Mea maxima culpa

Wir Texter sind ja die ersten, die sich unglaublich kreatives Gefasel einfallen lassen, um langweilige Produkte zur Eins-A-Erlebniswelt hochzujazzen oder banale Sachverhalte so umzuformulieren, dass man a) vor lauter Adjektiven den Satzbau nicht mehr sieht und deshalb alles großartig findet oder b) den Text vor lauter Fachbegriffen nicht versteht und es deshalb großartig findet oder c) durch lauter Gute-Laune-Worte wie „Frischeduft“ oder „Wohlfühlklima“ alles großartig findet und nicht mehr an die ganze chemische Suppe denkt, die in irgendwelchen Flüssen endet und arme, kleine Nemos totmacht. Man kann natürlich auch einen Promi irgendwelche literarischen Nullnummern aufsagen lassen; die haben nämlich irgendwie Gewicht beim gemeinen Volk, die Promis, selbst wenn Verona was zu Atomkraft sagen würde, wäre das sinnvoller als wenn Einstein das täte, denn der ist nicht attraktiv, und ich wette, sein Bekanntsheitgrad ist niedriger als der von Frau Pooth.

Aber manchmal geht selbst mir mein eigenes Handwerk ein bisschen gegen den Strich. Nämlich dann, wenn in einem Kundenbriefing aus „umweltschädlich“ das putzige „umweltkritisch“ gemacht wird. Für wie blöd halten wir den Endkunden denn inzwischen eigentlich?

9 Antworten:

  1. Es fängt nicht erst beim “umweltkritisch” an, sondern schon bei der “Kunden-Einsatzbesprechung”. Nur ist letzteres Militärsprech – der Kunde bekommt hier letzte Anweisungen vor seinem Einsatz -, ersteres dagegen ist Schön- oder Neusprech. Oder so. ;-)

  2. Einstein? Das war doch der wo da mal auf so’n Bild die Zunge rausstrecken tun tut oder?

  3. Umweltkritisch? Ist das Deutsch? Oder Neusprech?

  4. Man sollte sich wegen so etwas albernen wie einem Gewissen übrigens niemals ernsthafte Gedanken über die Berufswahl machen.

  5. Denk an die Geschichte:
    “Der Kunde braucht ein Gehirn!” Dann versteht man die Vorstellung des Kunden: Da draussen (=ausserhalb des Kundengebäudes!) sind alle BLÖD.

  6. Meiner Erfahrung nach vielen Jahren Einzelhandel nach ist der
    Kunde in der Masse tatsächlich ziemlich blöd. Mein früherer Chef hat mal als sein Laden noch sehr erfolgreich lief um die Behauptung zu widerlegen, das die Qualität seiner Produkte eher schlecht sei gesagt. ” Man kann den Leuten doch nicht jeden Tag saure Milch verkaufen”. Ich aber der ich lange in seinem Laden tätig war weiss das man es kann. Hauptsache man haut in der Werbung richtig auf den Putz und nimmt es mit der Wahrheit nicht so genau.

  7. Tja, das ist so eine Sache, wenn man in der Werbung tätig ist. Da fällt mir doch das “Für Geld lassen wir uns ficken…” meines ADs ein. Solange bezahlt wird, wird an Produkten rumgedreht, bis die Werbung nicht mehr viel mit der Wirklichkeit zu tun hat. Ich kriege deswegen in regelmäßigen Abständen eine Sinnkrise. Aber ich kriege ja auch in regelmäßigen Abständen Geld. Das schaltet dann das Gewissen aus – zumindest für kurze Zeit. ;)

    Ach ja:
    [klugscheiß]
    Mea culpa maxima
    [/klugscheiß]

  8. Äh … nö … mea culpa, mea maxima culpa … geht auch.

  9. Ich bin auch manchmal umweltkritisch – wenn mal wieder Scheisswetter ist!