The Clearing

The Clearing (Anatomie einer Entführung) ist zunächst einmal ein schlichter Film über ein Klischee-Kidnapping: Willem Dafoe als Underdog-Klischee (beige Windjacke, leicht adipöse Ehefrau, Schwiegervater lässt nachts den Fernseher zu laut laufen, weswegen Willem nicht schlafen kann) entführt das Unternehmer-Klischee Robert Redford (blond, Wall Street Journal, Manschettenknöpfe, shoppende Ehefrau (wundervoll: Helen Mirren), erwachsene Kinder, die er laut Eigenaussage gerade erst kennenlernt, weil er ihr ganzes Leben lang gearbeitet hat).

Der Film wird in Zeitsprüngen erzählt; als nach Tagen endlich ein Lebenszeichen von Redford zuhause ankommt, sehen wir ihn immer noch am Tag seiner Entführung, seine Wanderung durch einen Wald mit seinem Entführer im Rücken, die Gespräche der beiden, in denen sich abzeichnet, wie der Film ausgehen wird und muss.

Das Kidnapping ist nur der Aufhänger; in The Clearing geht es eigentlich um die verschiedenen Lebensentwürfe verschiedener Menschen und wie wenig sie ihnen entkommen können, wenn diese erst einmal gemacht wurden. Jede Abweichung wird eliminiert, jede neue persönliche Richtung korrigiert. Der Film hat Dialoge, die so niemand sagen würde, aber sie passen in ihrer Irrationalität in die irrationale Situation, in der wir uns befinden; er hat sehr gute Schauspieler, die mit kleinen Sätzen oder Gesten mehr aus ihren Rollen machen, als man erwarten würde; der Film ist aber auch sehr linear und überraschungsarm. Vielleicht ist das aber genau seine Stärke: Alles kommt, wie es kommen muss. Niemand kann aus seiner Haut. No surprises here.

2 Antworten:

  1. Ich fand den Film sehr (sehr) langweilig. Das Ganze wirkte wie eine Derrick Folge ohne Derrick. Ich schlafe ansich nie im Kino, aber dieser Film hat es geschafft mich in den Schlaf zu wiegen. Trotz meines 20 minuetigen Schlafes hatte ich nicht das Gefuehl irgendetwas verpasst zu haben.

  2. Sehr nettes Thrillerkammerspiel. Wenn indes ein Plot so ernüchternd gerade ist, ist es hilfreich, wenn die Charakterzeichnung differenzierter ist. Sicher, Redford, Dafoe und Mirren holen erstaunlich viel aus den eine Menge Potenzial verschenkenden Dialogen heraus, aber die Autopsie dreier gescheiterter Lebensentwürfe hätte mehr hergegeben. Ein in all seiner Brutalität relativ banaler Schluss verlangt einfach dramaturgisch eine größere Fallhöhe, um den Atem am Ende wirklich effektiv stocken zu lassen. Alle drei Protagonisten und ihre Träume bleiben in der Schlussphase ihres Lebens auf der Strecke – Endstation Tod, Knast, Einsamkeit, jeder nur ein Kreuz.

    Buch und Regie dieses Films in Händen von August Strindberg oder Roman Polanski, das wäre interessant gewesen. Aber Strindberg ist tot und der Plot sieht keine Rolle für eine minderjährige Schönheit vor. Schade eigentlich (das mit Strindberg). Vielleicht wäre aber auch mal ein skandinavisches Remake interessant. Mit Peter Stormare als Willem Dafoe, Stellan SkarsgÃ¥rd als Robert Redford in der Regie eines zwanzig Jahre jüngeren Ingmar Bergman; der bringt dann auch gleich Liv Ullmann mit als Helen Mirren (nein, vielleicht ist die Ullmann zu alt neben SkarsgÃ¥rd, dann vielleicht lieber Lena Olin… obwohl ist die nicht zu jung… Pah – lassen wir Bergman entscheiden). Oder ein französisches Remake, oh ja: mit Jean Reno als Willem Dafoe, dem heutigen Alain Delon als Robert Redford und Frau Deneuve als Helen Mirren – und das alles bitte in der Regie von Luc Besson. Ja, ich glaube, das wärs.