewesen und erzählt ihrer Schwester (Meryl Streep), wie dankbar sie für dieses Leben sei. Diese wirft ihr vor, ihr Leben vergeudet zu haben: Sie habe nie geheiratet, habe keine Kinder, niemand würde sie lieben. Was, bitteschön, fände sie an ihrem Leben so lebenswert? Wofür sei sie denn so dankbar? Worauf Diane Keaton völlig selbstverständlich sagt: Ich bin dankbar dafür, lieben zu dürfen.

Dieses Zitat ist mir gestern im Gottesdienst eingefallen. Seit einiger Zeit gehe ich jeden Sonntag wieder in die Kirche. Ich mag den Pastor und seine Art zu predigen sehr gerne, denn er ist keiner von den salbungsvollen Schwafelnasen, die mir was von Erbsünde und ewigem Höllenfeuer erzählen, sondern er interpretiert die Bibel sehr zeitgemäß. Ich mag die Art, wie er spricht, und ich mag die Art, wie er den Segen verteilt, denn das ist für mich der schönste Moment: der Augenblick, in dem man in die nächste Woche entlassen wird, mit dem Wissen, nicht alleine zu sein.

Mir kommt es im Moment so vor, als seien meine regelmäßigen Kirchenbesuche eine logische Fortsetzung der Therapie. Dort habe ich den Grundstein gelegt: Ich beginne, mich selber zu mögen und zu respektieren. Ich beginne, meine Grenzen zu akzeptieren, anstatt mir dauernd vorzuwerfen, was ich alles nicht kann. Ich beginne, nicht meine Arbeit, meine Beziehungen, meine Nicht-Beziehungen als den Mittelpunkt meines Lebens zu sehen, sondern mich. Denn ich bin das Wichtigste und Kostbarste, was ich habe. Alles andere ist schönes Beiwerk, denn selbst der dickste Gehaltsscheck und der tollste Kerl könnten mich nicht glücklich machen, wenn ich nicht selber dazu bereit bin, glücklich zu sein.

Es gibt so vieles, das ich schätze: Ich fühle mich zum Beispiel im Kino aufgehoben, denn dort werden mir wundervolle Geschichten erzählt. Es ist für mich so, als ob ich im Bett liege und mir jemand Geliebtes ein Buch vorliest; ich fühle mich einfach wohl. Genauso wohl habe ich mich nach den Therapiestunden gefühlt, in denen ich gemerkt habe, wieviel Seele in mir steckt, wie gerne ich mich eigentlich habe und wie sehr ich schätze, wer und was ich bin. Und dieses Gefühl findet eine Fortsetzung in der Kirche. Ich genieße es, zu singen. Ich genieße die Stille eines Gebets. Ich fühle mich sehr aufgehoben in der Gemeinschaft, die zusammengekommen ist, um eben zusammenzusein. Ich fühle mich nicht alleine. Ich öffne jeden Sonntag mein Herz und singe und lache und liebe. Und das fühlt sich großartig an.

Ich liebe. Und wenn es nur Kinofilme sind, die mich beschützen, und Musik, die mich berührt, und die Sonne, die lächelt, und meine Füße, die sich lebendig anfühlen, wenn sie auf dem Parkett ihren Weg finden. Ich liebe. Und dafür bin ich sehr dankbar. Wem auch immer.





09.06.2003
Ein kleines deprimierendes Essay aus dem Guardian: Death in the snow geht der Geschichte einer jungen Frau nach, die angeblich die vergrabene Million Dollar aus Fargo in Fargo finden wollte und dabei ums Leben kam:
„And while we are allowed – encouraged – to believe that a fiction film is real while we're watching it, the moment the lights go up it's a different story. Fargo, the dream, is over. Sometimes it's not easy. But there's no choice; we know it's time to go home. But it seemed that for some unknown reason, by the time she was first spotted in Bismarck in November 2001, a 28-year-old Japanese girl named Takako Konishi no longer could.
It was late February and I was in Bismarck on the trail of Takako Konishi's last days. The Coens memorably describe this part of America – they grew up nearby – as "Siberia with family restaurants". The story had stayed with me ever since I first read about her. What was it that made me want to know more? Like her, I loved the movies, and especially Fargo. And because I did I couldn't quite laugh at her apparent desire – however irrational – to burst through the screen and make Fargo real. It's a common fantasy among movie lovers. The difference is, she did it.“

Auch wenn die Geschichte sich nicht als die herausstellte, die sie zu sein schien, hat sie mich nachdenklich gemacht. Wünsche ich mir, dass die Filme, die ich so sehr liebe, Wirklichkeit werden? Oder die Heldinnen, die ich bewundere; die Helden, die ich begehre? Will ich wirklich, dass sie Teil meines realen Lebens werden?

In einem gewissen Sinn sind sie das bereits. Ins Kino zu gehen oder DVDs zu gucken, nimmt einen großen Teil meiner Zeit in Anspruch. Aber ich habe nie das Gefühl, meine reale Zeit an etwas Irreales zu verschwenden. Ganz im Gegenteil: Die Zeit, die ich dabei verbringe, einer fiktiven Handlung zuzusehen, schwappt über in die Zeit danach, in der die Realität mich wieder hat. Denn gute Filme hallen nach, beschäftigen mich noch, wenn der Abspann längst vorbei ist. Und richtig gute Filme verändern meine Welt. Manchmal habe ich das Gefühl, dass die Zeit stehen geblieben ist, während ich im Kino war. Oder – das genaue Gegenteil – dass sich plötzlich die ganze Welt verändert hat, während ich nichts ahnend im dunklen Saal saß. Manchmal verlasse ich das Kino und mir kommt das Licht anders vor, weicher, greller, staubiger. Manchmal gehen die Menschen langsamer, manchmal schneller. Manchmal fallen mir Dinge auf, die vorher nicht wichtig waren; aber durch das eben Gesehene haben sie auf einmal eine Bedeutung: die Art, wie mich jemand anschaut, die Art, wie der Verkehr fließt, die Art, wie mein Telefon klingelt.

Filme sind für mich in soweit Teil meiner Realität, dass ich ihnen einen großen Einfluss auf meine tägliche Gefühlslage zugestehe. Nach schlechten Filmen bin ich genervt, nach schnulzigen fürchterlich sentimental und redselig, nach hoffnungsvollen mit mir im Reinen und nach traurigen sehr einsam und ängstlich. Und komischerweise will ich das gar nicht ändern. Ich lasse es zu, dass bewegte Bilder auf einer Leinwand mich verändern, sowohl zum Positiven als auch zum Negativen.

Vielleicht sind Filme einfach ein Ersatz für Menschen, die einen ja auch durch ihren Einfluss verändern. Wo andere sich durch Partys amüsieren, durch Streitereien ärgern oder sich mit ihren Liebsten freuen, übernehmen bei mir Filme diese Rolle. Ich komme mit Bildern aus Zelluloid scheinbar besser klar als mit Lebensformen, die auf Kohlenstoff basieren. Und im Moment finde ich das nicht einmal bedauerlich oder seltsam. Es ist im Moment einfach so. Vielleicht ändert sich das noch und ich glaube wieder daran, dass auch Menschen mir das geben können, was das Kino kann. Aber so ganz mag ich mich darauf noch nicht verlassen.




01.06.2003
Mond

Sie redet mit dem Bürgersteig, den sie langsam entlanggeht. Was sie wohl auf dem Mond solle. Sie sei dort doch ganz alleine. Das sei zwar nicht viel anders als hier, aber wenn alle anderen auf dem Mars seien, was solle sie dann alleine auf den Mond? Hm? Ob sie da vielleicht mal eine Antwort bekommen könne?

Ihre Stimme wird schriller, je länger sie mit jemand Unsichtbarem diskutiert. Sie zieht ihre Krücke hinter sich her, anstatt sie zu benutzen; sie humpelt ein wenig, aber sie scheint keine Schmerzen zu haben. Vielleicht vergisst sie diese auch gerade nur für ein paar Momente. Schließlich muss sie wissen, wo sie denn nun hin soll – Mond oder Mars? Ihre grauen Haare wirken gepflegt, ihre grüne Strickjacke sauber. Hat sie sich für die Reise schön gemacht?

Ich überlege, ob ich ihr beim Kofferpacken helfen soll, steige dann aber doch nur mutlos in mein Auto und fahre zu Arbeit.




28.05.2003
Happy Tuesday :

– morgens ohne Wecker wach werden
– frische Erdbeeren fürs Müsli haben
– einen Gute-Laune-Song im Autoradio hören und jede Zeile mitsingen können
– ein Parkplatz im Schatten kriegen
– endlich mal bei der Bagelbestellung nicht vergessen zu sagen, dass man keine Tomaten mag
– ein gutes Buch dabeihaben und ein paar Minuten in der Mittagspause lesen können
– sich mit einem Kollegen verquatschen: bei Filmen in der chinesischen Originalfassung anfangen und bei Spiritualität enden
– feststellen, dass im August die zweite Season von 24 erscheint und merken, dass sich die elf Wochen Wartezeit gar nicht so lang anfühlen
– so gut wie alle Ideen beim Meeting durchkriegen und realisieren, dass das lange Wochenende auch wirklich eins wird
– meinen ersten spanischen Satz sagen können, ohne auf den Spickzettel gucken zu müssen („¿A qué ciudad viaja usted?“)
– vor Sex and the City noch ein bisschen spazierengehen und zum ersten Mal in diesem Jahr das Gefühl haben: So kann's bleiben.




20.05.2003
Kleine Sinn- und Schaffenskrise. Das Weblog ist in den letzten Tagen eher eine Pflichtübung gewesen als etwas, auf das ich mich freue (wie ich es sonst tue). Links werden fast automatisch abgesurft, Artikel überflogen, ins Blog gestellt, mechanisch die Kommentarfunktion eingefügt. Zwischendurch mal wieder ein paar Hatemails löschen, weil ich Star Wars als Sternendreck bezeichnet habe. Mich mal wieder aufs Übelste von irgendwelchen anonymen Spacken beschimpfen lassen.

Wenn ich zurzeit wenigstens das Gefühl hätte, was richtig Gutes zu schreiben, wäre diese latente Nöligkeit und der nagende Selbstzweifel vielleicht nicht so belastend. Ich denke, jeder, der kreativ tätig ist, fragt sich des öfteren: Was mache ich hier eigentlich? Und wenn ich es schon mache – ist es gut? Gut genug? Gut genug für wen eigentlich?

Aber im Moment klebt mein Hirn mal wieder recht nutzlos im Schädel. Jedenfalls kommt es mir so vor. Im Job klingen meine Headlines so, als ob sie ein Prakti getextet hätte, und selbst mein Liebling, die Longcopy, mag sich nicht so anhören, wie ich es gerne hätte. Ich weiß auch gar nicht, woher das im Moment kommt. Es nervt ausnahmsweise mal weder ein Kunde noch ein Job. Alles, was sich gerade auf meinem Schreibtisch türmt, sind Jobs, auf die ich mich freue, für Kunden, die ich mag. Und mein Weblog ist seit fast einem Jahr ein täglicher Begleiter und, viel wichtiger, eine tägliche Quelle, aus der ich Kraft schöpfe, weil ich weiß, dass ein paar interessierte Leser hier vorbeischauen und anscheinend Gefallen an dem finden, was ich von mir gebe.

Und trotzdem fühle ich mich im Moment einfach ein bisschen müde. Ein bisschen überfordert. Vielleicht mal wieder von den eigenen Ansprüchen genervt. Denn natürlich will ich die besten Links posten. Natürlich will ich hervorragende Kinokritiken schreiben. Und wenn ich dann merke, dass manche Kritiken eher halbgar werden und die Links, die ich so stolz gefunden habe, schon in 13 anderen Logs standen, dann nervt das eben. Wahrscheinlich völlig grundlos. Wuselnase Gröner nörgelt mal wieder eine Wand an, die da gar nicht stehen müsste, wenn sie sie nicht selber hochgezogen hätte.

Ach, blah.

Aber ich bin heute abend im Kino. Da geht's mir immer gut. Wenigstens da.




18.05.2003
„Maybe we are under the tyranny of cultural conventions and biological instincts, these forces lead us to feel out of sync with the world at large, and therefore we feel as if we are not part of the bigger picture.
Hey, maybe we are the lucky ones, everyone else are the dull witted unfortunate ones that got caught. I have been brainwashed to believe that my happiness is found in others; wrong, happiness is now, happiness is in accepting who we are, not wondering what others are thinking about us. I don't need someone else's personal appraisal of my self worth, who's to say that they can judge me? And why should I care if anyone finds me special? That concern just weighs me down. I am not saying that everyone else is unimportant, just their opinions of me.
We all have perceptions and cognitions of this infinite place in which we exist, and no one sees the same pieces or experiences the same places, so we must grow strong in our own experiences, and glorify everyone's claim at existence.
Anke, you are a unique talent, stand by your viewpoint, sell it to the world, and you will when you believe in it with all of your might. No fear. It is so hard to love ourselves, because we are so aware of all of our supposed shortcomings, but those shortcomings only come through our idiotic attempts at comparisons of self with others. We must stop trying to measure up to illusory standards that have no objective reality.
We are perfect in our imperfections.“

On some days, I miss your words of wisdom even more. And I'd give the world for just one last conversation.




14.05.2003


„A lady visited Matisse in his studio. Inspecting one of his latest works she unwisely said: 'But, surely the arm of this woman is much too long.' 'Madame,' the artist politely replied, 'you are mistaken. This ist not a woman, this is a picture.' “




05.05.2003
Keine Woche fängt gut an, wenn einen das iBook beim Einschalten mit den Worten begrüßt: „Good morning, sucker, mein Netzteil hat sich in der Zeit zwischen Mitternacht und 6.30 Uhr verabschiedet. Meine Batterie ist total leer und ich schalte mich deswegen – JETZT ab. Wiedersehen!“

Nun könnte man sich natürlich etwas schlecht gelaunt zurücklehnen und das einfach mal an sich vorbeigehen lassen, gemütlich frühstücken, sich nach dem Duschen die Haare föhnen und sich schminken, entpannt in die Agentur fahren, sich dort über die Mittagspause einfach ein Netzteil leihen und dann das Blog updaten.

Man könnte sich aber auch ins Auto setzen, über eine um diese Uhrzeit ziemlich zugestaute Elbchaussee zu einem Freund fahren, der lumpige 10 Kilometer weg wohnt, sich dort sein Netzteil leihen, wieder nach Hause fahren, das Blog updaten, mit nassen Haaren und Basecap zur Arbeit fahren und dort jeden Blickkontakt wegen des fehlenden Augen-Make ups vermeiden.

Es ist jetzt 8.35 Uhr und ihr lest diesen Eintrag. Ratet, was ich gemacht habe.
(Und bei den Jungs von Gravis, die mir dieses Netzteil erst vor fünf Monaten verkauft haben, laufe ich in der Mittagspause mit Schwert auf.)





25.04.2003
Mittagspause in einer total trendigen Hamburger Lokalität. Anke regt sich mal wieder über den Kellner auf: zu doof, sich vier Getränke und vier Essen zu merken oder sogar zu doof, es aufzuschreiben; zu doof, aus zwei kleinen Cola lights einfach eine große zu machen (Stichwort 0,4-Glas, bei der Bestellung höflich angeregt); zu doof, dann die Rechnung auseinanderzuklamüsern von vier Leuten, die schon bei der Bitte um dieselbe erwähnt haben, dass sie getrennt zahlen wollen, und sie stattdessen lässig-grinsend auf den Tisch zu legen: „Macht ihr das mal unter euch aus.“

Hey, Baby – auch wenn du zehn Jahre jünger bist als ich und meinst, der König des Elbausblicks zu sein: Du bist nicht cool, du bist dämlich.

(Und jetzt mit zitterndem Oma-Stimmchen:)
Als ICH noch gekellnert hab, hab ich alles für die Gäste getan, ALLES! Ich hab die Speisekarte auswendig gekonnt, ich hatte 70 Gäste auf einmal im Blick, ich bin für jeden Sonderwunsch in die Küche gerannt und hab mich mit Tellern dafür bewerfen lassen, ich hab, verdammt noch mal, Kotze vorm Herrenklo weggewischt für 15 Mark die Stunde, du kleiner Scheißer! UND ICH HAB GELÄCHELT!




17.04.2003
Gestern habe ich wieder mein iBook geküsst und mein Auto gestreichelt.
Weicht von mir, Dämonen der seelenlosen Warenwelt, weicht!
Oder, nee Moment, eigentlich kniee ich ganz gerne vor euren Altären.




12.04.2003
To J.:
You get used to it. It hurts in the beginning, and it continues to do that, and then it hurts some more – and then it suddenly stops.
And then you look around
take a deep breath
and realize that the pain has gone. Just like that.
Been there. Trust me.




10.04.2003
Eine der beliebtesten Fragen, die Reporter amerikanischen Präsidentschaftskandidaten (oder auch nur den Kandidaten für die Vorauswahl) stellen, ist die nach dem Lieblingsbuch. Welche gemeine Falle hinter dieser simplen Frage steckt, beschreibt ein Artikel im Washington Monthly sehr schön: Bragging Writes.
„What a candidate chooses to read may seem like a small thing. Yet a person's literary tastes can be very revealing, as anyone who's ever scanned a stranger's bookshelf can attest. Book choices are especially prized by reporters, who use them as material for the narratives they write – narratives that often define candidates in the eyes of voters. Remember Michael Dukakis? His phlegmatic 1988 campaign was perfectly symbolized by his choice of vacation reading: a book entitled Swedish Land-Use Planning. Even if you knew nothing else about the Massachusetts governor, this tidbit suggested he was solution-oriented, practical to a fault, and probably not the sort of guy who'd be a lot of fun to have a beer with. Which is, of course, exactly the person the Democrats got.
Because the book question is so fraught with peril, candidates have increasingly figured out that they need to game the system. That's evident on the campaign trail today where, reporters say, Democratic candidates are toting the perfect "safe" book: volume three of Robert Caro's award-winning biographical series on Lyndon Johnson, Master of the Senate. The book is popular, serious, and imparts just the sort of gravitas presidential aspirants seek. Like a guy who reads Dostoyevsky in Starbucks to attract women, many candidates seem to choose books designed to impress reporters – though reporters, like women, often see through the charade. Says USA Today political columnist Walter Shapiro (who first unearthed Dukakis's book choice), "The number whom I've seen carrying the Caro book is greater than the people who've actually read it or finished it."“

Ich geb ja gerne zu, dass auch mein erster Blick, den ich in einer fremden Wohnung riskiere, in Richtung Bücherregal geht. Und ich muss leider auch gestehen, dass die literarischen Vorlieben manchmal über Sympathie oder totales Desinteresse meinerseits entscheiden. Jemand, der nur drei zerfledderte Stephen Kings im Regal hat, kann nicht der Mann meines Lebens sein, ja, vielleicht nicht mal ein guter Freund. Ich erwarte ja gar nicht, dass die Leute 17 Billy-Regale voll höchster Literatur haben, aber kann man sich mit Leuten vernünftig unterhalten, die nie lesen? Über was redet man da den ganzen Tag?

Die zweite Frage, die ich mir selber nach dem Lesen des Artikels gestellt habe, ist natürlich die nach MEINEM Lieblingsbuch. Und da muss ich zu einer fiesen Ausrede greifen: Ich habe keins.
Aber ich habe natürlich Schriftsteller, die ich immer wieder gerne lese. Mein persönlicher Held ist (Stammleser ahnen es schon, dem Rest sei mein letzter Eintrag vom 11. Dezember 2002 ans Herz gelegt) Douglas Coupland. Ich habe noch nie vorher bei einem Schriftsteller das Gefühl gehabt, dass er nur für mich schreibt, dass er genau weiß, wie es mir gerade geht und was ich gerade lesen muss, damit ich mich nicht so alleine fühle. Ein Zitat aus Life after God – „The unique sorrow of being human“ – ist für mich einer der besten Sätze, die ich je gelesen habe.

Mein zweiter Liebling ist Bret Easton Ellis. Ich hatte Less than zero gelesen, bevor ich den berühmt-berüchtigten American Psycho in die Hände bekam. Ich erinnere mich, dass ich das Buch mehrmals mitten beim Lesen in die Ecke meines Zimmers geworfen habe, so sehr hat es mich erschreckt und angewidert, ja, mir Angst eingejagt. Ich habe es nachts in meinen Kleiderschrank eingeschlossen, nur um es morgens wieder rauszuholen, weil ich wissen wollte, wie es weitergeht. Ich glaube, noch nie hat ein Buch einen solch starken Eindruck bei mir hinterlassen.
Was mich allerdings erschreckt hat: Ich habe den Psycho vor einiger Zeit nochmal gelesen und immer auf den Effekt gewartet, den er beim ersten Lesen auf mich hatte. Aber ich habe mich eigentlich nur gefragt: Und das hat dich damals so umgehauen? Es gibt natürlich immer noch Stellen, bei denen ich einfach ganz schnell weiterblättere (Stichwort: Nagelschere und Brustwarzen), aber im Großen und Ganzen hat es mich nicht mehr soooo sehr dahingerafft. Ich habe inzwischen Filme wie Reservoir Dogs gesehen und eine Menge fürchterlichster Bilder im Fernsehen und im Internet. Bin ich einfach inzwischen abgeklärter geworden und lasse Literatur nicht mehr so an mich ran? Oder bin ich abgestumpft und desinteressiert geworden? Ich will da gar nicht drüber nachdenken.
Beziehungsweise, ich will nicht für Literatur unempfänglich geworden sein. Und damit für Werke von Chuck Palahniuk, Amistead Maupin, Alex Garland, John Steinbeck, Nick Hornby, Thomas Mann, Max Frisch, Franz Kafka, Rainer Maria Rilke und, ja, ich geb's ja zu, Joanne K. Rowling. (Wenigstens EIN Mädel in der Aufzählung. Oh, nein, warte, ich hab Astrid Lindgren vergessen. Die lese ich noch. Die sollte man auch nie aufhören zu lesen.)




19.03.2003
„A heart that's full up like a landfill,
A job that slowly kills you,
Bruises that won't heal

You look so tired 'n happy,
Bring down the government,
They don't, they don't speak for us

I'll take a quiet life, a handshake
Some carbon monoxide
No alarms and no surprises, no alarms and no surprises
No alarms and no surprises

Silent
Silent

This is my final fit, my final bellyache with
No alarms and no surprises, no alarms and no surprises
No alarms and no surprises, please

Such a pretty house, such a pretty garden
No alarms and no surprises, no alarms and no surprises
No alarms and no surprises, please“


Da wären wir also wieder. Radiohead im CD-Player, eine Zigarette, ein Glas Wein, auf dem Fußboden liegen und warten. Warten darauf, dass sich irgendetwas zum Besseren ändert. Dem Spiegel ausweichen. Die Worte ignorieren. Die Tür zumachen.

Therapie ist gut, ja sicher, aber Therapie ist gleichzeitig in Räume zu gehen, in die man gar nicht gehen will. Fuck facing your fears. Fuck darum zu beten, dass dich jemand hält und beschützt und dir die Haare aus dem Nacken streicht. Fuck darauf zu hoffen, dass der Fuß sich wieder bewegt, die Haut wieder spürt, die Nerven wieder reagieren. Fuck an seinen körperlichen und seelischen Beeinträchtigungen zu arbeiten und jeden Tag, jeden Morgen, jede Stunde zu gucken, ob sich wundersamerweise auf einmal alles das geändert hat, was eben noch wehtat. Fuck Selbstdisziplin. Fuck Ehrgeiz. Fuck Gesellschaftskompatibilität. Fuck all that.

Ich war Sonntag morgen in der Kirche. Aus purer Verzweiflung darüber, dass ich nicht wusste, wo ich sonst mit mir hätte hingehen sollen. Der Pastor begrüßte die Anwesenden und meinte, dass es egal sei, warum man hier sei: um den schönen Morgen mit Gott zu genießen, um sich zu freuen, um zu trauern, weil man liebt, weil man traurig ist, weil man Menschen begegnen will, weil man alleine ist. Und schon war ich am Heulen. Therapie bedeutet in meinem Fall noch näher am Wasser zu sein, in dem ich ja quasi sowieso schon wohne. Ich öffne mich in den Sitzungen soweit, dass kaum noch Barrieren da sind. Auf einmal kommt alles hoch, was sonst tief in mir schwelt und lauert. Und dann reicht ein Wort, und irgendetwas löst sich in mir und fließt los. ich weiß in solchen Momenten nicht einmal, ob es gut oder schlecht ist. Ich merke nur, dass ich mich ausgeliefert fühle – mir, meinen Gedanken, meinen Gefühlen und allem, was diese Gefühle in mir auslöst. Die unbegrenzte Emotion.

If this is not helping me it's going to kill me.




18.03.2003
Cry me a river
Weep me an ocean
Burn all the bridges
Let me drown in the tide




13.03.2003
Ich löse mal wieder eine meiner überflüssigen Unterseiten auf. Hier also die meiner Meinung nach schönsten LP-Titel, die mir in den letzten Jahren über den Weg gelaufen sind. Ergänzungen sind willkommen.

Wir kommen, um uns zu beschweren
Tocotronic

Whatever and ever Amen
Ben Folds Five

This is my truth tell me yours
Manic Street Preachers

Death by chocolate
De-Phazz

All the pain money can buy
Fastball

Journey to Jah
Gentleman

Everybody else is doing it so why can't we?
The Cranberries

3 feet high and rising
De La Soul

King for a day, fool for a lifetime
Faith no More

12 inches of snow
Snow

Diesel + Dust
Midnight Oil

Auf einem Auge blöd
Fettes Brot

Den Kindern geht es gut, und sie lassen grüßen
Terry Hoax

Die Sonne so rot
Marius Müller-Westernhagen

Gentlemen take polaroids
Japan

This one's a killer
Maxim Rad

Definitely maybe
Oasis

Greetings from the gutter
Dave Stewart

Bigger, better, faster, more
4 Non Blondes

Razorblade Suitcase
Bush





12.03.2003
Sich einsam zu fühlen, weil man keine Viggo-News im Netz findet, ist ein bisschen zuviel celebrity crushed.




07.03.2003
THIS is mine.
HERE is supposed to feel safe.
NOW is not the past.
YOU don't belong here.




12.02.2003
Ich habe einer meiner Stimmen ein Zimmer gegeben. Der Stimme, die traurig, verletzt, überfordert und ängstlich ist, und der ich in letzter Zeit gerne eins auf die Nase gegeben habe, so in der Richtung: Stell dich nicht so an, anderen geht's viel schlechter als dir.
Die Stimme hat sich dann ganz entsetzt gefragt, warum ich sie so mies behandele, wo es ihr doch so schlecht geht und sie einfach nur mal kurz wahrgenommen werden will – schließlich gehört sie zu mir und muss sich ab und zu mal Gehör verschaffen. Denn wenn ich ihr lange genug nicht zuhöre, passiert es, dass ich mitten bei der Arbeit anfange zu weinen, weil sie dann auf einmal losbrüllt und mir all ihren Schmerz, ihre Wut, ihre Verzweiflung und Mutlosigkeit um die Ohren haut, was ich sonst immer prima kleinhalten kann.
Ich versuche jetzt, auf sie zu hören und ihr einen angemessenen Platz unter all meinen anderen Stimmen zu geben. Sie hat ein Zimmer mit einem großen Fenster, das aufs Meer geht. Es ist weiß, und man sieht nicht, wo der Fußboden aufhört und die Wände beginnen. Und die ganze Welt hält in diesem Zimmer die Klappe.




10.02.2003
Travelling without moving

Eines Tages werde ich die Welt gesehen haben, und in diesem, einen Augenblick glaubte sie zum ersten Mal in ihrem Leben, was sie sagte.

Ein Ziel zu haben, ist wichtig, sagte er und lächelte. Aber der Weg, meinte sie, der Weg dorthin – ist er es nicht, der mich zu der macht, als die ich ankomme?

So weit zu kommen, so weit zu wollen, flüsterte er. Alles zu seiner Zeit, sagte sie und strich ihm die Haare aus der Stirn.

Wenigstens haben wir es versucht, meinte sie und blickte ihm direkt in die Augen, in denen sie sich nie so verloren hatte, wie sie es sich gewünscht hatte.

Es ist kein Abschied, sagte sie, wenn du dich noch einmal umsiehst, bevor du gehst, und er blickte über seine Schulter zurück und sah sie nicht mehr.




06.02.2003
„Phonetic porn“ statt „phonetic poem“ zu lesen, lässt tief blicken. Klingt aber wie ein guter Bandname, finde ich.




31.01.2003
Ich hatte mal eine kleine blaue Schachtel. Die stand in meinem Bücherregal, und in ihr befand sich meine Stimme. Die Stimme, die immer dann laut wurde, wenn ich leiser wurde, wenn ich unsicherer wurde, wenn ich neue Dinge anfangen musste, wenn ich neue Leute traf, wenn ich zu zweifeln begann. Sie war bösartig, dunkel und schlich sich gerne heimlich von hinten an mich ran. Und wenn sie mich erwischt hatte, war ich wie gelähmt. Das einzige, was ging, war zu weinen.
Damals in der Therapie habe ich gelernt, einen Deckel auf diese Schachtel zu packen und am besten gleich noch ein paar Bücher oben drauf zu stapeln, damit diese blöde Miststimme die Klappe hält und mich meinen Kram erledigen lässt.
Aber seit ein paar Monaten stemmt sich die Stimme ziemlich stark gegen den Deckel, kommt ab und zu raus und zischt mir ins Ohr. Und dann wird alles auf einmal wieder sehr, sehr schwierig, und es tut wieder alles sehr weh.
Ich brauche mal wieder jemanden, der mir ein paar Bücher auf die Schachtel packt. Ich selber krieg das nämlich gerade nicht hin.

Meine Therapietante hat Dienstag für mich Zeit.



25.01.2003
Casual Friday in der Agentur.
Stille.
Tobi, während er versucht, einen zehn Zentimeter großen Jawbreaker zu essen: „Ich guck mir grad den neuen Victoria's Secret-Katalog online an.“
Anke, einen Campino Erdbeer lutschend: „Ich les grad Weblogs von schwulen Amerikanern.“
Stille.




23.01.2003
So many stories, so little time, she whispered after she'd come home, still heavily breathing.




22.01.2003
I am not your brand new toy. I am not your fire, your one desire.
I am not the one. You would not cross the ocean for me.
I am not so beautiful. You do not love me just the way I am.
I do not drive you crazy.

Go sing somewhere else, stupid.




19.01.2003
Wieder so'n Satz, den ich mir aufs Kissen klöppeln sollte:
Don't worry about life. You're not gonna survive it anyway.




15.01.2003
oh God I need to drink I need to eat I need to go the movies I need to break this pattern I need to concentrate I need to focus I need to not focus I need to get out of my skin I need to relax I need to breathe I need to escape I need to be not being needing anymore




15.01.2003
Gestern war wieder einer dieser Tage, an denen mich einfach alles genervt hat. Und das hat auch jeder abgekriegt, der sich an meinen Tisch gewagt hat. Fauchen war da noch das Harmloseste. Einer unserer Berater ließ sich allerdings einfach nicht abschütteln, und als ich ihn anbrüllte, was er denn VERDAMMT NOCHMAL von mir wolle, meinte er nur trocken: „Gar nichts. Ich spiele nur so gerne mit dem Feuer, wenn du in deinem Falling Down-Modus bist.“

Ja, gut, der Punkt geht an dich, Andreas.




10.01.2003
every day, every day, every day
i don't change my life.
maybe my life changes me
day by day

(inspired by praschl)




04.01.2003



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