Tagebuch, Donnerstag, 5. Juli 2018 – Schreibtischtag

Morgens war mal wieder ein Blutbild fällig. Zu meiner Hausärztin gehe ich auch deshalb gerne, weil ihre Mitarbeiterinnen mit Spritzen umgehen können. Eine von beiden hatte vor ein paar Jahren vermutlich noch nicht ganz so viel Erfahrung, und als sie nach meinen unsichtbaren Venen suchte, bat sie doch lieber ihre Kollegin an die Spritze, anstatt an mir rumzustochern. Das wusste ich sehr zu schätzen. Gestern zapfte sie mir dann erstmals ruckzuck Blut ab und das, wie ich heute morgen feststellen darf, ohne einen blauen Fleck zu hinterlassen, der bei mir eigentlich immer Standard ist, ganz egal, wie professionell da jemand in meiner Armbeuge hantiert.

Ich musste an eine Klinik in Hamburg denken, zu der ich mal zur Blutabnahme geschickt wurde. Die machen quasi nichts anderes, das war Blutabnehmen im Akkord. Dementsprechend guckte die Dame auch nur auf meine Arme, tastete nicht mal, zückte die Nadel und piekste mich blitzschnell und völlig schmerzfrei. Ich brachte meine Freude und mein Erstaunen darüber irgendwie verbal zum Ausdruck – und sie rollte nur mit den Augen, so nach dem Motto, pfft, das ist doch nix. Ich hätte ihr gerne gesagt, doch, das ist ne Menge, jemandem keine Schmerzen zufügen zu müssen und anscheinend echt gut im Job zu sein. Bis auf das Verhalten der Patientin gegenüber vielleicht, daran könnte man noch mal arbeiten. (Gibt es ein deutsches Wort für bed-side manners?)

Das Mehrfamilienhaus, in dem ich wohne, wird neu gestrichen. Dafür begannen an Montag freundliche Herren, ein Gerüst aufzubauen, das bis gestern in den sechsten Stock wuchs. Ich war sehr überrascht davon, wie schnell das ging. Und mir wurden immer Dinge aus dem Weg geräumt, als ich mit dem Rad durch den Hof musste. Dankeschön!

Was ich am heimischen Schreibtisch in den letzten Tagen gelernt habe: EIN BOHRER IN DIE HAUSWAND IST ECHT LAUT! Und es ist komisch, wenn plötzlich jemand im fünften Stock an deinem Fenster vorbeispaziert. Ich habe jetzt quasi ein doppeltes Fensterbrett, auf das seit heute nacht gar lauschig der Regen prasselt. Leider nicht so laut wie ich gehofft hatte; ich mag das Regengeräusch doch so gerne.

Regen heißt aber auch: Ich muss die irre Spannung, welche Farbe es denn nun wird, noch ein paar Tage aushalten. Vermisse das Gelb jetzt schon.

Nach dem Besuch bei der Ärztin war ich wieder im Teahouse, um meine Nilgiri-Vorräte aufzustocken. Die beiden Tütchen vom Dallmayr und eben vom Teahouse waren längst alle, weil ich das Zeug gefühlt eimerweise trinke. In den letzten Tagen hielt ich mich mit Earl Grey über Wasser, aber gestern war die Zeit gekommen, erstmals in meinem Leben ein ganzes Pfund Tee zu kaufen. Keine kleinen Tütchen mehr, nix da!

Eigentlich wollte ich auch eine große Dose dazu haben, aber die freundliche Dame hinter der Theke meinte, große Dosen wären nur dann gut, wenn der Tee nicht lose darin läge, sondern in einer Tüte, die man verschließen könne. Sonst käme ja immer noch Luft an den Tee und das sollte es ja möglichst nicht. Gerade eine so große Dose sei nicht empfehlenswert. Das fand ich nett, dass sie mir 20 Euro ausredete.

Jetzt liegt mein Korakundah in einer schicken 100-g-Dose, die ich aus der großen Tüte immer wieder auffülle. Die kleine Dose steht im Regal, wo sie hübsch aussieht, die große Tüte liegt im Schrank in einer hässlichen Plastikdose, die aber auch ihren Job macht.

Den Rest des Tages verbrachte ich am Schreibtisch mit der Grossberg-Diss. Die Verfasserin hatte einen anderen Ansatz als den, den ich ausarbeiten möchte, insofern glaube ich, dass ich noch an ihre Arbeit anlegen kann. Sie hat die Bilder Grossbergs sehr ausführlich beschrieben und sie in Themengebiete zusammengefasst, ordnet sie aber äußerst sparsam in den historischen Kontext ein. Klar erwähnt sie das Bauhaus, das Deutsche Reich in den 20ern, aber spätestens ab den 30ern wird das sehr dünn. Insofern ist genau meine Baustelle noch offen. Daher bin ich doch etwas zuversichtlicher als vorgestern, dass ich noch eine neue Forschungsleistung für Grossberg erbringen kann. Auch wenn sie viele Fragen schon beantwortet hat, die sich mir während meiner bisherigen Recherche gestellt haben.

Ich suche meinen Gesamtverlauf des Browsers gerne einen Tag später nochmal durch, ob ich was Schickes gelesen habe, das ich euch hier weiterempfehlen möchte. Gestern habe ich mich bis auf wenige Ausnahmen echt nur auf Seiten rumgetrieben, die was mit der Diss zu tun hatten: Bibliotheken, Archive, digitalisierte Zeitschriften, Auktionshäuser, Bilddatenbanken, die Wikipedia. Das hat mich dann doch selbst etwas überrascht.

Abends lecker Curry mit F., einen sehr wohlschmeckenden Perlwein vom neuen Lieblingsweingut hinterher (zum Curry ging er leider nicht), auf den ich mich seit seiner Lieferung mittags gefreut hatte, gemeinsam eingeschlafen.