Angels in America

“Nothing’s lost forever. In this world there’s a kind of painful progress: longing for what we’ve left behind – and dreaming ahead.”

Angels in America ist eine sechsteilige Mini-Serie, die Mitte der 80er Jahre in New York spielt. Die Serie beruht auf dem gleichnamigen Theaterstück von Tony Kushner, das 1992 uraufgeführt wurde. Sie beschäftigt sich mit philosophischen Themen wie Glauben, Schuld, Vergebung, Hoffnung, Verantwortung, Selbstfindung, sie erzählt von weltlichen Dingen wie Politik, Karriere, Beziehungen, Homosexualität, Heterosexualität und von unbegreiflichen Dingen wie Engeln, Propheten, Leben und Tod.

Die Serie hat im letzten Jahr auf Preisverleihungen abgeräumt, was nur zu kriegen war, allen voran die Auszeichnungen für die hervorragenden Darsteller, unter anderem Al Pacino, Meryl Streep, Emma Thompson, Mary-Louise Parker und Jeffrey Wright. Gerade die Darsteller haben die manchmal arg schwülstige Geschwätzigkeit der Serie erträglich, ja, gut gemacht. Man merkt dem Buch trotzdem an, dass es auf einem Theaterstück beruht; ich weiß nicht warum, aber ich habe das Gefühl, dass man sich auf einer Bühne eher elaborierte Dialoge leisten kann und man sie trotzdem? gerade deshalb? gerne verfolgt. Vielleicht, weil auf der Bühne die technischen Möglichkeiten für Augenpulver begrenzter sind als im Medium Film.

Die Serie bemüht sich jedenfalls nach Kräften, immer dann mit Special Effects aufzuwarten, wenn die Handlung irrational wird, wenn Engel durch Dächer brechen oder Krankenschwestern plötzlich auf hebräisch antike Texte zitieren. Netterweise kippt Angels in America nie in ein erbauliches, religiöses Rührstück um; viele Dialoge holen den Zuschauer schnell wieder auf den Boden der Tatsachen zurück, so zum Beispiel, wenn der an AIDS erkrankte Prior den Engel anbrüllt, der durch sein Erscheinen sein Appartement verwüstet hat, um ihm zu verkünden, dass Prior ein Prophet sei: “You ruined the refrigerator – I’ll never get my lease back!”

Die Serie wirft viele Fragen auf: Was ist Schicksal? Was ist Liebe? Was macht uns zu dem, was wir sind? Wieso tun wir, was wir tun müssen? Wo ist Gott und wieso suchen wir ihn überhaupt? Wieso verklagen wir den Mistkerl nicht wegen des ganzen Chaos’, in dem er uns zurückgelassen hat? Wieso versuchen wie wider besseren Wissens besseres Wissen*, unser Leben doch nochmal auf die Reihe zu kriegen, obwohl wir schon oft gescheitert sind? Wieso wählen wir überhaupt das Leben und nicht den Tod, wo doch ein Engel sagt, Leben sei nur eine Angewohnheit? Die Fragen werden natürlich nicht beantwortet, sondern wir werden wieder allein gelassen. Obwohl: ganz alleine sind wir wohl doch nicht, denn überall lassen sich Freunde finden oder zumindest Menschen, die einem in der Not beistehen. Oder eben Engel: “Angels are beliefs with wings. They can carry you. If they can’t – look for something else.”

Das Haupthema der Serie und des Stücks ist das Aufkommen von AIDS in den 80er Jahren und wie vor allem die schwule Gemeinde davon betroffen wurde. Die Thematik wirkt manchmal etwas altbacken, obwohl sie es nicht sein sollte, aber das Gefühl, alle Argumente und Vorurteile schon vor 15 Jahren einmal gehört zu haben, wabert ein wenig über allem. Trotzdem ist Angels in America ein sehr sehenswertes Stück Theater/Fernsehen geworden, denn es vermittelt trotz des „schweren“ Themas Hoffnung und Lebensfreude. Und abgesehen davon ist es bitterböse, sehr clever und seltsamerweise sehr komisch: “This is my ex-boyfriend’s ex-lover’s Mormon mother.” “Even in New York in the 80’s – that’s strange.”

Angels in America läuft im Sommer 2005 in der ARD, ist aber bereits auf DVD erhältlich. Und Justin Kirk kommt jetzt auf meine persönliche Schnuckelliste.

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„Guten Morgen, Anke, halten zu Gnaden, eine Korrektur zum Eintrag Angels in America: Es heißt „wider besseres Wissen“. Immer. Weil mit Akkusativ.

(sich unter Bücklingen rückwärts aus der Tür windend)
Kaltmamsell“

Danke für den Hinweis. Wo Sie Recht haben, haben Sie Recht.

(Nachgeguckt, ob „Recht haben“ groß geschrieben wird.)

(Gerade noch gewusst, dass „groß geschrieben“ auseinander geschrieben wird.)

(Nachgeguckt, ob „auseinander geschrieben“ auseinander geschrieben wird.)

11 Antworten:

  1. wie nett: habe gerade an paypal überwiesen um die bestellung komplett zu machen und nun dies. das kann kein zufall sein. das ist schicksal. jawohl. freu mich schon drauf, bin in letzter zeit gerade für sachen, in denen es um die großen fragen geht, irgendwie empfänglich.

  2. Wider besseres Wissen? Suche nun seit einem Weilchen, finde aber die dazu passende Regel nicht. Das ärgert mich jetzt. Entgegen besseres Wissen? Also gegen ein besseres Wissen? Oder vielleicht doch nur entgegen des eigenen Wissens? Wenn jemand sortieren kann und Genaues weiß: Ich wäre dankbar!

  3. In meinem grünen Duden (“Richtiges und gutes Deutsch”, Duden Bd. 9) steht’s so drin, wie Frau Kaltmamsell es gesagt hat: “wider” = “gegen”, immer mit dem Akkusativ.

  4. wider ist eine Präposition, die mit dem Akkusativ konstruiert wird (wider wen oder was?). Beispiele: wider Willen, wider Erwarten, wider besseres Wissen.
    entgegen ist eine Präposition, die mit dem Dativ konstruiert wird, deshalb korrekt “entgegen dem eigenen Wissen”.
    Kasus nach Präpositionen muss man leider auswendig lernen (oder im Duden nachschlagen). Die einzigen Regeln, die mir einfallen: Richtung eher Akkusativ, Ort eher Dativ.

  5. Ich hatte 1999 das Vergnügen, Mr. Kushner in Massachusetts live zu erleben, weswegen meine beiden Bände auch signiert sind. *angeb und stolz wie Nachbars Lumpi sei*

  6. Falls Sie mich neidisch machen wollten – DAS HAT TOTAL FUNKTIONIERT!

  7. Dafür ist in meinem Blogsbuch nur von einem der Herausgeber eine Unterschrift, da kann das Grönersche Exemplar sicherlich mehr aufweisen.
    Ausgleich?

  8. Danke für die Aufklärung!

  9. Ich lasse doch nicht irgendwelche Blogger in meinen Büchern rumschmieren :-) Kann ich Sie mit einem Douglas Coupland-Autogramm neidisch machen?

  10. Ja; in welchem Buch denn?
    Auch wenn ich aller Voraussicht nach diesen Wettbewerb ;) (was ist denn das weibliche Pendant zum Schwanzvergleich?) verliere, bringe ich dann doch noch mal mein Bobby Seale-Autogramm in seinem “Seize the time” ins Spiel. Viel schöner als das war jedoch die “Erzählstunde” von Bobby, spannend, packend, nachdenklich stimmend, mitreißend, humorvoll. Komm ich gleich wieder ins Schwärmen.

  11. “Miss Wyoming”, obwohl ich noch “Microserfs” in der Tasche hatte, meinen Liebling von ihm. Den Schwanzvergleich (können Frauen einen pissing contest machen oder ist das auch nur so’n Männerding?) haben Sie damit schon gewonnen. Mehr hab ich nicht. Höchstens noch ein Exemplar von “Liquide” mit Autogramm vom Don.