Ein konstruktiver Vorschlag

Ach, wo wir gerade bei Büchern sind: Sohn I von Merlix weiß am besten, wie man die verdammten Dinger so im Regal ordnet, dass man sie wiederfindet. Eine wirklich gute Idee.

Bücher Januar 2012

So einen Monat hätte ich gerne immer: nur – tolle – Bücher. Und davon gleich ne Menge. Aber das scheint so ein Januar-Ding zu sein; wenn ich mir die letzten beiden Jahre so anschaue, lag im Januar immer ein recht großer Stapel am Monatsende zum Fotografieren bereit.

Hanns-Josef Ortheil – Das Verlangen nach Liebe

Der Klappentext zitiert Die Zeit, die meinte, dass Ortheil glücklich Buch nach Buch schreibe und an seiner Rolle als Kunst- und Liebesbeschwörer feile, und das fasst so ziemlich alle seine Bücher zusammen. Es passiert recht wenig, meistens wird gegessen, getrunken, geküsst, musiziert oder in Museen rumgehangen oder man redet über Essen, Trinken, Liebe, MusikBücherKunst, und dann ist das Buch vorbei, und ich bin satt und zufrieden.

(Leseprobe bei amazon.de.)

Judith Schalansky – Der Hals der Giraffe: Bildungsroman

Die Biologielehrerin Lohmark lebt in Mecklenburg-Vorpommern; sie unterrichtet Biologie seit gefühlten 100 Jahren, und sie hat sich ein Weltbild zurechtgezimmert, von dem sie nicht abweicht. Die Stärkeren werden gewinnen, Darwin hatte Recht, man kann sich nicht über alles aufregen, und was ich nicht sehe, passiert auch nicht. Das mag man als verbittert empfinden; ich habe es als „das war schon immer so und das bleibt so und das ist auch gut so“ empfunden. Eben eine kleine, eigene Insel; nicht unbedingt voll Glückseligkeit, aber eine, die Schutz bietet vor dem Wandel, die immer da ist, ganz gleich was passiert. Und dann ereignet sich eben doch etwas; eine Schülerin erregt Lohmarks Aufmerksamkeit, was ihr spanisch vorkommt. Auf einmal dockt die Insel am Festland an. Es passiert eigentlich nicht viel, die Giraffe ist mehr ein langer stream of consciousness, in dem Charaktere auf- und wieder abtauchen, aber mich hat das Buch absolut gefesselt. Ich mochte die sparsame Sprache, die an der Grenze zur Hartherzigkeit entlangschrammt, und ich mochte die Figur, um die sich alles dreht. Das heißt nicht, dass ich sie sympathisch fand, ganz im Gegenteil, aber vielleicht mochte ich das Buch deshalb so sehr. Weil es so weit von mir weg ist und mich trotzdem berührt hat.

(Kritiken beim Perlentaucher, Leseprobe bei amazon.de.)

Émile Zola – Der Bauch von Paris

Klassiker, über den ich, wie über die meisten Klassiker, kaum was sagen kann oder will. Vielleicht nur: Selten habe ich so gerne eine Buchseite über Käse gelesen, und ich habe mich gefreut, dass in dem Buch Dicksein als etwa Posititves empfunden wurde, auf das man neidisch war. Weil es sich eben nicht jeder leisten konnte, dick zu sein. Ich habe die Beschreibung der Metzgersfrau sehr genossen; wie sinnlich Zola ihre speckglänzenden Arme beschreibt, ihr gerötetes Gesicht, die Kraft, die in ihr steckt und die Gesundheit, die sie ausstrahlt. Las sich für mich als model- und Hollywooderzogenes Ding sehr ungewohnt und sehr schön.

(Volltext beim Projekt Gutenberg, wo leider, genau wie bei meiner verlinkten Ausgabe, kein Übersetzer_innenname angegeben wird.)

Eugen Ruge – In Zeiten des abnehmenden Lichts: Roman einer Familie

Das Buch, das ich euch von den Januarbüchern am dringendsten ans Herz legen möchte, wobei die Auswahl diesmal wirklich schwer fiel. Licht handelt von einer Familie – das lese ich ja grundsätzlich gerne –, deren Geschichte im 3. Reich beginnt, in der Sowjetunion und in der DDR weitergeht und schließlich im wiedervereinigten Deutschland und Mexiko endet. So ziemlich jedes Familienmitglied hat eine eigene Stimme und erzählt Begebenheiten aus seiner oder ihrer Sicht, was am Anfang ein bisschen kompliziert ist, vor allem, weil wir auch in der Zeit vor- und zurückspringen, was aber irgendwann ein äußerst feinteiliges und überwältigendes Bild ergibt, das mich sehr beeindruckt hat. Zuerst war mir diese oder jede Person sympatisch, dann hörte ich über sie aus anderem Mund etwas, und alles änderte sich, dann kam noch eine Perspektive, und wieder war alles anders. Es wird einem ständig der Boden unter den Füßen weggezogen, ganz so, wie es auch dieser Familie ergeht. Die deutsche Geschichte spielt auch eine Rolle, aber ich habe sie eher als sehr gut gestaltete Tapete empfunden. Das Drama kommt aus den Figuren, und die sind allesamt großartig. Licht hat 2011 den Deutschen Buchpreis gewonnen.

(Kritiken beim Perlentaucher, Leseprobe bei amazon.de.)

Thomas Pletzinger – Gentlemen, wir leben am Abgrund: Eine Saison im deutschen Profi-Basketball

Basketball ist mir total egal. Der Kerl hat ewig versucht, mich mit der NBA anzufixen, aber es hat nie funktioniert. Was ich an Fußball so mag: ein Spielaufbau, den ich optisch nachvollziehen kann und Regeln, die ich kenne. Was ich an Basketball verwirrend finde: dass es viel zu schnell ist und ich keine Ahnung habe, warum da gerade Foul gepfiffen wird. Auch nach Pletzingers Buch finde ich den Sport zu schnell, und ich verstehe die Foulregeln immer noch nicht, aber trotzdem gucke ich seitdem so ziemlich jedes Spiel von Alba Berlin, das übertragen wird. Und als Bayern-Vereinsmitglied gucke ich die jetzt natürlich auch.

Gentlemen entwickelt einen fiesen Sog, dem eine simple, aber äußerst effektive Dramatik zugrunde liegt. Wir fangen am Ende der Saison an, als Alba schon in den Play-offs um die deutsche Meisterschaft steht und gegen die Brose Baskets aus Bamberg antreten muss. Dann springen wir ein paar Monate zurück, begleiten die Jungs bei den Saisonvorbereitungen, im Training, bei den ersten Ligaspielen, beim Eurocup. Eine Halle reiht sich an die nächste, die Busfahrten hören nie auf, und ich hatte die ganze Zeit den Satz „You’re entering the world of pain“ im Hinterkopf, wenn Pletzinger sich den Muskeln und Knochen der Spieler widmet. Namen tauchen auf, verschwinden wieder, wir erfahren zuerst die Pointe und kriegen dann das Set-up, und all das zeichnet ein äußerst fesselndes Bild.

Man merkt dem Buch an, dass es jemand geschrieben hat, der weiß, wovon er redet. Pletzinger hat selbst Basketball gespielt, weiß, wie es sich anfühlt zu gewinnen, zu verlieren, knapp zu verlieren, so nah und doch so fern. Und dieses Wissen macht aus einer reinen Saisonbeschreibung eine Liebeserklärung an den Sport und seine Akteure, der man sich überhaupt nicht entziehen kann.

(Pletzinger liest und noch mehr Zeug bei KiWi)

Jan Brandt – Gegen die Welt

Es gibt Romane, die erschlagen einen einfach, nicht nur weil sie knapp 1.000 Seiten haben, sondern weil sie ein riesiges Panorama an Personen entwerfen, die sich auf ziemlich engem Raum konzentrieren. Gegen die Welt ist so ein Roman. So gut wie die komplette Handlung findet in Jericho statt, einem kleinen Dorf in Ostfriesland. Wir schauen einigen Jungen (und wenigen Mädchen) beim Erwachsen- und ihren Eltern beim Altwerden zu. Wer wie ich in so einem Dorf aufgewachsen ist und das auch noch in den 80ern, so wie die Hauptfiguren, für den ist das Ganze ein fieser Trip in die eigene Vergangenheit, auch wenn meine Mitschüler_innen netterweise nicht ganz so irre waren. Aber wer weiß? Ich habe nicht nach ihnen gegoogelt, und vielleicht ist ihnen genau so eine Story zugestoßen. Denn in Welt geht es nicht „nur“ um ein paar Lebensjahre, sondern gleich noch um Ufos, die Bibel, Musik, Treue, Liebe, Verlangen, Verrat, die Vergangenheit, die Zukunft und den Übergang in eine andere Dimension. Und noch mehr, aber das waren die Motive, die sich mir aufgedrängt haben und dafür sorgten, dass ich den Wälzer in wenigen Tagen durchgelesen habe. Und von mir aus hätte er 2.000 Seiten haben können.

(Kritiken beim Perlentaucher, Leseprobe bei amazon.de.)

Ernest Cline – Ready Player One

Ready würde ich fast in die Fantasy-Ecke stellen – eine Literaturgattung, mit der ich eigentlich wenig anfangen kann. Der Großteil des Romans spielt nämlich in OASIS, einer Simulation à la Second Life, aber natürlich viel toller und bunter und verlässlicher, und außerdem befinden wir uns circa 2045, wo ja eh alles anders ist. Fast. Denn der Erfinder von OASIS ist durch eben diese Erfindung unfassbar reich geworden, hat aber niemanden, dem er seine Kohle vermachen kann und ruft daher zu Ostereierjagd: Alle Avatare in OASIS dürfen sein Easter Egg suchen, das er programmiert hat und dessen Fund eine satte Erbschaft nach sich zieht. Klingt erstmal komisch: ein Buch über ein Videospiel, und das ist dann auch die Schwachstelle des Romans. Klar ist das lustig, dem üblichen „Gute Avatare gegen böse Avatare“ zuzugucken, und weil der Erfinder ein Fan der 80er Jahre war, steckt das Buch voller Anspielungen auf dieses Jahrzehnt. Das ist nett, aber der offensichtliche Versuch, möglichst viele Videospiele, Bands, Songtitel, TV- und Filmreferenzen aus dem Hut zu zaubern, überdeckt manchmal die Geschichte. Außerdem ist das Set-up in OASIS sehr erklärungsbedürftig, und diese Stellen verzögern den Lesefluss ziemlich. Trotzdem ist es spannend genug geschrieben, dass man sich durch die Bedienungsanleitung halt durchquält, weil man weiß, dass es danach wieder lustig bunt wird. Die Figuren sind leider auch eher Avatar-Qualität – sehr durchschaubare Biografien, sehr plakatives Schwarz-Weiß, nun ja.

Und eben das Genre: Ich habe meist Schwierigkeiten mit komplett ausgedachten Welten, weil man sich als Autor oder Autorin immer alles so schön hinlegen kann, wie’s passt. Klar, kann man in „realen“ Settings auch, aber bei Romanen, die in unserer Welt spielen, muss ich davon ausgehen, dass mein Gegenüber nicht plötzlich fliegen kann oder ähnliches. Deswegen fällt es mir schwer, mit Figuren in derartigen Büchern mitzufiebern, weil ich sie als genauso wenig echt empfinde wie ihre Umgebung. Wahrscheinlich hat mir deshalb auch der Teil des Buchs am besten gefallen, der außerhalb von OASIS stattfand.

(Leseprobe bei amazon.de.)

Katharina Greve – Patchwork – Frau Doktor Waldbeck näht sich eine Familie

Das erste Buch von Greve, Ein Mann geht an die Decke, habe ich schon geliebt, und Patchwork ist genauso wundervoll. Dieses Mal geht es um eine Transplantationschirurgin, die sich aus „Resten“ eine Familie zusammenklöppelt. Dass die etwas seltsamen Kreaturen es nicht unbedingt leicht haben, war ihr nicht ganz so klar wie uns, und so muss sich Frau Doktor Waldbeck überraschenderweise mit einer Boulevardzeitung auseinandersetzen, dem Rassisten von nebenan und irgendwie mit Nordkorea. Der Strich ist wieder sparsam, die Dialoge wieder auf den Punkt, und ich lege euch Greves zweites Buch genauso ans Herz wie ihr erstes.

(Leseprobe und weitere Links auf Greves Website freizeitdenker.de.)

Leif Randt – Schimmernder Dunst über CobyCounty

Auf den ersten fünf Seiten war ich äußerst irritiert über den oberflächlichen Stil, den ähnlich dahinplätschernden Inhalt, aber dann war ich plötzlich drin in CobyCounty, einem fiktiven Ort, an dem dauernd die Sonne im Meer glitzert, junge, schlanke Menschen Säfte trinken, als Literaturagent oder Grafikdesigner arbeiten, unverbindliche Affären haben und beim Sex über das richtige Adjektiv zur Gefühlslage nachdenken. CobyCounty flirrt auf jeder Seite und entwirft nebenbei das Bild eines unheimlichen Paradieses, das gleichzeitig anziehend und abstoßend wirkt. Mir hat die Sprache außerordentlich gut gefallen, weil ich bei jedem Wort das Gefühl hatte, dass genau dieses Wort und kein anderes hier hin gehört. Die Geschichte selbst hat mich kaum berührt, aber ich war sehr fasziniert von den präzisen Beschreibungen des Protagonisten.

Nebenbei: Das Buch sollte man als Buch lesen und nicht als eBook. Es ist weiß eingebunden mit einer silbernen Fläche auf dem Titel und geprägten Silberbuchstaben. Wenn irgendein Buch seinen ersten Eindruck von Stil und Tonfall einlöst, dann das hier.

(Kritiken beim Perlentaucher, Leseprobe auf amazon.de.)

Simon Borowiak – Wer Wem Wen. Eine Sommerbeichte

Ein passender Monatsabschluss. In Wer Wem Wen geht es genau darum: wer mit wem und wer hat wen? Zwei Freunde, Cromwell und der Ich-Erzähler, fahren mit der neuen Freundin von Cromwell auf eine winterliche Hütte (schon von Vornherein eine doofe Idee), wo der Erzähler sich als jemand outet, der ab und zu Tabletten braucht, wo Cromwell eigentlich schon beim Losfahren weiß, dass er ohne Freundin wiederkommen wird, was aber die Freundin noch nicht weiß, und wo sich noch drei weitere Menschen dazugesellen, die den Verlauf der Geschichte entscheidend beeinflussen. Die Story ist ziemlich schlicht, die Sprache alles andere als das. Genau wie bei CobyCounty ist sie für eine Grundstimmung zuständig, die ständig schwankt zwischen erzwungener Pärchenharmonie und hysterischen Ausbrüchen. Unter allem wabert eine hinterfotzige Depression, die sich gerne zu unpassenden Momenten Gehör verschafft, und alles zusammen ist schlicht unwiderstehlich.

(Leseprobe bei amazon.de.)

(Unter den Titeln bzw. Leseproben verbergen sich teilweise Amazon-Affiliate-Links)

Sinnensammlung

Die verehrte Frau esskultur sammelt seit einigen Wochen jeden Sonntag ihre Sinneseindrücke der Woche. Sollte man nie auf leeren Magen lesen. (Und verführt sehr zum Nachsinnieren.)

127 Hours

Die Geschichte von 127 Hours ist bekannt: Der Kletterer Aron Ralston (James Franco) stürzt bei einer seiner Canyon-Touren in eine Felsspalte; ein herunterfallender Stein klemmt seinen Arm ein, und er schneidet sich eben diesen nach den titelgebenden Stunden ab, um zu überleben. Die Story beruht auf einer wahren Begebenheit, so wie gefühlt alle unglaublichen Storys auf wahren Begebenheiten beruhen. Aber weil ich all das wusste, hätte ich nicht gedacht, dass mich der Film noch groß mitnehmen könnte: Ich weiß ja, wie er ausgeht.

127 Hours ist trotzdem sehr sehenswert, weil er die seelischen Nöte der Hauptperson clever bebildert, ohne auf Taschenspielertricks wie Voice-over zurückzugreifen. Stattdessen nutzt Regisseur Danny Boyle Arons Videokamera, seine Digiknipse oder seine erschöpften Träume als Sprungbrett für Geschichten, die uns mal aus der Felsspalte rausholen. Und obwohl ich wusste, dass ich irgendwann die Arm-ab-Szene zu sehen bekomme, hat sich mich sehr mitgenommen, obwohl sie relativ unsplatterig gefilmt wurde. Gut, dass ich den Film nicht im Kino gesehen habe, sonst hätten meine Sitznachbarn mir sicher eine reingehauen bei meinem zweiminütigen „Oh mein Gott oh mein Gott oh mein Gott“-Gequietsche. So war’s nur der Kerl, der besorgt ins Wohnzimmer kam und ziemlich genervt davon war, dass ich nicht gerade sterbe, sondern nur offensiv mit einem Film mitleide.

Den Bechdel-Test schenke ich mir mal bei einem Film, in dem zu 80 Prozent Herr Franco zu sehen ist.

Bridesmaids

So schön ich es finde, dass ausschließlich Frauen die Hauptrollen in dieser Buddy-Komödie spielen, so dämlich finde ich es, dass sie genau so dusselig und überzogen reagieren wie in den derzeit angesagten Buddy-Komödien. Genau deswegen kann ich die nämlich nicht ertragen. In 30-minütigen Serien-Set-ups wie The Office oder Up All Night finde ich es unterhaltsam, wenn die Portagonist_innen sich in Situationen manövrieren, die vor Peinlichkeit nur so stotzen. Auf zwei Stunden ausgedehnt, zerrt es ungemein an meinen Nerven. Bei Jungs allerdings mehr als bei Mädels, weil erstere gerne in Sexismen baden (Männergespräche, nudge-nudge).

In Bridesmaids (Brautalarm) wird „lustig“ gekotzt, gekackt und nebenbei eine Hochzeit geplant, was eigentlich egal ist, denn wir konzentrieren uns auf die Hauptfigur Annie, die gerade ihre Bäckerei in den Sand gesetzt hat, aus ihrem Appartement fliegt und wieder bei ihrer Mama einziehen muss und sich von einem Kerl ficken lässt, den sie bei klarem Verstand nur scheiße finden kann („but he’s so cute“). Wenn wir nur bei Annie geblieben wären, wäre wahrscheinlich ein banaler Chick-Flick dabei rausgekommen, den ich ähnlich zwiespältig gesehen hätte. So kann sie sich immer noch an ihrer direkten Konkurrentin um den Titel „Beste Freundin der Braut“ abarbeiten, was zu oben angesprochenen peinlichen Situationen führt. War alles okay, aber irgendwie total egal.

Was allerdings nicht egal war, war Melissa McCarthy als Megan, die als komplett gegen den Strich gebürstete Frau (vulgo: dick, ohne Make-up und unfeminin gekleidet) allen die Show stiehlt. Sie hat die besten Dialoge und ist die einzige Figur, die weiß, wer sie ist und was sie will. Und das kriegt sie dann auch immer. Als Nicht-Klischee. Das nehme ich mir mal als Botschaft mit.

Der Bechdel-Test:

1. Es müssen mindestens zwei Frauen mitspielen, die
2. miteinander reden
3. und zwar über etwas anderes als Männer.

Es spielen weitaus mehr Frauen mit als Männer, und sie reden miteinander auch über Freundschaften und ihr Leben, aber blöderweise ist das Set-up eben eine Hochzeitsplanung, und deswegen kommen wir um die Kerle nicht ganz rum. Und ich nehme es dem Film ziemlich übel, dass Annies größtes Problem ihr Liebesleben und nicht ihre Arbeits- oder Wohnsituation ist.

Bechdel-Test bestanden: ja, doch, schon.

„Es gibt im Leben etwas wie „mildernde Umstände“. Und es gehört zu der zynischen Logik des Lebens, dass meistens erst grausame Umstände zu mildernden Umständen führen. Bei jedem denkenden und fühlenden Wesen müsste mit dieser Erkenntnis alles in Schieflage geraten, was es früher über Gut und Schlecht zu wissen glaubte. Die Bibel irrt: Unsere Rede sei zwar ja, ja und nein, nein. Aber alles was darüber ist, ist nicht von Übel, sondern Weisheit. Und wenn hier schon jemand ausgespieen wird aus dem Munde des Herrn, dann bestimmt nicht derjenige, der mit seinen sieben Zwetschgen noch die feinen Unterschiede wahrnehmen kann und für den das Leben kein durchkartografierter Tortenboden ist. „Wer schreit, hat unrecht“, sagen sie. Und kommen nicht darauf, dass es auch heißen könnte: „Wer schreit, hat Schmerzen.“ Die Welt ist schon ein etwas subtilerer Sauhaufen.“

Simon Borowiak, Wer Wem Wen. Eine Sommerbeichte

„The opera novice“

Opernneuling Sameer Rahim schreibt im Telegraph in einer neuen Kolumne, wie es ihm als Novize ergeht:

„In a fit of self-improvement, I got out opera CDs from the library and listened with the libretto on my lap. But it was didn’t work: no matter how many times I listened to The Marriage of Figaro I always got distracted. Somehow I could hear that the music was impressive but I never felt it.

I also went to see some live. Knowing that I was taking an interest, a musical friend bought me tickets to a Prom of Verdi’s Macbeth at the Albert Hall. For whatever reason, though, nothing about the performance gripped me. In fact, I think I struggled to stay awake. After that I stopped trying. There was no point faking an interest in something that wasn’t truly touching me.

About a year ago, quite unexpectedly, something changed. I saw an advert on the Telegraph website for English National Opera’s production of Wagner’s Parsifal. I had never heard of this opera and had no idea what to expect but it wasn’t that expensive – £26, the price of a hardback book – and I had nothing better to do that Saturday, so I booked a ticket. Perhaps if I’d known then that Parsifal has the reputation of being Wagner’s slowest and most inaccessible opera I would have been a bit put off. Happily ignorant of this, though, I went along.“

„Die meisten Klienten besuchen uns gerne in der Agentur. Wahrscheinlich wegen des Kaffees und des Ausblicks. Wir empfangen sie nachmittags, sie essen etwas, sie trinken etwas, sie unterzeichnen Verträge. Ich würde nicht sagen, dass ich mit meinen Klienten befreundet bin, aber ich würde sagen, dass ich viel Verständnis für sie habe, auch für ihre Selbstzweifel. In der internationalen Presse kursiert seit Jahren die Ansicht, dass die Texte aus CobyCounty stilistisch zwar perfekt seien, dass ihnen jedoch der Bezug zu existenzieller Not fehle. Diese Haltung wird in Onlinemagazinen und Kommentarforen nachgeahmt. Und wenn Autoren noch sehr jung sind, dann lesen sie tendenziell viel in solchen Magazinen und Foren und laufen Gefahr, sich von diesen jederzeit abrufbaren Meinungstexten langsam zermürben zu lassen. Eine meiner wichtigsten Aufgaben sehe ich darin, die jungen Autoren auf die Lügen in den Digital- und Printmedien hinzuweisen: Zum Beispiel wurde auf der Webseite von Le Monde zuletzt behauptet, der Markt vertrage keine aufwendig gestalteten Bücher über Standpartys mehr. In Wahrheit wollen die Menschen aber noch viel mehr über gute Zeiten in CobyCounty erfahren, das zeigen nicht nur die Verkaufszahlen, das erklärt sich von ganz allein: Wer hier nicht lebt, will sich ein Leben hier vorstellen, und alle anderen wollen ihre eigenen CobyCounty-Erfahrungen mit den Erfahrungen in den Texten abgleichen.

Ein guter Agenturtag beginnt mit Kaffee und zwei Shortstorys. Nach der Mittagspause, die ich oft in einem Bistro für üppige Gemüsesuppen verbringe, schreibe ich E-Mails und führe Telefonate. Heute spreche ich mit Mattis Klark, der mein allererster Klient war. Er möchte nach seinem Debütroman nun einen Band mit kürzeren Texten veröffentlichen. Das Projekt ist einfach zu betreuen, es sind schlichte, leicht anrührende Geschichten über einen manisch-depressiven Highschoollehrer. Ich finde fast keine Fehler und kann Mattis für seine äußerst solide Orthografie loben. Er ist ein dankbarer, sonorer Typ, er zieht seinen Sohn alleine auf. Ich kündige ihm an, dass ich ihn auf eine Tasse schwarzen Tee besuche, sobald er mir auch die letzten beiden Erzählungen geschickt hat.“

Leif Randt, Schimmernder Dunst über CobyCounty

„Sag doch Schnucki zu mir“

„Sag doch Schnucki zu mir“ aus „Die Rose von Stambul“ von Leo Fall. Das singe ich jetzt zu jedem Bayernspiel. Vielen Dank an den stets charmanten Doppelhorn für den Hinweis.

(Direkt-Schnucki)

Drei Opern und ne DVD

Der Fliegende Holländer“ von Richard Wagner, Bayerische Staatsoper München, 8. Januar 2012, in der Inszenierung von Peter Konwitschny mit Kazushi Ono am Pult.

Mit Klaus Florian Vogt. Als Groupie fliegt man selbst für den ollen „Holländer“ nach München, den ich auswendig kann und in dem Schnucki auch nur die unaufregende und viel zu kleine Partie des Erik gesungen hat. Die aber dafür sehr schön, auch wenn man ihn in Bademantel und Adiletten kaum ernstnehmen konnte.

Generell mochte ich die Inszenierung aber recht gern; alte Schiffstaue trafen auf moderne Plastikstühle, die Mannschaft des Holländers war durch ihre altmodischen Kostüme schön abgegrenzt von den Norwegern, die ich irgendwo in den 60er Jahren verortet habe. Mit dem Bühnenbild des zweiten Akts kämpfe ich noch: Eigentlich findet er in einer Spinnstube statt, und es werden lustige Zeilen gesungen wie „Summ’ und brumm’, du gutes Rädchen, munter, munter, dreh’ dich um!“. Konwitschny hat aus Spinnrädern – Achtung – Spinning-Räder gemacht und lässt die versammelte Frauschaft in die Pedale treten. Das ist für fünf Minuten lustig, aber dann eher albern und ergibt auch vom Text her nicht mehr viel Sinn. Und weil wir eben im Fitnessstudio sind, kommt Erik aus der Sauna und trägt das oben erwähnte Outfit. Hm.

Richtig toll fand ich dagegen den Showdown der beiden Mannschaften. Das wird gerne im Hafen inszeniert, wo Norweger und Spinnerinnen sich über die fast unsichtbaren Holländer lustig machen und sie aus ihrem Schiff herauslocken wollen. Diesmal fand das Bullying in einer Kaschemme statt, wo sich beide Menschenhaufen nach und nach vermischten und sich so auch die Dynamik sehr sichtbar änderte. Anstatt zwei Teams gegeneinander ansingen zu lassen, infiltrierten quasi zuerst die Norweger die stumme Masse der Holländer – und dann kippte es plötzlich, passend zur musikalischen Übernahme, wo sich das Holländermotiv immer zwingender in die lustigen Weisen der Norweger mischt. (Nebenbei mein allerliebster Lieblingschor von Wagner. Jedesmal Gänsehaut. Kein Wunder, wenn sich 60 Männer vor dir die Seele aus dem Leib singen. Mitlesen?)

Das Schlussbild fand ich ebenfalls großartig. Erinnerte mich an alte Gemälde, schön düster, der Stimmung angemessen. Ich mag das sehr, wenn einen das komplette Ensemble zum Schluss anguckt. Das einzige, was ich zu bequengeln hätte, ist das leicht verschleppte Dirigat. Ich mag Wagner und vor allem den „Holländer“ gerne etwas zackiger, und hier klang es doch des Öfteren etwas auf Krampf hinausgezögert.

In dieser Spielzeit läuft der „Holländer“ leider nicht mehr, aber falls er nächste Saison nochmal im Programm ist: Den kann man sich angucken. Auch weil er netterweise ohne die überflüssigen zwei Pausen gespielt wird. Ich meine, lächerliche zweieinhalb Stunden Gesamtdauer. Da hat man sich als Wagnerianerin ja gerade erst hingesetzt.

Tosca“ von Giacomo Puccini, Deutsche Oper Berlin, 21. Januar 2012, in der Inszenierung von Boleslaw Barlog mit Matthias Foremny am Pult.

Mit Klaus Florian Vogt. Auf italienisch. Nun ja. Als Bayreuther Lohengrin hatte der Mann mich ja im Sturm für sich eingenommen, weswegen ich mir nach kurzer Amazon-Suche die einzige DVD bestellte, die bis dahin mit ihm zu kriegen war. Ich schweife mal kurz ab:

Rusalka“ von Antonín Dvořák, Aufzeichnung aus der Bayerischen Staatsoper München 2010, in der Inszenierung von Martin Kusej mit Tomás Hamus am Pult.

Grandiose Inszenierung, an die ich mich lange erinnern werde. Ich hätte nicht gedacht, dass man aus der Geschichte der kleinen Meerjungfrau eine Inzeststory à la Amstetten hinkriegt, aber es hat funktioniert. Kristine Opolais in der Titelrolle und (meine persönliche Neuentdeckung) Günther Groissböck als Wassermann singen alles an die Wand, was noch auf der Bühne steht, und das ist eben auch Vogt. Der darf zwar mit heruntergelassener Hose die Gräfin begatten, aber stimmlich ist er mir weniger im Gedächtnis geblieben. Deswegen hatte ich ein bisschen Angst, dass er nach dem eher verhaltenen Tschechisch auch mit Italienisch nicht so klarkommt, aber die Angst war unbegründet. Zurück nach Berlin:

Tosca“ von Giacomo Puccini, Deutsche Oper Berlin, 21. Januar 2012, in der Inszenierung von Boleslaw Barlog mit Matthias Foremny am Pult.

Genau wie als Lohengrin hat Vogt es geschafft, mir eine neue Facette seiner Partie zu zeigen; sein Cavaradossi ist nicht der übliche schmetternde Schmalztenor, sondern ein grüblerischer, zärtlicher Maler, der sich zögernd statt heldenhaft in seinen Tod fügt. Sein Abschiedslied „E lucevan le stelle“ hat mich dann auch endgültig gekriegt, und es sind ein paar Tränchen geflossen. Ich ahne allmählich, dass der Mann auch das abgelutsche „Nessun dorma“ singen könnte und ich würde heulen, weil es eben auf einmal neu und anders klingt als die ganzen Schmachtversionen, die ich kenne. (Aber Pavarotti kann das auch.)

Die Inszenierung ist alles andere als neu; sie stammt aus dem Jahr 1969 und so sieht sie auch aus. Plüschige Kostüme, goldiges Dekor, das einzig Moderne ist die Linienführung von Scarpias Büro, das gewollt gefluchtet aussah und von dem ich Kopfschmerzen gekriegt habe. War aber egal, denn es hat alles gepasst, und ab und zu mag ich traditionelle Inszenierungen wirklich gerne. Muss man sich wenigstens nicht mit Interpretationen abmühen. Das war alles schön und gut und wunderbar. Läuft garantiert noch 40 Jahre. Und alleine für die souveräne Geste, mit der Scarpia sein Weinglas an die Wand schmettert, würde ich es mir noch mal anschauen.

Lear“ von Aribert Reimann, Hamburgische Staatsoper, 24. Januar 2012, in der Inszenierung von Karoline Gruber mit Simone Young am Pult.

Meine zweite Begegnung mit moderner Oper, nachdem ich letztes Jahr Benjamin Brittens „The Turn of the Screw“ als Livestream aus Glyndebourne verfolgt hatte. Meine Reaktion nach wenigen Minuten, die sich auch bis zum Schluss nicht mehr änderte: wow. Ja, es ist etwas anstrengender als „klassische“ Opern, wobei ich persönlich Mozart und seine putzigen Szenarien anstrengender finde als diese – ich nenne es mal so – brutale Konfrontation, die ich Dienstag abend erlebt habe. Ich habe keine Melodie entdecken können, keine einzige Tonfolge, an der ich mich festhalten hätte können, kein Instrument oder Motiv für einzelne Personen, nichts.

Dafür durfte ich aber einen großartigen Text per Übertitel mitlesen und hervorragende Stimmen genießen. Allen voran Bo Skovhus als Lear, der nachvollziehbar vom arroganten König zum hilflosen Wahnsinnigen wird und der mich nicht nur stimmlich, sondern auch darstellerisch sehr beeindruckt hat. Seine drei Töchter haben mir ebenfalls sehr gut gefallen, und ich fand es schade, dass nur Hayoung Lee als Cordelia ihre verdienten Brava-Rufe bekommen hat. Mir persönlich ist Hellen Kwon als Regan stärker im Gedächtnis geblieben; ihre Partie besteht aus bergeweise wahnwitzigen Koloraturen, die sie wunderbar gehässig gesungen hat. Der einzige, der nicht singt, ist der Narr, was das ganze Stück noch irrationaler hat wirken lassen. In der Oper hat man sich ja damit abgefunden, jetzt zwei Stunden lang angesungen zu werden, und auf einmal eine Sprechstimme zu hören, hat mir sehr gut gefallen, weil es noch eine weitere scharfe Kante war in der sperrigen Musik.

Und noch ein wow: die Inszenierung. Pures Texterinnenglück. Auf die spärlichen Kulissen werden Worte und Sätze projiziert oder geschrieben. So dreht sich viel um das Wort „ich“, aus dem man genauso „Licht“ wie „Nichts“ machen kann, was die beiden Pole des Stücks schön beschreibt. Im zweiten Akt schreibt der Narr verschiedene Fassungen eines Satzes mit Kreide an ein schwarzes Tuch, indem er Buchstaben oder Worte auslässt: Wer ist der König? Wer ist er? Ist er König? Klingt simpel, war aber äußerst effektvoll. Und noch ein winziges bisschen Glück, von dem ich nicht weiß, ob es Zufall oder Absicht war: Lear wirft irgendwann einen Stiefel gegen dieses Tuch, wobei die weiße Kreide abstäubt. Hatte wahrscheinlich keinen tiefen Sinn, aber der fast spielerische Kreideregen war für mich ein kleiner Hoffnungsschimmer in der düsteren, verzweifelten Atmosphäre.

„Lear“ läuft leider nur noch dreimal in dieser Spielzeit. Also hin da. Wirklich. Generell würde ich euch ja alle gerne öfter in die Oper prügeln – WEIL’S TOLL IST –, aber wenn ich mir von den drei Opern eine aussuchen müsste, wäre es ganz klar der „Lear“. Vor allem, weil ich zum ersten Mal in meinem langen Opernleben einen Komponisten beklatschen konnte: Reimann kommt zum Schluss mit dem Ensemble auf die Bühne. Sonst guck ich ja nur Zeug von Toten.

Und noch ein Goodie: Die Kartenpreise fangen bei lausigen zehn Euro an. Zehn, Kinnings! Nix mit elitär und zu teuer. Gebt euch einen Ruck und der Oper eine Chance und macht die Hütte voll. Das hat der „Lear“ nämlich verdient.

Flammkuchen mit Birne, Ziegenkäse und Radicchio

Gestern sollte es ein fixes Mittagessen geben, da meine Zeit zwischen Agentur, Home Office und Opernbesuch etwas knapp bemessen war. Daher wollte ich – gasp – mit Tiefkühlteig arbeiten. Wobei: Bei Blätterteig habe ich damit keine Probleme, den habe ich noch nie selbst gemacht. Warum dann nicht auch Flammkuchenteig? Immer schön pragmatisch bleiben.

(Und wenn mein Supermarkt tiefgekühlten Flammkuchenteig gehabt hätte, wäre der sogar auf dem Foto. So isses Pizzateig. Schmeckt auch.)

Für ein Persönchen

1 Stück TK-Flammkuchenteig mit einer Mischung aus
1–2 EL Crème fraîche und
1 Eigelb

dünn bestreichen. Belegen mit

1 Birne, in dünne Spalten geschnitten,
1 Rolle Ziegenkäse, zerbröckelt,
1 Schalotte, in dünne Ringe geschnitten, und
Rosmarin.

Nach Packungsanleitung backen. Danach noch

1–2 Blätter Radicchio, zerzupft, und
Balsamico

darübergeben und feddich.

„Unter Freunden“

Das SZ-Magazin über eine Asienreise der Berliner Philharmoniker:

„Die Berliner Philharmoniker, 128 müde Musiker aus 25 Nationen, ihr Chefdirigent Simon Rattle, dazu Orchesterwarte, der Intendant, die Pressesprecherin, der Arzt, omnipräsent mit seinem schwarzen Köfferchen, sie alle stehen am Gepäckband des Pekinger Flughafens und warten. Von Berlin-Tegel sind sie gekommen. Peking ist die erste Station der Asientournee des Orchesters. Fünf Städte werden sie in 19 Tagen besuchen, zehn Konzerte spielen, Mahlers 9. Symphonie, Anton Bruckners 9., Maurice Ravel und Toshio Hosokawa, den Japaner, der ein Hornkonzert für das Orchester komponiert hat.

Von Peking wird es nach Shanghai gehen, von da nach Seoul, nach Taipeh und am Ende, knapp drei Wochen später, nach Tokio.

Und während sie warten, kriechen Arbeiter in den Bauch des Lufthansa-Jumbos »Duisburg«, der gechartert ist, um das Orchester auf dieser Reise zu fliegen. Der Bauch war warm, den ganzen Flug über geheizt auf 23 Grad, 8500 Kilometer lang, damit die Instrumente nicht leiden, damit der Leim der Celli nicht aufquillt, der Kontrabässe und Bratschen. Ein Vermögen sind sie wert, diese 162 Kisten mit »gebrauchten Instrumenten«, wie es in den Frachtpapieren steht. Sie werden auf Paletten geladen und mit Lastwagen in die Konzertsäle Asiens gefahren, die sie füllen sollen mit dem Klang, für den das Orchester in der Welt das beste der Welt genannt wird.“

Mittagessen für alle

Anstatt Menschen auf der Straße zu fragen, welche Musik sie gerade hören oder warum sie was tragen, fragt Sebastian Dickhaut, was es zu essen gibt. I like.

Zwei Lesungen mit mir und der „Deern“

Ich lese am 27. Februar in Kiel und am 29. März in München. Nähere Infos verstecken sich unter den Links, die euch auf die Deern-Website führen. Ich hoffe, ihr seid dabei.

Karamellbutter mit Fleur de Sel

Ja, nee, ist klar. Da schreibt Little Jamie einfach irgendwas von gesalzener Karamellbutter auf Facebook und postet auch noch ein Foto davon und gibt mir auf Nachfrage das Rezept und dann muss man noch acht Stunden in der Agentur sitzen anstatt Butter und Zucker zu schmelzen? FOLTER! Aber irgendwann war der Arbeitstag rum, und danach habe ich das da gemacht.

Der Schmackofatz ist babyeinfach herzustellen und totaaal multifunktional. Warm und noch flüssig stelle ich mir das herrlich auf Vanilleeis vor. Oder in Jogurt gerührt. (Nee, lieber Eis.) In festem Zustand könnte man die Butter auf irgendwas Brotiges streichen. Man könnte sie aber auch einfach so aus dem Glas löffeln. Sach ich mal so. Hab ich natürlich nicht gemacht. *hust*

Für zwei kleine Gläser

200 g Kristallzucker mit
4 EL Wasser

bedecken. Alles in einem kleinen Topf bei mittlerer Hitze aufkochen, bis der Karamell goldig wird. Das dauert so fünf bis zehn Minuten, und weil man die Pracht nicht bei fieser Flamme vor sich hinschmelzen lässt, ist die Gefahr gering, dass man den Moment verpasst, in dem der Karamell noch wie Karamell schmeckt und nicht wie angebrannter Topfboden. Wichtig beim Aufkochen: nicht umrühren. Wirklich nicht. Einfach in Ruhe lassen und nebenbei ein bisschen lesen oder singen. Jedenfalls nicht umrühren.

Wenn es einem goldig aus dem Topf entgegenblubbert, eben diesen vom Feuer ziehen und nach und nach

1–2 gute Prisen Fleur de Sel und
100 g ungesalzene Butter

in Stücken einrühren. Wenn sich die Butter nicht so recht mit dem Zucker verbinden will, den Topf wieder auf die Flamme schieben und weiterrühren. Zum Schluss

2 gute EL Mascarpone unterrühren und die Pracht in ausgekochte Gläschen umfüllen.