Was schön war, Freitag, 11. März 2016

Das hier.

Normalerweise bin ich eisenharte Parkett-Sitzerin in der Oper. So toll das ist, dass da diverse Musiker*innen für mich aufspielen – ich will ihnen nicht bei der Arbeit zugucken. Und erst recht nicht beim Rein- und Rausgehen, wenn sie nichts zu tun haben. Wobei ich das als Kind immer faszinierend fand, den Harfenistinnen (nie einen Kerl an dem Instrument gesehen) dabei zuzuschauen, wie sie aktelang Taschenbücher lesen und dann kurz mal zupfen.

Wenn ich alleine in die Oper gehe, warte ich immer, bis die briefliche (oder e-mailiche) Vorbestellungsfrist rum ist, denn dann kann man sich die Plätze aussuchen. Vorher fragt man höflich für Karten einer gewissen Preisklasse an und kriegt dann welche zugewiesen. Das hasse ich und deswegen warte ich. Einen Platz gibt’s immer noch irgendwo.

Dieses Mal wollte ich aber F. eine Karte zu Weihnachten schenken, weil der Herr unfassbarerweise noch nie in einer Wagner-Oper war. Der Mann wohnt quasi auf Theaterbühnen und in Konzertsälen, aber Wagner hat er noch nie gehört. Das kann so natürlich nicht bleiben. Also bat ich für den Fliegenden Holländer (oder wie ich ihn nenne: den Anfänger-Wagner) schriftlich um zwei Karten und bekam, natürlich, den ollen Rang. Den zweiten von vieren, um genau zu sein, aber dabei immerhin die erste Reihe. Allerdings die Plätze, die fast direkt an der Bühne lagen. Ich stellte mich nölig darauf ein, die ganze Zeit den Kopf drehen zu müssen und war dann sehr glücklich, als ich gestern abend sah, dass die Sitze immerhin zur Bühne ausgerichtet waren. Was auch bedeutete: Beinfreiheit!

Was es allerdings auch bedeutete: Wenn ich entspannt in meinem 50-Euro-Sesselchen saß, sah ich ungefähr ein Drittel der Bühne, nämlich das rechte. Und jetzt raten Sie, wo Herr Konwitschny so ziemlich alle Akteur*innen bei ihren Arien oder Duetten hinbeorderte? Genau, auf die linke Seite. Ich habe den Holländer zum ersten Mal so richtig im dritten Akt gesehen und auch das nur, weil ich mich irgendwann genervt fast über die Brüstung gehängt habe. Das große Duett mit Daland im ersten Akt? Reines Hörvergnügen. Das Duett mit Senta im zweiten? Genau das gleiche. Sentas große Arie im zweiten Akt? Nur gehört, nichts von ihr gesehen, selbst mit Über-die-Brüstung-Lehnen. Und das Bild, auf das ich mich die ganze Zeit gefreut hatte, nämlich das Ansingen des Chors der Norweger gegen den der Holländer? Sah von oben dann doch eher nach grauem Rumgewusel aus und nicht nach der bedrohlichen Konstellation, als die ich es vor drei Jahren (oder so) im Parkett zum ersten Mal gesehen hatte.

Irgendwann gab ich das ständige Rauslehnen auf und genoss die konzertante Oper, war aber trotzdem pissig, weil ich 50 Euro für nicht unbedingt wenig Geld halte. Ja, im Vergleich zu den anderen Preisklassen der Staatsoper ist das eine der günstigeren Karten, aber trotzdem. Da hätte ich auch die Hörplätze für zehn nehmen können.

Wieder was gelernt, was ich ja eigentlich schon wusste: nächstes Mal wieder Parkett. Notfalls einen Gutschein zu Weihnachten und dann hoffen, dass noch Karten da sind.

Genug gequengelt. Was nämlich schön war: F. hat es gefallen, auch wenn er die Wagnermania noch nicht nachvollziehen kann (was für mich heißt: Wir gucken den Ring), es war schön, sich mal wieder die Oper zu gönnen, was ich mir viel zu lange verkniffen habe (WEIL PARKETT EBEN SCHEISSTEUER IST), und selbst der Ersatztenor Andreas Schager für Klaus Florian Vogt, auf den ich mich gefreut hatte, war toll. Ehrlich gesagt, war er so toll, dass ich nach drei Tönen dachte, ach guck, gar nicht so schlecht, dass Vogt krank war. Den haben wir ja auch oft genug gehört, den Schager noch nicht. Den gucken wir uns jetzt öfter an. IM PARKETT!