Was schön war, Montag, 20. August 2018 – Kalte Füße

Ich krabbelte weiter aus dem Dissertationsloch, indem ich endlich mal wieder ins ZI ging. Bzw. fuhr, ich nahm die U-Bahn und nicht das Rad. So irrwitzig heiß ist es nicht mehr, ich trug aber weiterhin Sandalen statt meiner üblichen Sneaker. Das merkte ich vor allem daran, dass ich im herrlich klimatisierten Lesesaal ernsthaft kalte Füße bekam.

Ansonsten las ich viel über die Ausstellungspolitik der Bundesrepublik, gerade was NS-Kunst angeht, lungerte in den ersten kunsthistorischen Abhandlungen rum, die nach 1945 verfasst wurden, als man diese Kunst noch mit sehr spitzen Fingern, wenn überhaupt, angefasst hat. Das hat sich lustigerweise nicht großartig geändert, weswegen da eben immer noch viel zu forschen ist – das wollte einfach niemand machen. Je länger ich auf den Kram gucke, desto mehr weiß ich auch, warum. Wieder arge Grossberg-Vermissung, aber gleichzeitig eine totale Bockigkeit auf die Erben. Die hätten eine dermaßen wohlwollende Diss gekriegt von einem totalen Groupie, ABER NEIN. Mpf.

Am frühen Nachmittag begann mein Magen zu knurren, was immer das Zeichen für den Aufbruch ist. Beim Schließfachaufräumen begegnete ich einer ehemaligen Kommilitonin, die die interessante Angewohnheit hat, dir in zehn atemlosen Minuten zu erzählen, was sie gerade alles macht, um sich dann blitzschnell zu verabschieden, bevor du auch nur ein Wort dazwischenquetschen kannst. So weiß ich jetzt, dass auch sie ihren Master inzwischen in der Tasche hat, bei wem, über welches Thema, mit welcher Endnote (ich so innerlich: Ich war besser, Schätzelein, but nice try), was sie alles dafür gemacht hat, wie zufrieden ihr Prof war, dass sie sich aber trotzdem gegen eine Promotion entschieden habe (die Dame ist noch älter als ich), sondern stattdessen einfach mit dem nächsten Bachelor angefangen hat. Das fand ich dann doch ziemlich klasse. Es ist bei ihr Geschichte geworden, und sie stöhnte über die ungewohnte Quellenarbeit. Um die drückt sich die Kunstgeschichte ganz gerne, weswegen ich sehr dankbar über mein Nebenfach Geschichte war; ich sage immer gerne, dass ich das wissenschaftliche Arbeiten deutlich gründlicher im Geschichts- als im Kunstgeschichtsstudium gelernt habe.

Abschließend meinte sie noch, und auch das fand ich sehr lustig: „Nach dem MA-Abschluss bin ich erstmal zwei Monate durch Italien gefahren, um mir endlich alles anzugucken, worüber ich fünf Jahre lang geschrieben habe.“ Das erinnerte mich nämlich an einen meiner Dozenten, bei dem ich es leider nie in ein Seminar geschafft habe, sondern nur seine Vorlesungen genießen konnte. Bei seinem Steckenpferd, der altniederländischen Malerei, entschuldigte er sich bei einem Bild von ungefähr 800 im Semester auf der PowerPoint-Folie – über dieses Bild könne er nur das sagen, was er gelesen habe, das habe er selbst noch nie gesehen. Und ich kleines Drittsemester wurde sehr ehrfürchtig.

In diesem Zusammenhang lege ich vor allem den Berliner*innen mal wieder die Gemäldegalerie ans Herz: Die altniederländische Abteilung machte gefühlt ein Viertel unserer Bilder aus. Ihr habt da wirkliche Schätze an der Wand hängen.

Der Hunger nach dem ZI wurde mit Wokgemüse ohne Wok gestillt. Ich habe immer noch keinen, aber buntes Gemüse mit Nudeln und Sojasauce ist halt Wokgemüse.

Abends sah ich dann F. mal wieder, der den ganzen Sonntag unterwegs war, um dem FCA beim Siegen zugugucken (in der Nähe von Siegen, ba-dumm tss). Ich konnte auch endlich das, Achtung, neues Wort gelernt: match-worn Trikot bewundern, das Felix Götze ins Publikum geschmissen hatte und das sich F. sichern konnte. Dafür gibt er dem Überreicher erstens Bier für alle Heimspiele in dieser Saison aus und spendet zusätzlich noch ein bisschen an In Safe Hands, der Stiftung von Andreas Luthe.