Ich bin ein Berliner

Jedenfalls bis Weihnachten. So lange hat mich nämlich eine nette Agentur gebucht, für die ich – was sonst – die schönsten Autokataloge der Welt machen darf. Seit ich das Angebot auf dem Tisch hatte, habe ich mich durch das Berliner Immonet gewühlt, um eine passende Bleibe zu finden. Denn so gerne ich in Hotels nächtige und mir den sinnlosen Luxus eines täglichen Handtuchwechsels gönne, obwohl ich das Zeug extra NICHT auf den Boden werfe, so gerne würde ich mich vier Monate lang nicht wie ein Tourist fühlen wollen, sondern wie ein Einheimischer. Oder wenigstens ein Zugereister. Auf Zeit. (Also doch Tourist. Mpf.)

Da die Immobilienpreise in Berlin jeden Vergleich mit den Halsabschneidern in Hamburg um Längen gewinnen (ich könnte hier in einem Schloss wohnen, verdammt! Mit Meerblick und Fahrstuhl ins Wohnzimmer), hatte ich gehofft, dass das auch beim möblierten Wohnen so ist. Little did I know.

Immo24 kennt in dieser Kategorie drei Unterkategorien: a) zu teuer, b) hässliche Möbel und c) zu teuer UND hässliche Möbel. Wobei auch die vierte Unterkategorie d) am Arsch der Welt gerne zum Einsatz kommt. Manche der Wohnungen, die dort angeboten werden, sehen aus, als hätten die Besitzer die Oma mit den Füßen zuerst rausgetragen und dann die Butze gleich ins Internet gesetzt. Andere Vermieter scheinen zu glauben, dass eine Orangenkiste, eine Mikrowelle und ein Schlafsofa locker als „möbliert“ durchgehen. Und wieder andere finden es okay, für 30 Quadratmeter in Mitte 700 Euro zu nehmen. Ist schließlich Mitte. Wer das nicht will, kann ja nach Spandau ziehen.

Nach vier Wochen ahnte ich, auf sowas Doofes wie Makler zurückgreifen zu müssen, die ja gerne noch was Nettes im Ärmel haben, was nicht neben den ganzen Idiotenwohnungen im Netz zu finden ist, um eine wohnliche Behausung mit einem Arbeitsweg unter einer Stunde zu finden. Davor klagte ich aber noch lautstark einer Bloggerin mein Leid, die sofort meinte: Frag doch (weitere Bloggerin), die gerade aus Berlin weggezogen ist, aber ihre Wohnung noch hat, ob du bei ihr wohnen kannst.

Hab ich gemacht. Das Resultat: Ich residiere jetzt im Prenzlauer Berg, habe einen Supermarkt 400 Meter vor der Haustür und eine Videothek um die Ecke, das bequemste Sofa der Welt, ein ruhiges Schlafzimmer, das in einen grünen Innenhof geht (ich kann vom Bett aus den Kastanien beim Reifwerden zugucken), das erste Mal in meinem Leben einen Gasherd, den ich mir eine gefühlte halbe Stunde lang habe erklären lassen – und wenn ich ihn das erste Mal benutze, werde ich gleichzeitig mit dem Kerl telefonieren, damit er mitkriegt, wenn ich das Haus in die Luft jage –, lebe in einem bewohnten Umfeld mit Büchern im Regal und Kerzen und Zeug und nicht in einer leblosen Wohnung, wo vor mir vielleicht ein einsamer Staubsaugervertreter depressiv seinem Leben ein Ende gesetzt hat – und: kann jeden Morgen ohne Umsteigen innerhalb von 12 Minuten in die Agentur fahren. Und womit? Mit meinem Lieblingsgefährt aus janz Balin.

Danke, Blogosphäre. Ich liebe euch alle.

PS: Wohnungen, die etwas bewohnter aussehen und nicht ganz so exorbitante Preise haben, finden sich übrigens eher bei studenten-wg (auch für andere Städte außer Berlin). Aber das musste ich gar nicht mehr in Anspruch nehmen.