The Shipping News

The Shipping News
(Schiffsmeldungen, USA 2001)

Darsteller: Kevin Spacey, Julianne Moore, Judi Dench, Cate Blanchett
Drehbuch: Robert Nelson Jacobs, nach dem Buch von E. Annie Proulx
Kamera: Oliver Stapleton
Musik: Christopher Young
Regie: Lasse Hallström

Nach den ersten Filmkritiken, die ich in der Agentur rumgeschickt hatte, haben mich viele gefragt, warum ich das nicht als Job mache. Bis jetzt hatte ich immer fishing-for-compliments-Antworten dafür, so nach dem Motto, Ach, werbetexten kann ich besser, So gut sind sie doch auch nicht, Ist doch bloß ein Hobby. Aber es ist mir schon runtergegangen wie Öl. Und im Hinterkopf war natürlich immer der Gedanke, wenn mir hier alles zu doof wird, ruf ich bei der Cinema an – die nehmen mich bestimmt mit Kusshand.

Diese etwas übersteigerte Annahme ziehe ich hiermit offiziell zurück.

Es ist jetzt Sonntag abend. Ich habe Samstag The Shipping News gesehen. Ich habe seitdem ungefähr 40 Anfänge für die Kritik geschrieben. Und ich habe sie alle wieder gelöscht. Mein Problem: Ich weiß einfach nicht, was ich euch über diesen Film erzählen soll.

The Shipping News handelt von Quoyle (gut wie immer: Kevin Spacey), einem ziemlich ziellosen Loser. Er verliebt sich in den Freigeist Petal (gut wie immer: Cate Blanchett), zeugt eine Tochter mit ihr, sie findet ihn irgendwann ziemlich langweilig (da geht es ihr genauso wie dem Publikum), sucht sich andere Bettgenossen, kommt schließlich bei einem Autounfall ums Leben, aber nicht, bevor sie die kleine Tochter an eine Adoptionsagentur verkauft hat. Quoyles Eltern erzählen ihm per Anrufbeantworter auf seiner Arbeitsstelle von ihrem geplanten Selbstmord. Nebenbei erwähnen sie noch, dass sie es enttäuschend finden, dass er nichts aus seinem Leben gemacht hat.

Das alles lässt Quoyle einfach irgendwie über sich ergehen. Aus dem Nichts taucht eine Tante von Quoyle (gut wie immer: Judi Dench) auf, die ihn von New York nach Neufundland schleppt. Dort findet er Arbeit bei einem obskuren Lokalblättchen, wo er die Schiffsmeldungen schreiben darf, verliebt sich in eine alleinerziehende Mutter (gut wie immer: Julianne Moore) eines zurückgebliebenen Jungen, lernt ne Menge unheimliche Dinge über seine Vorfahren, die aus Neufundland stammen, schließt Freundschaften mit den ach so urigen Eingeborenen und ist am Schluss des Films nicht mehr der Loser, der er am Anfang war.

Die Story ist ein kruder Mix aus Selbstfindungs-Drama, Mystery-Irgendwas (die kleine Tochter sieht Dinge voraus) und Love Story. Und weil das anscheinend noch nicht anstrengend genug ist, kommen auch noch ein paar komödiantische Ansätze dazu: lakonische Dialoge, irre Kollegen, Tote, die wieder erwachen (wahnsinnig komisch) und wasweißich. Die Handlung besteht aus hundert Einzelgeschichten aus Quoyles Leben, die uns nacheinander serviert werden, ohne dass wir eine Linie erkennen. Ich weiß immer noch nicht, was mir dieser Film eigentlich sagen wollte.

Ich hab nicht geheult. Ich hab ab und zu gelacht, hatte aber immer das Gefühl, dass ich mir gerade die mühsam aufgebaute dramatische Stimmung selber zerlache. Ich habe mit keinem der Charaktere wirklich mitgelitten. Trotzdem hat mich die solide Leistung der Darsteller beeindruckt. Ich habe die wunderschönen Landschaftsaufnahmen genossen, habe sie aber gleichzeitig als total aufdringliche Metapher für die ehrliche, raue Seele der Einheimischen empfunden, die Quoyle heilen. Ich fand den Film schon unterhaltsam. Aber ich hätte auch mittendrin mal ne Viertelstunde aufs Klo gehen können, ohne das Gefühl zu haben, was zu verpassen.

Wie denn nun?

Ich weiß es nicht. Ich geb dem Film zwei Punkte von fünf. Lest lieber das Buch, das ist besser. Und ich schreib ab jetzt Buchkritiken. Die FAZ leckt sich schon die Finger nach mir.