Tagebuch, Samstag/Sonntag, 28./29. April 2018 – Sternenstaub und Spargel

Am Freitag im Biergarten fragte mich der ehemalige Mitbewohner, ob ich Lust hätte, ihn am Samstag Mittag zur Eröffnung der ESO Supernova zu begleiten, er hätte da zwei Tickets fürs Planetarium geschossen. Ich so: „ESO? Was fürn Ding? Nie gehört.“ Aber wenn man schon so freundlich gebeten wird, dann geht man natürlich mit. Zuhause googelte ich erstmal, wohin ich Samstag fahren müsste: hierhin.

Samstag bestieg ich die U6 und fuhr erstmals bis zur Endstation Garching Forschungszentrum. Oder anders: drei Stationen weiter als bis zur Allianz-Arena, was bisher immer mein Endpunkt gewesen war. Ein paar Frankfurter und FCB-Fans waren schon an Bord, aber sonst war es leer und ruhig und ich konnte endlich mal wieder in der U-Bahn lesen, was sich in München für mich sonst nie lohnt, weil alle Wege so kurz sind.

Die 400 Meter Fußweg durch die fiese Mittagshitze überstand ich gut, ich war wie seit Wochen brav dick mit Sonnencreme bestrichen. Noch kein Sonnenbrand in diesem Jahr, nicht mal im Stadion, wo-hoo! Am Supernova-Gebäude warteten bereits der ehemalige Mitbewohner und mit ihm noch so dreißig, vierzig Menschen, die wie wir zu den ersten gehören wollten, die sich dieses neue Ding anschauen konnten. Um Punkt 12 öffneten die Türen, eine freundliche Dame wies uns auf die „Picknick-Area“ und die Garderobe im Untergeschoss hin, erklärte, wo die online erworbenen Tickets, für die man einen Code zugeschickt bekommen hatte, nun ausgedruckt werden konnten … und weiter habe ich nicht zugehört, denn wir stratzten sofort zum Drucker, bevor alle anderen Menschen das auch wollten. Ich glaube, es gab nur zwei Drucker, an denen man die Planetariumskarten ausdrucken konnte, was ich ein bisschen unterdimensioniert finde, wenn es denn so ist. Man konnte auch nicht einfach sein Handy auf den Touchscreen legen und lustig losdrucken, sondern musste den Code abtippen. Kein irrer Aufwand, aber es wunderte mich doch. Um uns herum wuselte ein dreiköpfiges Fernsehteam des Bayerischen Rundfunks, und als mir das auffiel, verfluchte ich meine Sonnencreme dann doch. Ich hoffe, ich glänze nicht zu sehr in irgendwelchen Abendschauen.

Eigentlich braucht man für die Ausstellung, die sich in einer Spirale vom Erdgeschoss ins zweite Obergeschoss windet, noch ein Ticket, aber wir dachten uns, dass das heute vermutlich egal sei und gingen einfach mal durch, während sich eine Schlange am Drucker bildete. Wir hatten nicht irre viel Zeit, denn die Show im Planetarium sollte bereits um 12.30 Uhr losgehen, daher sind meine Eindrücke sehr verkürzt und vermutlich nicht ausgewogen.

Generell merkte man der Ausstellung an, dass sie versuchte, es allen Besucher*innen recht zu machen – was vermutlich die Schwierigkeit bei dieser Art Museum ist. Es soll nicht zu simpel sein, damit die Erwachsenen sich nicht langweilen, aber auch nicht zu kompliziert, damit die Kinder nicht quengeln. Man wird erstmal von einer Menge, und ich meine einer Menge, Schautafeln erschlagen. Darauf habe ich meist drei Textblöcke wahrgenommen: Oben wird man ins Thema reingeholt und zwar schlauerweise mit einer Frage, zum Beispiel (ich zitiere aus dem Kopf, also vermutlich falsch): „Wie entstehen Gezeiten?“ Erster Gedanke bei mir: Ha, weiß ich. Zweiter Gedanke: Ähm, aber so ganz genau dann auch nicht. Mal die Tafel durchlesen. Alleine für die Formulierung als Frage gibt’s von mir einen didaktischen Daumen nach oben.

Die Antworten auf die Frage waren dann quer über die Tafel verteilt: einmal in äußerst knappen Texten, die groß gedruckt waren, und dann rechts an jeder Tafel kleiner gedruckt, aber ausführlicher. Man konnte also schön im Vorbeigehen was lernen, aber wenn man mehr wissen wollte, konnte man auch mehr lesen. Auch das fand ich recht clever gemacht. Allerdings waren einige der Tafeln nicht optimal beleuchtet, so dass ich manchmal Schwierigkeiten hatte, die Texte zu entziffern, gerade die längeren. Aber: Ich habe brav was gelernt. Auf einer Tafel stand die Frage „Bestehen wir aus Sternenstaub?“ und die Antwort „Fast jedes Atom, das schwerer als Wasserstoff oder Helium ist, wurde durch nukleare Reaktionen im Inneren von Sternen erzeugt. Das gilt auch für die Atome im menschlichen Körper.“ Wir bestehen wirklich aus Sternenstaub! Hach! I feel so special now!

Bei der englischen Übersetzung, die stets gleich mit auf den Tafeln steht, stutzte ich aber des Öfteren, gerade bei der Sternenstaub-Tafel. Dort lautete die Frage in der Überschrift nämlich: „Are we made of starstuff?“, was ich doof übersetzt fand. Inzwischen habe ich mich aber schlau gegoogelt und weiß: Das ist ein Zitat. Trotzdem habe ich an der Tafel was zu meckern, denn die englische Übersetzung des Kurztextes ignoriert den zweiten deutschen Satz und schreibt nur was von „every atom in the universe“ usw. Damit fehlt mir so ein bisschen die schöne Conclusio, aber das mag Texterinnengemecker sein.

Netterweise gibt es nicht nur Tafeln zum Lesen, sondern auch Dinge zum Anfassen. Mit sowas kriegt man mich ja immer, anfassen ist super. Ich kann jetzt behaupten, einen Meteoriten angefasst zu haben und zwei Kilo auf dem Jupiter angehoben zu haben. Letzteres ist vermutlich erklärungsbedürftig: Auf einer Reihe kleiner Tische standen blaue Gewichte, auf denen „2 kg“ stand. Aber: Sie waren nicht alle zwei Kilogramm schwer. Je nachdem, auf welchem Planeten unseres Sonnensystems man sich befindet, wiegen zwei Kilo eben nicht mehr zwei Kilo. Und so hob ich entspannt wenige hundert Gramm hoch, als ich auf dem Mond war, und ächzte, als ich auf dem Jupiter das blaue Ding hochheben sollte. Simpel gemacht, aber lustig. Auf jeden Fall lustiger als die vielen Touchscreens, die ich eher langweilig fand.

Hier steht noch mehr zur Ausstellung und ihren Themen.

Damit war ich auch schon durch, denn die Show im Planetarium begann. Die erste Schwierigkeit war, meinen Sitzplatz zu finden; wenn in der Abendschau eine Dame zu sehen ist, die ihre iPhone-Taschenlampe aktiviert und auf den Knien vor der ersten Reihe rumrutscht, um die Nummern auf den Sitzen zu entziffern – das wäre dann ich, latent schlecht gelaunt wegen so einem Kleinscheiß. Als ich den Sitz gefunden hatte, merkte ich mir für den nächsten Besuch: ein Nackenkissen mitbringen und nicht ganz vorne sitzen. Ich sah im Laufe des Films immer nur gut ein Drittel der Leinwand über mir, und das Umdrehen war unbequem und brachte mir auch nicht irre viel mehr Erkenntnis.

Die ersten zehn Minuten waren ein Live-Vortrag, wo uns der Nachthimmel über Garching am Samstag vorgespielt wurde; wir sahen den Großen Wagen – das einzige Sternbild, das sogar ich Blindfisch finde – und in der Verlängerung den Polarstern sowie das Sternbild des Löwen (würde ich nicht wiederfinden). Mit dem Kopf schräg im Nacken sah ich dann noch die Leier und den Schwan – würde ich auch nicht wiederfinden, fand ich aber lustig, wirklich den Himmel zu sehen, der über mir wäre, wäre ich um 4 Uhr morgens nochmal nach Garching rausgefahren.

Dann begann ein ca. dreißigminütiger Film, der vom Soundtrack her von Pro7 produziert hätte sein können. Drama, baby! Wir hörten etwas über Sternbeobachtung in der Antike (dabei wurde kurz eine von Raffaels Stanzen im Vatikan eingeblendet – die mit Ptolemäus –, was mich sehr freute, denn sie gehören mit zum Schönsten der Kunstgeschichte, das ich kenne), dann arbeiteten wir uns vom geozentrischen zum heliozentrischen Weltbild vor, streiften kurz die bemannte Raumfahrt und erfuhren schließlich noch lustige Dinge über die einzelnen Planeten in unserem Sonnensystem. Wobei weder Taikonauten noch Kosmonauten erwähnt wurden, so nebenbei. Bis hierhin fand ich den Film okay, wobei auch hier schnell klar wurde, dass man es irgendwie allen recht machen wollte. Ich weiß nicht, ob die vielen Kinder im Raum alles verstanden haben, aber vielleicht freuen die sich einfach nur über lustige Bilder in der Halbkugel über ihnen. Nach dem Sonnensystem kam dann die Milchstraße dran und der Big Bang … und dann drifteten wir ab in spezifische Erklärungen über Spiralsysteme und Sternhaufen und ab da hatte mich der Film verloren. Ich wusste nicht mehr, wo wir eigentlich hinwollten und was ich mit diesen Infos machen sollte, die mir vorher noch recht logisch aufgebaut schienen. Ich kann mich auch an das Ende nicht wirklich erinnern, vermutlich, weil es kein richtiges Ende war. Nur so halb glücklich ging ich aus dem Saal und verabschiedete mich vom Mitbewohner, der nochmal durch die Ausstellung wollte. Wollte ich nicht, kann ich aber bis zum Jahresende noch für lau nachholen, danach kostet der Spaß Geld.

Nach dem Ausflug in die Milchstraße ging ich schnöde einkaufen, ich wollte für Sonntag Spargel haben. Wie schon vor einigen Tagen ging ich dazu in die Futterabteilung vom Karstadt am Nordbad, denn der Spargel hatte mir ausgezeichnet geschmeckt. Dieses Mal war nicht nur eine Qualität vorhanden, sondern es standen Kisten mit den Beschriftungen I bis III herum, und die Erzeugerin saß selbst dahinter und wog ab. Vor mir suchte eine Dame sich mehrere Stangen aus der IIIer-Kiste aus, ließ sie abwiegen und ging ein paar Schritte weg. Während ich mich an der Ier-Kiste bediente, zählte sie ihr Portemonnaie durch und bat die Erzeugerin, ihr doch noch zwei Stangen in ihre Tüte dazuzulegen. Sie ließ es erneut abwiegen und bat um noch zwei Stangen. Mir fiel wieder einmal ein, dass andere Menschen mehr als ich auf Euro und Cent achten müssen, wenn es um Nahrungsmitteleinkäufe geht. Ich freute mich, dass die Dame sich augenscheinlich freute, sich vier Stangen Spargel mehr leisten zu können als vielleicht geplant, war aber gleichzeitig auf einmal sehr kleinlaut, als ich mein Kilo zur Kasse trug, das ich mir hatte einpacken lassen ohne einen Gedanken daran zu verschwenden, wieviel es wohl kosten würde.

Den Rest des Tages verbrachte ich vor der Bundesliga oder mit Buch und Zeitung auf der Couch. Ich hatte in den vergangenen Tagen immer nur das Politik-Buch der FAZ geschafft, nun las ich eine Woche Feuilleton und Wirtschaft nach.

Sonntag wollte ich eigentlich am Vormittag in die zweite Ausstellung gehen, die wir für Fehlfarben besprechen, hatte dann aber doch mehr Lust auf einfach zuhause bleiben. Das tat ich dann auch. Viel gelesen, abends in netter Gesellschaft Spargel, Bratkartoffeln, Schinken, Hollandaise und Riesling genossen, ich Sternenstaubkind, ich.

Was schön war, Freitag, 27. April 2018 – Biergarten

Gemeinsam aufgewacht. Damit gehen Tage ja gerne gut los.

Mich mit schnellen, sauberen, halbleeren und immerhin zu 50 Prozent klimatisierten öffentlichen Verkehrsmitteln zur Location bringen lassen, in der die erste Ausstellung stattfindet, die wir im neuen Fehlfarben-Podcast besprechen wollen. Interessiert durch die Räume gestreift, lustiges Synapsenklirren.

Danach ein wenig durchs Viertel gebummelt, in dem ich nicht oft bin. Schon schön hier. Die Jacke konnte ich bereits ausziehen; es war warm, aber noch nicht so, dass ich darüber quengeln musste.

Wein gekauft. Vom ersten angesteuerten Weinladen direkt an die Konkurrenz verwiesen worden, weil mein Wunsch nicht erfüllt werden konnte. Aus Faulheit einfach nebenan gekauft anstatt groß weiter zu fahren oder zu gehen. Ich ahne drei gleiche Weine im Podcast, die Auswahl war nicht so irre groß.

Laugensemmel mit Pastrami zum Mittag.

Noch ein Stündchen gearbeitet, dann nur kurz mal die Augen geschlossen auf dem Sofa. Zweieinhalb Stunden später wach geworden.

Abends endlich die Biergartensaison eröffnet, mit dem ehemaligen Mitbewohner im Park an der Bavaria gewesen, damit wir pünktlich um 22 Uhr auf der Theresienwiese sein konnten, um das Feuerwerk des Frühlingsfestes bestaunen zu können.

Wir hatten Mond.

Tagebuch, Donnerstag, 26. April 2018 – Zzzz

Mein Wecker sollte um 7 klingeln, ich wurde aber rüde durch eine Kehrmaschine vor meinem gekippten Fenster geweckt, so gegen 6.30 Uhr. Ich ging ins Bad, begann die morgendlichen Vorbereitungen, dachte mir dann aber total schlau, ach, die paar Minuten bis 7 schließt du einfach noch mal die Äuglein. Ich erspare euch die weiteren Details, aber mein Tag fing deutlich später an als geplant.

Ich verschob daher den einen Ausstellungsbesuch für die nächste Fehlfarben-Aufnahme auf heute, setzte mich stattdessen an den Schreibtisch und arbeitete vor mich hin. Zwischendurch ging ich einkaufen, las Zeitung und belegte mir ein herrlich frisches Weißbrot mit Avocadoscheibchen, auf die ich Reste der Hollandaise verteilte, die vom Anspargeln vorgestern übrig geblieben waren.

Abends kam F. vorbei, wir tranken Fanta und Wein (in getrennten Gläsern), holten zwei Wochen Gespräche nach, die durch seine Erkältung und meinen Hamburg-Aufenthalt nur angerissen wurden und gingen viel zu spät ins Bett. (Weswegen ich heute schon wieder meinem Zeitplan hinterherhinke!)

Vom Mut, sich selbst zu feinern

Die FAZ mit einer kleinen Kulturgeschichte des Geburtstags. Ich verlinke mal uneitel meine Hausarbeit zum ähnlichen Thema.

„Neben Kerzen, Kuchen und Geschenken ist das Geburtstagsfest nichts weniger als eine Errungenschaft der Moderne. Oder, pathetischer formuliert: Wer zum Geburtstag einlädt, feiert damit automatisch die Werte der Aufklärung.

Ein bloßer Untertan jedenfalls wäre niemals auf den Gedanken gekommen, sich selbst zu feiern; höchstens seinen weltlichen, geistlichen oder göttlichen Herrn. Bevor man das Ich preisen konnte, musste man es erst einmal erkennen. Wenn wir heute also selbstverständlich des Datums unserer Geburt gedenken, zelebrieren wir uns als freie, aufgeklärte, selbst denkende Individuen, die nicht mehr unter der Knute irgendeines Herrschers stehen. Celebrari aude – habe den Mut, dich selbst zu feiern.“

A Lynching Memorial Is Opening. The Country Has Never Seen Anything Like It.

In Alabama wurde eine bemerkenswerte Gedenkstätte errichtet: das erste Memorial in den USA für gelynchte Schwarze. Als Inspiration, auch für die künstlerische Gestaltung, dienten das Apartheid Museum in Johannesburg sowie das Denkmal für die ermordeten Juden Europas in Berlin.

„The National Memorial for Peace and Justice, which opens Thursday on a six-acre site overlooking the Alabama State Capitol, is dedicated to the victims of American white supremacy. And it demands a reckoning with one of the nation’s least recognized atrocities: the lynching of thousands of black people in a decades-long campaign of racist terror.

At the center is a grim cloister, a walkway with 800 weathered steel columns, all hanging from a roof. Etched on each column is the name of an American county and the people who were lynched there, most listed by name, many simply as “unknown.” The columns meet you first at eye level, like the headstones that lynching victims were rarely given. But as you walk, the floor steadily descends; by the end, the columns are all dangling above, leaving you in the position of the callous spectators in old photographs of public lynchings.“

KaffeePod #4:Bosch

Noch nicht ganz fertig durchgehört, aber ich empfehle den Podcast über Kaffeegenuss einfach mal weiter. Verlinkt ist die Folge mit Bosch, bei dem ich auf Instagram immer gerne sehe und lese, welchen Kaffee er gerade trinkt.

Tagebuch, Mittwoch, 25. April 2018 – MITTWOCH! Und Paletten

Mein Hamburg-Trip sollte eigentlich bereits am Montag mit der Rückfahrt zuende gehen, aber durch die kleine Überraschungsparty am Montagabend hatte ich den Zug für Dienstag umgegebucht. Mir war das auch durchaus klar, dass das Dienstag war, denn ich wimmerte innerlich ein bisschen rum, dass ich die schöne Fotografie-Vorlesung verpassen würde. Gestern sah ich dann die zweite Sitzung der Vorlesung über die Materialien der modernen Malerei, wusste also offensichtlich, dass es Mittwoch war – aber anscheinend nur bis zum Ende der Vorlesung. Danach dachte ich, es sei Dienstag und verpeilte alle Termine, die ich für Mittwoch gemacht hatte, was ein paar hektische Mails und ein zweimal begonnenes Telefonat zur Folge hatte. („Ach, das ist HEUTE?“ – „Soll ich in zehn Minuten nochmal anrufen?“ – „In fünf reicht auch.“ *wirbel, kurze Hektik*)

Ich kann die lustige Wundertütenvorlesung gar nicht würdig wiedergeben, weil es so viele interessante Einzelheiten waren; ich verweise einfach auf die lange Publikationsliste des Dozenten und werde mich im ZI wohl mal ein bisschen abseits meines Diss-Themas einlesen.

Ich fand aber schon den Anfang der Sitzung erhellend, in der es um Paletten ging. Der Dozent zitierte Frank Stella, der den Beginn der modernen Malerei – also die Befreiung der Farbe von der Gegenständlichkeit – damit verband, dass die Palette ihren Status als Werkzeug verlor und nicht die Leinwand, wie anderswo geschrieben wurde. Dann ging es um die manchmal fast intime Verbindung von Malern mit ihren Werkzeugen, die der von Musiker*innen ähnelte. Einen Buchtipp habe ich mir notiert: Karin Nohr – Der Musiker und sein Instrument, wobei der Dozent bemängelte, dass sich das Buch sehr mit zeitgenössischen Musiker*innen befasste und wenig historisiere; der Topos dieser Beziehung sei schon älter. In der Malerei gebe es dagegen kaum derartige Beschreibungen; meist werde die Malerei generell als Konkurrentin zu einer realen Frau gesehen, aber nicht die Werkzeuge. Wenn überhaupt, sei die Leinwand die Partnerin, mit der ein Schöpfungsakt vollzogen werde, wobei der Pinsel – auch aus dem Wortstamm heraus – gerne als Penis gedeutet wird. Dieses Exlibris für Manet von Félix Braquemond zeigt das sehr eindrücklich. (Ich schwankte hier wie immer zwischen Augenrollen und fasziniertem Zuhören.)

Dann ging es um die Palette an sich, die, wie mir neu war, nicht nur als Werkzeug zum Farbenmischen diente, sondern auch durchaus als Untergrund für Malerei. Ich lernte den Sammler Georges Beugniet kennen, dessen Palettensammlung leider Anfang des 20. Jahrhunderts in Einzelteilen versteigert wurde; ein Auktionskatalog zeigt immerhin noch einige Exemplare. Der Link führt zu einem Aufsatz des Dozenten, den wir gestern in Auszügen vorgetragen bekamen, bitte einfach bei Google weiterlesen. Echt jetzt! Interessant! Mit Bildern! Zum Beispiel von Paletten, die als Malgrund dienten. Auch hier wurden gerne unbekleidete junge Damen aufs Holz gepinselt und ich rollte wieder mit den Augen. Jungs! Gibt’s echt nichts Spannenderes? Ich kann euch ja verstehen, wir sind super, aber meine Güte! Das 19. Jahrhundert macht mich fertig mit seinen räkelnden, lasziv gestreckten Akten. Ich war irgendwann sehr dankbar für die Wald- und Landschaftsbilder, die wir auch zu sehen bekamen.

Ich fand die Gegenüberstellung von zwei Paletten und ihren Nutzern dann bildlich sehr schön. Wir sahen Selbstporträts von Cézanne und Van Gogh mit ihren Paletten, und auf der Folie befanden sich auch zwei Abbildungen ihrer Paletten, deren Farbigkeit sich in den Werken wiederfindet. Ich lernte außerdem James McNeill Whistler kennen, dessen Porträt seiner Mutter ich kannte, dessen Namen ich mir aber nie gemerkt hatte.

Außerdem mochte ich die vielen Bilder der Paletten von Delacroix, der angeblich teilweise monatelang an der richtigen Farbmischung für seine Werke tüftelte, bevor er den ersten Pinselstrich ausführte. Ich musste an heutige Pantonefächer denken und die Farbkarten, mit denen man sich im Baumarkt Wandfarben anmischen kann. Mir fielen auch auf einmal die vielen Paletten ein, die ich auf Bildern von Anselm Kiefer (zum Beispiel Palette, 1981) oder Markus Lüpertz (zum Beispiel Palette – dithyrambisch III, 1974) gesehen hatte. Bei Kiefer hatte ich die immer als vagen Hinweis auf Malerei verstanden, musste mich aber nie mit einem bestimmten Werk befassen. Für meine Masterarbeit schrieb ich immerhin über ein Bild von Lüpertz, in dem eine Palette zu sehen war, führte diese aber als Referenz an alte Stillleben an. Über die Palette als Werkzeug, als intimer Gegenstand, als Vorbereitung für ein Gemälde habe ich noch nie nachgedacht.

Auch so nebenbei gelernt: das französische Wort für Steckenpferd bzw. Hobby: violon d’Ingres. Ich weiß nicht mehr, wie der Dozent darauf kam, vermutlich waren wir wieder bei Linie versus Farbe bzw. Ingres versus Delacroix (ich schrieb darüber). Jedenfalls spielte Ingres gerne Violine und warum auch immer hat sich dieser Begriff im Französischen für Hobby durchgesetzt. Für mich hat das bekannte Bild von Man Ray mit diesem Titel jetzt noch mehr einen seltsamen Unterton. Hier konnte ich aber wieder eine schöne Querverbindung ziehen: Das Model, das im Text vom Getty Museum nur als „Kiki“ bezeichnet wird, war Kiki de Montparnasse, über die ich gerade bei Philipp Blom in seinen Zerrissenen Jahren gelesen hatte.

Tagebuch, Dienstag, 24. April 2018 – Rückfahrt

Die seltsame Stimmung vom Montag abend bezahlte ich mit einer fast schlaflosen Nacht. Ich hatte den ganzen Abend im Sekundentakt gewechselt von „Ach, ist das schön, wieder bei euch zu sein“, „Ach fuck, ihr wohnt zu weit weg“, „Eigentlich will ich jetzt ganz dringend nach Hause“, „Eigentlich will ich jetzt bloß noch mehr trinken“, „Um Gottes Willen, will ich etwa mein altes Leben wiederhaben?“ und „Nee, das ist schon sehr gut so, hach schön alles aber IHR WOHNT WIRKLICH ZU WEIT WEG, IST DAS DA HINTEN HASELNUSSBRAND?“ Ich schlief nicht nur schlecht, weil alles ein bisschen viel war, sondern auch, weil ich brav zum … äh … Viertel Wein *hust* drei Liter Wasser getrunken hatte und deswegen gefühlt alle 20 Minuten auf dem Klo war. Ab 5 lag ich wach, um 6 stand ich auf, mein Zug fuhr um 9, und ich daddelte sinnlos eine Stunde im Hotelzimmer rum und dann noch eine halbe am Gleis.

Der Zug aus Lübeck hielt ausnahmsweise am Hannoverschen Messegelände, wo sich mein Waggon um ungefähr neun Zehntel leerte. Lauter Männer in gleichen Anzügen, manchmal nicht mal einen Laptop dabei, nix, nur sich und den Anzug und ab zum Bissnissmachen. Der Herr neben mir hatte immerhin eine Apple Watch und so beobachtete ich interessiert, dass man auch davon ein Bahnticket vom Schaffner ablesen lassen konnte. Ich kam mir mit meinem niedlichen Ausdruck wie der letzte Luddite vor und fragte mich zum wiederholten Male, wieso ich Flugtickets immer auf dem Handy habe und Zugtickets immer ausdrucke.

Der Rest der Fahrt war wie schon die Hinfahrt äußerst entspannt. Der Platz in der 1. Klasse neben mir blieb wieder frei, ich konnte mich ausbreiten, las weiter in Philipp Bloms Die zerrissenen Jahre: 1918 -1938, das ich halbdurch einfach schon mal dringend weiterempfehle, dann las ich ein weiteres Kapitel im Ulysses und musste wiederholt die Augen rollen bei den Beschreibungen der Damenwelt. Wenn es irgendeinen Grund gibt, warum ich die Bücher des literarischen Kanons (also den von weißen Kerlen aufgestellten) allmählich ignoriere, dann den, weil es so irrsinnig anstrengend ist, den male gaze, den ich schon in der Kunstgeschichte dauernd sehe, auch noch lesen zu müssen. Hier entspannt sich Bloom gerade, nachdem er sich befriedigt hat und schaut der hinkenden Frau nach, die sich von ihm dafür hat anschauen lassen:

„Mr Bloom watched her as she limped away. Poor girl! That’s why she’s left on the shelf and the others did a sprint. Thought something was wrong by the cut of her jib. Jilted beauty. A defect is ten times worse in a woman. But makes them polite. Glad I didn’t know it when she was on show. Hot little devil all The same. Wouldn’t mind. Curiosity like a nun or a negress or a girl with glasses. That squinty one is delicate. Near her monthlies, I expect, makes them feel ticklish. I have such a bad headache today. Where did I put the letter? Yes, all right. All kinds of crazy longings. Licking pennies. Girl in Tranquilla convent that nun told me liked to smell rock oil. Virgins go mad in the end I suppose. Sister? How many women in Dublin have it today? Martha, she. Something in the air. That’s the moon. But then why don’t all women menstruate at the same time with same moon, I mean? Depends on the time they were born, I suppose. Or all start scratch then get out of step. Sometimes Molly and Milly together. Anyhow I got the best of that. Damned glad I didn’t do it in the bath this morning over her silly I will punish you letter. Made up for that tramdriver this morning. That gouger M’Coy stopping me to say nothing. And his wife engagement in the country valise, voice like a pickaxe. Thankful for small mercies. Cheap too. Yours for the asking. Because they want it themselves. Their natural craving. Shoals of them every evening poured out of offices. Reserve better. Don’t want it they throw it at you. Catch em alive, O. Pity they can’t see themselves. A dream of wellfilled hose.“

(Kapitel 13, Zeilen 772–793, Gabler-Edition.)

EYEROLL!

Musik gehört, um ein paar Telefongesprächen auszuweichen.


Bitte mal den Tweet anklicken, die @db_bahn wurde eingeschaltet.

Wieder drei Mars mini angereicht bekommen. Mit einer Minute Verspätung nach knapp sechs Stunden in München angekommen. Respekt. Noch am Bahnhof Brezn gekauft. Selbst Nervensäge Söder kann mir die guten Dinge an Bayern nicht vermiesen.

Tagebuch, Samstag bis Montag, 21. bis 23. April 2018 – Überraschung!

Am Samstag morgen setzte ich mich in den Zug nach Hamburg, musste mir aber verkneifen, davon auf Twitter oder Instagram zu erzählen. Denn am Montag hatte meine beste Freundin Geburtstag, und die sollte mit der Anwesenheit von ein paar Menschen, inklusive meiner Wenigkeit, überrascht werden. Ich war netterweise sowieso in der Stadt, weil am Sonntag mein Patenkind konfirmiert wurde und musste daher nur das Hotel um eine Nacht verlängern und einen anderen Zug für die Rückfahrt buchen.

Normalerweise fliege ich lieber als fünfeinhalb Stunden im Zug zu hocken, aber dieses Mal waren die Preise so dermaßen unterschiedlich, dass ich mir dachte, pfft, ich habe eine Zeitung, ein Buch, einen Liter Kaffee und Noise-Cancelling-Kopfhörer, bring it on. Und wer hätte es gedacht: Die Fahrt verlief sehr entspannt. Beim Reservieren des Platzes in der ersten Klasse sah es so aus, als wäre der ganze Waggon fast ausgebucht, aber bis Würzburg saßen gefühlt nur 15 Leute um mich herum (und alle schön verteilt), bis Kassel wurde es dann etwas voller, und ab Göttingen war es wieder leer. Ich hatte einen Zweiersitz, denn ich konnte keinen einzelnen mehr reservieren, aber neben mir blieb es die ganze Zeit frei. So konnte ich entspannt mal aufstehen, eine halbe Stunde zwischen den Waggons im Stehen lesen, musste niemanden stören, wenn ich aufs Klo wollte und bekam im Laufe der Zeit vom freundlichen Service drei Mars mini angereicht. (Schokolade im Zug ist immer besser als Gummibärchen im Zug.)

In Kassel dachte ich, hey, der Bahnhof kommt dir irgendwie bekannt vor, bis mir einfiel, dass ich ja im letzten Jahr auf der documenta war.

Irgendwo zwischen Göttingen und Hannover schickte ich F. ein Bild, das ich mit „Niedersachsen (Symbolbild) #flatearth“ und einem Herzaugenemoji taggte. So irre ich Berge immer noch finde, so beruhigend ist es, sie nicht mehr zu sehen.

Die FAZ war ausgelesen, auf mein Buch hatte ich auch keine Lust mehr, also setzte ich die Kopfhörer auf und hörte fiesen alten DDR-Pop auf Spotify (WLAN funktionierte tadellos), was mich aber in eine seltsame Stimmung versetzte. Das ganz alte Leben irgendwie.

Es ist komisch, durch Hannover durchzufahren, wo ich dort jahrelang ein- oder ausgestiegen bin.

In Eschede blühen die Kirschbäume. Auch schon wieder 20 Jahre her.

Zum dritten Mal in diesem Jahr war ich im gleichen Hotel in Bahnhofsnähe. Reicht dann jetzt auch. Es fühlte sich nicht wie Urlaub oder Arbeit an, sondern irgendwas mittendrin. Dass ich abends dann mit Kai im Trific saß, war im Nachhinein betrachtet, auch nicht ganz so clever. Die komische Stimmung hielt an, und als ich ihn zum Abschied umarmte, war ich endgültig durch. Beim letzten Mal hatten sich meine Hände noch an ihn erinnert, er fühlte sich an wie er sich immer angefühlt hatte, aber Samstag war es anders, da hatten meine Hände ihn vergessen. Und so gut es ist, dass wir Freunde sind, so traurig war ich sinnloserweise darüber.

Obwohl die lange Nacht der Museen mir die Möglichkeit gegeben hätte, noch den Gainsborough in der Kunsthalle anzuschauen, fuhr ich ins Hotel und ging schon um zehn ins Bett.

Aber über das Essen im Trific habe ich mich gefreut.


Mairüben-Carpaccio mit Chicoree, Haselnuss, Friesisch bleu und Rauch-Paprika-Öl


Kalbs-Tafelspitz mit Bärlauch-Kartoffelpüree, Fenchel und Artischocke


Kokos-Crème-brûlée mit Passionsfruchtsorbet und Schokonuss-Crunch

Für den Sonntagmorgen hatte mich die Hotelrezeption vorgewarnt: Eine größere Gruppe hatte ihre Shuttlebusse für 9.30 Uhr bestellt – vielleicht das eigene Frühstück so planen, dass man nicht gerade in die Masse gerate? Danke für den Hinweis. Ich ließ den Wecker um 7 klingeln, obwohl ich erst gegen 10 beim Patenkind sein musste und konnte so entspannt Müsli und Kaffee genießen und mich danach ebenso entspannt aufhübschen. Da ich wusste, dass wir zu Fuß zur Kirche gehen würden, hatte ich mein Outfit auf das bequeme Schuhwerk abgestimmt und war dementsprechend in dunkelblauen Schuhen, schwarzer Bluse, schwarzer Hose und dunkelblauem Blazer gewandet. Und ohne dass wir uns abgesprochen hatten, war der Rest der kleinen Festgesellschaft auch mit irgendwas bekleidet, in dem Blau, Weiß und Schwarz vorkamen. (Könnte auch ein letzter Hoffnungsschrei in Richtung des HSV gewesen sein.)

An der Kirche angekommen, wollte ich mir wie immer an Kirchen den Baukörper und das Bildprogramm im Inneren anschauen, hatte aber natürlich vergessen, dass da auf einmal Leute waren. Das kenne ich ja gar nicht mehr. Ich konnte immerhin das Äußere bewundern, mich darüber freuen, dass ich das Alter halbwegs richtig geschätzt hatte (mein Tipp war 1920, über dem Eingang stand das Baujahr 1912), und ich entdeckte beim Hinausgehen nach dem Gottesdienst noch zwei Glasfenster neben der Eingangstür, die nach den vier Aposteln (1/2) von Dürer gestaltet waren, die in München in der Alten Pinakothek hängen. Über das Altarbild kann ich leider gar nicht sagen, dazu saß ich zu weit außen, aber das hätte ich mir gerne noch etwas länger angeschaut.

Ich kann außerdem vermelden, dass ich nicht so oft geheult habe wie erwartet: Einmal als mein Patenkind vorne stand, ihr Konfirmationsspruch verlesen wurde (eindeutig der beste von allen, ist klar) und sie von der Pastorin gesegnet wurde, und ein zweites Mal beim letzten Lied. In jedem Gottesdienst gibt es ein verdammtes Lied, das mich zerreißt, und dieses Mal war es Möge die Straße. Kannte ich gar nicht. (OMG ich heule bei dem blöden YouTube-Video! Nehmt mir das Internet weg! Okay, das könnte auch daran liegen, dass es Sylt-Bilder enthält. MISSING SYLT! Aber, hier, die Kirche im Video: nicht so vollgeballert wie die katholischen Dinger! Da braucht man keine fünf Stunden, um das Bildprogramm von den 40 Altären zu entziffern, nein, bei uns ist alles schön aufgeräumt!)

Dieser Spruch kam übrigens in einer Gruppe von 17 Konfirmand*innen viermal vor. Kinders! Da muss man sich doch absprechen. Während die ganzen Sätze verlesen wurden, überlegte ich fieberhaft, wie eigentlich mein Konfirmationsspruch lautete. „Es sollen wohl Berge weichen und … äh … irgendwas irgendwas …. aber meine Gnade soll nicht von dir weichen“ war alles, was mir noch einfiel. Inzwischen habe ich gegoogelt und bin im Nachhinein entsetzt davon, dass ich ein Zitat mit Wortwiederholung hatte. Wenn das ein Werbetext wäre, wäre ich da nochmal beigegangen. Andererseits fand ich es spannend zu sehen, dass ich schon mit 14 irgendwie geborgen sein wollte. Als ich 20 Jahre später in der Therapie saß, sollte ich mir aus vielen Karten eine wählen, auf der ein Satz stand, der zu mir passt. Ich wählte damals: „Ich möchte gehalten werden.“ Ist mir noch nie aufgefallen, dieser kleine rote Faden in meinem watteweichen Kern.

Vor und nach der Kirche kamen die üblichen Fotos, und ich fühlte mich in meiner Kleidung und in meiner Haut so wohl, dass ich nur darüber gemeckert habe, dass wir in die Sonne gucken mussten. Das war schön.

Nach dem Gottesdienst brachte uns das Catering gar wohlschmeckende Speisen, dann gab’s Geschenke, dann Kaffee und Kuchen. Der Patenonkel und ich kamen immer noch nicht darüber weg, dass im Gottesdienst gesagt wurde, dass unsere Aufgabe nun erfüllt sei; wir erwähnten das im Laufe des Nachmittags noch ungefähr 100 Mal, dass wir jetzt hier nur noch rumsitzen würden, das Kind ist groß, a job well done. Onkel und ich verglichen nebenbei, was wir damals zur Konfirmation als Geschenk erhalten hätten. Er so: „Ich habe eine uralte Eichendorff-Ausgabe bekommen, weil die meiner Patentante so viel bedeutete. Noch nie reingeguckt, aber ich staube sie bei jedem Umzug ab und stelle sie dann wieder ins Regal.“ Ich weiß nicht, ob ich mit meinen Kunstbüchern einen Eichendorff gepulled habe, aber wenn, hat das gute Kind es sich nicht anmerken lassen. Das Grafiktablett der Eltern plus gebrauchtem iMac erzeugte aber eindeutig mehr freudiges Quietschen. (Zu recht.)

Die Feier war so nett, dass ich völlig vergaß, dass Augsburg zeitgleich spielte. F. schickte mir aber wie immer, wenn ich nicht im Stadion sein kann, ein Bild des winkenden Kids Clubs aufs Handy. Augsburg gewann gegen Mainz 2:0 und ist damit im achten Jahr erstklassig.

Gegen halb acht war ich wieder im Hotel und überlegte, was ich spontan noch so anfangen wollte. Wer hätte es gedacht: Ich wollte rumliegen und lesen.

Auch in der Nacht zu Montag schlief ich nicht durch, wie auch zuvor in der auf Sonntag schon nicht, keine Ahnung warum. Ich wachte in beiden Nächten gegen drei Uhr auf und war dann hellwach. Anstatt mich eine Stunde sinnlos im Dunkeln rumzuwälzen, knipste ich das Licht an und las, bis ich eine Stunde später wieder müde genug war, um bis zum Wecker tief und fest durchzuschlafen. Ich bin trotzdem froh, wenn ich wieder in meinem Bett liege.

Mit dem Montag konnte ich mich zunächst nicht so recht anfreunden. Die Museen, die mich interessierten, waren alle geschlossen, die geöffneten waren mir egal, weswegen ich den Vormittag gnadenlos mit der FAZ im Balzac an der Langen Reihe verbrachte, weil ich um die bequemen Sessel wusste und die Musik weniger nervig als beim Starbucks ist. Ich hatte zwar pflichtschuldig bei Tripadvisor nach Kaffeehäusern gesucht, aber auf eine altmodische Konditorei hatte ich keine Lust und auf was Hippes am Hafen auch nicht. Ich hätte gerne ein Kaffeehaus, in dem es so ruhig ist wie in einer Bibliothek, der Kaffee großartig und die Sitzgelegenheiten bequem, kuschelig und in großer Auswahl vorhanden sind. Aber ich ahne, dass mein Sofa zuhause diesem Ideal noch am nächsten kommt.

Nachmittags lungerte ich im Hotel rum, guckte Serien, tippte einen ewig langen Blogeintrag, packte meinen Koffer und freute mich so langsam dann doch auf den Abend. Auf die Menschen freute ich mich natürlich schon die ganze Zeit, aber ich wusste, dass wir in der Weinbar sitzen werden würden, in der ich sehr oft versackt war, mit genau diesen Menschen. Eigentlich versuche ich in Hamburg immer genau in den Ecken nicht zu sein, in denen ich gelebt habe, weil ich sonst sinnloserweise wehmütig werde. Deswegen war das Trific auch doof, obwohl es nett war. (Ich weiß, ich ergebe gerade keinen Sinn.) Ich weiß auch nicht, warum ich so damit hadere, wieder hier zu sein. Vielleicht weil die Stadt nicht so durchgespielt ist wie Hannover, da ist wirklich nichts mehr, was mich mit meinem früheren Ich verbindet. Aber hier zerrt gerade etwas an mir und ich weiß nicht was. Vielleicht weil ich zwischendurch vergesse, dass ich nicht mehr hierher gehöre. Gestern abend nach dem dritten Glas Wein und dem üblichen Flammkuchen und den gewohnt lustigen und schlauen Gesprächen mit meinen Herzdamen dachte ich für eine halbe Sekunde über den Heimweg nach – „dann nehm ich den 5er, der fährt ja länger und dann den 20er, und wenn der nicht mehr fährt, gehe ich halt die kurze Strecke zu Fuß nach Hau… nee, Moment.“ Das war der Weg in unsere ehemalige Wohnung, den mein Kopf mir vorschlug und daraufhin musste ich noch drei Gläser Wein trinken. Die sich gerade rächen, wie ich beim Tippen merke. Gut, dass ich den Rest dieses Eintrags gestern schon geschrieben habe. Ächz. Will nach Hause.

Mach’s gut, Hamburg. Reicht jetzt erstmal, auch wenn du wirklich hübsch bist. (Fast überall.)

Apple Fritters

Warmer, fluffiger Teig, mürbsäuerliche Äpfel und das alles frittiert und in einer Stunde fertig. Neues Lieblingsessen. Das Rezept bei Zucker, Zimt und Liebe nutzt Apfelscheiben und nennt das Ganze Beignets – ich habe die Äpfel lieber zerstückelt und im Teig als unförmige Fladen ins Butterschmalz gleiten lassen. Schmeckt aber vermutlich genauso gut. Und: Man kann die Dinger mit der Hand essen.

Für eine sehr ordentliche Portion, wenn man total ausgehungert aus der Bibliothek kommt.

125 g Weizenmehl, Type 405, mit
1 TL Backpulver,
1 EL Zucker und
1 Prise Salz mischen. Wer mag, gibt noch
1/4 TL Zimt dazu, ich habe ihn weggelassen.

1 Ei trennen. Das Eiweiß zu Eischnee schlagen, das Eigelb mit
125 ml Milch vermischen.

Die trockenen Zutaten mit der Milch-Eigelb-Mischung verrühren und alles für 30 Minuten lang quellen lassen. Danach den Eischnee unterheben.

2–3 säuerliche Äpfel schälen, vierteln, entkernen und in nicht zu kleine Würfel schneiden. Die Äpfel in den Teig mischen.

Die Masse nun esslöffelweise in
neutralem Öl oder Butterschmalz ausbacken. Bei mir war die Grenze zwischen „außen recht dunkel, aber innen perfekt“ und „außen gelbgold, aber innen noch nicht ganz durch“ sehr schmal, daher bei den ersten Fritters einfach mal nachgucken, wie sie innen aussehen, bevor ihr alle ins Öl werft und dann halbrohes Schmalzgebäck essen müsst.

Auf Küchenpapier entfetten und noch heiß in einer Mischung aus
Zimt und
Zucker wälzen. Oder wahlweise mit Puderzucker bestreuen oder in Marmelade dippen oder was auch immer euch sonst noch einfällt.

Ein total knappes Dankeschön …

… an Gudrun, die mich mit Petra Terhoevens Die Rote Armee Fraktion: Eine Geschichte terroristischer Gewalt überraschte. Auf das, ich deutete es in der Überschrift an, recht kurze Buch mit nur 128 Seiten machte mich eine Rezension in der FAZ aufmerksam (hier bei buecher.de, falls der FAZ-Artikel irgendwann ins Archiv rutscht):

„Wie in der Reihe Wissen des C.H.Beck-Verlags üblich, handelt es sich um einen pointierten Essay ohne wissenschaftlichen Apparat, der den Stand der Forschung souverän auswertet und prägnant darstellt. Terhoeven erzählt nicht zum wiederholten Male die Geschichte der Attentate und der entsprechenden staatlichen Reaktionen nach, sondern bietet eine systematische Einordnung von Vorgeschichte und Entwicklung der RAF. […]

Terhoeven schließt ihre Darstellung nicht mit der Selbstauflösungserklärung der RAF von l998, sondern skizziert abschließend das deutsche Ringen um die Deutung des RAF-Terrors bis zur Gegenwart. Diese Auseinandersetzungen hatten einerseits einen juristischen Hintergrund, ging es doch immer auch um – zum Teil bis heute nicht abgeschlossene – strafrechtliche Ermittlungen und eine mögliche Begnadigung verurteilter RAF-Terroristen. Fast ebenso bedeutsam waren und sind Kontroversen um Geschichtsbilder, die nicht nur auf dem Buchmarkt und in der publizistischen Öffentlichkeit ausgetragen wurden, sondern auch um Filmprojekte, literarische Werke oder künstlerische Zugänge.“

Auch hsozkult schien angetan vom schmalen Bändchen:

„Terhoeven nimmt den Leser daraufhin auf einen Sprint durch die Geschichte der RAF mit, jedoch – und hier endet das Paradoxe ihres erneuten Anlaufes – nicht als eine weitere Nacherzählung, sondern mit dem Anspruch, die RAF in ihren historischen Zusammenhängen zu verstehen. Motiviert ist sie vor allem dadurch, dass vieles, was gerade jubiläumsbedingt über die Wenigen geschrieben wurde, historische Tiefenschärfe vermissen lasse. […]

Terhoevens Überblicksband beeindruckt immer wieder dadurch, mit welcher Präzision die Autorin den Leser auf lediglich 124 Seiten durch die fast drei Jahrzehnte umspannende Geschichte der Roten Armee Fraktion führt, ohne je die historischen Tiefendimensionen und Dynamiken der RAF und ihrer Gewalt aus den Augen zu verlieren. Klar und thesengeleitet leuchtet sie nicht nur die verschiedenen Facetten und Verzweigungen des Themenkomplexes aus, sie dekonstruiert auch die gängigsten Mythen der RAF, kritisiert den oftmals bedenklichen künstlerischen und popkulturellen Umgang mit ihrer Geschichte genauso wie die unerhörte Praxis deutscher Geheimdienste, eine Erforschung ihrer eigenen Rolle nach wie vor zu verunmöglichen. Darüber hinaus thematisiert Terhoeven das Ignorieren und Instrumentalisieren der Opfer der RAF und ihrer Angehörigen von staatlicher und parteipolitischer Seite, wie sie ebenfalls die kaltschnäuzige Blindheit weiter Teile der zeitgenössischen radikalen Linken für deren Leid anspricht. Dabei wird passend wie präzise betont, dass eine Geschichte der Opfer der RAF „eine Geschichte vielfacher, sich überlagernder Instrumentalisierungen“ (S. 108) sein dürfte. Die sei dann keine Alternative zu bisher täterzentrierten Erzählungen. Vielmehr gelte es, die Geschichte der Opfer „in die bekannte Geschichte des Terrorismus zu integrieren, um sie selbst dadurch zu verändern“ (S. 109).“

Über die RAF habe ich bereits einiges gelesen, schlicht aus persönlichem Interesse, aber gerade jetzt, wo ich mich in der Diss mit der NS-Zeit und der jungen Bundesrepublik befasse, denke ich auch über die sogenannten 68er ausführlicher nach. Daher bin ich sehr gespannt darauf, wie man dieses für mich so ausufernde Thema auf so wenig Platz anscheinend hervorragend aufarbeiten kann. Vielen Dank für das Geschenk, ich habe mich sehr gefreut.

Tagebuch, Freitag, 20. April 2018 – Schöne Post

Gestern morgen verschlief ich nicht, sondern saß brav um 9 in der Stabi, zu der ich glücklich-grinsend radelte. Hach, Fahrradfahren! Immer wieder toll. Gut, ich bin inzwischen soweit münchnerisiert, dass ich den wenigen Menschen, die mir entgegenkommen, ein „Geisterfahrer“ entgegenzische, aber es zu brüllen, traue ich mich noch nicht. Ich brülle allerdings Radfahrer*innen, die gerade an der Stabi die Radampel übersehen, ohne Scheu „IHR HABT ROT!“ entgegen, denn sie brettern gerne von rechts an mich heran, wo sie gefälligst anhalten sollen, damit ich entspannt nach links auf den Radweg einbiegen kann. Reicht es nicht, dass ich mich über Autos aufregen muss? Muss ich mich auch noch über meinesgleichen aufregen? Herrgottnochmal. (Okay, genug gemeckert. … NEE, DOCH NICHT!)

In der Stabi las ich einige Bücher für ein paar Jobs bzw. schlug nochmal Dinge nach. Dann blätterte ich in einem Buch, das ich mir für die Diss hatte in den Lesesaal legen lassen, stellte aber fest, dass das für mich total nutzlos war. Zum Abschluss gönnte ich mir wieder schlechte Laune, indem ich im aktuellen Ausstellungskatalog des NS-Dokumentationszentrums ein paar Aufsätze las. Ich freute mich zwar grimmig darüber, dass den Menschen, die rechtes Gedankengut abnicken, keine große intellektuelle Anstrengung bescheinigt wurde, aber das hilft uns jetzt auch nur bedingt weiter, sie Idioten zu nennen.

Dann radelte ich wieder nach Hause („IHR HABT ROT!“) bzw. fuhr einen Umweg über Post und Bäcker und freute mich darüber, einen Umweg radeln zu können weil hach fahrradfahren.

Nachmittags schickte ich einen fertigen Text zum Kunden, feilte an zwei anderen noch rum und machte ziemlich früh Feierabend. Ich kleines Cleverle hatte morgens natürlich meine Rolläden geschlossen und die Fenster verrammelt und konnte so die widerlichen 28 Grad da draußen komplett ignorieren, während ich entspannt auf dem Sofa Zeitung las.

Abends freute ich mich dann sehr über eine Mail; ich hoffe, der Verfasser verzeiht mir das wörtliche Zitat, aber das ist so schön:

„Hallo Frau Gröner,

ich bin einer der vielen “stillen Genießer” Ihres Blogs, schon seit vielen Jahren.

Und – vielen Dank – Sie haben mir geholfen, eine Wette gegen mich zu gewinnen:
Als Sie sich im März die De Longhi kauften, war buchstäblich mein erster Gedanke: “Mal sehen, wie lange dem Genussmenschen Gröner diese Maschine taugt…”. Gratulation und willkommen, Sie sind SEHR schnell auf der Dunklen Seite ™ angekommen…“

Darüber musste ich doch sehr lachen. Das müsst ihr mir doch sagen, wenn ihr schon wisst, dass ich Schrott kaufe! Wozu habe ich euch denn? Da koche ich miesen Espresso um miesen Espresso und ihr nickt das einfach so ab? So kann ich nicht arbeiten!

Der Verfasser hatte noch ein paar gute Tipps, die ich mir auch schon angelesen hatte, aber dann scheine ich auf dem richtigen Weg zu sein. Ich bräuchte noch schnell ein paar Buchungen, dann wird ein 40-Kilo-Maschinchen in meine Küche gewuchtet, und dann kriegt ihr mich da nie wieder von weg. Höchstens zum hachfahrradfahren.

Museums Shake Things Up by Mixing Old and New

Ich habe noch keine Meinung zu diesem Thema, gucke aber seit gestern interessiert auf die Rembrandt-Rothko-Kombi, die derzeit in Wien hängt.

„“I’d like to think that we are teasing out all of the ideas and concerns and dreams and nightmares that are buried in all of the historical works that we have,” said Jasper Sharp, who curates the museum’s program for modern and contemporary art. But he added that the curators spent a few years trying to figure out “what types of confrontations would be interesting, respectful,” he said.

Pairing Édouard Manet with Diego Velázquez, or bringing a Titian into conversation with a J.M.W. Turner seemed to work, he said, because “these are very well-documented admirations of younger artists looking at older artists.”

But other choices proved riskier. Scores of art lovers responded on Instagram to the museum’s juxtaposition of a Rembrandt self-portrait next to a Mark Rothko color field painting. “Half of them were saying ‘this is absolutely abysmal,’ or ‘Rembrandt must be turning in his grave,’” Mr. Sharp said. “Some of the connections knit together instantly; others reward more sustained looking.”“

On Becoming an American Writer

Oder anders: Wer schreibt, der bleibt.

„“What would you read to someone who was dying?” Annie Dillard had asked our class. She wanted this to be the standard for our work. There, at the memorial service for my friend, I thought of another: Dying, what stories would you tell? […]

To write is to sell a ticket to escape, not from the truth but into it. My job is to make something happen in a space barely larger than the span of your hand, behind your eyes, distilled out of all that I have carried, from friends, teachers, people met on planes, people I have seen only in my mind, all my mother and father ever did, every favorite book, until it meets and distills from you, the reader, something out of the everything it finds in you. All of this meets along the edge of a sentence like this one, as if the sentence is a fence, with you on one side and me on the other.

If you don’t know what I mean, what I mean is this: When I speak of walking through a snowstorm, you remember a night from your childhood full of snow or from last winter, say, driving home at night, surprised by a storm. When I speak of my dead friends and poetry, you may remember your own dead friends, or if none of your friends are dead, you may imagine how it might feel to have them die. You may think of your poems or poems you’ve seen or heard. You may remember you don’t like poetry.

Something new is made from my memories and yours as you read this. It is not my memory, not yours, and it is born and walks the bridges and roads of your mind, as long as it can.

All my life I’ve been told this isn’t important, that it doesn’t matter, that it could never matter. And yet I think it does.“

Tagebuch, Donnerstag, 19. April 2018 – Irgendwie okay so, aber

Morgens völlig verschlafen. Mein Wecker klingelte brav um 7, ich stellte ihn brav aus und drehte mich nur noch einmal um, nur kurz … und dann war es plötzlich zehn vor 9 und mein halber Tag schon rum. Eigentlich hätte ich um diese Zeit auf dem Fahrrad sitzen wollen in Richtung Stabi, aber das verschob ich im Kopf flugs auf die Zeit nach der Vorlesung, die von 12 bis 14 stattfand. Entspannt geduscht und den üblichen Morgencappuccino gemacht.

Mit dem ich seit letzter Woche sehr hadere. Und mit diesem Fakt hadere ich auch. Seit dem Tasting beim Profi ist mir sehr deutlich klar geworden, wie groß der Unterschied zwischen dem Wunschergebnis ist und dem Zeug, das ich jeden Morgen produziere. Ich weiß noch, dass ich beim ersten Schluck purem Espresso beim Dallmayr (wir sagen hier „beim“ Dallmayr und nicht „bei“. Glaube ich wenigstens) dachte: „Oh wow.“ Und direkt danach, fast gleichzeitig: „Oh fuck.“ Weil ich in diesem Moment wusste, wo ich hin will und wie weit ich noch davon entfernt bin. Das war nicht nur der Geschmack, sondern schon das pure Mundgefühl, das mich umgehauen hat, die Vollmundigkeit, die Kraft, das war alles eine komplett andere Liga.

Ja, mir ist schon klar, dass ich meine lausige 180-Euro-Maschine nicht mit einer professionellen Gastro-Maschine vergleichen kann. Ja, der Mann, der mir da Espresso am laufenden Band gereicht hat, macht das den ganzen Tag und ich höchstens zweimal. (Na gut, dreimal.) Meine Mühle ist nicht die allerbeste und meine Aufschäumfähigkeiten sind ausbaufähig, aber ich habe sehr gutes Ausgangsmaterial und gebe mir Mühe, wiege ab und achte auf Temperaturen, aber das, was ich beim Kaffee schon prima hinkriege, klappt beim Espresso halt nicht, denn an der Maschine kann ich nicht rumdengeln. Deswegen denke ich seit einer Woche in neuen Preiskategorien und bin latent schlecht gelaunt. Vielleicht traue ich mich mal in eines dieser sagenumwobenen Fachgeschäfte und lasse mir ein paar Espresso vorsetzen. Und dann verschiebe ich meinen geplanten Urlaub aufs nächste Jahr, denn der wird dann zu teuer. Auch deswegen bin ich latent schlecht gelaunt. Ich hätte mit diesem Essen und Trinken nie anfangen sollen.

Die Vorlesung zu Landschaftsdarstellungen war schön. Bisschen zäh, aber schön. Von mir aus hätten wir nach Giotto Schluss machen können, denn bei Giotto geht mein Blutdruck immer so schön nach unten. Es gibt kaum Malerei, die das ähnlich hinkriegt. (Anselm Kiefer kann das auch.)

Nach Hause geradelt, Stabi auf heute verschoben. Gearbeitet, Zeitung gelesen, zwei Bagels mit Putenbrust über den Tag und Abend verteilt verspeist. Tee getrunken statt Kaffee. (*wimmer*) Abends Fantasyland ins Regal gestellt. Mir fürs Wochenende das nächste Ulysses-Kapitel vorgenommen. Das Buch kann man anscheinend auch gut mit Pausen lesen. Man weiß ja, dass man da die nächsten Jahre immer wieder reingucken werden wird.

Chronologie eines Desasters

Die SZ fasst die Ereignisse um die Berliner Volksbühne und Chris Dercon zusammen. Mir ist das Thema eigentlich wurst, weil mir Berlin wurst ist, aber das ist sehr lesenswert. Vor allem die von Anfang an sehr unterschiedlichen Positionen, was mit dem Haus und seinen Menschen anzufangen sei, fand ich sehr spannend. Zwei Zitate zeigen das recht gut:

„“Ich habe mich schon zu meinen Münchner und Londoner Museumszeiten für die Arbeiten von René Pollesch interessiert. 2011 war ich Mitglied einer Jury in München, die René Pollesch für eine ‘artist residence’ diskutiert hat. In diesem Zusammenhang habe ich die DVD-Komplettmitschnitte seiner Inszenierungen ‘Ich schau dir in die Augen…’, ‘Ein Chor irrt sich gewaltig’ und ‘Kill your Darlings’ von der Volksbühne mit Zustimmung von René Pollesch bekommen und mir angesehen. Ich habe die Pollesch-Ausstellung ‘Der Dialog ist ein unverständlicher Klassiker’ in der Galerie Buchholz besucht. An der Volksbühne habe ich ‘Kill your Darlings’, ‘House for sale’ und ‘Von einem, der auszog’ gesehen. An der Tate Modern habe ich mit Catherine Wood eine Pollesch-Ausstellung diskutiert. Leider hat das Tate-Kuratorium dieser Idee aber nicht zugestimmt.”

Chris Dercon

“Dercon sagte, dass er meine Arbeit liebe, aber es war schnell klar, dass er sie nicht kannte. Seine Freundin kannte einige Stücktitel, aber sie brachte alles durcheinander. Ich hatte den Eindruck, dass Dercon nicht einmal meinen Wikipedia-Eintrag gelesen hatte.”

René Pollesch

(via @hotelmama)

Was schön war, Mittwoch, 18. April 2018 – Eichhörnchenpinsel

Die dritte Vorlesung, die ich mir in diesem Semester gönne, solange es die Arbeit für Geld und die an der Diss zulassen, hat den verheißungsvollen Titel „Turners Lappen, Courbets Spachtel, Pollocks Eimer – die Utensilien der modernen Malerei“, wobei der Dozent die Moderne nach der Französischen Revolution anfangen lässt. Als Einstieg zeigte er eine Karikatur von Richard Doyle, der sich über die Werkzeuge von William Turner lustig macht und über die ich mich seit gestern freue. (Ich mag Turner, aber ich fand das Bild trotzdem sehr passend.)


Joseph Mallord William Turner by Richard Doyle, woodcut, 1846, NPG D6996
© National Portrait Gallery, London
CC BY-NC-ND 3.0

Auch dieser Dozent hatte gleich nach wenigen Sätzen gewonnen, so wie die Dame am Dienstag, als er meinte, dass er die Klausur am Ende der Vorlesungsreihe sehr dämlich fände (BA- und MA-Quatsch halt, die Kritik hörte ich zum wiederholten Male), aber nicht weil es mehr Arbeit für ihn ist, sondern weil wir als Studis dann dauernd mitschreiben anstatt zuzuhören. Da hat der Mann recht, das habe ich auch zehn Semester lang gemacht: bei jedem Satz überlegt, ob das jetzt klausurrelevant sein könnte. Völliger Blödsinn. Ich hatte eine Dozentin, die am Ende jeder Stunde in fünf Minuten zusammengefasst hat, was sie für wichtig hält; da konnte man hervorragend zuhören, weil man wusste, dass man am Ende nochmal auf dem Silbertablett serviert bekam, was man auf die Lernkärtchen schreiben musste. Allerdings ist es natürlich auch beknackt für die Dozierenden, sich sowas ausdenken zu müssen.

Wie der Titel der Vorlesung schon sagt, geht es um das Instrumentarium, mit dem Kunst hergestellt wird. Klingt erstmal seltsam, aber ich weiß inzwischen, dass solche Wundertütenvorlesungen für mich ideal sind. So schön das war, sich zum Beispiel ein Semester lang exklusiv mit Cézanne zu befassen oder mit romanischer Architektur in Nordfrankreich, so viel habe ich aus Vorlesungen mitgenommen, die erstmal gefühlt ein irre großes Fass aufmachen. Meine bis heute liebste und die, bei der mir dauernd irgendwas wieder ins Hirn fällt, wenn ich irgendwo was angucke, ging über wichtige Ausstellungen des 20. Jahrhunderts – und da war alles dabei: fotografische Ausstellungen, Gemälde, koloniale Objekte und wie sich die Diskussionen darüber verschoben haben, die erste documenta oder grundlegende Ausstellungen wie When Attitudes Become Form (1969), die neue Präsentationsformen für Kunst erarbeitete. An jeder dieser Ausstellungen hing ein Rattenschwanz an Künstler*innen, Ideen, Denkweisen und Theorien, so dass ich viel mehr mitnahm als ich jemals erwartet hatte.

Ich ahne, dass diese Vorlesung eine ähnliche werden könnte, denn wenn man mit dem Werkzeug beginnt, kann man daran auch an vielem weiterdenken. Gestern sprachen wir ganz grundlegend über den Unterschied zwischen Werkzeugen und Instrumenten. Der Dozent begann mit Ernst Kapp, dessen Organprojektion davon ausging, dass die gesamte Welt um uns herum sich am menschlichen Körper orientiert bzw. eine Verlängerung oder Analogie zu ihm sei (Hammer – Hand, Fernrohr – Auge etc.). Eine Lexikon-Definion beschrieb den Unterschied zwischen Werkzeug und Instrument: Ein Werkzeug hinterlässt Spuren (Meißel), ein Instrument nicht (Lupe), wobei der Dozent meinte, bei einem Skalpell stoße diese Definition vielleicht an ihre Grenzen.

Wir hangelten uns ein bisschen durch die Geschichte von Werkzeugen und hörten, dass einige mittelalterliche Zünfte sich einmal beim Magistrat beschwert hätten, dass Maler ihre Werkzeuge, also die der Küfer oder Wagner, benutzten; anscheinend definierten sich Handwerke auch über ihre mechanischen Hilfsmittel und nicht nur über ihre Tätigkeit. Wir sprachen über den Konflikt der Renaissance zwischen disegno und colore, den ich schon im ersten Semester gelernt hatte, also dem Konflikt zwischen der Umrisszeichung, die dem Geist des Künstlers/der Künstlerin entspringt und damit einen höheren Wert habe als die olle Farbe, die von Gehilfen eingepinselt werden könnte. (Wolfgang Kemp hat das ganze etwas ausführlicher aufgedröselt. Herrn Kemp hatte ich euch gestern schon empfohlen, von dem Mann kann man halt auch alles lesen.) Dieser Konflikt zog sich bis in die Moderne; der Dozent zeigte uns eine weitere Karikatur, bei der sich Delacroix und Ingres duellieren, jeweils mit Pinsel oder Zeichenfeder bewaffnet.

(Ich habe keine Quelle gefunden. Böses Internet.)

Dieser grundlegende Konflikt spiegelte sich auch in der Ausbildung von Künstler*innen wider: In Frankreich war man für die theoretischen Grundlagen an der Akademie eingeschrieben und lernte das praktische Malen bei einem Künstler selbst im Atelier. Ingres war der Meinung, Malen ließe sich in wenigen Tagen lernen, das Wichtige sei die Zeichnung bzw. vor allem die Idee dahinter. (Ich verkürze hier alles sträflich. Bitte gehen Sie in die nächstgelegene Bibliothek und vertiefen das selbständig.)

Von der Ausbildung kamen wir auf die technischen Grundlagen der Werkzeuge. Hier veränderte die industrielle Revolution so einiges. Bei der Pinselherstellung merkte ich mir den völlig sinnlosen Fakt, dass im Italien des 15. Jahrhundert acht Eichhörnchen ihre Schwänze für einen Pinsel lassen mussten. Das war natürlich perfektes Twitter-Material, und ich glaube, das wird mein erfolgreichster Tweet in zehn Jahren, wenn man Likes und Retweets zugrunde legt. Social-Media-Managerinnen und lehrende Kunsthistorikerinnen aufgemerkt: Mit schrägem Quatsch kriegt man alle.

Zurück zur industriellen Fertigung: Nun konnten Borsten und Haare maschinell hergestellt werden. Die lustige Metallklammer, die man heute von Pinseln kennt, die die Haare festhält, stammt auch aus dem 19. Jahrhundert. Und: Auch Leinwände, Farbkästen und Paletten wurden nun Massenware, was auch dazu führte, dass viele Laien sich auf einmal in die Landschaft stellten und malten. Malen wurde bürgerliche Unterhaltung und Entspannung und verlor viel von ihrem Nimbus als geniale Meisterschaft. Wir sahen ein Bild eines englischen Herstellers, der zur Leinwand auf der Staffelei auch gleich den Sonnenschirm dazu anbot, der an der Staffelei befestigt werden konnte.

Auch Farben mussten nun nicht mehr mühselig angemischt werden. Farben, die chemische Elemente im Namen tragen, wie Chromgelb oder Kadmiumrot, sind Kinder des 19. Jahrhunderts. Marcel Duchamp, der sich Anfang des 20. Jahrhunderts für seine Readymades rechtfertigen sollte, meinte spöttisch, da Farben und Leinwand auch schon „ready-made“ seien, also vorgefertigt und nicht mehr handgemacht, sei Ölmalerei eigentlich auch nur eine Assemblage von Readymades.

Ich saß zum Schluss mit glücklich-roten Bäckchen im Hörsaal, denn alle diese wunderbaren Geschichten waren genau das, was ich mir erhofft hatte: ein wilder Ritt durch verschiedene Themen, die mich alle zum Weiterdenken animieren. Nächste Woche: Paletten! Übernächste Woche: Pinsel! Ich bin sehr gespannt und habe hoffentlich noch ein paar Eichhörnchenfakten parat.

Was schön war, Dienstag, 17. April 2018 – Über Fotografie nachdenken

Gestern fand die Vorlesung statt, die letzte Woche ausfiel. Beim erneuten Betreten des Gebäudes fiel mir auf, dass ich mich bei der Schrift über dem Eingang arg verlesen hatte – da steht nicht Geisteswissenschaften, sondern Geowissenschaften, und schon machen die ganzen Geodenschaukästen deutlich mehr Sinn. Ähem.

Die Dozentin hatte gleich mit ihren ersten Sätzen bei mir gewonnen: „Diese Vorlesung heißt ‚Theorie und Geschichte der Fotografie‘ und das ist natürlich größenwahnsinnig.“ Auch wenn die Fotografie noch eine recht junge Kunstrichtung ist – und ob sie überhaupt Kunst ist, wurde auch recht lange diskutiert –, ist es nicht möglich, alle theoretischen Fragen zu ihr in elf Sitzungen abzuhandeln. Genau deswegen interessierte ich mich aber für diese Stunden, denn mit Bildtheorie habe ich mich nicht so oft beschäftigt. Mit den Akteuren und Akteurinnen anscheinend aber doch mehr als ich dachte, denn in der zweistündigen Übersicht über die kommenden Sitzungen kamen keine Namen vor, die ich noch nicht kannte. Das überraschte mich dann doch.

Zunächst sprach die Dozentin aber davon, dass Fotografie für sie auch deshalb interessant ist, weil sie keine „Meistererzählung großer Männer“ ist, was die Kunstgeschichte sonst gerne für sinnvoll hält (das ändert sich netterweise gerade). Außerdem ist die Fotografie ein Medium, mit dem sich auch andere Wissenschaften befassen, zum Beispiel die Politik- oder Naturwissenschaften sowie die Technikgeschichte. Überhaupt sei Fotografie eben nicht die Abfolge von Motiven und Stilen, die ich sonst aus der Kunstgeschichte kenne, sondern eher eine Entwicklung von Techniken und Möglichkeiten, die sich durchaus an aktuellen Zeitströmungen orientiert, manchmal aber auch bewusst von ihnen weggeht.

Sie zitierte Oliver Wendell Holmes, den Erfinder des Stereoskops, der bereits 1859 (!) davon sprach, dass es nur ein Kolosseum gebe, aber eine Billion Aufnahmen davon. Ihm war die Form dieses Bauwerks wichtiger als die Materie; er träumte davon, alle weltlichen Dinge abzulichten und so ihre Form zu erhalten, wenn auch nicht ihr stoffliches Dasein, denn das sei vernachlässigenswert. Bildagenturen entstanden sehr schnell; was wir heute mit einer Suche bei Google Images machen, gab es quasi schon Mitte des 19. Jahrhunderts.

Das Zitat von Holmes, das wir auf der Folie sahen, stammt aus dem Buch Theorie der Fotografie von Wolfgang Kemp, den ich persönlich sehr gerne lese; ich gebe den Buchtipp einfach mal weiter. Ein etwas günstigerer Tipp wäre Peter Geimers Theorien der Fotografie von 2009, aus dem der schöne Begriff „Bilder durch Berührung“ stammt, mit dem er Fotografie von zum Beispiel Malerei abgrenzt.

In den kommenden Wochen beschäftigen wir uns mit den verschiedenen Einsatzmöglichkeiten von Fotografie, über die ich so auch noch nicht nachgedacht habe. Wir beginnen mit der Fotografie als politisches Instrument, angefangen von Kriegsfotografie (der erste fotografisch festgehaltene Krieg war der Krimkrieg) bis hin zu heutigen Bildern des sogenannten Islamischen Staats, die nur produziert werden, um Schrecken zu verbreiten. (Susan Sontag: Das Leiden anderer betrachten.) Dann sprechen wir über den wissenschaftlichen Einsatz von Fotografie; wir sahen die bekannten Aufnahmen des galoppierenden Pferdes, die erstmals zeigen konnten, dass die Tiere bei dieser Gangart wirklich in einigen Augenblicken kein Bein am Boden mehr haben, was auch auf die malerische Darstellung von Pferden abstrahlte. Dass die Fotografie auch dazu genutzt wurde, angeblich wissenschaftliche Theorien zu bestätigen, lernten wir anhand von Aufnahmen aus einem französischen (oder englischen, ich habe nicht mitgeschrieben) Hospital, wo irgendein Arzt das Krankheitsbild der hysterischen Frau fotografisch belegen wollte.

Von da war es nur noch ein kurzer Weg zur Fotografie zur aufklärerischen Zwecken. Wir sahen die ersten Polizeifotos, die damals schon das heute bekannte Schema von Frontal- und Seitenansicht abbildeten (kurz vor der Jahrhundertwende, wenn ich mir das richtig gemerkt habe). Es gibt auch Aufnahmen von Ohren und Nasen der Kriminellen, was mich sofort an die Rasseklassifizierungen der Nationalsozialisten denken ließ.

Ich hatte mir aus einer anderen Vorlesung mal gemerkt, dass die Fotografie gerade im Weimar der 1920er Jahre eine recht weibliche Kunst war, was ich gestern ebenfalls hörte. Gerade weil die Fotografie eben nicht die erwähnte Meisterzählung der Kerle war, waren viele Fotokünstler weiblich. (Ausstellungskatalog Fotografieren hieß teilnehmen, das Inhaltsverzeichnis ist unten auf der Seite abrufbar.)

Dann ging es im Schnelldurchlauf durch die 1970er und 1980er Jahre, wo natürlich Richard Prince und Cindy Sherman erwähnt wurden sowie die Bechers und ihre diversen Schüler. Die Dozentin zitierte einen der vermutlich bekanntesten Becher-Schüler (und den teuersten), Andreas Gursky, der über die Bechers meinte, sie würden die Fotografie genau nicht so nutzen wie sie eigentlich zu nutzen wäre. Die Fotografie rühmt sich gerne, den einen besonderen Augenblick festhalten zu können, und genau so arbeiteten die Bechers mit ihren kühlen, stillen, minimalistischen Ansichten für die Ewigkeit gerade nicht.

Den Abschluss, und das fand ich bemerkenswert, werden dann Social Media und Selfies bilden. Bemerkenswert, weil sehr aktuell und noch nicht so recht kunsthistorisch eingeordnet und abgehakt. Das klang alles sehr spannend und ich freue mich auf die nächsten Wochen.

Schneller Apfelkuchen

Im Bild zu sehen ist der kleine Apfelkuchen (18-cm-Backform), den ich am Sonntag aus dem Ärmel gezaubert habe. Meine Apfelkuchenrezepte, die ich bisher hier gesammelt habe, dauern länger (Hefe) bzw. brauchen Zutaten, die ich nicht im Haus hatte (Marzipan), also googelte ich nach schnellem Apfelkuchen und landete beim Grandmaster Dr. Oetker. Ich habe das Rezept leicht verändert (frische Zitrone statt Aroma, hallo?!?), bin aber sonst sehr zufrieden mit diesen Vorgaben.

Die untenstehenden Mengenangaben passen für eine 26-cm-Springform; für die 18-cm-Form habe ich alles halbiert bzw. angepasst (ein Ei, ein Eigelb sowie zweieinhalb Äpfel).

750 g Äpfel (circa 4 Stück) schälen, vierteln, entkernen und die Stücke längs einschneiden. Das darf ruhig etwas gleichmäßiger sein als auf meinem Foto.

In einer Schüssel
125 g Zucker mit
125 g weicher Butter schaumig rühren. Nach und nach
3 Eier unterrühren.

200 g Weizenmehl, Type 405,
2 TL Backpulver und
1 Prise Salz unterrühren. Optional:
1 Päckchen Vanillin-Zucker. Ich habe das stattdessen in die Sahne geworfen, die nach dem Backen auf dem Kuchen landete.

Zum Schluss noch die
geriebene Schale von einer Bio-Zitrone sowie
2–3 EL Milch unterrühren.

Den Teig in eine gebutterte Springform füllen und die Äpfel möglichst dicht nebeneinander leicht in den Teig drücken. Im auf 175 Grad vorgeheizten Ofen für ca. 45 Minuten backen. Den 18-cm-Kuchen habe ich nach 40 Minuten rausnehmen können; die Stäbchenprobe hilft.

Zum Servieren mit Zimt und Zucker oder Puderzucker bestreuen. Ich will außerdem grundsätzlich Sahne zu Obstkuchen. Mir hat an dem Kuchen die gute Teig-Äpfel-Ratio gefallen, der hauchfeine Zitronengeschmack und dass der Teig kein trockenes Bett für die Früchte war, sondern eine lockere Ergänzung.

Was schön war, Freitag bis Sonntag, 13. bis 15. April 2018 – Nichts müssen

Über meinen Freitagvormittag im Kaffeeparadies bloggte ich bereits. Freitag nachmittag dachte ich, ich hätte einen Kundentermin, aber das habe ich anscheinend falsch verstanden, jedenfalls meldete der Kunde sich gegen 14.30 Uhr und wir verabredeten einen Termin für heute, womit ich Freitag extrem früh Feierabend hatte, denn alle anderen Kunden wollten auch nichts von mir.

Den Freitagabend verbrachte ich dann in äußerst angenehmer Gesellschaft von neun netten Leuten im Georgenhof und ließ mir mein kleines Schnitzel schmecken, auf das ich mich schon den ganzen Tag gefreut hatte. Das fotografierte Stückchen Fleisch ist wirklich die kleine Portion, die normale schaffe ich nie.

Nebenbei: Das Bierglas auf dem Bild stellte mir der Kellner so hin, das musste ich nicht mal drehen. Sympathiepunkte!

Die Gespräche waren unterhaltsam, spannend, lehrreich und lustig, das Augustiner vom Holzfass mundete ganz hervorragend, und so fiel ich erst gegen ein Uhr ins Bettchen. Am nächsten Morgen hatte ich ein winziges bisschen Kopfweh und war heiser – der Laden ist doch recht laut –, aber das war’s sehr wert.

Samstag morgen kaufte ich pflichtschuldig ein und lungerte dann den ganzen Tag auf der Couch rum. Ich las, döste wie immer bei der Bundesliga-Konferenz weg, guckte ein paar Serien und war abends zu faul zum Kochen (Avocado, Pimientos, Tomaten, Brot).

Gestern hatten F. und ich uns eigentlich zum Kunstgucken verabredet. Er hatte noch seinen Übernachtungsbesuch der letzten Tage zum Bahnhof gebracht und war dann zu mir gekommen. Wir redeten ein halbes Stündchen, bevor dem Herrn die schönen Äuglein zufielen, woraufhin ich ihn ins Bettchen steckte und auf dem Sofa Zeitung las. Irgendwann wurde ich hungrig, machte mir in der Küche ein Sandwich und dachte, ach, wenn ich eh schon am Herd rumstehe, um Bacon zu braten, kann ich auch gleich einen kleinen Apfelkuchen backen, über den sich F., seines Zeichens Apfelkuchenfan galore, eventuell freuen würde. Ich rührte Teig an, schnitt Äpfel, schob den Kuchen in den Ofen – F. schlief immer noch. Ich setzte mich an den Schreibtisch und las ein paar Aufsätze zu Technikbildern in der NS-Zeit – F. schlief immer noch. Ich daddelte ein bisschen Hay Day und Candy Crush, holte den Kuchen aus dem Ofen, instagrammte ihn – und in dem Moment trudelte eine DM von nebenan ein. Perfektes Timing.

Weil guter Kuchen auf schönen Geschirr noch besser schmeckt, holte ich Omis Geschirr aus dem Schrank, kochte F. einen Tee und mir selber eine Kanne Kaffee in der French Press, schlug Sahne und wir ließen es uns gut gehen.

Der Mann ging dann noch kurz ins Theater, ich guckte Serien und trank leichtsinnigerweise die ganze Kanne Kaffee. Daher wurde aus dem gemeinsamen Einschlafen auch eher: F. schlief und ich döste mit wirren Träumen bis gegen 2 Uhr, bis ich dann auch endlich wegnickte. Gelernt: Espresso kann mir gar nichts, Kaffee nach 16 Uhr vielleicht doch nur noch als Aeropress-Tassenportion und keinen Dreiviertelliter!

Aber: drei Espresso

Ich habe endlich im Duden nachgeschlagen, ob es Espressos oder Espressi heißt. Ich bin mir weiterhin nicht sicher, siehe Link.

Sebastian Baden: Das Image des Terrorismus im Kunstsystem

Der Sehepunkte-Newsletter verwies mich auf ein Buch, das interessant klingt. Die Rezension stammt von Verena Straub (FU Berlin).

„Unmittelbar nach den Anschlägen vom 11. September 2001 wurden Stimmen laut, die eine Nähe zwischen den Terrortaten und der Avantgardekunst beschworen, deren Vertreter mitunter als Wegbereiter des modernen Terrorismus gehandelt wurden. Angefeuert wurde diese Debatte vor allem durch den Kommentar des Komponisten Karlheinz Stockhausen, der die Flugzeugeinstürze auf die Türme des World Trade Centers in New York als „das größte Kunstwerk“ bezeichnete „das es überhaupt gibt für den ganzen Kosmos.“ Diese viel kritisierte Aussage Stockhausens bildet auch den Ausgang und wiederkehrenden Fixpunkt in Sebastian Badens Monografie Das Image des Terrorismus im Kunstsystem (2017), das als überarbeitete Fassung seiner Dissertation erschien. Eine Motivation seiner Untersuchung bestand darin, so schreibt der Kunsthistoriker in seiner Einleitung, „nachvollziehbar zu machen, welche dem Kunstsystem immanenten Beweggründe den Komponisten – und nicht nur ihn – zu seiner künstlerischen Eifersucht auf den Terrorismus veranlassten“ (44). Herausgekommen ist eine umfangreiche Studie, die das komplexe Verhältnis zwischen politischem Terrorismus und Kunstsystem multiperspektivisch aufarbeitet.“

Mein Roboter und ich

Eine Redakteurin des SZ-Magazins begleitet einen kleinen Lieferroboter. Ich mochte vor allem die Filme, denn sie spielen in meiner ehemaligen Nachbarschaft in Hamburg. Ich hätte mir Pizza vom Roboter liefern lassen können!

„Auf unserem Planeten ist das Ziel nun, dass Roboter wie 6D88 bald eigenständig Dinge transportieren: Sushi vom Restaurant ins Büro, Medikamente von der Apotheke zum Grippekranken, Chardonnay vom Weinhändler zum Abendessen daheim, Pakete von der Post zum Besteller. Das letzte Stück, die letzte Meile bis zum Endkunden, soll die erste werden, auf der Maschinen Menschen ablösen. Starship Technologies ist nicht das einzige Unternehmen mit diesem Vorhaben, aber das größte. Mittlerweile arbeiten rund 200 Mitarbeiter und genauso viele Roboter in Deutschland, Estland, England und den USA auf diese Vision hin, gemeinsam haben die Roboter weltweit schon mehr als 100.000 Kilometer zurückgelegt. Weil sie das zumindest in Deutschland gesetzlich noch nicht allein dürfen, müssen Menschen sie begleiten. Menschen wie ich. Ich bin gewissermaßen ein Zwischenschritt Richtung Zukunft, ein Steigbügelhalter der Robotisierung.“

Frühlingszwiebel-Fladen (Cong you bing)

Das Rezept hatte ich bereits einmal vom Blog Delicious Days nachgekocht, aber so richtig gut habe ich die Pfannküchlein nicht hinbekommen. Keine Ahnung, warum es mit dem Rezept aus Immer schon vegan – Traditionelle Rezepte aus aller Welt. Echter Geschmack ohne Ersatzprodukte! besser geklappt hat, aber ich beschwere mich nicht. Ich verlinke Delicious Days trotzdem noch mal, weil dort die Phasenfotos so schön erklärbärig sind. Und weil die Verfasserin wirklich gut kochen kann; das lag natürlich an mir und nicht an ihrem Rezept, dass der erste Versuch eher so meh war.

Ich habe statt des Grüns von Frühlingszwiebeln Bärlauch verwendet, der gerade Saison hat.

200 ml Wasser aufkochen.
300 g Mehl, Type 550 (ich Blindfisch habe aus Routine zum 405er gegriffen, das ging auch) mit
1 TL Salz vermischen. Dazu
150 ml kochendes Wasser geben und schnell vermischen (zum Beispiel mit den Teighaken des Mixers), dann die restlichen 50 ml hinterherkippen und einarbeiten. In gut fünf Minuten einen glatten Teig kneten, der nicht mehr an den Händen klebt. Zu einer Kugel formen, in Frischhaltefolie einwickeln und 30 Minuten lang bei Raumtemperatur rumliegen lassen.

1 Bund Bärlauch (oder das Grün von vier Frühlingszwiebeln) waschen, trockentupfen und in sehr feine Streifen schneiden. Ich habe erstmal ein halbes Bund gehackt, weil es so aussah, als würde es locker reichen. Überraschung: tut es nicht.

Für den Dip
2 EL helle Sojasauce mit
2 TL hellem Reisessig und
2 EL Wasser verrühren. Dann
frischen Ingwer nach Geschmack reinreiben; im Buch wird ein halber Teelöffel empfohlen, bei mir war’s ein ganzer.

Die Teigkugel in acht gleiche Teile teilen, zu Kugeln formen, flachdrücken und dünn und rund auf eine Größe von circa 12 bis 15 Zentimeter ausrollen. Die Größenangaben fand ich sehr hilfreich, ich glaube, daran bin ich letztes Mal gescheitert; meine ersten Pfannkuchen waren zu dick.

Wer mag, bepinselt die Fladen nun dünn mit
geröstetem Sesamöl. Ich habe den Schritt übersprungen, denn ich hatte beim letzten Mal das Gefühl, dass ich dadurch den nun glitschigen Teig nicht mehr so gut formen konnte. (Könnte auch Einbildung gewesen sein.) Wer den Sesamölgeschmack vermisst, kann ein bisschen davon ins Dressing geben; das habe ich gemacht.

Ob geölt oder nicht: Nun das Frühlingszwiebelgrün oder den Bärlauch auf den Pfannkuchen geben. Den Teigfladen eng zu einer Zigarre zusammenrollen und aus ihr eine Schnecke formen. Das Ende unter die Schnecke stopfen; auch das war ein guter Tipp im Buch, denn dadurch kriegt man die Fladen beim jetzigen erneuten Ausrollen besser rund hin. Ja, klingt wie ein Idiotentipp, aber manchmal brauche ich halt Idiotentipps. Dieses Mal nur circa 8 bis 10 Zentimeter breit ausrollen. Ach ja, und die Arbeitsfläche sollte sehr gut bemehlt sein, immerhin das merke ich meist selber.

In einer Pfanne bodenbedeckt
neutrales Öl erhitzen (bei mir helles Sesamöl) und die Fladen darin bei mittlerer Hitze von jeder Seite für ungefähr zwei Minuten ausbacken. Dabei gerne mal die Pfanne schwenken und rütteln. Auf Küchenpapier abtropfen lassen, neues Öl in die Pfanne, weiterbacken.

Zum Servieren die Fladen übereinander legen und vierteln. Noch heiß mit dem Dip genießen.