Die alte Falle mal wieder

Ich sitze gerade flennend an der Tastatur. Weil ein Postbote drei Sätze mit mir gewechselt hat und ich es nicht gebacken gekriegt habe, ihm die Tür vor der Nase zuzuschlagen und mich zu beschweren, ohne mein Paket bekommen zu haben.

Folgende Mail habe ich gerade über das post.de-Beschwerdeformular abgeschickt:

„Sehr geehrte Damen und Herren,

ich möchte mich über einen Zusteller beschweren. Der Mitarbeiter hat mir heute, 29.7., um ca. 12 Uhr ein Paket übergeben – aber erst, nachdem ich „Bitte“ gesagt habe. Er duzte mich und meinte „Ich hab hier ein Geschenk für dich“, um das ich dann bitten musste. Mit Blick auf unser Klingelschild fragte er noch, ob ich verheiratet bin. Ich bin freundlich gelieben, weil ich von seiner Art der „Konversation“ einfach überrumpelt war, fühle mich im Nachhinein aber verletzt und beschämt.

Ich bitte Sie darum, Ihren Zusteller auf korrekte Umgangsformen hinzuweisen. Ich möchte an der Haustür keine Flirtversuche erleben, die sich im Nachhinein wie ein verbaler sexueller Übergriff und eine Machtdemonstration angefühlt haben und nicht wie ein freundlicher Small-Talk.

Ich bedanke mich für Ihre Mühe und verbleibe mit freundlichem Gruß,
Anke Gröner“

Verfickte Scheiße. In der U-Bahn oder im Bus, wenn sich jemand zu nah an mich randrängelt, kriege ich es hin, den Ellenbogen auszufahren, um so physisch klarzumachen: Du gehst gerade zu weit. Wenn auf der Straße hinter mir hergerufen wird, kann ich das ignorieren (das lernt man als dicker Mensch ja sowieso recht früh). Ich habe noch nie bei verbalen Angriffen Kontra gegeben, weil es meiner Meinung nach nichts bringt. Wahrscheinlich war ich deshalb eben an der Tür auch so völlig hilflos. Und kurz nachdem ich die Tür zugemacht hatte, schossen mir die Tränen in die Augen, weil mir erst im Nachhinein klar wurde, wie klein ich gerade gemacht wurde. Von jemandem, dessen verdammter Job es ist, vielen Menschen ein Paket in die Hand zu drücken – und zwar ohne dabei verschissene Sprüche rauszuhauen.

Ich bin auf mich selbst sauer, weil ich es trotz feministischer Konditionierung nicht hingekriegt habe, ihm etwas entgegenzusetzen, ihm gleich und unmissverständlich klarzumachen, dass sein Verhalten absolut unangemessen ist. Und kurz danach ist mir wieder die Kampagne gegen die Belästigung von Frauen eingefallen, über die die Mädchenmannschaft mal geschrieben hat. Auch dort sind Kommentare aufgelaufen, die meinen, dass die Grenze zwischen Flirt und Übergriff eben schwer zu fassen ist. Was eine bescheuerte Entschuldigung ist.

Ich weiß nicht, was ich sagen will. Ich wollte es bloß loswerden, damit ich mich nicht mehr so schleimig fühle.

(Und im Überschwang der Gefühle wieder ein Komma hinter „Gruß“ gesetzt. Ts. Ich lass jetzt alles an die Packstation schicken.)

Edit: Quod-erat-demonstrandum-Kommentare beim Law Blog. Und eine Mail in dem Tenor – „Der wollte doch nur flirten“ – ist auch schon da. Alles beim Alten also. Ganz toll, Jungs. Könnt ihr bitte einfach anerkennen, dass es mir nach diesen ach so lustigen 30 Sekunden richtig, richtig scheiße ging und das nicht als überspannten Emanzenkram (oh Gott, DAS E-WORT!) abtun? Danke.

Edit 2: Reaktionen.

Edit 3: Reaktionen 2.