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Wo ich gerade einige Mails kriege, die sich nach Studiosus erkundigen, mit denen ich in Rom ja augenscheinlich extrem zufrieden war: Ich schrieb schon einmal (weitaus kürzer) über meine drei bisherigen Reisen mit dieser Organisation nach Ägypten, China und Israel.

Ich weiß, dass das nicht für jede/n was ist, mit einer Gruppe rumzureisen, es ist nicht ganz billig, und ich kenne auch das (nicht ganz falsche) Vorurteil, dass bei Studiosus gerne besserwisserische Studienrät_innen mitreisen. Und natürlich gibt es bei Gruppenreisen immer das Risiko, dass mindestens eine totale Nervensäge dabei ist (war bis jetzt auch immer so). Trotzdem empfehle ich den Laden allen Menschen, die mich danach fragen, bedenkenlos weiter. Die Studienreisen waren immer ausgezeichnet organisiert – andere Reiseformen wie City Lights, Sprachreisen etc. habe ich noch nicht ausprobiert –, und die Reiseleitungen waren, bis auf einen Ausrutscher in Israel (siehe alter Blogeintrag), fantastisch. Meine Eltern sind noch deutlich öfter als ich mit Studiosus unterwegs gewesen, und auch sie meinen, Israel sei die einzige Reise, wo sie mit der Reiseleitung nicht ganz so glücklich waren.

Worauf man sich einstellen muss: Wer in meinem Alter ist, ist durchschnittlich 25 bis 35 Jahre jünger als der Rest. Das hat Vor- und Nachteile. Die Mitreisenden haben zum Beispiel 25 bis 35 Jahre Vorsprung, was die Bildung angeht. So meinte unser Reiseleiter in Rom des Öfteren, diesen Baustil/diesen Malstil/diese Deko kennen Sie ja sicher alle, Florenz, Uffizien und so weiter. Und alle nickten total wissend, während ich mir eine mentale Notiz machte, dass ich das nachher im Hotel dringend mal googeln müsste. Gleichzeitig mag ich das an Studiosus: dass man ein bisschen Wissen voraussetzt und die Reiseleitung nicht erklärt, wer eigentlich dieser komische Konstantin war, dem wir in Rom ab und zu begegnen. Ich habe im Nachhinein aber gemerkt, dass es mir nicht geschadet hätte, vor Reiseantritt nochmal kurz den Wikipedia-Eintrag zur Renaissance zu überfliegen.

Die meisten Teilnehmer_innen haben, auch bedingt durch ihr Alter, schon die halbe Welt gesehen, und wenn man Pech hat, erzählen sie einem das dauernd. Was ziemlich nervt, während man vor einer Kirche steht und eigentlich was über diese Kirche hören möchte. Was aber toll ist, wenn man beim gemeinsamen Abendessen ein Gesprächsthema sucht. Ich bin jedenfalls immer mit der Frage „Und was machen Sie so beruflich?“ gescheitert, weil so gut wie alle Mitreisenden ihr berufliches Leben schon hinter sich hatten.

Die ganzen Marotten, die ich von meinen Eltern kenne, erlebt man hier potenziert. Meine Eltern fragen auch fünfmal nach, wann genau ich denn mit dem Zug komme und auf welchem Gleis er ankommt und ob ich wirklich den Weg alleine nach Hause finde und ob sie mich nicht doch lieber abholen sollten – von dem Bahnhof, in dessen Nähe ich 25 Jahre lang gelebt habe. So ähnlich laufen auch Verabredungen auf den Reisen: Wenn die Reiseleitung sagt, Sie haben jetzt 30 Minuten für sich, dann gehen zehn Minuten dafür drauf, dass der Treffpunkt genauestens beschrieben werden muss. Man könnte sich ja sonst verlaufen. Selbst wenn es heißt, wir treffen uns genau hier wieder, kann man darüber nochmal reden. Das sind dann die Momente, wo man selbst auf sein Smartphone mit Google Maps guckt und schon mal losgeht. (Wobei man gerade mit Google Maps richtig Eindruck schinden kann. Mit Foursquare eher weniger; das konnte der Kerl wirklich niemandem erklären, was daran so lustig ist, im Petersdom einzuschecken.)

Andere seniorige Marotte, die mich wahnsinnig gemacht hat: beim Essen gnadenlos auf Deutsch zu bestellen und davon auszugehen, dass der Italiener an sich Deutsch bestimmt versteht, wenn man es nur laut genug nutzt. Auch das übliche „Bei uns gäb’s das ja nicht“ hört man manchmal, und bei sowas frage ich mich dann schon, wie das damit zusammenpasst, dass die meisten schon die halbe Welt kennen. Gerade dann sollte man doch wissen, dass es verdammt vieles „bei uns nicht so gibt“.

Den Quatsch kann ich aber ausblenden, denn es wird ausgeglichen durch die schon angesprochene Organisation, die durchweg tollen Hotels und eben die Reiseleitungen, bei denen ich fast immer das Gefühl hatte, sie wüssten nicht nur, wovon sie reden, nein, sie tun das auch noch gerne. Außerdem: Wenn ich Reisen buche, bei denen ich weiß, dass sie hauptsächlich von Senior_innen gebucht werden, weiß ich auch, dass das Tempo nicht so wahnwitzig hoch ist. Ich weiß, dass es genügend Pinkel- und Fotopausen gibt und dass die körperlichen Anforderungen nicht übermäßig fies sind; so bin ich gerade mal bei den 300 Stufen in die Kuppel des Petersdoms herausgefordert worden, und wenn ich mich richtig an die Menschenschlange vor und hinter mir erinnere, war das auch für schlanke und jüngere Menschen nicht zu bewältigen, ohne etwas außer Atem zu kommen. (Sowas beruhigt mich ja immer.)

Das geringe Tempo heißt nicht, dass man sich im Schneckentempo zu zwei Aussichtspunkten pro Tag bewegt, ganz im Gegenteil. Es heißt stattdessen, dass man für fünf Kirchen keine fünf, sondern acht Stunden einrechnet. Was ein bisschen zu Lasten von Freizeit geht, aber dafür können alle Fragen dieser Welt gestellt und beantwortet werden. Wobei wir in Rom schon recht viel freie Zeit hatten. Ich erinnere mich an einen Tag in China, der morgens um 7 losging und abends um 23 Uhr endete. Ein gemütlicher Strandurlaub ist eine Studienreise nicht. Aber, und ich hoffe, das ist bei meinen Einträgen auch rübergekommen, man nimmt unglaublich viel wieder mit nach Hause.