Ãœber Kleidung

“Clothes, as I tweeted to a twitter friend, are not camouflage – no amount of clothing is going to make me look like a thin person. And, you know, I wouldn’t want it to. I want to wear things that make me joyous, things that make me look like ME, things that kick ass. My idea of flattering probably isn’t the mainstream definition (which is more like: slimming) but COME ON. Are we really still stuck in the days of dressing to hide, to diminish, to disappear?

I damn well refuse to participate in that.

Fat people are not invisible, nor should we aspire to be.”

Von The Rotund. Im Eintrag geht es um ein Cafepress-Shirt einer weiteren dicken Bloggerin, die ausgerechnet vom Ãœbergrößenhersteller Lane Bryant einen doofen Tweet an die Backe gekriegt hat. Um das Thema ging’s mir gar nicht, nur um das Statement: Klamotten sind dazu da, damit ich aussehe, wie ICH aussehen will. Nicht um irgendwelchen Idealen zu entsprechen, denen ich eh nicht entsprechen kann. Und niemand hat mir zu sagen, he, du bist zu dick, um irgendwas Bestimmtes anzuziehen. Nein, bin ich nicht. Wenn ich will, laufe ich im Bikini und Leggings durch die Gegend, und unglaublicherweise wird davon die Welt nicht untergehen und du wirst keinen Augenkrebs bekommen.

Seit ich mit meinem Körper Frieden geschlossen habe, habe ich das auch mit anderer Menschen Körper getan. Ich versuche jeden Tag, meine innere Lästerschwester in die Verbannung zu schicken. Nicht jeder, der Flipflops trägt, hat pedikürte Füße? Egal. Nicht jede, die enge Shirts trägt, hat Größe 34? Egal. Es ist egal, nein, es hat mir verdammt nochmal egal zu sein, wie der Rest der Welt rumläuft. Jede/r sollte sich so anziehen dürfen, wie er oder sie es möchte, ohne dass irgendjemand sich auf ein hohes Ross schwingt und meint, er oder sie habe da aber ne ganz andere Meinung zu. Kannst du ja haben, aber: Warum sollte ich auf dich hören? Ich hör ja auch nicht auf dich, wenn du mir sagst, dass die Böhsen Onkelz tolle Musik machen oder Schnecken total lecker sind. Warum sollte ich dann auf dich hören, wenn du mir sagst, dass ich diese engen Hosen nicht tragen kann? Kann ich nämlich super, guck mal.

Interessanterweise wird auch das eigene Körpergefühl viel positiver, wenn man sich nicht den ganzen Tag damit beschäftigt, bei anderen Menschen Fehler zu finden. Wenn man nämlich stattdessen versucht, bei jedem Menschen etwas zu finden, was schön ist, merkt man erstens, dass man immer etwas findet. Und zweitens, wie okay man selbst eigentlich ist.

Und weil ich nach 100 Jahren Kampf gegen mich selbst auch endlich weiß, wie okay ich bin, habe ich am letzten Samstag zu einer Hochzeit etwas getragen, das ich seit meiner Konfirmation im letzten Jahrtausend nicht mehr getragen habe: ein Kleid. Ein langes, tief ausgeschnittenes, auberginenfarbiges Kleid, das gleich mehrere meiner „Problemzonen“ (what the FUCKING FUCK?) richtig schön zur Schau stellt. Erstens: meine Füße in den silbernen Sandaletten. Die habe ich seit Jahren in Strümpfen und Sneakers versteckt, weil das ja wer eklig finden könnte, so patschige Füße mit so rundlichen Zehen. Und meine Piercingnarbe im Dekollete, die ich auch ewig verdeckt habe, weil das ja wer eklig finden könnte, so Narben. Und das Schlimmste von allen: meine Oberarme, die sich bewegen, wenn sich der Rest von mir bewegt. Sie kennen ja sicher den charmanten Ausdruck „Winkfett“? Genau. Nur mal so nebenbei: Die einzigen beiden Frauen, die ich „kenne“, bei denen das Gewebe der Oberarme sich nicht einen Millimeter bewegt, wenn sich die Frau dazu bewegt, sind Gwyneth Paltrow und Madonna, und die gehen, wenn ich den Klatschmagazinen glauben darf, jeden Tag drei Stunden dafür ins Fitnessstudio. Dürfen sie gerne machen, sie sehen ja auch toll aus, aber ich persönlich lese in diesen drei Stunden lieber ein Buch oder koche leckeres Zeug, mit dem ich Blogleser_innen vergraule. Und deswegen flattern meine Ärmchen lustig rum, wenn ich lustig rumflattere. Und weißt du was? Das ist okay. Und wenn du das nicht okay findest, dann guck einfach woanders hin.

Es hat, ehrlich gesagt, ein winziges bisschen Überwindung gekostet, mit nackten Füßen und Armen und Ausschnitt aus dem Haus zu gehen (und nebenbei musste ich erstmal ein bisschen üben, wie man nochmal im Kleid geht und sitzt und wieder aufsteht), aber ich habe mich nach nur wenigen Minuten unfassbar schweinewohl im Kleid und in meiner Haut gefühlt, dass ich es selbst kaum glauben konnte. Netterweise habe ich auch von so gut wie jedem Menschen auf der Hochzeit, den ich kannte, ein Kompliment gekriegt – wohl auch, weil alle diese Menschen mich noch nie so gesehen haben. Irgendjemand meinte, ich trüge das alles sehr souverän und als ob ich noch nie was anderes angehabt habe. Und genauso hat es sich auch angefühlt. Souverän. Und glücklich. Und es war scheißegal, dass im Waschzettel die 52 steht anstatt der gesellschaftlich akzeptablen 38. Souverän, Baby. Das machen wir gleich nochmal.

Edit: meine allerliebste und extrem inspirierende Flickr-Gruppe – die Fatshionistas. Dicke Frauen in tollen Klamotten. Ganz groß. Im wahrsten Sinne des Wortes.