Mittwoch, 31. März 2004

Mein vorletzter Ferientag:

Auf der Rückfahrt von Ikea der komische Kauz im verbeulten Opel Astra, der unentwegt Kaugummi kaut und es dann nicht aus dem Fenster spuckt oder in den Aschenbecher packt, sondern zu den drei anderen auf einen Notizblock klebt, der vorne auf dem Armaturenbrett liegt.

Beim Anbringen der Jalousien im Schlafzimmer feststellen, dass man keine zwei vernünftigen Löcher nebeneinander bohren kann. Bröselnder Sandstein wechselt sich alle fünf Millimeter mit Stahl ab. Schließlich ein großes Loch gebohrt, die Dübel mit Papier umwickelt, dabei Papas Heimwerkerweisheiten im Hinterkopf („Da kann man ein Schwein dran aufhängen“) und nach einer Stunde Fluchen und Kämpfen und Bohren und Schrauben wirklich eine 1,80 Meter breite Jalousie angebracht. Mal sehen, wie lange sie oben bleibt.

Übrigens ist heute der letzte Tag, an dem mein DSL-Anschluss in der alten Wohnung funktioniert. Der neue soll zwar ab morgen schon aktiv sein, aber das glaube ich erst, wenn ich es sehe. Lassen wir uns also überraschen, ob hier morgen etwas Neues im Weblog steht.




Dienstag, 30. März 2004


Sir Peter Ustinov, 16.04.1921–28.03.2004




Montag, 29. März 2004

Das Wort „Containerspacken“ bekommt eine nervige Zweitbedeutung, wenn unterhalb von Kerls Fenster irgendwelche Fredels unbedingt um 7 Uhr morgens Sperrmüll machen wollen.



Ich hoffe, Gott hat genug Humor, um mir erstens zu verzeihen, dass ich wegen der Zeitumstellung gestern natürlich die Kirche verschlafen habe und dass zweitens die Bibel, die Torah und der Koran in einer Umzugskiste mit der Lenin-Biografie und den ADC-Büchern gelandet sind.

Apropos Umzug: Ich geh mal weiter Kisten packen. Ab nächste Woche wird es hier wieder spannender. Und so lange ich hier nur Zustandsberichte abliefere, könnt ihr ja mal bei den Neuzugängen auf meiner Blogroll vorbeischauen. Bei eins zum Beispiel. Oder beim archaeolog. Oder bei ex libris.




Sonntag, 28. März 2004






Samstag, 27. März 2004

Ikea liefert seinen Krempel auch. Und zwar in einem Zeitrahmen von in meinem Fall sechs Stunden. Ich habe gestern also gottergeben ab 16 Uhr und notfalls bis 22 Uhr in meiner neuen Wohnung gehockt und hatte nichts, aber auch gar nichts zu tun. Ich habe noch keinen Fernseher, ich habe noch kein DSL. Ich konnte nix streichen, weil ich alles gestrichen hatte. Ich konnte keine Lampen oder Jalousien etc. andübeln, weil das alleine ziemlich doof ist. Und ich konnte keine Regale, Schränke, Tische aufbauen, weil genau die von Ikea geliefert werden sollen. Aber immerhin hab ich jetzt die Zeit durch und Neon.

Allerdings rief der gute Fahrer um 19.30 Uhr an und erzählte mir, dass alle Wege zu mir per Demo versperrt sind. Gnargh. Also das ganze nochmal heute um 10.

Und was mache ich danach? Ich kämpfe mich durch die nächste Demo nach Barmbek, wo eine freundliche Leserin wohnt, die mir ihre Umzugskartons überlässt.

Ist ja schön, dass in Hamburg so viele Menschen ein Anliegen haben und das kundtun wollen, aber muss das JETZT sein? Macht das doch übernächste Woche; da bin ich mit allem durch und gehe wieder arbeiten, und alles, was nicht zwischen mir und meiner Arbeitsstelle passiert, ist mir wieder egal.




Freitag, 26. März 2004

Kann – meine – Arme – nicht – mehr – spüren – dafür – bin – ich – mit – Streichen – fertig – jetzt – nur – noch – Lampen – und – Jalousien – und – Gardinen – und – Schnickschnack – kaufen – und – in – die – Wohnung – schleppen – ächz – ich – ignoriere – weiterhin – die – Tatsache – dass – ich – noch – meine – ganze – Wohnung – in – Kisten – packen – muss




Donnerstag, 25. März 2004

Wieso dauert Türen abkleben, Lichtschalter/Steckdosen abkleben, Decke abkleben, Ecken streichen und Kanten streichen eigentlich genauso lange wie schließlich die ganzen Wände streichen?

Küche und Flur sind fertig. Ich möchte erwähnen, dass der Flur sechs Türen hat, die ich alle brav abgeklebt habe. Und wenn jetzt mein pingeliger bester Freund EINEN Spruch macht, dass irgendwo ne Kante nicht gerade ist, gibt's Ärger.

Auf zu Wohnzimmer und Bad. Und zu Ikea. Und zum Baumarkt. Und dann zum Orthopäden, um meinen Rücken wieder gerade biegen zu lassen.

(Das einzige, was mir im Moment ein konstantes Grinsen abnötigt – neben dem Kerl natürlich, dem ich allerdings seinen Kommentar „Mann, bin ich froh, dass ich nicht streichen muss“ noch arg verübele – ist mein Tiefgaragenstellplatz. Ein Gefühl wie Sex and the City, wenn man kurz das Schlüsselchen dreht, sich dann wie von Geisterhand das Garagentor öffnet und man an den ganzen BMWs und Mercedessen vorbeifährt, um schließlich direkt unterhalb seiner Wohnung zu parken. Dekadenz, I embrace you. Wir werden gute Freunde werden.)




Mittwoch, 24. März 2004

Was sagt der Philosoph bei Graupelschauer?
„Iiih, es hegelt.“



Einer meiner Lieblingsregisseure, Kevin Smith, hat Bryan Curtis von der New York Times ein kleines Interview gegeben: O.K., So It's Not His Funniest Film.
„CURTIS: You say in the press notes, "This isn't my funniest or most original film to date." That's got to be a first for movie press notes.

SMITH: It's true – in many ways, people have seen a movie like this before. But there's nothing saying you can't work with clichés and make them your own. There's only three basic story structures in the world: man versus man, man versus nature, man versus himself. That's already a very small pool. I've always historically made relationship pictures. That's what I do. This is a relationship picture about fatherhood, the relationship one has with one's father and the relationship one has as a father. So I sat down and thought about it, and it's not that original. It's not a movie like, "Hey, man, everything you know about family movies we're going to reinvent." I'm not the guy that reinvents the wheel. I'm just the guy that adds another spoke, and hopefully it's a very strong spoke.

(...)

CURTIS: You made a controversial movie about Catholicism, Dogma. What did you think about The Passion of the Christ?

SMITH: I haven't seen it yet. I think it's funny, though, that people bring it up and ask me, "What do you think of the controversy?" I'm like, "What controversy?" The dude made a movie about Jesus in a country that's largely Christian – a very traditional movie – and it's made over $200 million in two weeks. There ain't no controversy, people. That's a hit. They took one or two Jewish leaders in the beginning and said, "This may be construed as anti-Semitic," and then spun it into a must-see movie for hard-core Christians. You've got to go see it if you love Jesus. I wish to God I had thought to do that when I was making Dogma.“



Und dann war da noch der Akkordeonspieler am Altonaer Bahnhof mit seinem Instrument auf dem Rücken, der sich von einem Geigenspieler, der seines in der Hand trug, den Weg erklären ließ. Der Mann, der aussah wie ein Penner, der aber aus seiner speckigen Jackentasche ein state of the art-Handy zog und telefonierte. Und der Mann, der mit sich selbst redete und dabei ein Frettchen an der Leine spazierenführte, über die ich fast gestolpert wäre, als ich mit einem Arm voll amerikanischer Klatschzeitschriften aus dem Laden trat.




Dienstag, 23. März 2004

Telefon umgemeldet. DSL umgemeldet. Krankenkasse, Haftpflicht-, Rechtsschutzs-, Kfz-Versicherung, Bank, Bausparkasse mitgeteilt, dass ich ab 1. April woanders wohne. Nachsendeantrag gestellt. Mir über die Küchenfarbe weiter Gedanken gemacht. Die Rattanmöbel-Idee wieder verworfen.

Jetzt müsste ich nur noch endlich meine Umzugshelfer an die Strippe kriegen, dann wäre ich quasi fertig. Dass ich außerdem noch vier neue Zimmer streichen und 1500 Bücher in Kisten packen und danach meine alte Wohnung streichen und putzen muss, verdränge ich noch bis übermorgen.



Immer mehr Hollywood-Stars leihen ihre Stimme Spielekonsolen-Charakteren und sorgen so für eine bessere Qualität. Und nebenbei scheint es nicht mehr peinlich zu sein: The Game's the Thing.
„God knows the world of game-voice acting could use some talent. In the early days of game design, programmers themselves would perform the voices, as one did in GoldenEye, with predictably disastrous results. (Imagine overly serious, nerd-damaged guys trying to deliver battle-scene do-or-die speeches to big-breasted virtual lovers.) Even successful, big-budget games such as Resident Evil managed to screw up the acting. (Sample wooden dialogue: "This whole place is a killing zone!") Gamers developed a love-hate relationship with execrable voice acting, in much the same way that teenagers enjoy wretched kung-fu movies.

Things got better in the '90s with the rise of C-listers, a generation of otherwise-unknown but talented voice actors who finally brought some life to in-game voices. Ever heard of Jennifer Hale? Probably not, even though she's done terrific voices for more than three dozen games. Mark Hamill, after playing Luke Skywalker, mostly vanished from regular TV and film. But he has thrived doing voices for games and animation, probably because his histrionic delivery suits the genres.

Now A-list actors have taken notice of games, and it's not hard to see why. They're a quick route to digital-age street cred. Appearing in a game gives an actor a sense of being on the cutting edge of technological "convergence" (whatever that is), as well as a vague whiff of indie flava. More important, it keeps a star current among young men. Any canny star – or, more likely, any star with a canny agent – eventually winds up looking enviously at a hot video game like the Grand Theft Auto series, which is objectively cooler than almost anything that's come out of Hollywood in years.“



Apropos Spielekonsolen: Ich habe am Wochenende nach 100 Jahren mal wieder am GameCube gesessen und jedes, aber auch jedes verdammte Spiel verloren. Ich habe versucht, diese blamable Tatsache damit zu erklären, dass Yoshi eben viel zu klein ist und seine dicken Beinchen viel zu kurz, um effektiv über Hindernisse zu springen und blöde Münzen einzusammeln, aber das hat mein Kerl nicht gelten lassen und die ganze Zeit gemeine Witze gemacht.

Dafür musste er gestern abend Eiskunstlauf-WM mit mir gucken. Niemand lacht ungestraft über Anke! Und irgendwann werde ich auch nicht immer die X- mit der Y-Taste verwechseln.




Montag, 22. März 2004

Ich habe letzte Woche zum ersten Mal Schöner Wohnen gekauft und Modern Living, ich kann den Ikea-Katalog inzwischen auswendig und verkneife mir jeden Blick in den von ligne roset, ich entscheide mich wahrscheinlich erst im Baumarkt endgültig, welche Farbe meine Küche nun haben wird, und ich plane allen Ernstes, mir zwei Rattan-Korbsessel für eben diesen Raum anzuschaffen, weil sie so schön bequem sind. Aber eben nicht so cool wie die Bistro-Stühlchen. Aber bequem. Aber nicht cool.

Ich werde alt. Ich denke zum ersten Mal nicht „Wow, wird das schick“, sondern „Ach, wird das gemütlich“.



David Mamet schreibt im Guardian über The Passion of the Christ: "If you want to worship, go to church, not the movies." Auch ein Standpunkt. Allerdings nicht meiner. Außerdem geben in dem Artikel eine Rabbinerin, ein Vikar und ein Priester ihre (zu erwartenden) Statements zum Film ab: Passion Players.
„Adherents, whether they know it or not, go to see these films to be entertained. (The correct venue for religious devotion is the holy place, not the cinema, and communion with the divine, whether the Kiddush of the Jews or the Communion of the Catholic, is better celebrated with the traditional bread and wine than with popcorn and Coca-Cola.)

The power of the doctrinal film consists in the ability of the doctrine in this venue and depiction to reaffirm or, unfortunately, to enrage – both entertaining emotions and appropriate to the confines of the cinema.

Did Taxi Driver inspire John Hinckley to attempt assassination? We know that The Birth of a Nation in its bold statement of the "unfortunate truth" that Negroes are inferior, helped endorse the rebirth of the Ku Klux Klan; The Triumph of Will to enthuse the Nazis.“








Sonntag, 21. März 2004

Liebes Café Dilo an der Grindelallee – so lecker euer Latte Macchiato war, den ich ausnahmsweise mal bei euch gekauft habe, weil mein Lieblings-Kaffeedealer, der Bagel Park, bereits geschlossen hatte: Wer das Wort „Kekse“ nicht „Kekse“ schreibt, sondern „Kek'se“, kriegt von mir kein Geld mehr.

(Und jetzt kommt garantiert wieder ne pampige Mail von Jan, der sich darüber beschwert, dass ich gefälligst nicht so viel Wert auf Rechtschreibung legen soll. Na, dann mach mal. Spacken.)



Clive Thompson schreibt im NYT Magazine, dass die Menschen online weniger lügen als face to face. Ich bezweifle das zwar, aber er hat ein paar schöne Argumente: The Honesty Virus.
„There's something about the Internet that encourages us to spill our guts, often in rather outrageous ways. Psychologists have noticed for years that going online seems to have a catalytic effect on people's personalities. The most quiet and reserved people may become deranged loudmouths when they sit behind the keyboard, staying up until dawn and conducting angry debates on discussion boards with total strangers. You can usually spot the newbies in any discussion group because they're the ones WRITING IN ALL CAPS – they're tripped out on the Internet's heady combination of geographic distance and pseudo-invisibility.

One group of psychologists found that heated arguments – so-called flame-war fights, admittedly a rather fuzzy category – were far more common in online discussion boards than in comparable face-to-face communications. Another researcher, an Open University U.K. psychologist named Adam Joinson, conducted an experiment in which his subjects chatted online and off. He found that when people communicated online, they were more likely to offer up personal details about themselves without any prompting. Joinson also notes that the Samaritans, a British crisis-line organization, has found that 50 percent of those who write in via e-mail express suicidal feelings, compared with only 20 percent of those who call in. This isn't because Net users are more suicidally depressed than people offline. It's just that they're more comfortable talking about it – ''disinhibited,'' as the mental-health profession would say.“



Der Herr Kutter hat meinen Tag gemacht mit diesem Satz.

Obwohl mein Tag eigentlich schon gemacht war, nachdem ich davon aufgewacht bin, dass Kerl und ich Stirn an Stirn geschlafen haben. Ich hab noch gedacht, „Süß, das“, bevor ich wieder eingeschlafen bin.




Samstag, 20. März 2004

Friday Five:
If you ...
1. ... owned a restaurant, what kind of food would you serve?
Ich will kein Restaurant aufmachen. Aber ich hatte jahrelang den Traum, ein Literatur-Café zu eröffnen. Der übliche feuchte Plan B-Traum der Geisteswissenschaftler, glaube ich. Ich mag ja die Vorstellung, mit einem Buch oder einer dicken Tageszeitung in einem gemütlichen Sessel zu sitzen und literweise Milchkaffee in mich reinzuschütten. Aber dann ist mir aufgefallen, dass ich das viel lieber alleine zuhause mache als irgendwo in der Öffentlichkeit, wo man nicht unbedingt im Schlafanzug und ungeschminkt rumhängen möchte.
Und seit ich selbst in einer Kneipe gejobbt habe, ist der Traum, Gastronom zu werden, sowieso ausgeträumt. Ich möchte mich nie mit solchen Egozentrikern wie Köchen und solchen faulen Säcken wie Studenten rumschlagen müssen.
(Ja, ich war auch Student. Aber ich hab nicht abgeschlossen. Das rettet mich vor dem Klischee. Meiner Meinung nach jedenfalls.)

2. ... owned a small store, what kind of merchandise would you sell?
Das ist einfach. Film-Memorabilia, bis der Arzt kommt. Wobei ich das meiste garantiert nicht verkaufen würde, sondern angucken, sammeln, anfassen und bewundern. Wenn ich einmal reich wär.

3. ... wrote a book, what genre would it be?
Fieser Liebesschnulz. Krimis konnte ich noch nie was abgewinnen. Aber ich liebe die Untiefen menschlicher Dramatik. Und gut getextete Liebeserklärungen.

4. ... ran a school, what would you teach?
Einfach mal nett zueinander sein, sich gegenseitig respektieren, dem anderen seine Meinung und seine Eigenarten gönnen.

Ich würde so dermaßen pleite gehen mit dieser Schule.

Dann nehme ich doch lieber Popkultur. Ich kann alle pinkfarbenen Trivial Pursuit-Fragen auswendig.

5. ... recorded an album, what kind of music would be on it?
Blubberiger Chillout-Krempel. Oder total melancholische Klaviermusik. Oder poppige Mitgröler, die stark nach den 80er Jahren klingen.




Freitag, 19. März 2004

Was man übrigens jedem Prakti auf der Texterschmiede mal mit auf den Weg geben sollte: Das, woran ihr 80 Prozent eures Tages verschwenden werdet, sind Anschreiben. Vergesst 60seitige Autokataloge, 30seitige Mailings, Longcopys, Headlines und Claims. Die Sorte Text, mit der sich Kunden am liebsten und am längsten aufhalten, sind Anschreiben. Wahrscheinlich, weil ihr Name drunter steht. Ich stelle jedenfalls immer wieder erstaunt fest, dass man, wenn man will, auf 20 Zeilen mehr Korrekturen unterbringen kann als auf 20 Seiten. Also, tapfere Werbekrieger in spe: Überlegt euch das alles nochmal.
Anyone beg to differ?



Gestern ist ein nachträgliches Geburtstagsgeschenk eingetroffen. Vielen Dank an die liebe Emily für The Third Twin. Mein erster Follett. Ich bin so gespannt. (Wenn ich all die anderen Bücher durch hab, die auf meinem Nachttisch ...)



Und natürlich war ich im Kino. The Passion of the Christ. In der Kinoecke ist Gelegenheit, über meine Meinung herzufallen.




Donnerstag, 18. März 2004

Ein Satz spukt mir seit zwei Wochen im Kopf rum. Er stammt vom schnuckeligen Vikar®, der ihn in seiner Predigt zu dieser Textstelle verwendet hat: „Es ist aber der Glaube eine feste Zuversicht auf das, was man hofft, und ein Nichtzweifeln an dem, was man nicht sieht.“ (Hebräer 11, 1)

Es ist jetzt fast auf den Tag genau ein Jahr her, seit ich wieder zur Kirche gehe. Ich bin konfirmiert, bin aber irgendwann aus der Kirche ausgetreten, habe mich jahrelang als Agnostiker bezeichnet, und mir war organisierte Religion eher suspekt. Aber egal, welche Art Gotteshaus ich zum Beispiel auf Reisen besichtigt habe – Kirche, Synagoge, Moschee, Tempel –, ich habe immer eine Art Ruhe empfunden, sobald ich diese spirituellen Orte betreten habe. Jedes Gotteshaus hatte auf mich seine eigene Wirkung, aber jedes hinterließ in mir ein Gefühl von Vertrauen. Selbst in den Zeiten, in denen ich nicht an Gott geglaubt habe, hatte ich immer im Hinterkopf: Wenn du irgendwann gar nicht mehr weißt, wo du hinsollst, kannst du immer noch in eine Kirche gehen.

Und als es mir letztes Jahr so fürchterlich schlecht ging, die Therapie nur anstrengend und noch nicht stärkend war, da bin ich eben in einer Kirche gelandet. Und auf einmal waren all die Gefühle wieder da, die ich zu Konfirmanden- und Kindergottesdienstzeiten hatte, die mir damals sagten, dass es richtig ist, was ich glaube: diese Sicherheit, dass jemand da ist, an den man sich wenden kann. Dieses Gefühl, dass man vertrauen kann, ja, dass man muss. Und dass man daraus die Kraft zieht, jeden Tag positiv zu beginnen.

Ich weiß, dass sich das total esoterisch versülzt anhört. Ich habe auch sehr, sehr lange mit mir selbst gehadert, diese Gefühle wieder neu zuzulassen. Aber der Wunsch, jede Ratio einfach auszuschalten, jede Coolness fahren zu lassen, jede Überlegung, nee, das ist doch blöder, 2000 Jahre alter Quatsch, einfach eine Überlegung sein zu lassen, dieser Wunsch war stärker als meine „Argumente“ dagegen. Und so habe ich dem Wunsch nachgegeben. Es war ein Gefühl wie: „Na gut, Gott, dann mach halt. Ich geb auf. Ich glaube wieder an dich, ich finde es schön, in die Kirche zu gehen, ich finde es beruhigend, in der Bibel zu lesen, jajaja, ist okay. Du hast gewonnen. Aber auf Kirchentage gehe ich trotzdem nicht, ich werde eine verwöhnte Konsumgöre bleiben, ich werde auch weiterhin meine Prada-Brille tragen und nie, nie, nie Birkenstocks. Das kannst du dir gleich abschminken. Und wenn ich jemals einen dieser blöden Fisch-Aufkleber auf meinem BMW haben sollte, dann erschieß mich.“

Und so habe ich es zugelassen, wieder zu glauben. Es hat sich ein bisschen angefühlt wie Autonomie aus der Hand zu geben. Aber gleichzeitig hat es sich angefühlt wie ein selbstbestimmter, mutiger Schritt in die richtige Richtung. Ein Schritt in Richtung „Ich wünsche mir, dass die Welt ein besserer Ort wird als sie es jetzt ist. Und vielleicht kann ich mit meinem Glauben, meiner Zuversicht, meiner Freundlichkeit und meiner Hoffnung dazu beitragen.“

Der Satz, den der Vikar gesagt hat, lautet: „Der Gläubige weiß nicht, dass es einen Gott gibt. Der Gläubige WILL, dass es einen Gott gibt.“




Mittwoch, 17. März 2004

The stages of uncoolness, as defined by mutant and shhhh.



Meine Lieblinge von leo gibt's jetzt auch auf franzackig. Nicht, dass ich damit was anfangen könnte.



Und im Kino war ich: Gegen die Wand. Guter Film. Kinoecke.

Nicht gestern natürlich. Gestern gab's Maki vom Lachs und Küsse vom Kerl. Da lacht die Geburtstagsprinzessin.

Und danke für eure vielen Kommentare und Mails. Ich hab mich über jede/n gefreut.




Dienstag, 16. März 2004



A toast:

To a new job.
To a new apartment.
To new friends.
To old ones.
To absent ones.
To a good year.
Good-bye, 34. Come on in, 35.

Nice to meet you.




Montag, 15. März 2004

Rachel Moseley hat ein Buch über Audrey Hepburn geschrieben: Growing Up with Audrey Hepburn. Im Guardian erzählt sie, wie sehr Hepburn noch heute ein Vorbild für Frauen jeden Alters ist: She's everybody's dream girl.
„She is often described as looking like a cat or a faun; Lucy, one of the younger women who contributed to the book, told me: 'She's so little – well, she's not, she's probably very tall, isn't she, but she looks like she needs looking after.'

Perhaps we want to be like Hepburn, and take care of her – and this seems to speak profoundly to the complexity of our position as 'post-feminist' women who can, apparently, 'have it all'. The one certainty with which we are left, though, is that of her 'look', and this is perhaps not as regressive as it might seem. French philosopher Roland Barthes once famously described Audrey Hepburn's face as 'an event', but even if this is partly where her identity lies there is always more to come, a depth beneath the image.

If we think about her career in relation to the popular history of feminism – broadly the Fifties and early Sixties as 'pre-feminist', the late Sixties and Seventies as 'feminist', and the period since then 'post-feminist', it is revealing that as Hepburn's popularity waned in the 'feminist' period and was revived in the 'post-feminist'. What seems to appeal about Hepburn for young women today is not very different from what appealed in the Fifties. We yearn for a time of glamorous dressing up, but what is more important is the way in which, as a star, Hepburn seemed able to combine femininity and strength – in other words, to be 'a strong, independent woman with a man', as one interviewee described her. Furthermore she was 'a woman's star'. Never overtly constructed as 'sexy' like Bardot or Monroe: she was beautiful, but cerebral. The description of Hepburn which came up repeatedly was 'classy, not sexy'.“



Das Gefühl, schon hundert Jahre dabei zu sein. Alles schon so vertraut, fast alles schon so, wie es sein soll. Keine großen Diskussionen, kein ständiges Hinterfragen von Absichten, Gefühlen, Gedanken. Einfach sein, schmecken, fühlen, genießen, vertrauen. Dass es so einfach sein kann, von sich überrascht zu werden.
Dass es so spannend sein kann, einfach glücklich zu sein.



In diesem Zusammenhang – am Wochenende nicht geguckte DVDs: Matchstick Men, The Safety of Objects, The In-Laws.




Sonntag, 14. März 2004

Gestern lag wieder ein Amazon-Päckchen in meinem Briefkasten, über das ich mich sehr gefreut habe. Die liebe Melanie hat mir Leaves of Grass und Der Tod in Venedig zukommen lassen. Vielen, vielen Dank dafür.

Ich bin ja immer wieder davon überrascht, woher diese kleinen Aufmerksamkeiten kommen. Die meisten Geschenke von meinem Wunschzettel bekomme ich von Leuten geschickt, die sich hier noch nie als Kommentator betätigt haben. Oder ich kenne sie nur unter einem wilden Nickname. Oder sie haben keine Website, und ich habe den betreffenden Mail-Link nicht angeklickt, keine Ahnung. Jedenfalls sagen mir die wenigsten Namen der Schenker etwas. Und deswegen finde ich es doppelt nett, von diesen Lesern ein bisschen von der Freude zurückzubekommen, die ich ihnen anscheinend bereite. Gute Karmakette, Kinners.



Meine drei Vorschläge für den gestrigen Namenspitch inklusive Herleitung, Rufnamen und Namensvetterinnen:

Tomke – niederdeutsche Form von Dominica, „die zu Gott Gehörende“ (auch als Jungenname einsetzbar, falls sich doch noch was ändern sollte).

Kurzformen, Rufnamen: Tommy

Namensvetterinnen: leider nicht viele oder nur Menschen aus den Niederlanden, deren Sprache ich nicht mächtig bin. URL ist in Holland bereits belegt mit einer Comic-Figur mit einem hüpfenden Hund und einem Känguru, das komischerweise nicht hüpft. Die Seite ist, glaube ich, für Kinder mit Leseschwäche.


Emilia – aus dem lateinischen: „ambitioniert“.

Kurzformen, Rufnamen: Emmi, Emma, Milli, Mia

Namensvetterinnen: Lessings Emilia Galotti, die sich lieber vom Vater umbringen lässt als ihre Tugend an irgendeinen Grafen zu verlieren. Nunja.

Shakespeares Othello: Emilia ist die Frau vom Schurken Iago, die Desdemonas Taschentuch stiehlt, mit dem sich Cassio angeblich den Bart abgewischt haben soll ... sie bringt zwar zum Schluss Licht in das ganze Gewirr, wird aber deswegen von Iago ermordet.

Emily Bronte (1818–1848): Wuthering Heights, ihr einziger Roman, gilt heute als einer der intensivsten Romane der englischen Sprache. Kein direkter Erfolg wie Jane Eyre von ihrer Schwester Charlotte. Late bloomer.

Emily Bissell (1861–1948), Sozialarbeiterin, führte 1907 die so genannten „Christmas Seals“ in den Vereinigten Staaten ein, eine Wohlfahrtsbriefmarke, deren Erlös sie zum Kampf gegen Tuberkulose genutzt hat.

Perfekter Urlaubsort für die ganze Familie: Rimini, Emilia Romagna, Norditalien. Home of the salami.


Madita, von Astrid Lindgren erfundene Verkürzung von Margareta, lat. „die Perle“

Kurzformen, Rufnamen: Mäddi

Namensvetterinnen: Natürlich Madita, eine starke weibliche Heldin, die macht, was sie will.

Es gibt einen Therapiestuhl names Madita für Kinder, die nicht alleine sitzen oder stehen können. Das soll aber keinen Einfluss auf die Wahl haben.

MaDiTa ist auch der Mannheimer DienstleistungsTauschring, der in den Räumen der Arbeitslosenhilfe Mannheim angesiedelt ist. Eine soziale Einrichtung. Sehr schön.

Madita ist außerdem eine konventionelle Zuckerrübensorte mit hohem Zuckergehalt. Im Gegensatz zu „Marietta“, die eine ertragsbetonte rizomaniatolerante Sorte ist.
(Rizomania ist eine Viruserkrankung an Zuckerrüben, auch bekannt als Wurzelbärtigkeit. Sie vernichtet bis zu 50 Prozent des Ertrages.)


Weitere Vorschläge der Anwesenden, die faulerweise nur jeweils einen Namen dabei hatten, waren Beatrice (der Name musste per Hangman erraten werden) und Anna (kam mit einer schönen Zeichnung und einer eher persönlichen Herleitung: „Meine Tante hieß Anna, und die hat mir eine Puppe geschenkt, die dann auch Anna hieß, und die war ganz toll und blond und ich weiß nicht mehr, wo sie ist").

Im Moment liegt Emilia vorn. HA!




Samstag, 13. März 2004

Ich arbeite zwar in einer anständigen Werbeagentur, aber was einem tagtäglich auf dem Klo begegnet, ist einfach nicht mehr feierlich: Die Plastik-Stopper, die die Türen davor bewahren, in die pinkfarbene Wand zu krachen, heißen allen Ernstes Bummsinchen. Und nach knallhartem Factchecking im Internet habe ich erfahren, dass es noch einen großen Bruder von 40-Millimeter-Durchmesser-Bummsinchen gibt. Der hat fette 60 Millimeter Durchmesser und heißt – ihr ahnt es bereits – Bumms.

Mich würde interessieren, wer auf diesen Produktnamen gekommen ist. Da hat doch garantiert der Chef selbst Hand angelegt.

Wie sagte mein Kumpel Olli doch neulich: „Kunde, spitz' die Feder! Texten kann ein jeder!“



Friday Five:
1. What was the last song you heard?
Killing me von Robbie Williams.

2. What were the last two movies you saw?
Ich bin im Moment ein ganz kleines bisschen kinomüde (ja, das hab ich alle paar Jahre mal). Ich war seit zwei Wochen nicht mehr im Lichtspielhaus in meiner Nähe, und deswegen sind die beiden letzten Filme 21 Grams und Something's Gotta Give.

3. What were the last three things you purchased?
Briefmarken, um den unterschriebenen Mietvertrag an meinen Makler zu schicken. Ein Becher Ben & Jerry's Half-Baked. Nachschub an Verhütungsmitteln.

4. What four things do you need to do this weekend?
„Need to do“ klingt viel zu zwingend. Vier Dinge, die ich dieses Wochenende tun werde, sind: zum Namenspitch für die Pratte meiner Freunde gehen (Stammleser erinnern sich an den Eintrag am 24. Februar). Meinen Kerl besinnungslos knutschen. In die Kirche gehen. Und arbeiten gehen. (Ja, gut, dazu werde ich gezwungen.)

5. Who are the last five people you talked to?
Vier von den fünfen waren meine irren Kollegen. Der fünfte war dieser komische Typ, dessen Existenz in den letzten zwei Fragen durchschimmerte. (Ich will nicht dauernd so verknallt klingen. Wo sind wir denn hier?)




Freitag, 12. März 2004



Ich danke meinem alten Kollegen Jörn, der mir vor 100 Jahren gesagt hat, du, registrier' dir doch aus Spaß deinen Namen als URL, vielleicht kannst du irgendwann mal was damit anfangen. Ich danke meiner Blogmama Melissa, die mich vor fast zwei Jahren dazu inspiriert hat, selbst ein Weblog anzufangen. Ich danke Stephan, der mir als Gegenleistung für ein bisschen Text für seine Diplomarbeit dieses Weblog eingerichtet hat. Ich danke Herrn Praschl für seine konstante Qualität, die mich auch die deutschen Weblogs hat entdecken und schätzen lassen. Ich danke Herrn Vowe, der einer der ersten war, die mich auf ihre Blogroll gelassen haben. Ich danke Herrn Malorama, dass er mir mal gemailt hat, dass ein Lob von mir ihn hätte erröten lassen.

Ich danke Andi, der anscheinend seit meinem ersten Posting dabei ist (wie bist du jemals auf meine Seite gekommen? Wer bist du überhaupt?). Ich danke jedem von euch unermüdlichen E-Mail-Schreibern, die sich fast stündlich darüber beklagen, dass ich weder Permalinks noch RSS habe. Ich danke jedem von euch unermüdlichen Lesern, dass euch Content anscheinend wichtiger ist als Schnickschnack und ihr immer wiederkommt. Ich danke jedem Filmschaffenden dieser Welt, dass ich über ihn schreiben darf.

Ich danke Heiko, Lyssa, Jim, Patrick, Nico, Gloria, dem Jupp und Herrn Dahlmann, dass meine ersten Treffen mit Bloggern im wahren Leben sehr positiv waren. Ich danke einigen der oben Genannten, dass sich aus den Treffen richtige Freundschaften entwickelt haben. Ich danke Emily, Lu, Sandra, der Stattkatze, Ines, Christian und Melody für viele schöne, spannende, hilfreiche E-Mails. Ich danke den Blogbuch-Machern, dass sie mich angemailt haben und ich durch diese kleine, unschuldige Webpräsenz sogar bei Amazon erhältlich bin.

Ich danke der ganzen, blöden, affigen, nervigen, lustigen, herzlichen, zickigen, faszinierenden, spannenden und komplett durchgeknallten Blogosphäre, dass sie da ist. Ich würde viele von euch Nasen vermissen, wenn ihr plötzlich keine Lust mehr hättet.



Einen Tag zu früh, aber egal: Herr Tillmann hat eine kleine, schöne Hommage an uns alle (wir, das Volk. Wir, die Blogger. Wenn das Herr Olbertz wüsste).



Nutzloses, aber nettes Spiel von Elke geklaut: den mp3-Player (vulgo: iPod) auf Zufall stellen und die ersten zehn Songs aufschreiben, egal, wie peinlich sie sind. Ich hab Schwein gehabt. Ich muss mich nur für den letzten Song ein bisschen schämen.

1. London Dungeon – The Misfits
2. When the music's over – The Doors
3. Cursed – Robbie Williams
4. Turn me on – Norah Jones
5. Hot Lunch Jam – Irene Cara (Fame Soundtrack)
6. I can't explain – The Who
7. Happy Brasilia – Paolo Scotti
8. Crazy – Supertramp
9. I've loved these days – Billy Joel
10. S.O.S. – A-Teens




Donnerstag, 11. März 2004


(Bé Hofmann)




Mittwoch, 10. März 2004

Steve Martin macht sich ganz, ganz doll gemein über The Passion of the Christ lustig:
„STUDIO SCRIPT NOTES ON THE PASSION

Dear Mel, We love, love the script! The ending works great. You'll be
getting a call from us to start negotiations for the book rights.
Love the Jesus character. So likable. He can't seem to catch a break!
We identify with him because of it. One thing: I think we need to clearly state "the rules." Why doesn't he use his superpowers to save himself? Our creative people suggest that you could simply cut away to two spectators:
SPECTATOR ONE
Why doesn't he use his superpowers to save himself?
SPECTATOR TWO
He can only use his powers to help others, never himself.“



Und wenn ihr da unten schon in meinen Kommentaren unter meinem Namen was schreibt, dann sorgt wenigstens dafür, dass keine Rechtschreibfehler in eurem Geseiere sind, bevor ich den Scheiß lösche.

Mir geht die Diskussion auf den Sack. Ich ärgere mich, überhaupt was darüber geschrieben zu haben, ich ärgere mich darüber, irgendwas erklären zu müssen, was schon im Eintrag drinsteht, ich ärgere mich darüber, nicht einfach dem Dahlmann ne Mail geschickt zu haben und mal nachzufragen, anstatt einfach demjenigen hinterherzulaufen, der am lautesten brüllt, ich ärgere mich über meinen Kreativdirektor, der mir gestern einen Scheißspruch an den Kopf gehauen hat, ich ärgere mich darüber, dass ich nicht in Ruhe frühstücken kann, dass gestern viel zu lang und die Nacht viel zu kurz war, der heutige Tag noch länger wird, mein Lieblingsshirt in der Wäsche ist und ich jetzt schon süchtig nach den Big Brother-Spacken bin.

Kann mal wer diesen Tag fast forwarden?




Dienstag, 9. März 2004

Ich weiß nicht, ob Er eine Sie oder Sie ein Er oder das Ganze vielleicht auch nur der beste Chatbot aller Zeiten ist. Ich hab auch, ehrlich gesagt, nicht wirklich drüber nachgedacht. Ja, auch ich hatte zwischendurch den Moment, wo ich mir dachte, nee, das muss ein Fake sein, aber meist kam genau dann eine Story, die ich gut fand (nach mehreren, die ich eher naja fand), und deswegen war es mir irgendwann egal, ob Sie nun ein Fake war, weil ich das genossen habe, was ich gut fand und quergelesen habe, was ich blöd fand. Normales Weblogverhalten eben. Auch meine Lieblinge haben schlechte Tage, und auch in Blogs, die ich normalerweise zum Kotzen finde, steht manchmal ein wunderbarer Eintrag.

Was ich bedauerlich an der ganzen Sache finde, ist, dass natürlich a) die komplett falschen Diskussionen losgetreten werden – diese von gut über schlecht bis überhaupt nicht gef***ten Mädels und Jungs inszenierten Schlammschlachten, in denen grundsätzlich die Falschen alles falsch verstehen, haben wir doch schon hundertmal gehabt, und sie werden von Mal zu Mal witzloser, weil die Gürtellinie immer tiefer rutscht.

Und b) finde ich es persönlich schade, dass mein ganz eigener Weblogbegriff mal wieder ein bisschen umdefiniert wird. Ich kann natürlich immer nur von mir ausgehen: Das, was ich hier schreibe, bin ich. Manchmal ein bisschen schöngefärbt, manchmal ein bisschen gerafft, damit die Story besser klingt, und manchmal lasse ich auch Details aus meinem Leben weg. Aber ich tue nicht so, als wäre ich ein Kerl, unter 30, Millionär, gertenschlank oder wasweißich.

Ja, mag sein, dass Weblogs auch literarische Versuche sein können, ja, mag sein, dass gerade das Spielen mit Identitäten reizvoll sein kann, ja, mag sein. Für mich ist es das allerdings nicht.

Ich lese Weblogs in der wahrscheinlich naiven Hoffnung, durch die Zeilen im Netz einen Menschen kennenzulernen. Nicht persönlich, sondern virtuell. Die meisten Weblogger will ich gar nicht in der Realität treffen; ich hätte zum Beispiel genau Belle de Jour nie kennenlernen wollen, weil ich sie teilweise fürchterlich unsympathisch fand – und fünf Minuten später eben wieder mutig und faszinierend. Aber ich hätte gerne die Sicherheit gehabt, dass es sie wirklich gibt.

Aber komischerweise ist es nicht das, was mich nervt. Das, was mich wirklich nervt, ist, dass es ein Mann sein soll, der sie sich ausgedacht hat (keine Ahnung, ob das Gerücht stimmt). Ich möchte nicht in das gleiche Horn stoßen wie Frau G., die sich leider durch den miesen Eintrag in ihrem Blog selbst disqualifiziert hat und jetzt meiner Meinung nach als die am schlechtesten gef***te Brotspinne da steht (ja, sie ist verheiratet und damit rundumversorgt, hab ich kapiert, schnarch). Aber im Kern muss ich ihr Recht geben. Allerdings stört mich persönlich nicht das böse F-Wort, sondern die Tatsache, dass sich fast jeder Eintrag auf einmal wie eine blöde Altherrenfantasie liest. Insofern hoffe ich immer noch ein ganz kleines bisschen, dass er es nicht ist. Oder dass es zumindest ein weibliches Fake ist. Say it ain't so, Joe, say it ain't so.



Und wo wir grad so schön bei Weblogs sind: Es gibt ein neues auf meiner Liste. Ein kleines, feines Blog über Werbung. Ich schreibe hier zwar auch über Werbung, aber eher über meine seltsamen Kollegen als über die wunderbare Welt der Spots und Funkis. Zum Beispiel über meinen Texterkollegen, der mich seit Tagen damit in den Wahnsinn treibt, dass er, immer, wenn irgendwo ein Handy klingelt, quer durch den Raum brüllt: DA KOMMT GRAD EIN CALL REIN!
Zurück zum Werbeblock (tschuldigung): Hier geht's lang. Lesebefehl.




Montag, 8. März 2004

DVDs vom Wochenende:
Gigli (Liebe mit Risiko): Ja, ich hab's getan. Ich habe mir den angeblich schlechtesten Film aller Zeiten angeguckt. Ich finde den Vergleich mit Madonnas Swept Away, der prä-Gigli als schlechtester galt, ziemlich aufschlussreich. Swept Away war mies, weil Madonna ums Verrecken nicht schauspielern kann und deshalb jede Szene weh tut, in der man ihr übliches Overacting ertragen muss. Trotzdem konnte man den Film irgendwie durchhalten, weil er so völlig over the top war mit seinem glitzernden Mittelmeer, der anachronistischen Handlung und seiner pseudo-sozialen Aussage, dass wir alle nett zueinander sein sollten, besonders die Reichen zu den Armen, denn wer weiß, wer in fünf Minuten noch reich bzw plötzlich arm ist.
Gigli dagegen ist mies, weil Jennifer Lopez und Ben Affleck schauspielern können, wenn sie wollen. Hier versuchen sie allerdings, zwei komplett dämlichen Filmcharakteren Leben einzuhauchen und sich durch eine Story zu schlagen, die ihren Namen nicht verdient. Gigli ist mies, weil sich der Film ernst nimmt; dabei ist er bloß eine Kopie der Kopie der Kopie einer Parodie einer Schablone eines Gangsterfilms. Und er ist mies, weil er tödlich langweilig ist, während Swept Away wenigstens noch marginal unterhaltsam war.
Ich muss gestehen, ich habe schon schlechtere Film als Gigli gesehen. Aber die waren mit kompletten B-Namen besetzt und nicht mit zwei der größten Geldmaschinen, die Hollywood zurzeit hat und die das beide eigentlich nicht nötig gehabt hätten. Peinliche Sache, das.

Calendar Girls (Kalender Girls): wundervoll leichter, wundervoll schwerer Film über eine Truppe mittelalter Damen aus Yorkshire, die unbekleidet („Nude, not naked!") für einen Hausfrauenkalender posieren, um mit dem Erlös ein Sofa für ein Wartezimmer in dem Krankenhaus zu kaufen, in dem der Ehemann einer der Frauen an Leukämie gestorben ist. Der Film basiert auf einer wahren Geschichte, und das macht ihn noch herzzerreißender als er sowieso schon ist. Er ist ein typisch britischer Film, der behutsam die Balance hält zwischen absurdem englischen Humor („You are naked in The Telegraph, dear. Could you pass the bacon?“) und schmerzhaften Momenten aus Tod und Trauer. Ich habe gleichzeitig geweint und gelacht; am meisten zum Schluss, weil ich erstens die Mädels gar nicht wieder gehen lassen wollte und zweitens, weil sie nicht nur das Ledersofa für 999 Pfund kaufen konnten, sondern einen kompletten neuen Anbau für das Krankenhaus. Bis heute hat der Kalender über 600.000 Pfund an Spenden zusammengebracht. Und wenn man sich schon den Kalender nicht kauft, dann sollte man sich wenigstens diesen Film anschauen.

The Virgin Suicides (Verlorene Jugend): Der Film von Sofia Coppola fängt die träumerische, verklärte Stimmung des Buchs von Jeffrey Eugenides sehr gut ein. Trotzdem hatte ich mit ihm das gleiche Problem wie mit dem Buch: Was will mir der Autor damit sagen? Zudem war ich ständig versucht, über das liebevolle 70er-Jahre-Setting zu grinsen, anstatt auf die Tragik der Geschichte zu achten, in der sich fünf Schwestern nacheinander umbringen, um ihrem Elternhaus zu entkommen. Ich mochte das Buch, und ich mochte auch irgendwie den Film, aber ich war bei beiden froh, als sie zu Ende waren.



Für zwei Sekunden die christliche Tradition des Abendmahls verfluchen, die einen dazu zwingt, sich 20 Minuten früher als sonst aus den Armen des Kerls zu schälen, denn beim Abendmahl muss man ja nach vorne in den Altarraum, wo einem der Pastor in die Augen schaut oder der schnuffige Vikar, wenn er Leib und Blut verteilt, und da will man ja nicht aussehen wie ein Schlumpf, so wie sonst, wenn man sich einfach in der Mitte der Kirche einkuschelt, um in Ruhe und alleine und unbehelligt zu singen und zu beten und zu sich selbst zu finden, dafür muss man nicht unbedingt frisch geduscht sein, da reicht auch die Baseballmütze über den verwuschelten Haaren, das merkt ja keiner, weil niemand direkt neben einem steht oder sitzt, die Kirche ist ja sowieso viel zu leer, das merkt man am meisten bei den Liedern, wo man immer dankbar für die Orgel ist, die den Hall etwas mindert, der von den Kirchenbänken aufsteigt, aber heute ist Abendmahl, da würde der Bettgeruch doch auffallen, der Geruch nach Wärme und Zuhause und einer wunderschönen Nacht, wenn man vorne steht zwischen den Omas, die nach Pralinen oder Staub riechen und den alten Männern, bei denen es eher Old Spice ist oder Einsamkeit und den jungen Müttern mit Anhang, die nach ausgespuckter Milch riechen, nein, da kann man nicht nach Glück duften, lieber nach Duschgel und Zahnpasta, was ja auch schön ist, aber man verflucht eben doch für zwei Sekunden diese Tradition oder die sich selbst auferlegten Zwänge oder die Zivilisation oder die Uhrzeit, die einen dazu bringt, sich aus dieser wundervollen Höhle aus Armen, Brust und Halsbeuge zu schälen, um in die Kirche zu gehen, und man fragt sich für ebenfalls zwei Sekunden, warum man das überhaupt macht, bevor einem wieder einfällt, dass man das macht, weil es gut tut, weil es schön ist, weil es einem bewusst macht, wie gut die letzte Woche war, trotz allem, und wie schön die nächste sein wird, trotz allem, weil jemand da ist, der auf einen aufpasst und an den man sich wenden kann, auch wenn der keine Höhle aus Armen, Brust und Halsbeuge hat, aber dafür genau das gleiche Gefühl vermitteln kann, ein Gefühl von Aufgehobensein, von Willkommensein, von Freude und Verlässlichkeit, und so deckt man den Kerl zu und lässt ihn schlafen und freut sich auf den Gottesdienst und das Abendmahl und die morgendliche Dusche und die Fahrt durch den Schnee und die Sonne und den Sonntag und die Aussicht, in zwei Stunden wieder in der Höhle sein zu dürfen, die immer noch nach Zuhause duftet.




Sonntag, 7. März 2004

I know I wanted to leave you for now
Leave alone your laughter
And these wonderful kisses
But I already regret having said good-bye.

Because I still have your smell on my hands
And your touch on my skin
And your smile on my lips,
My bed feels like the loneliest place on earth.
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Samstag, 6. März 2004

Friday Five:
What was...
1. ...your first grade teacher's name?
Frau Steinbrecht. Und nicht nur first grade. Vier Jahre lang dieselbe Lehrerin. Gibt's eigentlich auch Männer, die in der Grundschule unterrichten?

2. ...your favorite Saturday morning cartoon?
Die Tradition des morgendlichen Cartoon-Guckens war zu meiner Kinderzeit noch nicht verbreitet. Könnte daran liegen, dass es nur drei Fernsehprogramme gab. Wir hatten ja nichts. Gar nichts. Zehn Kilometer zur Schule. Barfuß. Bei Schneesturm. Bergauf. Hin und zurück. Und gegessen wurde aus einer Kuhle im Tisch. Äh ... wie war die Frage?

3. ...the name of your very first best friend?
Detlev und Christiane. Nachbarskinder. Die übliche Verquickung von Eltern, die sich von irgendwoher kennen und die dann die Kinder miteinander spielen lassen. Bei uns auf dem Dorf wurden dann auch die Häuser in unmittelbarer Nachbarschaft gebaut.
Meine und ihre Eltern sind immer noch befreundet und treffen sich einmal im Monat zum Klönschnack. Daher bin ich über beide stets bestens informiert: „Also, Detlev hat ja geheiratet, und Christiane baut grad ein Haus – ganz in der Nähe der Eltern ... (insert Vorwurfsvoller Blick here)“

4. ...your favorite breakfast cereal?
Auch diese Tradition habe ich erst in meiner eigenen Küche eingeführt. Bei uns gab's ja nicht mal Nutella. Oder Cola. Oder der ganze andere Kram, der so klasse Kinderzähne ruiniert. Neinnein, bei uns gab's Brot vom Ökobauern, das so hart war, dass ich mir im Nachhinein nicht sicher bin, ob Weißbrot mit Nutella nicht doch besser für meine Zähnchen gewesen wären.

5. ...your favorite thing to do after school?
Lesen. Mit meinen Barbie-Puppen spielen. Lesen. Auf Bäume klettern. Lesen.



Ein dickes Dankeschön an die liebe Elke, die mir eine große Freude gemacht hat – und zwar mit den wunderbaren Werken Inside Oscar 2 (vom Wunschzettel) und Profoundly Disturbing (kannte ich noch nicht, verschlinge ich aber gerade). Vielen, vielen Dank! Perfektes Timing.




Freitag, 5. März 2004

Und zu allem Überfluss gibt es noch keine Schmunzelhasen. Klapperhasen mit Smarties drin – en masse. But no friggin' Schmunzlebunny.



An alle, die es betrifft: Danke.
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Donnerstag, 4. März 2004

„Darum lasst uns hinzutreten mit Zuversicht zu dem Thron der Gnade, damit wir Barmherzigkeit empfangen und Gnade finden zu der Zeit, wenn wir Hilfe nötig haben.“
Hebräer 4,16

Meine Mutter hat mich gestern angerufen. Mein Papa hat Krebs. Morgen wird er operiert. „Mach dir keine Sorgen, es geht ihm gut.“

Könnt ihr meinen Papa bitte in euer Nachtgebet mit aufnehmen? Danke.

Übrigens wäre meine Omi heute 84 geworden. Sie ist an Krebs gestorben. Genau wie ihre Schwester. Und meine andere Oma.

(WillaufnArm.)
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Mittwoch, 3. März 2004

Wegen des Erfolgs in Amerika (am Startwochenende mehr Zuschauer als in Lord of the Rings: The Return of the King) wurde der Starttermin in Deutschland von The Passion of the Christ vom 8. April auf den 18. März vorverlegt. Wir sehen uns im Kino.



"I know we have more influence at the box office than any studio gives us credit for." sagt Harvey Karten, ein Online-Filmkritiker, in einem Wired-Artikel: Invasion of the Web Film Critics.
„James Berardinelli estimates that a hundred or so filmgoers read his first online review – of the 1993 film Scent of a Woman – when he posted it at a newsgroup. This week, Berardinelli guesses that about 100,000 readers will click on his The Passion of the Christ review.
The readership at Berardinelli's site ReelViews now rivals that of a small weekly newspaper. So Berardinelli has arrived as a film critic, right?

Not in the eyes of movie publicists, he said. He and other online film critics continue to struggle for respect.
Though their readership is growing, online film critics remain at the bottom of the movie-publicity food chain – far below daily newspaper critics, magazine writers and broadcast reporters. They are the last to be invited for preview screenings, are seldom quoted in movie ads and remain largely off the radar for Hollywood studios.

"Online critics have nowhere near the kind of respect that is given to other journalists," said David Edelstein of Slate, who also is the film critic for National Public Radio's Fresh Air and a frequent contributor to The New York Times. "Variety doesn't take them seriously, skipping them when it samples critics. The New York Film Critics Circle doesn't allow onliners in. I write for a publication with between 5 (million) and 6 million readers, but most studio publicists make no distinctions between it and any other website." “

Eh das jetzt in irgendwelchen falschen Hälsen landet: Ich sehe mich nicht als „richtigen“ Filmkritiker. Die Reviews, die ich auf meiner Seite poste, sind teilweise sehr persönlich gefärbt, und deswegen würde ich mich mit ihnen auch nie bei der Cinema bewerben.

Ich versuche zwar meistens schon, die üblichen Dinge einzuhalten, die ich selbst von einer Kritik erwarte: Funktioniert die Geschichte? Sind die Bilder okay/klasse/grandios? Bietet der Film mir etwas Neues (immer Terry Gilliam im Hinterkopf: At the movies, I want to see something I've never seen before)? Und wenn er das nicht tut, bringt er Altbekanntes wenigstens charmant genug rüber, so dass ich mich nicht langweile? Und so weiter und so fort.

Aber im Prinzip sind meine Kritiken keine wirklichen Kritiken, sondern persönliche Auseinandersetzungen. Wenn ich einen Film blöd finde, kann ich das manchmal nicht einmal richtig erklären oder an Tatsachen festmachen wie miese Kamera, schlechter Ton, keine Story. Manchmal komme ich eben aus einem Film raus und bin schlecht gelaunt. Und dann kann er nach „objektiven“ Gesichtspunkten ein Meisterwerk sein – wenn ich ihn scheiße finde, finde ich ihn scheiße. Mein Lieblingsbeispiel ist dazu Kill Bill. Die Kritik fand ihn größtenteils toll, ich fand ihn überflüssig. Wie ich schon in der Besprechung geschrieben hatte: Er nötigt mir Respekt ab ob der Bilder, aber ich hätte auch locker auf ihn verzichten können. Und deswegen sehe ich mich nicht als „richtigen“ Kritiker: Ich will manchmal einfach der Objektivität keinen Raum geben. Manchmal möchte ich einen Film toll finden, der eigentlich mies ist (Maid in Manhattan) und dann möchte ich Filme, die in den Himmel gelobt werden, richtig doof finden.

Und was ich auch noch loswerden wollte in Bezug auf den Wired-Artikel: auf die vielgepriesene Kommunikation mit dem Leser kann ich manchmal gut und gerne verzichten. Wenn die sich nämlich in grenzdebilen Kommentaren wie „Mann, bist du scheiße, mach's erstmal besser“ oder „Du bist zu doof, den Film zu kapieren“ beschränkt, dann muss ich das nicht haben. Schreiber, die persönlich werden anstatt auf die Kritik einzugehen, gehen mir auf die Nerven. Vor allem, wenn sich ein ziemlich widerliches Weltbild dahinter verbirgt. Über einen Kommentar zu Irréversible habe ich mich vor einigen Tagen ja schonmal aufgeregt. Der „Dialog“ ging sogar noch ein bisschen weiter. Und jetzt kommt er ins Weblog.
(Hirn vom Himmel. Ganz dringend.)

„Also ich weiß gar nicht , was daran so brutal sein soll und wieso sich einige darüber so künstlich echauffieren.Ich fand den Film eher amüsant als brutal. Ich kann den Film nur weiter empfehlen.
Zumal ich genau so reagieren würde, wenn jemand meine Freundin vergewaltigen würde.Ganz nebenbei habe ich mich nicht gewundert über die Vergewaltigungsszene. Wer so (die sah ja aus wie ne Prostituierte) rumläuft braucht sich nicht zu wundern.Das liegt doch in der Natur des Menschen.Wer auf Teeniefilme a la Hollywood steht sollte dies weiterhin tun.Ich für meinen Teil verteile massig Props an den Regisseur und an französisches Kino.
Peace
Bilal   | Email | Homepage | 02.24.04 - 7:42 pm
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Ich hätte nicht gedacht, dass es immer noch Leute gibt, die ernsthaft Sätze wie "Wer so (die sah ja aus wie ne Prostituierte) rumläuft braucht sich nicht zu wundern" von sich geben. Widerlich.
Anke   | Email | Homepage | 02.25.04 - 8:23 pm
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Liebe Anke

Frag´ alle Männer , die du kennst.Sie werden dir alle dasselbe sagen, denn eine Frau kann sich gerne sexy anziehen aber nicht wie eine Prostituierte.Sah Monica Belucci in diesem Film für dich aus wie eine Lady??
Falls ja , weiß ich nicht in welchen St. Pauli ähnlichen Verhältnissen du verkehrst.Ich für meinen Teil kann meine Meinung nur bekräftigen. Wer so rumläuft braucht sich nicht zu wundern.
In diesem Sinne
Peace
Bilal   | Email | Homepage | 02.27.04 - 9:52 pm
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Selbst wenn eine Frau rumläuft wie die letzte Schlampe, hat kein Kerl das Recht, sie zu vergewaltigen. Geht's irgendwie noch? Meine Fresse.
Anke   | Email | Homepage | 02.28.04 - 9:03 am“




Dienstag, 2. März 2004

Im Kino gab's am Sonntag vor der Oscar-Verleihung noch 21 Grams. How much does a good review weigh? In die Kino-Ecke, bitte.



Beim ausnahmsweise mal wieder alleine Einschlafen nicht denken: „Wow, cool, 160 cm Bett nur für mich“, sondern: „Mann, ist das leer hier“.
Vier Wochen hat's gedauert. Lausige – vier – Wochen. Wie kann man sich von ein bisschen Haut und Händen und Duft und Wärme so schnell überrumpeln lassen?
Und wie gerne man sich überrumpeln lässt.




Montag, 1. März 2004

Ich weiß, ich werde es bereuen, aber ich muss den Kram einfach live gucken. So – brace yourself, sit back and enjoy: the 76th Academy Awards!

2.30 Uhr. Marc Shaiman statt Bill Conti am Orchesterpult. Sean Connery kicks off the evening and invites the world "to enjoy the magic of the movies". Der Mann hat mein Herz endgültig erobert.

2.35 Uhr. Wundervoller Einspieler für Billy Crystal: "The Return of the Host", ein Zusammenschnitt aus den nominierten Filmen mit einem mies reingeposteten Crystal. Zum Beispiel als Aragorn, zu dem Gandalf sagt: "All that's important is what you do with the time that was given to you." Crystal: "And that coming from a man in a 9-hour-movie."

Dann sein üblicher launiger Einstiegsmonolog: "The first time I hosted this show was 13 years ago. Times were different then: Bush was President, the economy was tanking, and we just finished war with Iraq. – One of the nominated movies: Lord of the Rings: the Return of the King. Eleven nominations. One for each ending. – Another movie nominated: Lost in Translation. This is Arnold Schwarzenegger's favorite movie. – Sofia Coppola made the movie in 27 days. That's how long it took her Dad to wake up Marlon Brando.“

Und hier kommt sein traditionelles Medley: "It's a wonderful time for Oscar."

2.47 Uhr. Catherine Zeta-Jones (unschwanger und mit big hair) verleiht Best Supporting Actor an ...Tim Robbins. Sauber! Erstens gute Wahl, zweitens mein erster richtiger Tipp. Er bedankt sich bei Regisseur Clint Eastwood: "You are making my mantle real crowded“ und beschwört Opfer von Gewalt und Missbrauch, Hilfe zu suchen (seine Rolle in Mystic River ist ein Missbrauchsopfer).

2.57 Uhr. Sir Ian McKellen kündigt den ersten nominierten Film für Best Picture an: natürlich Lord of the Rings: The Return of the King.

2.59 Uhr. Angelina Jolie mit Drachen, aber ohne Billy Bob am Oberarm, verleiht den Oscar für Art Direction an Lord of the Rings: The Return of the King. Falscher Tipp von mir. Hab ich aber so gar kein Problem mit.

3.02 Uhr. Robin Williams versteckt sich hinter Billy Crystal, macht Witze auf ... ähm? Aramäisch? und zeigt neckisch ein bisschen Oberhemd statt Brust. Crystal: "You are the reason for the 5-second-delay."

Williams verleiht den Oscar für Best Animated Feature: Finding Nemo. Logisch. Schöne Rede von Regisseur Andrew Stanton für seine Frau: "I wrote a note to you in 8th grade, and now I get to tell you in front of a billion people: I love you."
Ankes Mädchenherz ist endgültig dahingeschmolzen.

3.11 Uhr. Renée Zellweger (schick in weiß) verleiht Best Costume Design an Lord of the Rings: The Return of the King. Als Walk-on music gibt's immer das Motiv, das erklingt, wenn die Leuchtfeuer gezündet werden. Gänsehaut. Geht das jetzt den ganzen Abend so? (Hoffentlich.)

3.15 Uhr. Billy Crystal nennt Lieblingsfilme von Prominenten – Hillary Clinton: Kill Bill. Howard Dean: Anger Management. Saddam Hussein: Holes.

3.16 Uhr. Nicolas Cage moderiert Master and Commander: The Far Side of the World an.

3.17 Uhr. Chris Cooper verleiht Best Supporting Actress an Renée Zellweger, die sofort zu ihrem Redenzettel im Handtäschchen greift. Das dauert jetzt wieder ne Stunde, und sie kichert die ganze Zeit nervös. Uach, here she goes. (Stunden später:) Wrap it up! Wrap – it – up! Or at least make it interesting. Chris Cooper tippelt im Hintergrund mit dem Fuß rum.

3.23 Uhr. Crystal grüßt die Soldaten im Ausland und übergibt nahtlos an Tom Hanks, der an den verstorbenen Bob Hope erinnert. Hope hatte die Academy Awards 18mal moderiert: "They should give me one just for attending!“

3.31 Uhr. Schnuffis Ben Stiller (im Starsky & Hutch-Outfit) und Owen Wilson (im Smoking) verleihen Live Action Short Film an Two Soldiers. Kein Oscar für Die rote Jacke von Florian Baxmeier.
Best animated short film geht an Harvie Krumpet. Okay ...

3.37 Uhr. Liv Tyler (mit Brille!) moderiert die ersten drei Songs an: Sting mit You Will Be My Ain True Love, Elvis Costello mit The Scarlet Tide (beide aus Cold Mountain) und Annie Lennox mit Into the West aus Lord of the Rings: The Return of the King.

3. 51Uhr. Wenn ich noch einmal die Werbung für „Poly-Klingeltöne“ sehen muss, dann ... dann ... kann ich überhaupt nichts dagegen machen.

3.56 Uhr. Will Smith und Gattin Jada verleihen Visual Effects an Lord of the Rings: The Return of the King. Gänsehaut. Und die ganzen Hobbits im Publikum klatschen. Wo sind eigentlich Viggo und Orlando?

4.00 Uhr. Jennifer Garner in kupfer erzählt kurz vom nerdigen kleinen Bruder von Oscar, den Academy Awards for Scientific and Technical Achievement, die sie moderiert hat. "What better way for a girl to spend Valentine's.“

4.02 Uhr. Glatzkopf Jim Carrey versucht komisch zu sein (klappt nicht) und sagt charmant Blake Edwards bzw einen Clip mit seinen Filmen an (klappt). Dann rast Edwards mit einem Rollstuhl in eine Pappmaché-Wand, kriegt einen Ehren-Oscar und eine lauwarme Standing Ovation und hält eine Dankesrede, bei der ich nach zehn Sekunden geistig abgeschaltet habe. Beziehungsweise umgeschaltet. Auf DSF ruiniert sich gerade ein Tittenmäuschen im Wasser ihr Make-up.

4.15 Uhr. Bill Murray moderiert den Clip für Lost in Translation an.

4.17 Uhr. Scarlett Johansson verleiht Best Make-up an Lord of the Rings: The Return of the King. Das wird doch mehr ein Durchmarsch als ich gedacht hätte. Soll mir recht sein.

4.21 Uhr. John Travolta und Sandra Bullock hauen Sound Mixing an Lord of the Rings: The Return of the King und Sound Editing an Master and Commander: The Far Side of the World raus.

4.26 Uhr: Billy Crystal: "It's now official: There's no one in New Zealand left to thank."

4.27 Uhr. Julia Roberts erinnert an Katherine Hepburn: "Always to be remembered, never to be replaced." Taschentücher!

4.36 Uhr. Oprah Winfrey moderiert den Clip für Mystic River an. Ihr rauchblaues Kleid ist übrigens von vorne wunderschön, und von hinten wird es von einer riesigen Schleife am Arsch verschandelt.

4.38 Uhr. Hach ... John „Kann man gar nicht oft genug sehen“ Cusack und Diane „Das Kleid sah schon an Jennifer Aniston scheiße aus“ Lane vergeben Documentary Short an Chernobyl Heart und eine weinerliche Regisseurin.

4.42 Uhr. Alec Baldwin (nimm ab!) und Naomi Watts (nimm zu!) verleihen Documentary Feature an The Fog of War.

4.45 Uhr. Der Präsident der Academy, Frank Pierson, erinnert an Gregory Peck und leitet über zum Clip mit den im letzten Jahr Verstorbenen der Filmbranche. Auch Frau Riefenstahl ist dabei, und auch sie bekommt Applaus.

4.53 Uhr. Ich zähle nicht mehr mit, wie oft mir jetzt die Doppel-DVD zu Seabiscuit angepriesen wurde. Immer mit dem Spruch „Nominiert für sieben Oscars“. Wahrscheinlich schalten sie die Werbung nur heute. Bis jetzt hat der Film keinen einzigen gekriegt.

4.56 Uhr. Phil Collins und Sting verleihen Best Score an Howard Shores Lord of the Rings: The Return of the King.

4.59 Uhr. Julianne Moore und Pierce Brosnan vergeben Best Editing an Lord of the Rings: The Return of the King.

5.02 Uhr. Crystal: "People are now moving to New Zealand just to be thanked."

5.03 Uhr. Jamie Lee Curtis moderiert die letzten beiden nominierten Songs an: A Kiss at the End of the Rainbow aus A Mighty Wind und Belleville Rendezvous aus The Triplets of Belleville.

5.13 Uhr. Will Farrel und Jack Black singen den Text zur Rausschmeißer-Musik der Dankesreden: "No need to thank your parakeet / You're boring / Look, Catherine Zeta-Jones / she's snoring ..." Danach zeichnen sie Into the West als Best Song aus.

5.19 Uhr. Charlize Theron (zuviel Selbstbräuner, aber schickes Glitzerkleid) verleiht Best Foreign Language Picture an The Barbarian Invasion aus Kanada: "We are so grateful that Lord of the Rings didn't fall in this category."

5.23 Uhr: Jude Law (yum-my!) und Uma Thurman (Mrs Cellophane) verleihen Best Cinematography an Master and Commander: The Far Side of the World.

5.28 Uhr. Francis Ford und Sofia Coppola marschieren zu Klängen des Walkürenritts ein und verleihen Best Adapted Screenplay an Lord of the Rings: The Return of the King. Schön.

5.32 Uhr. Tobey „Looks better after shaving“ Maguire kündigt den Clip zu Seabiscuit an.

5.33 Uhr. Tim Robbins und Susan Sarandon ("We're gonna put our two Oscars in a dark closet and see what will happen") vergeben Best Original Screenplay an Lost in Translation.

5.41 Uhr. Tom Cruise verleiht Best Directing an Peter Jackson. Standing Ovations von seiner Truppe. Der Rest des Saals ist allmählich gelangweilt vom ewigen Lord of the ... Selbst Jackson sieht eher erleichtert als begeistert aus, dass die Sache endlich so gut wie durch ist.

5.45 Uhr. Knutscher Adrien Brody ("Don't worry, they have me under a restraining order") verleiht Best Leading Actress an ... nochmal eben eine Runde Mundspray ... Charlize Theron.
Wow. Charlize hat fast so wenig Charisma wie die Zellweger. Jetzt dankt sie ihrem Anwalt. Und ihrem Kerl. Und ihrer Mama. Und jetzt heult sie. Nicole Kidman-Flashback. Schnarch.

5.57 Uhr. Apropos Kidman. Sie verleiht den Oscar für den besten Hauptdarsteller an ... come on, Sean ... or Johnny ... YES! Sean Penn. Und endlich mal ne herzliche Standing Ovation. Hat sich ja doch gelohnt, endlich mal zur Verleihung zu kommen, gell, Sean?

6.03 Uhr. Steven Spielberg darf Best Picture verleihen. Lass mich raten. Hm. Was könnte es sein? The suspense is killing me. Und es ist ... Lord of the Rings: The Return of the King. Damit haben sie von elf Nominierungen elf eingesackt und den Rekord von Titanic und Ben Hur eingestellt. Und endlich dürfen auch die Hobbits auf die Bühne. Peter Jackson dankt nochmal seinem Heimatland. "Billy Crystal is welcome to come to New Zealand and make a movie anytime."

6.09 Uhr. Crystal: "I want to thank the people of Long Island while we're thanking people. Good night, everybody!"

Das war's. Hm. Achnaja. Durchschnittsshow. Von meinen Tipps waren 14 richtig und fünf falsch. Wobei es diesmal auch nicht so richtig schwierig war. Ich geh jetzt ins Bett, schlafe drei Stunden und schleppe mich dann in die Agentur. Ich les den Kram noch nicht mal Korrektur. Verzeiht mir. Zzzzzzz ...





* Alan Fletcher