Tagebuch Mittwoch, 21. November 2018 – Uni-Umfrage

Viel Orgazeug erledigt, mich über Kleinkram sinnlos geärgert, mich darüber geärgert, dass ich mich ärgere, versucht, das Ganze mit einem Spaziergang zu verscheuchen und mit diesem außerdem das Nette mit dem Nützlichen zu verbinden. Das sah dann so aus:

Im Briefkasten lag eine Art Mahnung – oder eher: eine weitere Aufforderung – der LMU, mich doch bitte echt jetzt mal an ihrer Absolvent*innenumfrage zu beteiligen. Den Brief hatte ich schon einmal im Oktober bekommen, mich aber entschieden, nicht an der Onlinebefragung teilzunehmen. Ich twitterte:

„Die LMU bittet mich zum wiederholten Mal, an den „Bayerischen Absolventenstudien“ teilzunehmen, um den weiteren Lebensweg von Mastern zu verfolgen. Ich bin mir nicht sicher, ob meine Antworten helfen werden. („Hab nen Job, hatte ich vorher schon, Studium war lustig, danke.“)“

Woraufhin die, Zitat von ihrer Homepage, „hochschuldidaktische Trainerin und Beraterin“ Cornelia Kenneweg eine sehr schlaue Antwort hatte, die mich sofort den Log-In-Code eintippen ließ:

„Das ist keine unwichtige Information, um dazu beizutragen, das Bild von Studium als Lebensphase zwischen Abi und Beruf aufzuweichen.“

Die Umfrage war dann doch etwas komplizierter als gedacht, denn dass ich Dinge wie Organisationsvermögen oder Kreativität im Studium vielleicht hätte lernen sollen, erfuhr ich erst dadurch. Was auch abgefragt wurde: Ob ich mündliches Präsentieren oder eine gute schriftliche Ausdrucksform gelernt hätte? Und da muss ich doch Kritik anbringen: Wenn ich das hätte lernen sollen, hätte das vielleicht mal jemand erwähnen müssen.

Das mag natürlich an meiner ausgezeichneten Schreibe liegen *hust*, dass ich meine Hausarbeiten immer mit einem Lob für sie zurückbekommen habe, aber wenn ich diese Schreibe nicht vorher schon gelernt hätte, hätte ich sie im Studium vermutlich nicht großartig verbessern können. In unseren Einführungsseminaren hatten wir dem kunsthistorischen Stoff genug zu tun und der Einweisung in unsere Hilfsmittel wie Bibliotheken, Zeitschriftenregale oder Datenbanken. Wie man ein hübsches Referat formuliert, eine Powerpoint-Seite ansprechend gestaltet oder eine Hausarbeit schreibt, wurde nicht groß erläutert. Einige Dozentinnen gaben immerhin eine Art Struktur für Referat und Hausarbeit vor, was für viele hoffentlich eine Hilfe war; ich fand es sehr sinnvoll, auch wenn ich es nicht mehr gebraucht habe nach den ersten beiden Versuchen. Aber wenn ich mir genau diese beiden Semesterarbeiten durchlese, sehe ich heute ganz genau, was fehlt – was ich aber erst erfahren habe, als ich sie von der Dozentin wieder zurückbekam.

Es kann natürlich sein, dass man diese Fähigkeiten heute in der Schule beigebracht bekommt, das kann ich nicht beurteilen. Als ich in den 80ern Abi gemacht habe, hatte noch niemand einen Laptop und musste sich mit PPT-Effekten abmühen (oder sie um Gottes Willen verhindern, Munch-Emoji). Ich habe mich aber trotzdem des Öfteren gewundert, dass ausgerechnet Kunstgeschichtsstudentinnen, denen ich ein gewisses Interesse an der Optik einer Sache unterstelle, Bilder in Thumbnailgröße in ihren Slides hatten oder gelbe Schrift auf pinkfarbenem Grund. Immerhin da wurde so ziemlich von allen Dozentinnen räuspernd angemerkt, dass man das noch optimieren könnte und auch wie.

Am Schluss der Umfrage gab es die Möglichkeit, persönliche Anmerkungen anzubringen, was ich natürlich tat (ich lebe für persönliche Anmerkungen, ich schreibe die seit 16 Jahren ins Internet). Wortwörtlich weiß ich es nicht mehr, aber sinngemäß schrieb ich, dass ich mich sehr darüber gefreut habe, in meinem irre hohen Alter (über 40) noch ein reguläres Studium beginnen zu können anstatt im Seniorenstudium zu landen, dessen Abschluss kein Äquivalent zum BA oder MA darstellt, wenn ich das richtig verstanden habe.

Eben beim Googeln zu diesem Thema entdeckte ich, dass man in Bayern nur mit Abitur seniorenstudieren kann. Andere Bundesländer sind da gnädiger, denn:

„Heutige Seniorenstudenten sind zu einer Zeit groß geworden, in der es nur sehr wenigen Menschen vergönnt war, das Abitur abzulegen und ein Studium aufzunehmen. Der Besuch eines Gymnasiums war einer – wie auch immer definierten – Elite vorbehalten, während dem überwiegenden Teil der Gesellschaft eine wissenschaftliche Bildung verwehrt blieb. Im Jahre 1950 etwa besaßen nur etwa 5 % der deutschen Bevölkerung eine Hochschulzugangsberechtigung, selbst 1960 durften nur 7 % des Jahrgangs ein Studium beginnen. Kein Wunder also, dass viele Senioren kein Abitur haben und sich deshalb fragen, ob sie überhaupt studieren dürften.“

(Quelle)

Ich meine mich daran zu erinnern, dass man an der LMU bis ungefähr Mitte 50 ein reguläres Studium aufnehmen kann, aber diese Info habe ich mir vor sechs Jahren ergoogelt, als sie für mich wichtig war und ich finde sie gerade nicht mehr wieder. Wenn ihr also noch mal in die Hörsäle wollt – was ich total empfehlen kann –, dann müsstet ihr bitte selbst nachschauen, was für eure Uni gilt. Und dann dürft ihr fünf Jahre danach eine lustige Umfrage ausfüllen, die als Goodie neben 4 Wochen digitaler Süddeutscher Zeitung auch Anti-Stress-Seminare verlost.