Madagascar

Madagascar (USA 2005, 86 min)

Original-Stimmen: Ben Stiller, Chris Rock, Jada Pinkett Smith, David Schwimmer, Sacha Baron Cohen, Cedric the Entertainer, Andy Richter, Tom McGrath
Musik: Hans Zimmer
Drehbuch: Mark Burton & Billy Frolick, Eric Darnell & Tom McGrath
Regie: Eric Darnell & Tom McGrath

Trailer

Offizielle Seite

Bei Filmen, die damit beworben werden, dass ihre „Macher“ vorher ganz tolle andere Filme „gemacht“ haben, bin ich ja grundsätzlich misstrauisch. So sind die Jungs hinter Madagascar die gleichen, die auch Shrek ins Kino gebracht haben. Das Misstrauen hat sich leider bewahrheitet: Shrek war großartig. Madagascar ist leider nur Mittelklasse.

Dabei ließ der Trailer doch auf schöne, sinnlose Unterhaltung hoffen: Zebra Marty ist vom New Yorker Zooleben gelangweilt und lässt sich von vier militärisch angehauchten Pinguinen davon überzeugen, sein Glück in der freien Wildbahn zu versuchen. Seine Freunde, Publikumsliebling Alex (Löwe), einziges weibliches Wesen Gloria (Nilpferd) und Hypochonder Melman (Giraffe), finden die Idee ziemlich bescheuert, weil sie im Gegensatz zu Marty die Bequemlichkeit des Zoos sehr schätzen. Durch einige unglückliche Zufälle landen die vier trotzdem auf einem Schiff, das sie nach Afrika in die Freiheit bringen soll. Das Schiff wird von den Pinguinen gekapert, die viel lieber in die Antarktis möchten, die Freunde gehen dummerweise über Bord und landen auf einer einsamen Insel (seit wann Madagascar so menschenleer ist, weiß ich nicht). Dort treffen sie auf eine Horde Lemuren und … das war’s dann auch schon fast.

Eigentlich reicht es wirklich, den Trailer anzuschauen, denn viel mehr hat der Film leider nicht zu bieten. Die wenigen Augenblicke, in denen die Figuren slapstickartig durch die Gegend hibbeln, sind sehenswert, weil schön animiert und daher lustig. Leider tun sie das viel zu selten. Stattdessen reden sie über Freundschaft, über die Menschen und über das Leben und ob es im Zoo besser war oder hier. Die Dialoge sind leider weder so herzergreifend wie in Toy Story noch so gnadenlos politisch inkorrekt wie in Shrek, sondern schlicht und einfach langweilig und ohne große Pointen. Nicht mal die Stimmen von durchaus talentierten Komikern wie Chris Rock, Ben Stiller und David Schwimmer können die lauen Worthülsen retten.

Die Charaktere selbst waren auch nicht der Bringer, weil sie bis auf Alex viel zu eindimensional waren (ja, mir ist die Ironie bewusst, diese Eindimensionalität bei Zeichentrickfiguren zu bemängeln). Warum das Nilpferd überhaupt mitspielt, ist mir bis zum Schluss nicht klargeworden, denn es macht den ganzen Film lang nichts Wesentliches außer grau zu sein. Oh, doch, warte, einmal darf es ein Lemurenbaby trösten (Mutterinstinkt, you know?). Und die Giraffe ist die übliche Nervensäge, die auf jeder Party auftaucht: Keiner mag ihn, keiner hat ihn eingeladen, aber keiner sagt ihm, dass er verschwinden soll. Zebra Marty ist von Anfang bis Ende gut gelaunt und daher ziemlich anstrengend. Einzig Löwe Alex macht eine Verwandlung durch, die auch das einzig Aufregende an Madagascar darstellt: Er merkt nämlich in freier Wildbahn, dass Zebras nicht seine Freunde, sondern sein Mittagessen sind, woraufhin endlich mal ein bisschen Zug in die Story kommt.

Die Figuren, die den Film allerdings sehenswert gemacht haben (und die hoffentlich schön viel Merchandising-Kram kriegen), sind die Pinguine. Angeführt von einer Art General, watscheln sie wie Geheimagenten durch den Film, völlig unbeeindruckt von allem, was um sie herum passiert. Die Jungs labern nicht so viel wie ihre Zookumpel, nein, sie machen einfach, was sie für richtig halten. Immer, wenn Marty und Co zu sehen waren, habe ich mich nach den vier befrackten Gesellen gesehnt, denn die haben weitaus mehr Spaß gemacht als die Hauptfiguren. Vielleicht auch, weil sie rein von ihrem Aussehen nicht so hysterisch sein können wie eine Giraffe mit ihrem langen Hals oder ein Löwe mit seiner Zauselmähne. Die Pinguine können sich nicht auf optische Gimmicks verlassen und sind daher weitaus interessantere Charaktere als der Rest der Bande.

Der Film dauert gerade mal 86 Minuten, und ich hätte auch mit 70 leben können. Er kam mir seltsamerweise zu lang vor, denn es passiert eben nicht wirklich viel. Stattdessen gibt’s ne Menge zu reden, anstatt einfach den wunderbar eitlen Lemurenkönig tanzen zu lassen oder eben den Pinguinen dabei zuzusehen, wie sie ein Schiff steuern. Madagascar hat keine vernünftige Geschichte, konzentriert sich auf die falschen Figuren und leidet unter den banalen Dialogen. Für einen entspannten DVD-Abend im Doppelpack mit einem wirklich guten Animationsfilm (alles von Pixar, anyone?) kann man ihn aber durchaus (im Schnelldurchlauf) anschauen. Wenn auch nur wegen der Pinguine.

14 Antworten:

  1. Die Fantastischen Vier, die in der deutschen Synchronfassung den Pinguinen ihre Stimmen (übrigens garnicht schlecht) geben, hatten bei Stefan Raab in einer Sendung angekündigt, dass man in den Traumarbeitstudios über einen eigenen Film nur über die Pinguine nachdenke. (Finde gerade keinen Link)
    Fand den Film garnicht sooo schlecht. Du hast schon recht, lange nicht so gut wie Shrek oder *Pixar, aber er war ok. :)

  2. Meine kleine Schwester, die als Meeresbiologin arbeitet, musst mal drei Monate lang Pinguine mit warmem Wasser vollpumpen und sie dann auf den Kopf stellen, damit sie ihren Mageninhalt auskotzten, vielleicht sollte ich ihr eine Karte für den Film schenken. :-)

  3. Ähnlich ging mir das bei Ice Age. Den Film selbst fand ich nicht so witzig. Das kleine Eichhörnchen dafür umso mehr.

  4. Der Film an sich hat mir eigentlich ganz gut gefallen, auch wenn ich Dir recht geben muss, dass die Luft raus ist, sobald sie auf Madagascar landen.
    Was ich mir allerdings nicht vorstellen kann, ist ein Film nur mit den Pinguinen. Als Sidekicks in einem Film mögen sie noch das Beste sein, aber ich fürchte, ein rein pinguinlastiger Film kann einfach nicht überzeugen, schon weil das Überraschungsmoment fehlt. Höchstens ein Kurzfilm, wie weilands mit Scrat aus Ice Age.

  5. Ich habe gestern SAW geguckt und würde jetzt alles gucken, was nichts mit Blut zu tun hat…

  6. Soweit ich das mitbekommen habe, stimmt die Geschichte mit “von den Machern von…” auch überhaupt nicht.
    “Madagascar”, genau wie “Große Haie, kleine Fische” stammt aus den Dreamworks-Studios – Shrek kommt aber von PDI Dreamworks (oder umgekehrt? You get my drift). Sind also zwei völlig unterschiedliche Teams, auch wenn die im Endeffekt ihre Brötchen bei der gleichen Firma verdienen. Aber “von den Leuten, die im Büro direkt neben den Machern von … sitzen” klingt halt nicht so gut.

  7. Stimmt meines Wissen so nicht ganz. DreamWorks ist nur der Vertrieb, aber PDI zeichnet sowohl für Shrek 1+2 als auch für “Shark Tale” und jüngst eben “Madagascar” verantwortlich.
    Aber PDI hat natürlich nicht nur ein Team, dass die Filme am laufenden Band auf den Markt wirft, weswegen die Sache mit “von den Leuten, die im Büro neben etc.” auch nicht so falsch ist.

  8. Die Pinguine! Ich liebe Pinguine! Und endlich auch ein Zeichner aus den richtigen Gründen. Allein schon die waren es wert (“Cute and cuddly, boys…” Das “smile and wave” war doch wohl eine Anspielung auf das pränuptiale Interview mit Prince Charles und seinen Söhnen, oder?)

    Und durchaus auch, was sie zeichnerisch mit der Giraffengröße gemacht haben (welche Teile überhaupt ins Bild passten, wie sie mit der Perspektive arbeiteten, dazu David Schwimmer). Oder das Cocktail-Ritual.

    Na gut, ich geb zu: Eine Reihe netter Details, sonst nichts. Genau das Richtige für einen gemeinschaftlichen DVD-Abend mit Gruppenprusten.

  9. Ach, und was ich vergessen habe: Die britisch näselnden Affen, die Tom Wolfe mit Kacke beschmeißen wollten, waren auch nett.

  10. Die etwas negativen Stimmen wundern mich ein bisschen. Ich fand den Film super, vor allem, weil Dreamworks (PDI) es immer schaffen, ihre Filme nicht so gradlinig zu machen – im Gegensatz zu Disney.

  11. Ich weiß gar nicht, was Ihr alle habt. Ich fand den Film absolut klasse und seh ihn mir heute abend gleich nochmal an.

  12. Ich fand Madagascar den gelungeneren Film verglichen mit Shrek. Die Story ist in beiden dünn und Persiflagen auf Märchen bieten sich ja geradezu an.

  13. Ich habs jetzt auch endlich mal in den Film geschafft (OV) und hatte meinen Spaß! Die Story war nicht das aufregendste, aber die kleinen Details (Pinguine, der herrlich britische Akzent des einen Affen bis hin zur neuen Krone des Lemuren-Königs mit Gecko) sehr amüsant.
    Irgendwie fand ich während des Films, daß Marty seinem Synchronsprecher Chris Rock immer ähnlicher wurde. Gloria erschien mir bischen wie Füllmaterial, sie hat zur Story irgendwie zu wenig beigetragen.
    Aber ansonsten ein großer Spaß! *smile-and-wave*

  14. I like to move it

    Gestern zufällig hier und eine Ebene höher den Soundtrack von Madagascar gefunden, reingehört und prompt gute Laune gekriegt.
    Dann ist mir eingefallen, dass Anke Gröner fand, der Film sei “leider nur Mittelklasse”.
    Trotzdem kein schl…