Twitter-Lieblinge im Oktober

Meine zweite Uniwoche in Stichworten

Porträtmalerei des 14. und 15. Jahrhundert

– Imago, Icona/Ikon, Statua, Effigies, Simulacrum, Contrefait/Konterfei (Dürer benutzte das Wort gerne als Verb: „Den habe ich konterfeit.“)

– „Wer die Kunst aus der Natur reißen kann, der hat sie.“

– Das wahrscheinlich erste Ganzkörperporträt zeigt Heinrich VIII, der sich überhaupt wahnwitzig gerne malen ließ – „obwohl er so hässlich war.“ (Dafuq?)

– Ganzkörperporträt, Kniestück, Hüftstück, Halbfigur, Brustbild, Kopfstück

– klassische Porträtansichten: frontal, im Profil, 3/4-Profil

– Sonderformen: Reiterstandbild; thronende Figur. Tizian war wahrscheinlich der erste, der einen Regenten nicht mehr thronend, sondern „privat“ zeigte. Karl V, ohne Insignien auf einem Lehnstuhl sitzend (1548)

– Standesporträt, Ehepaarporträt, Freundschaftsbilder, Totenbildnis

Musikgeschichte von 1700 bis 1830

– Die Zäsur zwischen Barock und Klassik wird als „Zeitalter des galanten Stils“ bzw. „Zeitalter der Empfindsamkeit“ bezeichnet (ca. 1720/30 bis 1780). Begriffe, die eher doof sind: 1) Rokoko – nicht so clever, weil Rokoko eigentlich überkandidelte Zuckerbäckerei ist. Eher Hochbarock. 2) Vorklassik/Frühklassik – nehmen der Epoche ihre Eigenart.

– Was ist galanter Stil? Elegant, stilvoll, ein höfisches Ideal. Der „galant homme“ ist eloquent, hat Geschmack und gute Umgangsformen, wird nie direkt, wahrt Distanz, drängt sich nicht auf. So klang auch die Musik: bewusst überraschungsarm, einfache Modulation, 4-Taktigkeit, „auch der Dilettant soll sie beherrschen“. Diente als Hintergrundmusik, erforderte keine Aufmerksamkeit. Drängt sich nicht auf, wie der „galant homme“. Unangestrengt (bloß keine Fugen), wahrt Distanz (bloß kein Pathos, keine Überraschungen).

– Im Gegensatz zum Barock, wo festgelegte Affekte bestimmte Gefühle ausdrückten, steht hier der aufgeklärte Mensch im Mittelpunkt („Empfindsamkeit“)

(Drei Tage Uni)

Kunstgeschichte 500 bis 1500

– Pilzkapitell (mein neues Lieblingswort)

– ottonische Epoche. St. Michael in Hildesheim (Schlussstein 1033); St. Pantaleon, Köln; Baseler Antependium; Gero-Kreuz (Kölner Dom); Bernwardstür am Hildesheimer Dom (dringend angucken)

– „Kunstgeschichte findet nicht in Schüben statt, sondern ergänzt sich ständig“

Die Messe in der Renaissance

(Der Kurs begann erst diese Woche, hat sich aber sofort als Liebling etabliert. Ich hatte ja keine Ahnung!)

– Die Musik des Mittelalters war eine der Ratio, nicht eine des Gefühls. Theorie: Die Welt wurde von einem Schöpfer in gleichmäßigen Verhältnissen geschafffen. Der Mensch hat mit seinem Verstand („rationes“) die Möglichkeit, diese Verhältnisse zu erfassen und ihre Ordnung zu erkennen. Sie werden durch Zahlen abgebildet. Beispiel: Eine Geigensaite, die ein C und ein C’ spielt. Beim C’ schwingt sie doppelt so schnell wie beim C. Das Verhältnis ist also 1:2.

Schon Pythagoras sagte: „Die Musik ist im Kern zahlenhaft.“ Damit meinte er die Intervalle, die Abstände zwischen den Noten.

Die Musik im Mittelalter wollte diese Verhältnisse abbilden. Je einfacher, desto besser, je konsonanter, desto wahrer, schöner, näher am Urzustand, näher zu Gott. Sie hatte nicht den Zweck, schön zu klingen, sie sollte perfekte Verhältnisse abbilden. Bestimmte Intervalle wurden als perfekt empfunden (Quarte, Quinte, Oktave), andere nicht (Terz, Sexte), die wir heute als „schön“ empfinden („Terzseligkeit“).

– Im 13. Jahrhundert löste man sich langsam von der Bibel und orientierte sich an der Empirie, an Beobachtungen statt an Theorien. Und: an der Rhetorik (Cicero, De oratore). Auf einmal war das Hauptkriterium für Musik nicht mehr die Wahrheit, sondern die Wirkung (persuasio). Die Musik wurde einfacher, verständlicher. Klang als Gegenstand sinnlicher Wahrnehmung.

– In der Renaissance wurde die Musik „süßer“. Theorie des „süßen Leidens“, der „süßen Nägel der Passion“ (Jesus am Kreuz). Die Komposition sollte nach Abwechslung streben (immer noch Cicero, varietas delectat).

Die Skulptur in der Romanik

– Dijon, Saint-Bénigne
– Tournus, Saint-Philibert, Gerlanus-Bogen
– Saint-Genis-des-Fontaines
– Saint-André-de-Sorède
– Santa Maréa de Quintanilla de las Viñas
– Saint-Benoît-sur-Loire
– Toulouse, Saint-Sernin, Porte Miegèville, Saint-Etienne

Die Klaviertrios von Beethoven

– „Wenn wir nicht unser Innerstes nach außen kehren, sind wir verloren in der Kunst.“ (Beethoven)

– Ferdinand Ernst von Waldstein, Förderer von Beethoven, als dieser sich nach Wien begab, um von Haydn zu lernen, der mit Mozart gearbeitet hatte: „Sie erhalten Mozarts Geist aus Haydns Händen.“

– Durchführung, Imitation, Coda, Reprise, Sonate, Klaviersonate

< quote >

„Das ‘Neue der Wiener klassischen Musik‘ war das musikalische ‘Erfassen des Handelns, des spezifisch menschlichen Handelns’. In der Oper trat mit Mozart ‘dramatische Handlung an die Stelle dramatischer Empfindung’ (wie etwa bei Händel). Entsprechendes vollzog sich in den instrumentalen Gattungen. Folglich besitzt die Wiener klassische Musik ‘Theaterstruktur’. Ihre spontanen Impulse des auf Freiheit beruhenden Handelns führen oft zur Diskontinuität des Verlaufs. Es kann zu Momenten kommen, wo das ‘Hier und Jetzt’ als erfüllter Augenblick festgehalten erscheint und erlebt wird.“

Wolfgang Osthoff, Die kammermusikalische „Sonate“ bei Haydn, Mozart und Beethoven

Alles auf Anfang

Ich sitze in jedem Kurs und habe riesengroße Augen und Ohren. Ich sehe Bilder, die ich schon kenne und Bilder, die ich noch nie gesehen habe. Ich höre bekannte und unbekannte Namen von Komponisten, Malern, Bauwerken, Kunstepochen, Musikstilen; in einer Vorlesung („Einführung in die Kunstgeschichte, Teil 1: 500 bis 1500“) stehen auf jeder Powerpointfolie gefühlt fünf Begriffe aus der Architektur, von denen ich höchstens zwei kenne und einen erklären könnte.

Aus der Semesterübersicht des Kurses „Die Anfänge der Porträtmalerei im 14. und 15. Jahrhundert“ leuchten mir Malernamen entgegen, mit denen ich mich beschäftigen darf, mit ihnen und ihren Werken, und ich lerne, wie sich das Porträt entwickelt, ich lerne über Stiftungen und die Vermenschlichung des Göttlichen und die Idealisierung. Ich lerne die „Musikgeschichte von 1700 bis 1830“, aus der, laut Dozent, gut die Hälfte aller Werke stammt, die wir aus Opernhäusern und Konzertsälen kennen, ich höre, dass die Bach-Werke neu chronologisiert wurden und dass deshalb das Barock nur noch bis 1720 geht und nicht mehr bis 1750 und dass Klassik ein Ideal zwischen Form und Ausdruck sei.

Ich sitze mit 130 Menschen in einem Hörsaal und plötzlich erklingt Scarlatti. Ich sitze direkt danach mit 20 Menschen in der dazugehörigen Übung und plötzlich erklingt Corelli. Der Dozent erklärt die drei Teile einer Ouvertüre, indem er sie einfach vorsingt. Ich erfahre, dass die italienische Ouvertüre eine andere Struktur hat als die französische, ich höre Begriffe wie Concerto Grosso und Grand Opéra. Ich lerne, dass Musik nicht dazu da ist, die Gefühle des Komponisten auszudrücken, aber ich lerne nicht, wozu sie sonst da ist. Ich ahne, dass das mein Job in den nächsten drei Jahren sein wird, es herauszufinden.

In der Kunstgeschichte-Einführung weiß ich zunächst gar nicht, wie mir geschieht, als ich plötzlich die Pfalzkapelle in Aachen erklärt bekomme, mir fehlt die Einordnung, mir fehlt der Plan, mir fehlt ja immer ein Plan, ich muss immer wissen, wo der Anfang und das Ende sind, aber das ist jetzt egal, jetzt versuche ich die Anlage einer Kirche zu begreifen und wie eine Säule sich zusammensetzt und warum diese Kirche als Sinnbild für die karolingische Renaissance gilt und was überhaupt die karolingische Renaissance ist. In der Übung zur Vorlesung lernen wir die ersten Grundbegriffe, wie man sich einem Bild nähert, welche Fragen man stellen kann, um es zu verstehen. Auf der Folie erscheinen die Sonnenblumen, die alle erkennen, und der Mann mit dem Goldhelm, zu dem die Dozentin meint, dafür seien wir wohl noch zu jung, der sei mal bekannt gewesen, weil alle dachten, es sei ein Rembrandt. Ich fühle mich alt, aber der Tag war auch lang.

In der Vorlesung „Die Skulpturen der Romanik“ höre ich wieder etwas von Säulen und den Karolingern, zwei Stunden später bei den „Klaviertrios von Beethoven“ diskutieren wir über den Begriff der Klassik, und nach lausigen drei Tagen ist der Effekt da, den ich erreichen wollte mit der Einschreibung und dem Studium: dass sich Dinge verbinden. Dass ich Dinge verstehe, dass ich sie einordnen kann, dass ich einen Plan erkenne, denn ich brauche ja immer einen Plan, ich brauche den Anfang und das Ende. Das hier ist ein Anfang, und er fühlt sich so an wie sich ein Anfang anfühlen sollte. Aufregend. Begeisternd. Erfüllend. Neugier weckend. Ich gehe in jeden Kurs und weiß nicht, was auf mich zukommt, und ich komme aus ihm heraus und weiß es noch weniger. Aber ich habe ein winziges Puzzlestück in den Händen, und das werde ich nicht wieder loslassen.

Die Säle sind voll, teilweise übervoll, nur ein Kurs ist viel zu leer, für die Beethoventrios interessieren sich außer mir nur noch fünf weitere Frauen. Ich kann mich nicht verstecken hinter den ganzen Mädchen mit Musikabi oder Kunstleistungskurs, ich muss zugeben, keine Ahnung von irgendetwas zu haben, aber das ist seltsamerweise nicht schlimm. Der Dozent meint, er beneide mich darum, diese Trios noch entdecken zu dürfen.

Als Texterin finde ich es fürchterlich, keine Ahnung zu haben, ich ergoogle mir alles, ich gehe vorbereitet in Meetings, ich mache den Job lange genug, ich weiß, was mich erwartet. Hier weiß ich nichts, und es fühlt sich großartig an. Ich warte darauf, dass mir jemand meinen Kopf vollstopft und mein Herz übergehen lässt, und ich verlasse mit hunderten Menschen den Hörsaal, gehe durch die alten, hohen Gänge, die breiten Treppen nach unten zur Ludwigstraße, schaue, höre, fühle, lasse mich treiben und trage ein inniges Lächeln mit mir herum. Und ich hoffe, dass es bleiben wird.

Serienstarts Herbst 2012

Mochte ich gern:

666 Park Avenue

Normalerweise bin ich kein Fan von Gruselkram, ich mag’s nach Feierabend vor dem DVD-Player o. ä. eher kuschelig, harmonisch, die Guten sollen gewinnen und Frauen immer Hauptrollen haben. 666 erfüllt immerhin eine dieser Bedingungen. Das Pärchen Jane und Henry (Rachael Taylor/Grey’s Anatomy und Dave Annable/Brothers and Sisters) bewirbt sich um die Stelle eines building managers in der titelgebenden Adresse. Dass mit diesem Haus nicht alles in Ordnung ist, wird noch vor dem Vorspann klar, als wir einen Stargeiger sehen, dessen Finger plötzlich zu bluten beginnen. Anscheinend hat er einen Pakt mit dem Teufel geschlossen, der will jetzt bezahlt werden und – er wohnt in der Park Avenue. Wer in den letzten Jahren nicht unter einen Stein gelebt hat, kennt den Mann auch: Es ist Terry O’Quinn aus Lost, schon mal ein guter Grund einzuschalten. Seine Gattin ist ebenfalls keine Unbekannte, und es ist schön, auch eine schwarze Hauptrolle zu haben, denn ihm zur Seite steht Vanessa Williams (u. a. Desperate Housewives). Zurück zum arglosen Pärchen, das gerade unwissend bei Satan unterschreibt: Nicht er, sondern sie bekommt den Job, geht furchtlos in dunkle Ecken, fragt und tut und macht und piepst nicht rum und lässt sich retten. Ich weiß noch nicht, wie das Konzept „Deal mit dem Teufel plus Bezahlung“ über 24 Folgen trägt, aber bis jetzt macht 666 Park Avenue viel Spaß. Gute Darsteller_innen, schöne Ausstattung, nicht zu viel Grusel für die arme Anke, aber ordentlich Spannung und Mystery.

Arrow

Wie aus einem reichen Schnösel ein Superheld wird. Stephen Amell darf des Öfteren sein Shirt ausziehen und seine Muskeln zeigen, wenn er Pfeile durch die Gegend schießt und seinen toten Vater rächt. Oder so ähnlich. Ich kenne die Figur des Arrow nicht, habe mir auch die Wikipedia nicht durchgelesen und gucke einfach mal so, was aus der Serie wird. Sah alles hübsch aus, hat mich allerdings emotional noch nicht so richtig erwischt. Momentaner Status: gefällt, aber ich weiß nicht warum.

Chicago Fire

Das Gegenteil von Arrow: gefällt, und ich weiß warum. Statt Superhelden sind es hier die üblichen Helden des Alltags, nämlich die Feuerwehrmänner (ja, leider keine einzige Frau dabei, was ich extrem anprangere) und die immerhin weibliche Besetzung des Notarztwagens, die sich um Chicago kümmern. In der ersten Folge sind schon mehrere Felder aufgebrochen worden, die demnächst beackert werden: Drogenprobleme, persönliche Schicksale, Homosexualität, interne Reibereien. Klingt alles noch recht bekannt, so richtig überraschend war dann auch nichts, aber mir haben Tonfall und Tempo der Story gut gefallen. Viel weniger Action als ich erwartet habe, mehr ruhigere Töne. So darf es gerne weitergehen. Und Jesse „House“ Williams und Taylor „The Vampire Diaries“ Kinney sind auch nicht zu verachtende Gründe zum Zugucken.

Nashville

Connie Britton spielt eine Countrysängerin, die seit Jahrzehnten im Job ist – und langsam rückt der Nachwuchs in Form von Hayden Panettiere auf, bewaffnet mit Glitzermini und Autotune. Im Moment spielt mir die Serie die beiden noch zu sehr gegeneinander aus, und gerade Haydens Rolle ist pure Zickigkeit, auch wenn da im Hintergrund noch die drogensüchtige Mama ist, die wahrscheinlich mal wichtig wird. Dann ist da noch ein Singer-Songwriter-Duo und ein sehr guter Freund zum eher erduldeten Ehemann – also schon genug Personal, das halbwegs interessant ist. Leider erstmal nur halbwegs, aber ich glaube, das könnte noch besser werden. Keine große Kunst, aber solide gemacht, und man muss auch nicht der Riesencountryfan sein, um die Serie zu gucken. Ich hoffe auf einen Ersatz für Smash, das ich anfangs geliebt, aber irgendwann nur noch genervt ertragen habe, als es vom schicken Musical zur schlimmen Soap abglitt. Nashville hat natürlich auch Soappotenzial, aber ich wünsche mir sehr, dass sie es umschiffen.

Go On

Matthew Perry kann alles machen, was er will, ich gucke das. Ich trauere wahrscheinlich als einzige noch Mr. Sunshine hinterher, wobei das auch an Allison Janney liegen könnte, die ich sehr vermisse. Go On hat einen Ausgangspunkt, von dem ich nicht dachte, dass er sitcomtauglich ist, aber nach vier Folgen kann ich sagen, doch, ja, funktioniert. Perry spielt einen Sportreporter, dessen Frau stirbt. Er trauert „unerfolgreich“ alleine und schließt sich schließlich einer Selbsthilfegruppe an. Diese trägt dann auch die ganze Show, weil so viele unterschiedliche Menschen mit seltsamen Problemen zusammenglucken und alle sehr gestört drauf sind. Gleichzeitig hat die Show genug Herz, um nicht zynisch zu werden, und genug Ätzigkeit, um nicht zu memmig zu werden. Da kann noch ne Schippe draufgetan werden, aber bis jetzt gefällt mir das alles recht gut.

Kriegt misstrauisch noch eine Chance:

The Mindy Project

Mindy Kaling kenne ich aus The Office und fand es immer sehr schade, dass sie nur eine kleine Nebenrolle hatte. Das ändert sich jetzt, denn The Mindy Project hat sie als Autorin und Produzentin um sich selbst herumgestrickt. Sie spielt eine Gynäkologin in einer Praxis mit lauter männlichen Ärzten; die anderen Mädels an Bord scheinen nur am Empfang rumzuhängen, was ich ein bisschen schade finde, aber nun gut. Es geht nicht um weltbewegende Dinge, aber die ersten drei Episoden waren halbwegs unterhaltsam im Spagat zwischen Berufs- und Privatleben – allerdings eben nur halbwegs. Ich persönlich freue mich trotzdem über jede weibliche Hauptrolle, die nicht dem klassischen „weiß und mager“-Hollywood-Ideal entspricht. In diesem Zusammenhang: Man sollte sich nie in die Tiefen der IMDB-Boards begeben, denn dort wird eher selten die Show diskutiert, sondern der UNFASSBAR WALMÄSSIGE BMI von Kaling. War ja klar. (Arschlöcher.)

Partners

Partners stammt vom gleichen Team, das für Will & Grace verantwortlich war. Will & Grace fand ich großartig, und Partners hat eine ähnliche Prämisse. Dieses Mal geht es um die Freundschaft zwischen zwei Kerlen, von denen der eine schwul ist. Beide sind verpartnert, und genau wie W&G haben wir daher vier Hauptpersonen. Das Blöde ist: Partners hat längst nicht das Tempo und die Over-the-top-ness von W&G. Und vor allem hat es keinen Sean Hayes, dem man so gut wie jede Unverschämtheit abnahm. Sein Äquivalent hier ist Michael Urie, der ab und zu abgleitet in den femininen Klischeeschwulen, aber längst nicht die Diva ist wie Hayes. Und genau das fehlt mir hier, weil es ihn wenigstens etwas interessanter gemacht hätte. Die anderen drei Figuren sind bis jetzt blass bis belanglos, die Scherze waren vor zehn Jahren vielleicht mal lustig, im Pilot habe ich nur einmal gedacht, ach, die Line war jetzt wirklich mal gut, bei der zweiten Folge immerhin ein paar mal öfter, in der dritten wieder weniger. Aber so ganz will ich mich noch nicht von der Serie verabschieden.

War nicht meins:

Revolution

Die Macher von Lost und Supernatural haben wahrscheinlich Life After People einmal zu oft gesehen und sich gedacht, he, so eine überwachsene Großstadt sieht super aus, lass mal einen halbgaren Plot drumrumstricken. Der sieht dann so aus: Vor 15 Jahren war auf einmal der Strom weg. Nix ging mehr, und so fingen die Menschen wieder an, Schweine zu züchten und Gemüse auszusäen. Der Lord-of-the-Flies-Moment kommt natürlich auch: Irgendwann etabliert sich das sogenannte Monroe-Regime, das Steuern eintreibt und die Menschen verängstigt, die so ziemlich ohne jedes Rechtsgefühl vor sich hinleben. Das ging mir ja schon sehr auf den Zeiger, dass es gerade mal gefühlt einen Augenblick in der Menschheitsgeschichte dauert, in dem wir angeblich alles vergessen, was wir in 5.000 Jahren Zivilisation kapiert haben, aber nun gut. Was mich auch nervt: Wenn die Menschheit es einmal geschafft hat, Elektrizität hinzukriegen, sollte das doch auch ein zweites Mal zu schaffen sein. Vor allem, weil Bücher, in denen schlaues Zeug drinsteht, ja nicht plötzlich zu Staub zerfallen sind wie Google-Aktien. Das ist dann auch der einzige Plotpoint, der ein bisschen neugierig macht: Angeblich ist der Stromausfall menschengemacht, und genau die Leute, die das wieder ungeschehen machen können, sind plötzlich, 15 Jahre später, sehr gesucht, weswegen sie sich dauernd gegen Kopfgeldjäger und weitere bewaffnete Nervensäge durchsetzen müssen. Kurz: sehr wenige Charaktere, die mir irgendwas sagen, viel zu viel Gemetzel und keine Ahnung, was das alles soll. Nach zwei Folgen keine Lust mehr.

Animal Practice

Pro: Justin Kirk spielt mit.

Contra: Er spielt eine Tierarzt, der zu den Besitzern der Viecher so eklig ist wie Dr. House, was mir bei diesem auch irgendwann sehr stark auf den Zeiger gegangen ist. Und … ich fasse es kaum, dass ich es schreiben muss: Er hat einen Kollegen namens Dr. Rizzo, der … das tut wirklich weh … ein Äffchen ist. Und genau der hat dann auch die einzigen halbwegs lustigen Aktionen, denn Sätze kann er ja nicht von sich geben. Das ist schon putzig, wenn er auf einem lärmenden kleinen Rettungswagen durch die Gänge fegt, aber … äh … nein. Nein. Ich habe nicht mal den Piloten zuende sehen wollen.

Vegas

Wollte ich mögen, hat aber nicht mal für den Pilot gereicht. Trotz Setting in den 60er Jahren, trotz Dennis Quaid, Michael Chiklis (The Shield ist immer noch eine der besten Cop-Serien der letzten Jahre) und Carrie-Ann „Trinity“ Moss. Nach Mad Men war es ja klar, dass nach und nach alle Sender die Mottenkiste aufmachen; das hat bei Pan Am nicht funktioniert, bei dieser albernen Bunny-Serie erst recht nicht, und bei Vegas klappt es auch nicht, weil die Figuren sich aufführen wie heute, während sie in alten Klamotten rumlaufen und in alten Autos fahren. Mad Man fühlt sich stimmig an, Vegas wie die Augsburger Puppenkiste.

Ben and Kate

Hat eine Prämisse, die bei mir überhaupt nicht funktioniert: Alleinerziehende, verantwortungsbewusste Mama hat ein altkluges Kind und einen nervigen Bruder, der unerwartet bei ihr aufkreuzt, einzieht und Chaos stiftet. Dazu kommt noch ein Kollege, der in Mama verknallt ist und eine Kollegin mit britischem Akzent, die die lebenserfahrene, zynische Klischee-Schlampe gibt. Die üblichen körperfeindlichen Scherze gepaart mit der Figur des nicht-erwachsen-werden-wollenden Bruders … zwei Folgen haben gereicht.

Last Resort

Die Besatzung eines amerikanischen U-Boots bekommt den Befehl, Pakistan anzugreifen. Sie hinterfragen den Befehl – und sehen sich plötzlich als Ausgestoßene der Armee. Sie retten sich auf einen Nato-Stützpunkt auf einer Insel, wo sich die Figuren in wilde Gruppierungen teilen: Teile der Mannschaft, die die Aktion gerechtfertigt finden, Teile, die anderer Meinung sind, Inselbewohner, die der Mannschaft – oder Teilen davon – wohlgesonnen sind, andere, die das nicht sind … alles etwas wuselig und kreuz und quer, und bei mir bleibt nur das Gefühl eines Planspiels, aus dem eine Serie geworden ist. Die erste Folge fand ich toll, die zweite nervig, und bei der dritten habe ich ausgeschaltet.

Was ich die nächsten Monate so mache

Laut der LMU-Website ist die Zuteilung der Kurse durch; bei einigen steht in meinem elektronischen Stundenplan, von dem ich gebührend beeindruckt bin, zwar noch „Zuteilung noch nicht abgeschlossen“, aber das scheint eine Systemmacke zu sein. Daher fühle ich mich in allen Kursen aufgenommen, die ich mir gewünscht habe, so, zack, fertig. Vielleicht macht die Uni München damit gerade wieder gut, was sie mir angetan hat. Brave Uni.

Da ich immer noch lieber in Hamburg bin, wo ich Geld verdienen und den Kerl knutschen kann, als in München, wo die Versuchungen „bayerisches Bier“ und „Fußball“ locken, habe ich meine Stunden so komprimiert gelegt wie möglich. Wahrscheinlich werde ich das nach vier Wochen verfluchen, weil ich es nicht mehr gewohnt bin, acht Stunden lang am Stück aufmerksam zu sein, aber das kann ich ja im nächsten Semester besser machen. Dann sind Bier und Fußball bestimmt auch schon total langweilig geworden. Und München sowieso. Ist klar.

Einziger Ausreißer im Mammutprogramm ist der Dienstag: Dort habe ich gerade einen Kurs, und der beginnt um 12, weswegen ich bequem morgens in Hamburg in den Flieger steigen kann, um dann kurze Zeit später entspannt etwas über die Anfänge der Porträtmalerei im 14. und 15. Jahrhundert zu lernen. Diesen Kurs wollte ich dringender haben als jeden anderen, denn Menschenbilder sind toller als Kirchen, und die Renaissance ist schuld daran, dass ich überhaupt auf die Idee kam, Kunstgeschichte studieren zu wollen. Ich zitiere aus dem Vorlesungsverzeichnis:

„Im Zentrum des Seminars steht die Reflexion der Bedingungen, unter denen im 14. und 15. Jahrhundert die Entstehung des Porträts möglich war. Geographische Zentren sind die Niederlande und Italien, zuletzt auch das Gebiet des deutschen Reichs. Überprüft werden die Zusammenhänge mit den älteren, nicht autonomen Formen des Bildnisses (Stifterbild z.B.) und die möglichen Anregungen durch die Antike. Im 15. Jh. entstehen zunehmend individuelle Lösungen, so in Deutschland beispielsweise das Ehepaarporträt, die den zunehmend bürgerlichen Wünschen der Auftraggeber entsprachen.“

HACH!

Mittwoch ist dann der anstrengende Tag, den ich von 10 bis 19 Uhr an der Uni verbringen werde. Los geht’s mit Musikwissenschaften. Zunächst die Vorlesung „Einführung in die Neuere Musikgeschichte“, in Klammern 1700 bis 1830. In meinem Kopf heißt das: „kurz vor Wagner“. Die Einführungen sind eine Ringvorlesung; das heißt, sie gehen über vier Semester, und man steigt eben da ein, wo man einsteigen kann. Ich bin sehr gespannt, freue mich aber jetzt schon auf SoSe 2013, das in meinem Kopf „Wagner und danach“ heißt. Nach der Vorlesung kommt eine Übung zum gleichen Thema. Ich zitiere wieder:

„Als dritter Teil des vierteiligen Zyklus „Musikgeschichte im Überblick“ behandelt die Vorlesung die Zeit von etwa 1700 bis zu Beethoven und Schubert. Thematisiert werden die Grundlinien der Musikästhetik, von der Nachahmungsästhetik bis zur Romantischen Musikästhetik, und − jeweils exemplarisch anhand zentraler Komponisten und Werke − die wichtigsten Gattungen und Formen der Zeit: Da-capo-Arie und Opera seria, Opernensemble und Opera buffa, Streichquartett, Klaviersonate und Streichquintett, Variationsform, Symphonie und Klavierkonzert. Dabei sollen jeweils auch verschiedene Analysemethoden exemplifiziert werden.“

HACH!

Dann geht’s in die Kunst: Einführung Kunstgeschichte, Mittelalter/Frühe Neuzeit. Oder anders: 500 bis 1500. Auf die Vorlesung folgt ebenfalls eine Übung, an die sich noch ein Technikkurs anschließt, in dem wir wahrscheinlich lernen, wie man korrekt zitiert und wie die Bibliothek funktioniert. Das Zitieren dürfte sich in 20 Jahren nicht großartig geändert haben, aber ich lasse mein Wissen gerne noch mal auffrischen. Wobei ich bei der „Deern“ schon überlegt habe, wie man korrekt aus eBooks zitiert. Wir hatten damals ja nichts.

Auf den Donnerstag freue ich mich ebenfalls sehr. Einmal Kunst, zweimal Musik. Los geht’s mit der Messe in der Renaissance (hello again, Renaissance), wobei ich mich sehr freuen würde, wenn mir erstmal jemand erklärt, wie heute eine Messe funktioniert. Als Evangele habe ich ja keine Ahnung. Dann beschäftige ich mich mit französischen Skulpturen der Romanik, hauptsächlich im Burgund, und hoffe, dass meine rudimentären Französischkenntnisse mich nicht völlig im Stich lassen. Der Abschluss ist genau so toll wie der Anfang mit den Porträts, denn ich beschließe meine Studienwoche mit den Klaviertrios von Beethoven. HACH!

Ich ahne, dass ich irgendwann quengeln werde, das übliche eben, die Räume werden zu heiß sein, die Mitstudierenden nervig, die Vortragenden schnarchig, vielleicht merke ich auch schon im ersten Semester, dass das die dümmste Idee aller Zeiten war, wieder studieren zu wollen, kann sein, muss nicht, wäre toll, wenn’s nicht so wäre, aber das ist jetzt erst mal alles egal. Denn jetzt gerade sitze ich hier wie das sprichwörtliche Kind im Süßigkeitenladen und freue mir ein Loch in den dicken Bauch, dass ich es mir selbst ermöglicht habe, diese tollen Kurse belegen zu können. Es mir leisten zu können, für eine begrenzte Zeit zwischen zwei Städten hin- und herzuhüpfen und lernen zu dürfen. Scheiß auf die noch ausstehende Wohnungssuche und auf die Kontoauszüge, die mich in den nächsten Jahren wahrscheinlich an den Rand mehrerer Herzinfarkte bringen werden. Jetzt ist das gerade egal. Denn jetzt gerade bin ich unfassbar glücklich und sehr gespannt. Übermorgen geht’s los. Servus, München!

Links vom 11. Oktober 2012

Merle Stöver über Rape Culture. Ja, das ist wieder eines dieser bösen, feministischen Schlagworte, bei denen viele sofort aussteigen, aber lest euch den Artikel ruhig trotzdem mal durch. Er beginnt nämlich mit einer ziemlich schlauen Frage:

„Bei einem Gender-Training, das ich im Sommer geteamt habe, habe ich mal einen Einstieg gewählt, den ich vorher noch nie ausprobiert habe und der auch für mich als Teamerin eine ganz neue Situation geschaffen hat. (…) Ich habe dieses Gender-Training damit begonnen, zuerst die Männer zu befragen, wie sie sich vor Vergewaltigungen schützen.“

Und hört mit genau der Schlussfolgerung auf, die ich gerne jedem/r, der oder die Frauen vorwirft, im Minirock auf eine Party gegangen zu sein, auf die Nase tätowieren lassen möchte:

„Wir leben in einer Gesellschaft, die Frauen immer und immer wieder eintrichtert: „Pass auf, dass Du nicht vergewaltigt wirst!“, anstatt ein einziges Mal zu sagen „Vergewaltigt nicht, verdammt noch mal!““

Stefan Mesch über Futter für die Bestie: warum es so schwer ist, Bücher zu empfehlen, während das bei Filmen und Musik für Algorithmen und Freunde viel einfacher scheint.

„Nur Buchempfehlungen bleiben eine Königsdisziplin. Für Programmierer, für Freunde. Für Kritiker, für Buchhändler und Pädagogen.

Zum einen, weil Literatur oft träge 40, 80 Seiten braucht für einen fundierten ersten Eindruck – statt wie ein Song oder ein Film sofort im Lauf der ersten Takte/Bilder wesentliche Eigenheiten (und Schwächen!) zu offenbaren. Zum anderen, weil wir viel mehr Horrorfilme, Sängerinnen, Sitcoms oder Eiscremesorten in unseren mentalen Registern geordnet haben als z.B. New-York-Romane, Bücher über Mütter oder Texte aus dem vorletzten Jahrhundert.

Romane sind schwer zu „erkennen“, schwer zu „durchschauen“, schwer zu sortieren und schwer zu vergleichen; Empfehlungen sind Feinarbeit, Geschmacksprognosen fast Psychologie: Wie viele Spannungs-, Erotik-, und Anspruchs-Punkte verdient Hemingway? Reicht es zum „Tagestipp“? Wie lässt sich „Sommerhaus, später“ fassen? „Bildsprache: 83 Prozent. Satzrhythmus: 90 Prozent. Erzählfluss: 62 Prozent. Lesespaß: 78 Prozent“?“

Barbara Beyer in der Zeit über das moderne Regietheater an Opernhäusern:

„»Kunst definiert sich durch die Unwahrscheinlichkeit ihres Entstehens«, hat der Soziologe Niklas Luhmann einmal geschrieben, und der Dramaturg Carl Hegemann, der ihn zitiert, ergänzt: »Das Unwahrscheinliche ist in der Kunst wahrscheinlich geworden.« Dieses Dilemma betrifft selbstverständlich auch die Oper in ihrer derzeit gängigen Realisierungsform. Denn das einmalig Ereignishaftes, zum Beispiel schockierende Momente oder andere irritierende Phänomene, die einen so zu fesseln in der Lage wären, dass eine nachhaltige Wirkung entsteht, und denen man im Sinne Luhmanns einen Kunstcharakter zuzusprechen hätte, vermisst man bei vielen Aufführungen zusehends.“

In diesem Zusammenhang eins meiner Lieblingszitate der letzten Tage; ich weiß leider nicht mehr, wo ich es gelesen habe, es war ein Ausspruch eines Kindes (eines sehr schlauen, offensichtlich):

„Kunst ist, was kein anderer kann.“

Und als Rausschmeißer ein Artikel, den ich selbst noch nicht gelesen habe, aber der Einstieg klingt ziemlich gut. (Via Dirk von Gehlens Gezwitscher.)

„Separated from his older brother at a train station, five-year-old Saroo Munshi Khan found himself lost in the slums of Calcutta. Nearly 20 years later, living in Australia, he began a painstaking search for his birth home, using ingenuity, hazy memories, and Google Earth.“

Ein buchstäbliches Dankeschön …

… an Bettina, die mich mit Connie Palmens I.M. Ischa Meijer. In Margine. In Memoriam überrascht hat. Das Buch ist nicht mehr ganz neu; es erschien bereits 1999, und meine Lektorin hat mir davon auf einer Party ewig vorgeschwärmt. Mit Lektorgirl rede ich überhaupt viel über Bücher, während wir ebenso viel Wein trinken. Das ist immer sehr schön. Ich rede mit viel zu wenigen Menschen über Bücher. Punkt.

Vielen Dank für die Überraschung, ich habe mich sehr gefreut.

Links vom 6. Oktober 2012

Schöne Zitate, schöne Musik, schönes Projekt: Literary Jukebox. Zum Einkommen ein bisschen was aus Slaughterhouse-Five von, natürlich, Kurt Vonnegut:

„There is no beginning, no middle, no end, no suspense, no moral, no causes, no effects. What we love in our books are the depths of many marvelous moments seen all at one time.“

Ich hatte schon einmal auf die Virtual Concert Hall der Berliner Philharmoniker hingewiesen. Heute abend werde ich das Angebot mal testen, denn es gibt ein bisschen Wagner und die dritte Symphonie von Beethoven – für knapp zehn Euro (48-Stunden-Ticket). Es gibt allerdings auch noch weitere Ticketmöglichkeiten, so zum Beispiel einen monatlichen Zugang für knapp 15 Euro.

Wer Wagner bis jetzt eher mit dem blöden Walkürenritt und Krach und Lärm und Überlänge verbindet, könnte sich heute überzeugen lassen, dass das Vorurteile sind, denn es stehen das Siegfried-Idyll und die Wesendonck-Lieder auf dem Programm. Text und Noten zu letzteren stehen hier.

Backfisch mit Kartoffel-Gurken-Salat

Ich muss mich für die Fotoqualität entschuldigen, aber das entstand zwischen zwei Frittiergängen aus dem Handgelenk. Warum ich nicht wie sonst brav erst alles gekocht, angerichtet und dann siebzehn Motive zur Auswahl geschossen habe, werdet ihr verstehen, wenn ihr den Backfisch selbst produziert. So. Fantastisch. Lecker.

Das Rezept für den Backfisch stammt vom Kuriositätenladen, das Rezept für den Salat aus Tim Mälzers Buch Born to Cook – eins der ersten, das ich mir damals nach dem Foodcoaching anschaffte. War eine gute Wahl, denn die meisten Gerichte sind sehr einfach nachzukochen.

Von der unten stehenden Menge werden zwei Personen sehr satt.

Erstmal den Backteig ansetzen, denn er muss ein bisschen rumstehen. Dafür ganz formlos
200 g Mehl,
1 TL Backpulver,
1 TL Salz,
ordentlich schwarzer Pfeffer und
300 ml Bier vermischen.
Der Teig sollte nicht zu dünnflüssig werden, daher nicht gleich das ganze Bier reinkippen, sondern nach und nach und alles mit einem Schneebesen verrühren. 15 Minuten lang quellen lassen.

Währenddessen machen wir den Salat. Dafür
400 g Kartoffeln kochen und danach in mundgerechte Stücke verwandeln.
1/2 Salatgurke (ich nehme immer eine ganze) schälen, längs halbieren und die Kerne rauskratzen.
3 Schalotten in feine Ringe schneiden. Diese dann mit
150 ml Gemüsebrühe und
1 EL Weißweinessig aufkochen und fünf Minuten ziehen lassen.
1–2 TL grobkörnigen Senf unterrühren, salzen, pfeffern und alles über Kartoffeln und Gurken geben.

Ich habe den Senf mal weggelassen, weil … äh … der recht aromatisch ist und … äh … okay, ich hab ihn vergessen. Schmeckt auch ohne. Ich mag vor allem den leichten Essighauch sehr gerne.

In einem geeigneten Topf
neutrales Öl erhitzen. Bei mir ist das Sonnenblumen- oder Rapsöl.
400 g festfleischiges Fischfilet (bei mir Bio-Pangasius) in mundgerechte Stücke schneiden und salzen.

Die Stücke mit einer Gabel durch den Bierteig ziehen und frittieren. Sobald alles unwiderstehlich goldig ist, auf Küchenpapier abtropfen lassen und möglichst gleich servieren. Das mit dem „gleich servieren“ klappt bei mir nie, weil ich keinen Riesentopf Öl aufsetzen will und daher in Etappen frittiere, aber auch wenn zwischen den einzelnen Gängen ein paar Minuten liegen, bleibt der Teig noch knusprig.

Der Kerl ist diesem Rezept übrigens völlig verfallen und will demnächst Wiener Schnitzel in Bierteig statt in Panade. Ich ahne, dass wir irgendwann Frikadellen und Snickers frittieren.

< quote >

„Im Abendlicht am Horizont Kirchen, aus klobigen Steinen breit gegen alle Stürme gebaut, umgeben von großen Friedhöfen mit verwitterten Grabsteinen, die wie eine tausend Jahre alte steinerne Armee aufrecht um die Kirche standen. Schwarze Steinreihen, als wären sie aus dem Meer gestiegen, um die Kirche gegen die Walfischknochen und Harpunen zu beschützen. Walfängerfriedhöfe, sagte der Major a.D. in aller Gemütlichkeit, als habe er sich da schon seinen Platz ausgesucht und sei sehr zufrieden damit. Ein Friedhof nach dem anderen zog vorbei, ungeschmückt, eingehüllt in Totenstille, auf den Steinen Beschriftungen in einer vergangenen unverständlichen Sprache, wie er später feststellen sollte. Der Major a.D. ließ das Lenkrad los und verschränkte die Arme hinter dem Kopf.

Hier ruhen die Gebeine
eines wohlachtbaren Kapitäns
der sein Leben viel gewagt
vom 14. Jahre an mit Gott
der wilden See sich anvertraut
sein Schiff geführt als Grönlandfahrer
den Leviathan zu fangen
wagte er endlich hoffnungsvoll
über das schwarze Meer des Todes zu segeln
um zu ankern im himmlischen Jerusalem.

Nach einer eindrücklichen Pause nahm der Major a.D. wieder das Lenkrad: Die haben ihre Grabsteine schon vor der Ausfahrt bestellt. Eine vorbildliche Lebenseinstellung. Schon im Anfang das Ende bedenken. (…)

In der Dämmerung näherten sie sich der kaum sichtbaren Grenze zwischen Land und Meer. Die dunklen Wasser der Verdammnis, sagte der Major a.D., das Totenwasser, wie es hier heißt. Früher gingen hier alle jeden Morgen ans Ufer, um zu sehen, was das Meer angeschwemmt hatte, Reste von Schiffen und Schiffsladungen, und die Toten, jeden Tag brachte das Meer die Toten, das ist eine Toteninsel, in die Erde versinkende Gräber, von den Menschen verlassen, Vergessen und Einsamkeit und vergangene Zeit.“

Dieter Forte, Auf der anderen Seite der Welt

Gemüse aus dem Ofen

Das ist jetzt nicht wirklich ein Rezept, sondern mehr eine Erinnerung an den gesunden Menschenverstand, was man mit wenigen Zutaten so machen kann. Nämlich: großartiges Essen.

Alle Gemüsearten der Saison, auf die man Lust hat, auf ein Backblech werfen; bei mir waren es vor ein paar Tagen ein halber Hokkaido-Kürbis, drei Pastinaken, sechs ungeschälte kleine Kartoffeln, eine Zwiebel, zwei Knoblauchzehen und ein paar Zweige Thymian. Einen Schwung Olivenöl drüber, Meersalz, Pfeffer, Paprikapulver oder auf was immer du Lust hast. Das Blech bei 180° für 45 Minuten in den Ofen schieben. In der Zeit noch ein bisschen Kräuterquark anrühren. Rausholen, essen, glücklich sein.

Bei eher weichem Gemüse wie Blumenkohl würde ich die Backzeit etwas runterfahren, weil ich matschiges Gemüse doof finde. Und Cherrytomaten platzen sehr gerne und sauen das Innere das Backofens ein, daher empfiehlt es sich, sie zu halbieren.

Aus meinen Weight-Watchers-Zeiten weiß ich übrigens, dass ein winziger Teelöffel Öl für einen Berg Gemüse reicht, damit alles ein bisschen Farbe kriegt. (Gemüse und Öl in eine Schüssel mit Deckel, durchschütteln, aufs Blech werfen.)

Aus meiner Nach-Weight-Watchers-Zeit weiß ich allerdings, dass Minimum ein Esslöffel Öl besser schmeckt.

Links vom 3. Oktober 2012

Sehr spannende Geschichte aus der Washington Post über die „Lebenszeit“ einer 9-mm-Smith & Wesson, von ihrer Herstellung über ihren Verkauf, ihre Besitzer und ihre letzte Verwendung.

„The gun is useless now. It is tucked into a dirty plastic bag, which is stuffed inside a cardboard box, which is stored in the basement of the Prince George’s County Courthouse in Upper Marlboro. It is in the courthouse’s evidence vault, which used to be a jail cell, locked away. The room is musty. The door is solid. There are no windows and only one weak overhead light. But even in the dimness, it’s obvious the gun has been through a lot.“

Einer der Arbeiter bei Smith & Wesson ist Waffengegner, arbeitet aber trotzdem für diesen Hersteller, weil er keine andere Arbeit gefunden hat und er so überleben kann – “You know, a gun gives life as much as it takes it away,” says Slachetka, who has been there for 16 years. “I mean, it gives me a life.” – und er erzählt von seiner Arbeit:

„There are 1,500 workers at Smith & Wesson spread over two shifts, sometimes three. He has a cup of coffee. He punches a time clock. He makes his way across the old wooden floor to his work area, a bench he shares with two other workers. By 7, the noise begins. Sometimes they talk over it, sometimes they can’t. One time, when someone mentioned a movie poster he’d seen that featured Clint Eastwood and a Smith & Wesson .44 magnum, they wondered whether they had made the gun. Another time, after Slachetka had read an article about a local murder, he wondered whether they had made that gun. The others shrugged. “Well, it worked,” someone said, and that was the end of the conversation.“

Ich nenne es Arbeit“ – ein 24-Stunden-Protokoll über das Leben mit einem Kleinkind. Inspiriert wurde der Blogeintrag durch einen anderen: „Das ist doch keine Arbeit!“, in dem die Verfasserin genau diese Aussage widerlegt. Ein Kommentar fasst das ganze Dilemma der nicht-anerkannten Arbeit von Müttern und Hausfrauen sehr gut zusammen:

„“Wann arbeitest du eigentlich wieder” wurde ich x-mal in den letzten Monaten der Elternzeit gefragt. Ich war es zuletzt etwas leid, die Frage in “Wann ERWERBs-arbeitest du wieder” umzuformulieren bzw. zu erklären, warum ich sie nicht passend finde.“

Eine dicke TV-Journalistin bekommt eine Mail von einem Zuschauer, der ihr erklärt, dass sie ein Vorbild sei und deswegen bitte weniger fett zu sein habe. Die Mail fand ich sogar noch in einem recht vernünftigen Ton formuliert – da gibt es deutlich ekligere Ansagen an uns dicke Menschen –, aber im Kern ist sie genau das, als was die Journalistin sie bezeichnet: bullying. Sie antwortet dem Mailschreiber im Fernsehen. (Via Feministings bzw. Jessica Valentis Gezwitscher.)

Auch auf Mashable ist das Thema inzwischen angekommen, und auch dort laufen die üblichen Kommentare auf, wenn es um die Sichtbarkeit von dicken Menschen geht bzw. ihre angeblich verantwortungslose Haltung der armen Umwelt gegenüber. Ich fasse noch mal gerne zusammen:

– Niemand wird automatisch dick davon, wenn er oder sie einen dicken Menschen sieht. Wir sind nicht ansteckend.

– Das einzige, was du siehst, wenn du uns siehst, ist, dass wir dick sind. Du hast keine Ahnung davon, ob wir gesund sind. Das Argument „Wir machen uns ja nur Sorgen um dich und deine Gesundheit – vulgo: Ich mache mir ja nur Sorgen um meine Krankenkassenbeiträge“ ist keins. Nur weil ich mehr wiege, bin ich nicht krank. Genauso wie dünne Menschen nicht automatisch gesund sind.

– Dick zu sein und in der Öffentlichkeit zu stehen, macht Dicksein nicht automatisch zu etwas Begehrenswertem. Ja, das ist durchaus ein „Argument“ der armen, besorgten Arschlöcher. Sie nennen es „promoting a lifestyle“. Dank der Fetthysterie und der anerzogenen Abscheu vor dicken Menschen ist kaum etwas widersinniger als diese Quatschbehauptung.

– Es gibt dicke Menschen. Es gibt dünne Menschen. Es gibt große, kleine, schwarze, weiße, blonde, rothaarige, tätowierte, einbeinige, sechszehige, rollstuhlfahrende und was weiß ich noch. Komm damit klar und quatsch uns nicht voll.

Ein himmlisches Dankeschön …

… an Thies, der mich mit Der Wolkenatlas von David Mitchell überraschte. Normalerweise lese ich englischsprachige Bücher im Original, aber hier muss ich gestehen, dass ich beim Reinlesen das Gefühl hatte, meh, das könnte eher anstrengend als lohnend werden. Und wofür gibt es Übersetzer_innen? Hier hat Volker Oldenburg den Job erledigt und ich bin ziemlich auf seine Arbeit gespannt; beim Reinlesen in die deutsche Ausgabe hatte ich jedenfalls kein „meh“ im Kopf. Vielen Dank für das Geschenk, ich habe mich sehr gefreut.

Ein andersseitiges Dankeschön …

… an Birgit, die mich mit Dieter Fortes Auf der anderen Seite der Welt überrascht hat. Auf das Buch bin ich durch eine Rezension in der Zeit aufmerksam geworden, die sich mit Nichts Weißes von Ulf Erdmann Ziegler beschäftigte. Das besprochene Buch wollte ich danach nicht lesen, aber dem Hinweis auf Seite bin ich gefolgt. Hier ein paar Rezensionen vom Perlentaucher, die mich endgültig überzeugten, das Buch haben zu wollen. Und – jetzt hab ich’s. Toll. Vielen Dank, ich habe mich sehr gefreut.