Was schön war, Donnerstag, 17. November 2016 – Transkribieren

Ich habe weiter die Briefe von Weldens transkribiert – nicht alle, nicht jede Postkarte aus Italien, die er nach Bad Feilnbach geschickt hat, aber doch einen großen Teil. Allmählich kann ich seine Handschrift ganz gut entziffern, wenn auch nicht immer.

Was das Aufschreiben etwas erschwert, ist sein Freestyle-Deutsch. Er ist in Paris geboren und hat dort die ersten gut 15 Lebensjahre zugebracht, und auch wenn seine Eltern Deutsche waren, so schreibt er in einer manchmal seltsamen Grammatik, hört mitten im Satz auf oder wiederholt sich oft. Inzwischen lese ich seine Briefe wie einen langen Gedankenfluss, der nicht unbedingt irgendwo ankommen will, sondern manchmal einfach so vor sich hinrauscht.

„Und doch, ist das Malen so schwer, ich plage mich, u. finde die Ergebnisse/Verhältnisse [?] sehr undankbar u. doch muß ich malen, es steckt irgendwas dahinter, bloß ich finde mich darin noch nicht. Hin u. doch, habe ich das Gefühl darin zu jonglieren, aber es ist doch noch nicht so. Vielleicht will ich zu viel oder denke zu viel, oder mache zu viel, oder nehme ich zuviele Mitteln dazu, ich weiss es nicht, u. komme nicht dahinter. Ich glaube ich lerne mehr Weisheiten dahinter wie’s malen. Aber weisst Du, bloß Zeichnen kann ich auch nicht, irgendwie müßte ich dann alles umdrehen, vielleicht doch Bücher illustrieren. Aber Aufträge sind einerseits schön, andererseits fühlt man sich zu stark an Auftraggeber gebunden u. hat Hemmungen, aber es ist alles mit Dornen gespickt, bloß Du nicht. Du wirst sagen, es ist ironisch gemeint, aber man muss auch in einem Liebesbrief scherzen, denn ein bißchen Bosheit ist mir Bedürfnis. Gerade habe ich deine Stimme am Telefon gehört, sie klingt da ganz anders so aus der Brust voll herausgeholt, Du müßtest eine schöne Altstimme haben, aber Du hast mir noch nie was vorgesungen.“

(Leo von Welden an seine zweite Frau Josefa von Welden, 7.3.1949)