Was (größtenteils) schön war, Samstag/Sonntag, 17./18. September 2016 – „Steht aaaauf, wenn ihr … ähm …“

Ich war am Samstag in der Allianz-Arena und habe Bayern-Ingolstadt gesehen und am Sonntag Augsburg-Mainz in der WWK-Arena.

Seit Beginn der Saison bin ich glückliche Leihnehmerin einer Dauerkarte (ewig darüber nachgedacht, wie das Nomen zu „leihen“ lauten könnte; ich lass das jetzt so) für Bundesliga- und Champions-League-Spiele des FC Bayern. Erstmal nur die Hinrunde, danach muss ich gucken, wie es meinem Konto geht und ob der Besitzer der Karte vielleicht selbst wieder Lust hat, ins Stadion zu gehen. Aber für die nächsten Wochen ist das Ding meins, und ich freue mich darüber sehr.

Es fühlt sich anders an, mit Dauerkarte ins Stadion zu gehen, weil ich nun einen festen Rhythmus von Spielen habe. Ich habe jetzt gnadenlos alle zwei Wochen einen Termin in der Arena, manchmal sogar öfter, zum Beispiel gleich diese Woche, wo bereits Mittwoch das BL-Spiel gegen Hertha ansteht (Spitzenspielhupe!). Anstatt wie sonst Fußball auf dem Sofa zu gucken und mir nur ab und zu spontan eine Karte zu gönnen, die in meiner Twitter-Timeline rumfliegt (da fliegen immer welche rum), weiß ich jetzt schon, welche Spiele ich alle sehen werde und vor allem, wo. Ich mag meinen Sitzplatz sehr gerne: Viel näher am Eingang kann man kaum sitzen, ich muss keine acht Millionen Stufen in den Oberrang klettern, und meine Nachbarn sind nette Nichtraucher und keine pöbelnden Nervensägen.

Das Spiel am Samstag war für die verwöhnte Bayernguckerin fürchterlich, weil die Mannschaft schlicht scheiße gespielt hat. Weil ich mich beim FCB aber so langsam langweile, weil sie dauernd gewinnen, fand ich es ganz reizvoll, mal hinten zu liegen. Ich muss natürlich zugeben, dass mich das Gegentor von Ingolstadt etwas aus der Fassung gebracht hat, weil ich gar nicht mehr damit rechne, dass sowas passiert. Aber die Ingolstädter stellten sich nicht bockig hinten rein, sondern griffen die komplette Spielzeit über an und hatten sogar Chancen, das Ding zu gewinnen. Haben sie nicht, alles wie immer, 3:1.

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(Die Logowedler*innen in Tracht und das Logo in Wiesnherzform.)

Das einzige, was mich am Samstag so richtig genervt hat, war die Situation an den Fraueneingängen, über die ich auch auf Twitter nölte. Einige fragten, was Fraueneingänge seien, was mich überraschte, aber zur Sicherheit: Beim Eingang in die Arena gibt es Taschenkontrollen und man wird abgetastet, und da viele (alle?) Frauen inklusive mir keinen Bock darauf haben, von einem Mann abgetastet zu werden, gibt es spezielle Eingänge für Frauen, an denen weibliche Ordner stehen.

Der Eingangsbereich zur Arena besteht aus diversen Toren, die jeweils in vier einzelne Eingänge unterteilt sind. In den vergangenen Spielzeiten gab es mehrere Tore, die komplett für Frauen waren, das heißt, an diesen Toren standen vier Ordnerinnen und man konnte sich entspannt in vier Schlangen anstellen. Die Eingänge waren ordentlich groß ausgezeichnet und es musste schon sehr dunkel und verregnet sein, um sich versehentlich bei den Jungs anzustellen. Seit dieser Spielzeit gibt es an jedem Tor drei Jungseingänge und einen für Frauen. Das ist vermutlich gut gemeint, klappt aber überhaupt nicht. Während die Jungs im Sekundentakt durchmarschieren, stehen wir in einer ewigen Schlange, aus der man auch nicht ausbrechen kann. Hätte man vier Eingänge nebeneinander, könnte man einfach zu der Ordnerin gehen, wo gerade Platz ist. Jetzt steht man ergeben in einer langen Schlange, die auch gerne mal von vorne aufgefüllt wird, weil irgendwelche Mädels sich bei den Jungs anstellen und erst vorne, wenn sie merken, wo sie stehen, schlicht nebenan reingrätschen. Das sorgt nicht unbedingt für gute Stimmung in der Schlange, in der man eh schon genervt ist, weil die Jungs neben einem ruckzuck durch sind.

Auf Twitter bekam ich Zuspruch und auch andere Twitterinnen meinten, dass sich die Situation an den Toren deutlich verschlechtert habe. Der Arbeitskreis Fandialog sowie die Fanbetreuung sind meines Wissens informiert worden; ich hoffe, die Einlasssituation ändert sich bald wieder. Ich hatte gestern versucht, offizielle Zahlen zu finden, die mir sagen, wieviel Prozent der Zuschauer des FCB weiblich sind, habe aber nichts gefunden. Ich behaupte aber mal aus dem Bauch raus, dass das mehr als 25 Prozent sind, und dann hätte ich auch gerne ein paar mehr Eingänge.

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Sonntag stand dann das nächste Bundesligaspiel an. F. und ich setzten uns in einen Regionalzug, der uns in 40 Minuten bis nach Augsburg brachte. Ich hatte eine Karte für den gleichen Block bekommen, in dem F.s Dauerkarte ist, so dass wir vor dem Spiel noch gemeinsam die traditionelle Stadionwurst verzehren konnten. Für die WWK-Arena gibt es verschiedene Blockeingänge, und wenn man einmal in einem bestimmten Bereich ist, kommt man da nicht mehr raus; in der Allianz-Arena kann man komplett ohne Einschränkung um das Stadion wandern – wenn man 30 Minuten Zeit hat, das Ding ist verdammt groß. Wie irrsinnig groß es ist, fiel mir Samstag mal wieder auf, jetzt wo ich den direkten Vergleich zum FC Augsburg habe, dessen Stadion halb so groß ist wie die Arena. Aber genau deshalb gefiel es mir beim ersten Besuch so gut und beim zweiten noch besser. Das kann allerdings auch am Wetter gelegen haben; 16 Grad und Regen sind deutlich mehr meins als 30 Grad und Sonne. Ich kam sehr entspannt am Stadion an, war um 15.10 Uhr an meinem Platz und freute mich auf das Kasperle aus der Augsburger Puppenkiste, das um 15.15 Uhr den Endstand voraussagte (wie bei meinem ersten Besuch: falsch). Ich weiß nicht, ob einem die Puppe als Dauerkartenbesitzer*in irgendwann auf die Nerven geht; ich finde sie immer noch charmant.

Was ich auch charmant finde: die Hymne „Rot, Grün, Weiß “(Text), die vor dem Spiel läuft, während der Kids Club (awwww!) fähnchenschwingend einmal eine Runde um den Platz dreht. Die ist dann doch ein anderer Schnack als das grotzkotzige „Forever Number One“ des FCB. „Für uns zählt einzig der Erfolg“ singe ich jedenfalls weitaus weniger gerne als ein Liedchen, in dem die Schönheit der Stadt und die Nettigkeit der Fans gepriesen wird. Und während bei Bayern das abgenudelte „Seven Nation Army“ in der Dorfdiscoversion als Tormusik erklingt, ist es in Augsburg – natürlich – „Eine Insel mit zwei Bergen“.

Apropos Kinder: Ein Stadionbesuch ist der Moment, in dem ich über eigene Kinder nachdenke, weil ich es niedlich fände, mit dem Nachwuchs zum Fuppes zu gehen. Da scheine ich nicht die einzige zu sein; in Augsburg gibt es sogar einen Familienblock, in dem sich niemand darüber aufregt, dass man dauernd rausrennt, weil das Kind eine Windel oder einen Saft braucht. Außerdem gibt es einen Nichtraucherblock, was ich auch toll finde. Noch toller ist übrigens die AWD-Arena in Hannover, bei der man nur in den Aufgängen rauchen darf, aber nicht auf dem Platz. So war’s jedenfalls vor ein paar Jahren, ich hoffe, das ist immer noch so, das war nämlich super.

Und noch ein Einschub zu Fangesängen: F. erzählte mir neulich von einem Gesang bei den Bayern-Amateuren, den ich seitdem gnadenlos im Ohr habe. Auf der Melodie von St. Paulis Wir sind Zecken (das rudimentär auf Rod Stewarts Sailing beruht) wird dort überzeugend gesungen: „Wir sind Münchner, kultivierte Münchner, wir schlafen in der Oper und der Piiiinakotheeeek.“ <3

Das Spiel war genauso scheiße wie das in der Allianz-Arena, was mir den Spaß aber trotzdem nicht verleidet hat. Ich gucke Fußball im Stadion eher nicht, weil ich dringend einen Sieg will, sondern weil ich die Atmosphäre so gerne mag. Normalerweise brülle ich nicht in der Gegend rum, aber gestern musste ich doch ein paar mal fluchen, weil die Augsburger schlicht nicht auf dem Niveau spielen wie der FCB. Ich erwischte mich außerdem dabei, gemeinsam mit meinen Nachbarn Fehlentscheidungen des Schiris (Abseits nach einem Einwurf gibt es nicht, wie man mir erklärte, wusste ich nicht) oder ein widerliches Foul wütend zu bebrüllen und wildfremde Menschen beim einzigen Tor des FCA freudig abzuklatschen. Am Samstag brüllte ich auch Unflätigkeiten in Richtung Rasen – ich ahne, dass Fußball nicht gut für meinen sonst total zenartigen *hust* Liebreiz *HUST* ist –, und einmal, das wird vielleicht Frau Donnerhallen freuen, rutschte mir ein „ZEFIX!“ raus anstatt des üblichen „ALTER WO SPIELST DU DENN HIN?“

Nach dem Spiel waren F. und ich in nur gut einer Stunde wieder am Münchner Hauptbahnhof; sehr viel schneller komme ich aus der Allianz-Arena auch nicht heim. Da bin ich dann Mittwoch wieder. Und Samstag wieder in Augschburg. Bis dahin sitzt dann auch der Hymnentext.