Solaris

Solaris
(USA, 2002)

Darsteller: George Clooney, Natasha McElhone, Jeremy Davies, Viola Davis, Ulrich Tukur
Musik: Cliff Martinez
Kamera: Steven Soderbergh
Drehbuch: Steven Soderbergh, nach einem Roman von Stanislaw Lem
Regie: Steven Soderbergh

Solaris ist ein Planet, der Wünsche erfüllt, der Träume wahr werden lässt, Tote lebendig macht, Lebewesen erschafft. Oder etwa nicht? Was Solaris genau ist, erfahren wir nie wirklich. Und eigentlich ist es auch nicht nötig, genau zu definieren, was Solaris ist. Es reicht, dass es eine philosophische Grundlage für einen sehr eindrucksvollen Film ist – allerdings einen, der mehr Fragen aufwirft als dass er Antworten gibt. Aber der Film sagt selber: “There are no answers, only choices.”

Muss es denn überhaupt auf alles eine Antwort geben? Eine, die so richtig ist, dass sie alle zufriedenstellt?

Auf der Erde diskutieren Gibarian (Ulrich Tukur) und Kelvin (George Clooney) leidenschaftlich über Religion: Gibt es einen Gott oder ist das nur eine von Menschen geschaffene Illusion?

Auf der Raumstation, die um Solaris kreist, erinnern wir uns als Zuschauer an diese Diskussion, denn dort erscheint Kelvin seine verstorbene Frau Rheya. Ist sie real? Ist sie eine Illusion? Und wenn sie eine ist – wäre das schlimm? Ist sie vielleicht Trost? Ist sie eine zweite Chance? Ist sie die Erfüllung eines Traums? Genau wie die Religion, die für einige Hoffnung ist, für andere aber nur sinnloses Gerede. Es gibt keine Antwort, kein richtig oder falsch. Aber wir haben die Wahl, uns individuell für eines der beiden zu entscheiden.

Was ist Rheya? Was sind die anderen Besucher, die die weiteren Anwesenden auf der Raumstation heimsuchen oder erlösen?

Für mich sind diese Besucher unsere personifizierten Wünsche, Hoffnungen, Sehnsüchte. Die Sehnsucht nach Liebe, nach Nähe, nach Vergebung – aber auch nach dem Tod, nach dem Alleinsein. Jeder begegnet seinen Wünschen auf seine eigene Weise. Man gibt sich ihnen hin, man widersteht ihnen – mir ist während des Films ständig der Satz “Don’t wish too hard – it may come true” eingefallen. Manchmal wünschen wir uns Dinge, von denen wir nur glauben, dass wir sie wollen – und wenn wir sie haben, stellen wir fest, dass es vielleicht besser gewesen wäre, diese Wünsche nicht erfüllt bekommen zu haben.

Ist Kelvin zufrieden mit seiner zweiten Chance? Geht es ihm besser, jetzt, wo er sich seinen Sehnsüchten hingegeben hat? Hier gibt der Film einmal eine Antwort: Kelvin scheint glücklich zu sein. Aber auch hier bleibt Raum für eigene Überlegungen: Wäre es nicht besser für ihn gewesen, seinem irrigen Wunsch abzuschwören und sich der Realität zu stellen?

Solaris ist eher ein Ausgangspunkt als ein Film mit Anfang und Ende. Er lässt uns Menschen kennenlernen, ohne dass wir ihnen dabei wirklich nahe kommen. Eine fast statische Kamera, ein ruhiges Erzähltempo, sehr klare Farben und eine elegische Musik halten uns auf kühler Distanz. Das einzige, was ein wenig Leben in den Film und seine Schachbrettkomposition bringt, ist Solaris: der pulsierende Planet, die Verheißung, die Hoffnung. Und die Erinnerung: die von Kelvin, die zu der von Rheya wird. Die Farben sind wärmer, die Bewegungen weicher. Aus einer Erinnerung, aus der Vergangenheit, wird die Zukunft. Welche, liegt ganz bei uns.

Solaris fühlt sich so an, als ob wir in einer vollen U-Bahn mal kurz die Gabe haben, uns in alle Anwesenden hineinzuversetzen. Wir lernen im Zeitraffer, dass jemand sterben will, dass ein anderer Angst hat, dass ein weiterer Dinge bereut und sie wiedergutmachen will. Und kaum haben wir uns mit diesen Menschen beschäftigt, hält der Zug, und wir müssen aussteigen. Aber die Gedanken, die wir kurz erhaschen durften, hallen noch nach und beschäftigen uns auf dem Weg nach Hause.

Es gibt keine Antworten. Aber es gibt viele Fragen, die man an sich und an sein Leben stellen kann. Bin ich glücklich? Kann ich jemanden anders glücklich machen? Will ich überhaupt jemanden glücklich machen?

Denk drüber nach. Du hast die Wahl. Und manchmal sogar eine zweite Chance.

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