The Hours

The Hours
(USA, 2002)

Darsteller: Meryl Streep, Julianne Moore, Nicole Kidman, Ed Harris, John C. Reilly, Stephen Dillane, Allison Janney, Claire Danes, Jeff Daniels, Miranda Richardson, Toni Collette, Jack Rovello
Drehbuch: David Hare, nach dem Roman von Michael Cunningham
Kamera: Seamus McGarvey
Musik: Philip Glass
Regie: Stephen Daldry

Es gibt einen Satz in The Hours, der mir im Gedächtnis geblieben ist. John C. Reilly als liebevoller, aber ahnungsloser Gatte der 50er Jahre-Hausfrau und Mutter Julianne Moore, die an ihrer Rolle zu zerbrechen droht, spricht ihn ganz stolz am Abendbrottisch aus: “This life is what I always wanted. I had an idea of our happiness.”

Darum geht es in The Hours: an idea of happiness, eine Vorstellung von Glück. Ein schönes Thema, eine großartige Besetzung, ein guter Regisseur – und was ist draus geworden? Ein belangloser Film.

The Hours verwebt kunstvoll, meiner Meinung nach zu kunstvoll, das Leben dreier Frauen ineinander: das von Virginia Woolf (Nicole Kidman), die gerade an Mrs. Dalloway schreibt, das von Laura Brown (Julianne Moore), die eben dieses Buch liest, und das von Clarissa Vaughan (Meryl Streep), die den Spitznamen „Mrs. Dalloway“ trägt, deren tiefergehende Verbindung zu den anderen beiden allerdings erst später im Film klar wird.

Allesamt sind sie Frauen, die in ihrer jeweiligen Zeit bestimmten Erwartungen entsprechen wollen oder müssen und an ihnen zu scheitern drohen. Alle drei leben ein Leben, in dem sie sich gefangen fühlen. Zwei von ihnen finden selber einen Ausweg, der dritten wird die Entscheidung abgenommen, und sie muss sich nun mit dieser neuen Situation auseinandersetzen.

Schon die Beschreibung des Inhalts klingt schwer und deprimierend – so fühlt sich der Film meistens auch an. Jede kleine Geste hat eine große Bedeutung, des öfteren füllen sich Augen in Großaufnahme mit Tränen, und jeder Schnitt zwischen den verschiedenen Zeiten soll uns klar machen, wie sehr Frauen seit Jahrzehnten leiden. Gut, dass nicht auch noch Virginia Woolfs Urgroßmutter irgendwas mit Mrs. Dalloway zu tun hatte, sonst hätten wir uns anschauen müssen, dass Frauen seit Jahrhunderten leiden und verzweifeln und einfach richtig arm dran sind.

Mein Problem mit The Hours ist, dass sein Thema ein sehr gefühlvolles ist: eine Vorstellung von Glück, ein Traum von Erfüllung, und dass er dieses Thema leider zu distanziert vermittelt. Die Stärke der Frauen, ihr Instinkt, das für sie individuell Richtige zu tun, ganz gleich, was der Rest der Welt darüber denkt, wird uns in so tableauhaften Szenen dargeboten, dass man sich nie in einem der drei Leben verliert und so mitfühlt, miterlebt und, ja, mitleidet, was die drei Frauen empfinden. Man bleibt seltsam unberührt, denn trotz der engagierten Darstellerinnen hat man immer das Gefühl, einer sehr angestrengten intellektuellen Inszenierung beizuwohnen. Ich finde es gerade selber schwer nachvollziehbar, wie sehr man von den einzelnen Interpretationen der Hauptdarstellerinnen fasziniert sein kann und trotzdem von keiner der drei wirklich ergriffen wird.

Der ganze Film wirkt wie eine Parabel, ein Lehrstück über weibliche Leidensfähigkeit, und nicht wie eine mitreißende Geschichte. Es soll unglaublich viel Emotion vermittelt werden, und es kommt leider kaum etwas davon an. Ich hatte die ganze Zeit das Gefühl, dass der Film so in sein eigenes Thema verliebt ist, dass er darüber vergisst, dass es um Menschen geht und nicht um einen verkopften Diskurs.

Vielleicht ist die künstliche Beschränkung der Filmhandlung auf einen Tag (wie in Mrs. Dalloway) einfach zuviel der intellektuellen Sperenzchen. Wir bekommen dadurch sehr wenig vom Hintergrund der drei Hauptpersonen mit – die wenigen Brocken, die sich aus den Dialogen ergeben, geben zwar einen kleinen Einblick in die Vergangenheit der drei Frauen, aber eben nicht genug, um wirklich die Tragweite ihrer jeweiligen Entscheidungen klar zu machen. Und auch diese Dialoge, die Hintergrund vermitteln sollen, wirken sehr aufgesetzt: Toni Collette und Jeff Daniels dürfen für jeweils zehn Minuten ins Bild, um ein paar Fakten einzustreuen, aber wirklich weiter bringen sie uns nicht.

The Hours ist als Roman wahrscheinlich ein großes Rührstück. Ich weiß es nicht, und jetzt will ich ihn auch gar nicht mehr lesen. Aber als Film sieht er mir einfach zu schulmeisterlich aus, zu bemüht strapaziert er die Regeln für Tränendrücker und scheitert doch an ihnen. Wahrscheinlich hatte Stephen Daldry eine Idee von einem guten, emotionalen, ehrlichen Film. Bei dieser Idee ist es geblieben, denn ein emotionaler Film ist es leider nicht geworden.

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