Milk

Harvey Milk war der erste offen Homosexuelle, der in den USA in ein politisches Amt gewählt wurde: 1978 wurde er nach mehreren gescheiterten Versuchen Mitglied des Board of Supervisors in San Franciso. Dieses Amt hatte er nicht einmal ein Jahr inne, denn im November 1978 wurden er und der Bürgermeister von San Francisco von einem weiteren Boardmitglied erschossen.

Milk beleuchtet fast ausschließlich die Zeit zwischen 1972 und 1978, in der sich Harvey Milk politisch engagierte. Der Film zeigt seine Kampagnen, seine Mitstreiter und wenigen Mitstreiterinnen, seine Erfolge und schließlich seinen Tod, erspart sich aber netterweise erhellende Rückblicke in seine Kindheit oder irgendwelche Schlüsselmomente des sexuellen Erwachens. Das macht den Film sehr unmittelbar, weil man sich nicht erst durch dutzende Vignetten quälen muss, sondern sofort einen Menschen vorgesetzt bekommt, den man nun hinnehmen kann oder nicht – ganz wie einem fiktionalen Film, wo man sich auch in den ersten Minuten entscheiden muss, ob man der Hauptfigur folgen will oder nicht. Hier folgt man gerne und begeistert Sean Penn, der einen völlig vergessen lässt, dass man gerade Sean Penn zusieht. Er trägt den Film aber nicht allein, sondern hat unter anderem die wunderbaren James Franco, Emile Hirsch und Diego Luna bei sich, die sich alle sehr uneitel in den Dienst der Geschichte stellen.

Obwohl Milk teilweise mit den klassischen Biopiczutaten arbeitet – z.B. Menschenmengen, vor denen Milk mit dem Megafon steht, während ein wogender Soundtrack im Hintergrund die Gefühle hochjazzt –, kommt einem der Film nie wie ein Abbild einer wahren Geschichte vor, die durch die Hollywoodmangel gedreht wurde. Das liegt auch an den weiteren Bildern, die fernab der Menschenmengen passieren und sehr intim aussehen. So spart sich die Kamera gerade bei den liebevollen Szenen zwischen Milk und seinen Partnern oft die Totale und konzentriert sich auf kleine Ausschnitte, die uns sehr nah an die Beteiligten herankommen lassen. Und während sich die Bewegung, der Aufruhr, der Ärger gerne in wackeligen, schnellen Bildern manifestiert, ruht die Kamera bei Dialogen und Schlüsselszenen klar und fest auf den Beteiligten. Alles zusammen ergibt einen mitreißenden, gefühlvollen und sehr stimmigen Film, der mir sehr, sehr gut gefallen hat.