La familia in Minga, Tag 1 – Die Maxvorstadt in Kurzfassung

Freitag abend kamen mein Vater, meine Schwester und ihr Mann in München an; meine Mutter musste leider aus gesundheitlichen Gründen im Norden bleiben. Eigentlich wollten wir uns erst am Samstag morgen zum Frühstück treffen, aber Schwesterchen und Ehemann machten noch einen Abendspaziergang, der sie in meine Nähe führte, sie whatsappten mich an, ich öffnete Türen und Bierflaschen und DMte F., doch auch noch rumzukommen. Wir verquatschten uns bis halb zwei, und ich war daher morgens um 7 entsprechend müde, als ich aufstehen und Frühstück organisieren musste. Den Tisch hatte ich immerhin schon abends gedeckt. Väterchen bot F. gleich nach zehn Minuten das Du an, ich bekam selbstgekochte Marmelade und Birnenschnaps überreicht, wir frühstückten gemütlich und besprachen dann, wie wir die weiteren drei Tage gestalten wollten.

Eigentlich hatte ich eine Stadtrundfahrt vorgesehen, aber Samstag war in München CSD, was mir erst Freitag aufgefallen war. Die Parade hatte eine sehr ähnliche Route wie die Busse der Stadtrundfahrt, also schlug ich vor: Ich zeige euch mein München, also die Ecken, die mir etwas bedeuten oder an denen ich mich gerne aufhalte.

Wir fuhren zwei Stationen bis zum Königsplatz (natürlich), wo ich schon in der U-Bahn-Station über das Kunstareal sprechen konnte, denn die Wände der Station sind mit diversen Werke der Museen illustriert. Dann rolltreppten wir an die Oberfläche und ich erzählte was über Franz von Lenbach und Norman Foster, der das alte Lenbachhaus mit einem Goldklotz erweitert hatte. Wir spazierten durch die Propyläen und ich erzählte was über Leo von Klenze. Wir spazierten über den Königsplatz und ich erzählte was vom Isar-Athen, vom Willen Ludwig I., aus München eine Kunst- und Kulturmetropole machen zu wollen, von der Anlage des Platzes und dass man so schön die antike Säulenordnung an den drei Gebäuden am Platz ablesen kann: Die Propyläen haben dorische Säulen, die Glyptothek hat ionische und die Antikensammlung korinthische. Ich erzählte über die Bücherverbrennung der Nationalsozialisten und wie sie das Ensemble aus dem 19. Jahrhundert in ihre Repräsentationsarchitektur umbauten, indem sie die „Ehrentempel“ sowie den Führerbau und das NS-Verwaltungsgebäude errichteten. Auch über diese Gebäude konnte ich natürlich etwas erzählen; ich erwähnte, dass im Führerbau das Münchner Abkommen unterzeichnet wurde, worauf auch eine Gedenktafel hinweist, und erklärte, was der Central Collecting Point war. Und natürlich glänzten meine Äuglein und meine Bäckchen färbten sich rosig, als ich verliebt von einer der weltweit größten kunsthistorischen Bibliotheken im ZI berichtete, die sich heute im ehemaligen NS-Verwaltungsgebäude befindet und ich der ich am liebsten wohnen würde.

Auf dem Weg zum Karolinenplatz sprach ich über das NS-Dokumentationszentrum und empfahl einen Besuch. Am Platz selbst konnten wir schon die Türme von Theatiner– und Frauenkirche sehen. Wir gingen in Richtung der Pinakotheken und kamen am isrealischen Generalkonsulat vorbei, auf das ich hinwies. Ich freue mich jedesmal, wenn ich vorbeiradele, über den Ort, den sich das Konsulat für seinen Sitz ausgesucht hat: geschätzt 100 Meter Entfernung zum ehemaligen Führerbau, quasi in Sichtweite von Hitlers ehemaligem Arbeitszimmer. Die Flagge mit dem Davidstern ist für mich immer ein selbstbewusstes „Fuck you“ in Richtung des Nazibaus. Gekommen um zu bleiben, Arschloch.

An der Alten Pinakothek sprach ich über die Restaurierungsarbeiten von Hans Döllgast, die heute als beispielhaft gelten für den Umgang mit Kriegsschäden (Wunden sichtbar machen anstatt einfach neu zu bauen). Nach so vielen Infos waren alle hungrig und wir mussten quasi beim Ballabeni ein Eis essen. La familia nahm dann nebenan bei Dompierre noch einen Kaffee mit, während F. sich so langsam verabschiedete. Ich führte die Rotte dann natürlich noch zur Universität, wo wir uns den Lichthof anschauten, in dem die Weiße Rose die Flugblätter ausgelegt hatte. Ich erwähnte auch den Rundbogenstil und erzählte was zum Ensemble Ludwigstraße und zum Siegestor.

Und schon wieder Zeit für Erholung: Wir setzten uns in den 154-Bus und ließen uns von der Uni direkt zum Biergarten am Chinesischen Turm im Englischen Garten chauffieren. Dort erfreuten sich die Norddeutschen an der Blasmusik und den riesigen Brezn; genau so war es mir vor fünf Jahren ergangen, deswegen wollte ich hier unbedingt hin. Schwesterchen und Gatte machten sich danach gestärkt zu Fuß in Richtung Haus der Kunst auf, mein fußmüder Papa und ich nahmen die Tram. Meine Schwester wollte nämlich unbedingt die Surfer auf der Eisbachwelle sehen, während ich natürlich viel dringender übers Haus der Kunst reden wollte. Wir haben beides gut geschafft.

Die Familie zog sich dann zum Nachmittagsschläfchen ins Hotel zurück, während ich einkaufte, um sie am Sonntag im Biergarten verköstigen zu können. Den Abend verbrachten wir im Georgenhof, der Lieblingsadresse von F., wenn sich Auswärtige ankündigen. Die Familie war auch sehr zufrieden mit den bayerischen Köstlichkeiten, und wir waren dem Kellner sehr dankbar für den Hinweis, dass man sich das Brotzeitbrettl bequem zu zweit teilen kann. Tag 1: ein voller Erfolg. Und Tag 2 wurde – in meinen Augen – noch besser.