Woran ich so denke, wenn ich Nadeln im Rücken habe

Die eine Arzthelferin. Leicht ergraut, Brille, leiserer Tonfall, „eins nach dem anderen“. Lässt sich auch durch die Türklingel nicht davon abhalten, erstmal ein Rezept fertigzumachen. Lässt sich vom Telefon nicht abhalten, die Tür aufzumachen. Lässt sich von redenden Patienten nicht davon abhalten, ans Telefon zu gehen. Kann bei mir als einzige Spritzen setzen, ohne meine Arme mit blauen Flecken zu überziehen. Redet mit dem Faxgerät, dem Drucker, dem Computer, den Ablageschubladen. „Wieso druckst du jetzt nicht … wieso gehst du jetzt nicht zu … wo hast du doch gleich …“ Kocht erstmal Kaffee, bevor irgendwas anderes passiert. War wahrscheinlich schon hier, bevor es eine Arztpraxis war. Hat vielleicht einen sehr schweigsamen Mann zuhause. Ordnet die Zeitschriften im Wartezimmer so, dass weder die Bunte noch die Gala vorne sind, sondern eher Spiegel und Stern. Sagt jedenfalls

Die andere Arzthelferin. In der Ausbildung. Nasenstecker. Lacht nach jeder Bemerkung. Hat (noch) keine Widerworte. Allerdings: „Also ICH hab das ja so gelernt.“ Weist wahrscheinlich Leute mit frischen Führerscheinen auf den fehlenden Schulterblick hin. Redet mit älteren Patienten automatisch lauter. Will bloß nichts falsch machen und fragt daher, anstatt was zu sagen. Freut sich jeden Tag, hier zu sein. Hat neulich eine Duftkerze mit Orangenaroma aufs Fensterbrett gestellt. Lästert gerne über die eine Arzthelferin mit

Der anderen Arzthelferin. Fussbroicha hamburgensis. Fünf Goldkettchen, Vokale wie vom Fischmaaakt. Weiß nie, wie irgendein Patient heißt. Akkurat gestutzte Kurzhaarfrisur, direkt aus der Bild der Frau (wahrscheinlich eher hinten im Wartezimmer). Macht garantiert einen Knallerschweinebraten. Taut dazu allerdings fertige Kroketten auf, anstatt sich die Arbeit mit frischen Kartoffeln zu machen. Versteht nicht, wieso die eine Arzthelferin immer so lange da bleibt. Ordnet gerne mal die Medikamente neu im Schrank an und beschwert sich, wenn sie wieder zurückgeordnet werden. Ist prima darin, aufgeregte Menschen zu beschwichtigen. Liegt vielleicht an den Fischmaaakt-Vokalen. Täschelt gerne Unterarme. Sagt „wir“, wenn sie „Sie“ meint. Bepuschelt alles. Bestickt in ihrer Freizeit vielleicht T-Shirts mit Musicalmotiven. Vermisst Roy Black.