Commander in Chief

Ab 15. August läuft Commander in Chief unter dem „deutschen“ Titel Welcome, Mrs. President auf Sat.1 an. Die Wikipedia weiß, dass der Titel nicht ganz korrekt ist (es müsste „Madame President“ heißen), und dass er doof ist, wissen wir alle. Die Serie wurde in den USA bereits nach einer Staffel eingestellt – und nachdem ich die erste Hälfte dieser Staffel gesehen habe, ahne ich, warum.

Generell finde ich die Idee, das Amt des amerikanischen Präsidenten mit einer Frau zu besetzen, natürlich spannend. Die übliche fish-out-of-water-Idee, die hier im Prinzip ganz gut funktioniert, weil die Drehbuchautoren weitestgehend darauf verzichtet haben, „typische“ Frauenthemen zu verwursten. So muss sich Geena Davis in der Hauptrolle nur einmal um ihre Klamotten Sorgen machen und kein einziges Mal um ihre Frisur, was ich sehr angenehm fand. Außerdem macht sie gleich in einer der ersten Folgen selber Witze darüber, ob sie alle vier Wochen nicht lieber vom roten Knopf ferngehalten werden sollte – und das war’s dann eigentlich auch mit der Besonderheit, jetzt eben eine Frau als Oberhaupt von fast 300 Millionen Menschen zu haben.

Trotzdem ist auf einmal die Familie sehr wichtig. Ich fand es einerseits interessant zu sehen, was die Kinder so machen, wie sie mit der Öffentlichkeit klarkommen, wie sie ihre Pubertät durchstehen, denn der Aspekt kam bei der einzigen anderen Serie, die im Oval Office spielt, The West Wing, meist zu kurz. Wohl auch deshalb, weil der Schwerpunkt eben einfach ein anderer war. Andererseits verwässern diese Kuschelstorys das Grundthema Politik. Wenn ich eine Serie schon in ein politisches Setting setze, sollte das meiner Meinung nach eben das Hauptthema sein. Genau das ist es aber nicht – und wenn doch, kommen einem die politischen Manöver geradezu rührend naiv vor, wenn man die geschliffenen Dialoge und raffinierten Aktionen aus The West Wing im Kopf hat.

Es gibt mit Donald Sutherland als Speaker of the House einen sehr guten Widersacher zu Davis. Sutherland schafft das Kunststück, dass man ihm abnimmt, dass er seine Chefin zutiefst verabscheut und sie gleichzeitig dafür bewundert, dass sie einfach ihren Job macht, auf den sie kaum vorbereitet war (sie war Vizepräsidentin, als der Präsident überraschend verstarb). Harry J. Lennix spielt als Chief of Staff ebenfalls einen ordentlich gemachten Charakter, auch wenn ich mir für ihn mehr Konflikte gewünscht hätte. Schließlich war er der Chief of Staff des verstorbenen Präsidenten, der seinen Vize gar nicht im Oval Office sehen wollte. Ansonsten tummeln sich ziemlich viele Nullnummern im Westflügel des Weißen Hauses. In fast jeder Folge wird jemand gefeuert oder geht von alleine, während andere Figuren und ihre Geschichten schlicht verschenkt werden – zum Beispiel die ehemalige First Lady, die zunächst nicht aus dem Weißen Haus ausziehen möchte. Oder eben Geenas Göttergatte, der nun First Gentleman ist. Anstatt ihm noch ein paar schicke Storylines zu basteln, wie er dieses neue Amt gestaltet, wird er einfach advisor der Präsidentin und fertig. Laaangweilig.

Nach den ersten zehn Folgen bin ich mir nicht sicher, ob ich die restlichen überhaupt noch sehen will, denn Commander in Chief ist leider nichts weiter als das zigste Prime-Time-Drama einer berufstätigen Ehefrau. Dass diese Frau nebenbei noch Oberhaupt eines Landes ist, spielt leider nicht die Hauptrolle. Dann hätte man die Serie auch im Krankenhaus oder auf unseren kleinen Farm oder in der Wisteria Lane spielen lassen können.