Tagebuch Dienstag, 11. Dezember 2018 – Odyssee im Osten

Morgens entsetzt festgestellt, dass mein 500-g-Paket Lieblingstee, den ich letztes Mal online geordert hatte, weil ich ihn in meiner näheren Umgebung nicht mehr gefunden hatte, arg zur Neige geht. Das Päckchen hatte ich doch gefühlt erst vor einer Woche angefangen? Es dürften wohl eher drei Wochen gewesen sein. Im letzten Jahr war ich von jetzt auf gleich dem Nilgiri-Tee verfallen, dann war ich wieder kurz auf Earl Grey umgeschwenkt, aber vor gefühlt einer Woche erinnerte ich mich, hey, du hast doch noch den guten Bünting Grünpack, der passt jetzt hervorragend in die Temperaturen. Und schon sind 500 g weggetrunken.

Den Vormittag auf Layouts vom Kunden gewartet, die nicht kamen. Dann halt Wäsche gemacht und Zeug von der To-Do-Liste weggearbeitet. Nebenbei weiter über meinen Lieblings-Ostfriesentee nachgedacht.

In Hamburg hatte ich den nie getrunken, da war er mir vermutlich nicht mal aufgefallen, was daran liegen könnte, dass ich in Hamburg viel weniger Tee getrunken habe. Das begann eigentlich erst im Studium, dass ich mir zum Lernen oder Lesen am Schreibtisch eine Kanne kochte (in der Klausurenphase ergänzt um einen vitamin- und nährstoffreichen Keksteller). Irgendwann trank ich dauernd Tee, im Sommer weniger als in den anderen Jahreszeiten, aber: Ich war jetzt anscheinend Teetrinkerin.

Den Grünpack fand ich in Tengelmann, der 200 Meter von meiner Haustür weg ist, weswegen ich da quasi dauernd einkaufe. Irgendwann war er nicht mehr im Sortiment, dann wurde aus Tengelmann Edeka und ich hoffte, dass er wieder reinkommen würde, was er aber nicht tat. Ich guckte in den großen Warenhäusern wie Karstadt und Kaufhof, die ja gerne seltsames Zeug in ihren Fressabteilungen haben, aber auch dort fand ich ihn nicht. Ich ergoogelte mir eine Pressemitteilung von 2014, in der erwähnt wurde, dass dieser Tee in München unter anderem bei Edeka und Rewe zu finden sei. Aber anscheinend nicht in den Filialen, in denen ich mich rumtrieb. Ich bat auf Twitter um Hilfe.

Einige Verfolger*innen boten mir an, Tee bei sich vor der Haustür zu kaufen und mir zu schicken, was ich dankend ablehnte, denn genau das wollte ich ja nicht. Ich wollte keinen Paketboten für mich etwas liefern lassen, was ich auch selbst einkaufen könnte. So altmodisch offline. Da aber anscheinend niemand spontan seinen Supermarkt parat hatte, googelte ich nach „größter Edeka München“ und fand einen Laden, von dem ich nicht wusste, ob er nun wirklich der größte war, aber 2.300 qm Verkaufsfläche klang schon mal ordentlich. Wenn der den Tee nicht hätte, dann könnte ich ja immer noch online bestellen.

Ich fuhr mit der U-Bahn zum Hauptbahnhof, von dort mit der S-Bahn zum Leuchtenbergring, lernte dort an einer Fassade, dass die ersten öffentlichen Verkehrsmittel in München 1861 zwei Pferdefuhrwerke gewesen waren. Ich habe die Gedenkfassade nicht fotografiert, daher kann es sein, dass ich mir nur die halbe Wahrheit gemerkt habe; Google spuckt aus, dass 1876 die erste Pferdetram durch München fuhr. Direkt gegenüber der Fassade lag der Supermarkt, in den ich noch frohgemut stapfte. Schon nach wenigen Metern stand ich vor dem längsten Teeregal, an das ich mich erinnern kann. Ich habe es nicht fotografiert, weil ein freundlicher Mitarbeiter gerade Waren einräumte, aber das dürften so um die acht Meter gewesen sein. Das halbe Dallmayr-Sortiment war da, jede Teekanne-Packung, Meßmer bis zum Abwinken, die Hausmarken, das Biosortiment, diverse englische Tees und ganz zum Schluss die fancy Tees, die vielleicht eher wegen der schicken Verpackung gekauft werden. Aber: kein Bünting. Ich frage den einräumenden Herren, der meinte, der Name sei ihm noch nie untergekommen, aber vielleicht hätte der dm nebenan ja was, die hätten auch ein großes Sortiment. Grinsend stand ich dann zwei Minuten später im Drogeriemarkt vor einem Teegal, das nicht mal einen Meter maß, wo natürlich auch kein Bünting zu finden war. Das fand ich im Nachhinein aber sehr putzig, dass der Mann vom Acht-Meter-Regal das hier als großes Sortiment bezeichnete. Ich kaufte einen Fleckentferner und twitterte mein Leid.

Als ich an der Bushaltestelle nach Hause saß, meinte jemand, ich könne es ja nochmal bei Kaufland versuchen. Der Laden war auch in der Pressemitteilung erwähnt worden. Ich googelte – und fand eine Filiale in der Nähe. Die MVV-App bot mir eine Station per Bus und dann eine per Tram an, aber ich dachte mir, die anderthalb Kilometer kann ich auch zu Fuß gehen, gleich mal die neuen Stiefel einlaufen.

Es waren dann doch eher zwei Tramstationen, aber so konnte ich mir ein bisschen die total unattraktive Gegend anschauen und dann den ebenfalls unattraktiven Supermarkt, der natürlich auch keinen Bünting hatte. Das Teeregal war geschätzt nicht mal zwei Meter lang und ich war verstimmt.

Aber immerhin konnte ich so mit der Tram in die Nähe meines Heims zurückfahren, wo ich dann nochmal umsteigen müsste. Ich stand schon an der Station, als ich spaßeshalber erneut die MVV-App anwarf, die mich auf die U-Bahn-Station Josephsburg hinwies, die nur 300 Meter von mir wegsei und die mich ohne Umsteigen nach Hause bringen könnte. Den Namen hatte ich noch nie gehört, so weit war ich die U2 noch nie in den Osten gefahren. Ich kam mir vor wie ein Kind, das zum ersten Mal alleine zur Schule gehen darf, bestieg ehrfürchtig die U-Bahn und las 13 Stationen lang in meinem Buch, das ich natürlich mitgeschleppt hatte.

Nach über zwei Stunden war ich wieder zuhause und bestellte etwas nölig online meinen Tee. Aber weil jetzt wieder Nachschub in Sicht war, kochte ich mir gleich die zweite Kanne des Tages. Und abends kamen dann auch noch die Layouts, die ich heute volltexten werde.

Gestern twitterte @GillyBerlin einen Werbespot, der gnadenlos Weihnachten gewinnt, weil er eben keine schnulzige Story erzählt.

Die Konkurrenz (?) hat übrigens einen ähnlichen Spot.

The Cloying Fantasia of “The Marvelous Mrs. Maisel”

Endlich sagt es mal jemand (und natürlich ist es meine liebste TV-Kritikerin Emily Nussbaum): Mrs. Maisel ist nerviger Kram. Ja, hübsch, aber trotzdem nervig.

„Last year, “The Marvelous Mrs. Maisel” was a boffo hit for Amazon and for its top-hatted creator, Amy Sherman-Palladino. The series swept the Emmys. It sent shivers of delight up the spines of vintage-shoppers everywhere. Lusciously art-directed, from Midge’s classic six to her kitten heels, the production landed at an ideal moment, tapping into a desperation—particularly among women—for something sweet and inspiring. No more “Handmaid’s Tale,” no more pussy-grabbing. “Mrs. Maisel” offered a bright-pink escape hatch from 2017.

I craved such an escape myself—but I was also mystified by the show’s reception, because the first season struck me as both treacly and exhausting. This was true despite its having a premise that was so far up my alley it was practically chopping onions in my kitchen: a Jewish girl does standup comedy in the late nineteen-fifties in New York, when Joan Rivers first rose to fame. And, in fact, the show’s heroine, played by Rachel Brosnahan, is—exactly like Rivers was—a college-educated rich girl in her twenties, who is forced to move back home after her marriage blows up. When Midge enters show biz, her shtick, just like Rivers’s was, is to dress for a date, in a black dress and pearls, then free-associate truths about women’s lives. As with Rivers, the radical “sick” comic Lenny Bruce is Midge’s inspiration—and, in the show, Bruce (Luke Kirby) becomes her mentor. (In real life, after Rivers once bombed, Bruce left her a note: “You’re right, they’re wrong.” She kept it in her bra, for luck.) […]

Many people found this fantasy invigorating. For me, it felt grating, and not just in terms of verisimilitude—the verbal anachronisms (“totally”), the sitcom clams (“Good talk!”), the cloying Disneyfication of Midge’s Jewish family—but in its central psychology. In “The Marvelous Mrs. Maisel,” sexism exists. But it never gets inside Midge. Her marvellousness comes from the fact that she’s immune, a self-adoring alpha whose routines feel like feminist ted talks, with some “fucks” thrown in. Brosnahan delivers them with moxie, but they’re rarely funny. They’re also the opposite of Rivers’s act, which relied on the tension between looking pretty and calling herself a dog—provoking taboo laughs from the revelation that even this nice girl felt like a loser, desperate, unfuckable.“