Serienstarts Herbst 2012

Mochte ich gern:

666 Park Avenue

Normalerweise bin ich kein Fan von Gruselkram, ich mag’s nach Feierabend vor dem DVD-Player o. ä. eher kuschelig, harmonisch, die Guten sollen gewinnen und Frauen immer Hauptrollen haben. 666 erfüllt immerhin eine dieser Bedingungen. Das Pärchen Jane und Henry (Rachael Taylor/Grey’s Anatomy und Dave Annable/Brothers and Sisters) bewirbt sich um die Stelle eines building managers in der titelgebenden Adresse. Dass mit diesem Haus nicht alles in Ordnung ist, wird noch vor dem Vorspann klar, als wir einen Stargeiger sehen, dessen Finger plötzlich zu bluten beginnen. Anscheinend hat er einen Pakt mit dem Teufel geschlossen, der will jetzt bezahlt werden und – er wohnt in der Park Avenue. Wer in den letzten Jahren nicht unter einen Stein gelebt hat, kennt den Mann auch: Es ist Terry O’Quinn aus Lost, schon mal ein guter Grund einzuschalten. Seine Gattin ist ebenfalls keine Unbekannte, und es ist schön, auch eine schwarze Hauptrolle zu haben, denn ihm zur Seite steht Vanessa Williams (u. a. Desperate Housewives). Zurück zum arglosen Pärchen, das gerade unwissend bei Satan unterschreibt: Nicht er, sondern sie bekommt den Job, geht furchtlos in dunkle Ecken, fragt und tut und macht und piepst nicht rum und lässt sich retten. Ich weiß noch nicht, wie das Konzept „Deal mit dem Teufel plus Bezahlung“ über 24 Folgen trägt, aber bis jetzt macht 666 Park Avenue viel Spaß. Gute Darsteller_innen, schöne Ausstattung, nicht zu viel Grusel für die arme Anke, aber ordentlich Spannung und Mystery.

Arrow

Wie aus einem reichen Schnösel ein Superheld wird. Stephen Amell darf des Öfteren sein Shirt ausziehen und seine Muskeln zeigen, wenn er Pfeile durch die Gegend schießt und seinen toten Vater rächt. Oder so ähnlich. Ich kenne die Figur des Arrow nicht, habe mir auch die Wikipedia nicht durchgelesen und gucke einfach mal so, was aus der Serie wird. Sah alles hübsch aus, hat mich allerdings emotional noch nicht so richtig erwischt. Momentaner Status: gefällt, aber ich weiß nicht warum.

Chicago Fire

Das Gegenteil von Arrow: gefällt, und ich weiß warum. Statt Superhelden sind es hier die üblichen Helden des Alltags, nämlich die Feuerwehrmänner (ja, leider keine einzige Frau dabei, was ich extrem anprangere) und die immerhin weibliche Besetzung des Notarztwagens, die sich um Chicago kümmern. In der ersten Folge sind schon mehrere Felder aufgebrochen worden, die demnächst beackert werden: Drogenprobleme, persönliche Schicksale, Homosexualität, interne Reibereien. Klingt alles noch recht bekannt, so richtig überraschend war dann auch nichts, aber mir haben Tonfall und Tempo der Story gut gefallen. Viel weniger Action als ich erwartet habe, mehr ruhigere Töne. So darf es gerne weitergehen. Und Jesse „House“ Williams und Taylor „The Vampire Diaries“ Kinney sind auch nicht zu verachtende Gründe zum Zugucken.

Nashville

Connie Britton spielt eine Countrysängerin, die seit Jahrzehnten im Job ist – und langsam rückt der Nachwuchs in Form von Hayden Panettiere auf, bewaffnet mit Glitzermini und Autotune. Im Moment spielt mir die Serie die beiden noch zu sehr gegeneinander aus, und gerade Haydens Rolle ist pure Zickigkeit, auch wenn da im Hintergrund noch die drogensüchtige Mama ist, die wahrscheinlich mal wichtig wird. Dann ist da noch ein Singer-Songwriter-Duo und ein sehr guter Freund zum eher erduldeten Ehemann – also schon genug Personal, das halbwegs interessant ist. Leider erstmal nur halbwegs, aber ich glaube, das könnte noch besser werden. Keine große Kunst, aber solide gemacht, und man muss auch nicht der Riesencountryfan sein, um die Serie zu gucken. Ich hoffe auf einen Ersatz für Smash, das ich anfangs geliebt, aber irgendwann nur noch genervt ertragen habe, als es vom schicken Musical zur schlimmen Soap abglitt. Nashville hat natürlich auch Soappotenzial, aber ich wünsche mir sehr, dass sie es umschiffen.

Go On

Matthew Perry kann alles machen, was er will, ich gucke das. Ich trauere wahrscheinlich als einzige noch Mr. Sunshine hinterher, wobei das auch an Allison Janney liegen könnte, die ich sehr vermisse. Go On hat einen Ausgangspunkt, von dem ich nicht dachte, dass er sitcomtauglich ist, aber nach vier Folgen kann ich sagen, doch, ja, funktioniert. Perry spielt einen Sportreporter, dessen Frau stirbt. Er trauert „unerfolgreich“ alleine und schließt sich schließlich einer Selbsthilfegruppe an. Diese trägt dann auch die ganze Show, weil so viele unterschiedliche Menschen mit seltsamen Problemen zusammenglucken und alle sehr gestört drauf sind. Gleichzeitig hat die Show genug Herz, um nicht zynisch zu werden, und genug Ätzigkeit, um nicht zu memmig zu werden. Da kann noch ne Schippe draufgetan werden, aber bis jetzt gefällt mir das alles recht gut.

Kriegt misstrauisch noch eine Chance:

The Mindy Project

Mindy Kaling kenne ich aus The Office und fand es immer sehr schade, dass sie nur eine kleine Nebenrolle hatte. Das ändert sich jetzt, denn The Mindy Project hat sie als Autorin und Produzentin um sich selbst herumgestrickt. Sie spielt eine Gynäkologin in einer Praxis mit lauter männlichen Ärzten; die anderen Mädels an Bord scheinen nur am Empfang rumzuhängen, was ich ein bisschen schade finde, aber nun gut. Es geht nicht um weltbewegende Dinge, aber die ersten drei Episoden waren halbwegs unterhaltsam im Spagat zwischen Berufs- und Privatleben – allerdings eben nur halbwegs. Ich persönlich freue mich trotzdem über jede weibliche Hauptrolle, die nicht dem klassischen „weiß und mager“-Hollywood-Ideal entspricht. In diesem Zusammenhang: Man sollte sich nie in die Tiefen der IMDB-Boards begeben, denn dort wird eher selten die Show diskutiert, sondern der UNFASSBAR WALMÄSSIGE BMI von Kaling. War ja klar. (Arschlöcher.)

Partners

Partners stammt vom gleichen Team, das für Will & Grace verantwortlich war. Will & Grace fand ich großartig, und Partners hat eine ähnliche Prämisse. Dieses Mal geht es um die Freundschaft zwischen zwei Kerlen, von denen der eine schwul ist. Beide sind verpartnert, und genau wie W&G haben wir daher vier Hauptpersonen. Das Blöde ist: Partners hat längst nicht das Tempo und die Over-the-top-ness von W&G. Und vor allem hat es keinen Sean Hayes, dem man so gut wie jede Unverschämtheit abnahm. Sein Äquivalent hier ist Michael Urie, der ab und zu abgleitet in den femininen Klischeeschwulen, aber längst nicht die Diva ist wie Hayes. Und genau das fehlt mir hier, weil es ihn wenigstens etwas interessanter gemacht hätte. Die anderen drei Figuren sind bis jetzt blass bis belanglos, die Scherze waren vor zehn Jahren vielleicht mal lustig, im Pilot habe ich nur einmal gedacht, ach, die Line war jetzt wirklich mal gut, bei der zweiten Folge immerhin ein paar mal öfter, in der dritten wieder weniger. Aber so ganz will ich mich noch nicht von der Serie verabschieden.

War nicht meins:

Revolution

Die Macher von Lost und Supernatural haben wahrscheinlich Life After People einmal zu oft gesehen und sich gedacht, he, so eine überwachsene Großstadt sieht super aus, lass mal einen halbgaren Plot drumrumstricken. Der sieht dann so aus: Vor 15 Jahren war auf einmal der Strom weg. Nix ging mehr, und so fingen die Menschen wieder an, Schweine zu züchten und Gemüse auszusäen. Der Lord-of-the-Flies-Moment kommt natürlich auch: Irgendwann etabliert sich das sogenannte Monroe-Regime, das Steuern eintreibt und die Menschen verängstigt, die so ziemlich ohne jedes Rechtsgefühl vor sich hinleben. Das ging mir ja schon sehr auf den Zeiger, dass es gerade mal gefühlt einen Augenblick in der Menschheitsgeschichte dauert, in dem wir angeblich alles vergessen, was wir in 5.000 Jahren Zivilisation kapiert haben, aber nun gut. Was mich auch nervt: Wenn die Menschheit es einmal geschafft hat, Elektrizität hinzukriegen, sollte das doch auch ein zweites Mal zu schaffen sein. Vor allem, weil Bücher, in denen schlaues Zeug drinsteht, ja nicht plötzlich zu Staub zerfallen sind wie Google-Aktien. Das ist dann auch der einzige Plotpoint, der ein bisschen neugierig macht: Angeblich ist der Stromausfall menschengemacht, und genau die Leute, die das wieder ungeschehen machen können, sind plötzlich, 15 Jahre später, sehr gesucht, weswegen sie sich dauernd gegen Kopfgeldjäger und weitere bewaffnete Nervensäge durchsetzen müssen. Kurz: sehr wenige Charaktere, die mir irgendwas sagen, viel zu viel Gemetzel und keine Ahnung, was das alles soll. Nach zwei Folgen keine Lust mehr.

Animal Practice

Pro: Justin Kirk spielt mit.

Contra: Er spielt eine Tierarzt, der zu den Besitzern der Viecher so eklig ist wie Dr. House, was mir bei diesem auch irgendwann sehr stark auf den Zeiger gegangen ist. Und … ich fasse es kaum, dass ich es schreiben muss: Er hat einen Kollegen namens Dr. Rizzo, der … das tut wirklich weh … ein Äffchen ist. Und genau der hat dann auch die einzigen halbwegs lustigen Aktionen, denn Sätze kann er ja nicht von sich geben. Das ist schon putzig, wenn er auf einem lärmenden kleinen Rettungswagen durch die Gänge fegt, aber … äh … nein. Nein. Ich habe nicht mal den Piloten zuende sehen wollen.

Vegas

Wollte ich mögen, hat aber nicht mal für den Pilot gereicht. Trotz Setting in den 60er Jahren, trotz Dennis Quaid, Michael Chiklis (The Shield ist immer noch eine der besten Cop-Serien der letzten Jahre) und Carrie-Ann „Trinity“ Moss. Nach Mad Men war es ja klar, dass nach und nach alle Sender die Mottenkiste aufmachen; das hat bei Pan Am nicht funktioniert, bei dieser albernen Bunny-Serie erst recht nicht, und bei Vegas klappt es auch nicht, weil die Figuren sich aufführen wie heute, während sie in alten Klamotten rumlaufen und in alten Autos fahren. Mad Man fühlt sich stimmig an, Vegas wie die Augsburger Puppenkiste.

Ben and Kate

Hat eine Prämisse, die bei mir überhaupt nicht funktioniert: Alleinerziehende, verantwortungsbewusste Mama hat ein altkluges Kind und einen nervigen Bruder, der unerwartet bei ihr aufkreuzt, einzieht und Chaos stiftet. Dazu kommt noch ein Kollege, der in Mama verknallt ist und eine Kollegin mit britischem Akzent, die die lebenserfahrene, zynische Klischee-Schlampe gibt. Die üblichen körperfeindlichen Scherze gepaart mit der Figur des nicht-erwachsen-werden-wollenden Bruders … zwei Folgen haben gereicht.

Last Resort

Die Besatzung eines amerikanischen U-Boots bekommt den Befehl, Pakistan anzugreifen. Sie hinterfragen den Befehl – und sehen sich plötzlich als Ausgestoßene der Armee. Sie retten sich auf einen Nato-Stützpunkt auf einer Insel, wo sich die Figuren in wilde Gruppierungen teilen: Teile der Mannschaft, die die Aktion gerechtfertigt finden, Teile, die anderer Meinung sind, Inselbewohner, die der Mannschaft – oder Teilen davon – wohlgesonnen sind, andere, die das nicht sind … alles etwas wuselig und kreuz und quer, und bei mir bleibt nur das Gefühl eines Planspiels, aus dem eine Serie geworden ist. Die erste Folge fand ich toll, die zweite nervig, und bei der dritten habe ich ausgeschaltet.