If I had to do the same again, I so fucking would, my friend

Naja, fast. Ich würde vorher darüber nachdenken, was es bedeutet, sich in einem Bierzelt mit 3.000 Menschen darin mit seinem Gegenüber verständigen zu wollen. Und dass, wenn das Stimmchen eh schon nachlässt, man nicht unbedingt auch noch in einem zugigen Stadion Lieder singen bzw. den Namen seines Lieblingsspielers extremst laut in die Nacht brüllen sollte, auch wenn der gute Mann nicht nur ein, sondern gleich zwei Tore schießt. Aber andererseits: Dann muss diese Woche der Gesangsunterricht eben mal ausfallen. Und meine Kolleg_innen müssen mir Mails schreiben anstatt mit mir zu telefonieren.

Das war sehr schön, das alles da. Was mich selbst am meisten überrascht hat. Und ich bin sehr gespannt, ob sich der charmante Begleiter in knapp zwölf Monaten an seinen verhängnisvollen, launig rausgehauenen Satz erinnert: „Das machen wir nächstes Jahr wieder. Aber dann ich in Lederhose und du im Dirndl.“

Count me in.

Pistazienspätzle

Und gleich noch ein Rezept aus der essen & trinken hinterher. Die Spätzle sind im Heft zwar nur eine schnöde Beilage zu einem äußerst schmackhaft aussehenden Rehragout, aber meiner Meinung nach kann man sie auch prima ohne Fleisch essen.

Erstmal den Spätzleteig machen. Für ein Persönchen dafür
1 Ei,
1 Eigelb,
100 g Mehl, Type 405,
50 ml Mineralwasser (Leitungswasser tut’s auch) und
1 gute Prise Salz

zusammenrühren und mit einem Holzlöffel zu einem glatten Teig verschlagen. Diesen 30 Minuten ruhen lassen. In der Zeit kann man sich um den Rest des Futters kümmern: das Pistazienpesto und die Haselnusspetersilie, die zum Schluss über alles kommt. Dafür, total schwierig,

10 Haselnüsse und
5 Stiele Petersilie grob hacken.

Fürs Pesto
eine gute Handvoll Pistazien mit
2–3 EL Öl im Zerkleinerer oder Mörser zu Pesto verarbeiten.

Den Teig nach der Ruhezeit in Spätzle verwandeln; ob ihr nun hobelt, presst oder schabt, ist wurscht. Nicht wurscht: Die fertigen Spätzle aus dem kochenden Salzwasser direkt in eiskaltes Wasser schöpfen und gut abtropfen lassen. Dann in einer Pfanne bei mittlerer Hitze in

einem Klecks Butter

ein paar Minuten bräunen lassen. Irgendwann das Pistazienpesto dazukippen, kurz vor Schluss die Haselnuss-Petersilien-Mischung.

Ich fand das alles sehr angenehm und ein kuscheliges Sonntagsfresschen; ich habe allerdings vor lauter Haselnüssen kaum noch was von den Pistazien geschmeckt. Daher würde ich beim nächsten Mal auf die Nüsse verzichten und die doppelte, wenn nicht gar dreifache Menge an Pesto machen. Petersilie geht natürlich immer, und die fand ich hier auch sehr schön frisch und passend.

“Do you suffer from decision fatigue?”

Ich zitiere Herrn Svensson, in dessen G+-Stream ich den Artikel aus dem NYT Magazine gefunden habe: „Ein großartiger Artikel darüber, was Willenskraft und Entscheidungsmüdigkeit mit Glucose zu tun hat und mit Diäten, Begnadigungsanhörungen und Süßigkeiten an der Supermarktkasse.“

„The brain, like the rest of the body, derived energy from glucose, the simple sugar manufactured from all kinds of foods. To establish cause and effect, researchers at Baumeister’s lab tried refueling the brain in a series of experiments involving lemonade mixed either with sugar or with a diet sweetener. The sugary lemonade provided a burst of glucose, the effects of which could be observed right away in the lab; the sugarless variety tasted quite similar without providing the same burst of glucose. Again and again, the sugar restored willpower, but the artificial sweetener had no effect. The glucose would at least mitigate the ego depletion and sometimes completely reverse it. The restored willpower improved people’s self-control as well as the quality of their decisions: they resisted irrational bias when making choices, and when asked to make financial decisions, they were more likely to choose the better long-term strategy instead of going for a quick payoff.“

Bayerischer Wurstsalat

Ein Rezept aus der neuen essen & trinken, das hervorragend zu meinem momentanen Fleischgieper passt, der sich turnusmäßig eingestellt hat und in wenigen Tagen wieder weg ist.

Ich habe längst nicht die Menge gemacht, die das Rezept haben wollte, sondern es gedrittelt. War eine gute Mahlzeit für zwei Menschlein. Und beim nächste Mal ersetze ich die Wurst durch Kartoffeln, denn das Dressing und der ganze restliche Kram schmecken gemeinsam verdammt lecker.

Für 4 bis 6 Portionen eine Menge Zeug klein- bzw. in Scheiben schneiden und in einer Schüssel vermischen. Genauer gesagt:

2 gelbe Paprika (bei mir orangefarbene),
2 rote Zwiebeln,
8 Radieschen,
8 Cornichons,
600 g Regensburger oder Lyoner Wurst,
8 Stiele Petersilie und
1 Bund Schnittlauch.

Dazu gibt’s ein Dressing aus
5 EL Apfelessig,
100 ml Geflügelfond (bei mir Gemüsebrühe),
2 EL Sonnenblumenöl,
1 EL mittelscharfem Senf,
Salz, Pfeffer und einer Prise Zucker.

Alles gut vermischen und für mindestens eine Stunde im Kühlschrank durchziehen lassen. Dann auf das 18.30-Uhr-Spiel der Bayern warten und beim Fernsehen essen.

Stern des Südens

Wenn ich mein Herz verschenke, dann richtig. Daher bin ich seit heute Besitzerin eines Mitgliedsausweises beim besten Fußballclub der Welt (isklar). Neben dem Ausweis lag noch ein Schal mit meinem Namen drauf im Willkommenspaket, ein Pin und die neue Ausgabe vom Bayern-Magazin mit Herrn Ribéry vorne drauf. Vielen Dank.

Ich hätte da nur noch eine Frage: WIESO IST NICHT SCHNUCKI AUF MEINEM AUSWEIS?

(Memo to me: auswendig lernen.)

Ein gewichtiges Dankeschön …

… an Natalia, die mich mit Susann Sitzlers Bauchgefühle: Mein Körper und sein wahres Gewicht* überrascht hat. Die Vorschau für das Buch hatte mir meine Lektorin von Monaten mal mit der Bemerkung geschickt: „Da, deine Konkurrenz.“ Nach dem ersten Reinlesen würde ich sagen: Es ist genug Platz für uns beide in euren Bücherschränken. Vielen Dank, ich habe mich sehr über das Geschenk gefreut.

*Affiliate Link

Im Buchhandel

– „Kann ich Ihnen helfen? Suchen Sie was Bestimmtes?“
– „Nö, ich guck nur.“

*hust*

(Das ist ein sehr großartiges Gefühl, das. Danke, Weiland im Mercado/Altona.)

Konfettiwochenende

Morgens in den Zug nach Dresden gestiegen. Die ganze Zeit aufs Elbpanorama gefreut, das mich bei der letzten Anfahrt so begeistert hatte, nur um gut vier Stunden später festzustellen, dass entweder der Bahnhof oder die Elbe versetzt wurde oder dass ich beim letzten Mal aus einer anderen Richtung gekommen bin – kein Elbpanorama, keine Arme, keine Kekse.

Es sind zehn Grad mehr als in Hamburg, es ist stickig, gelbliches Licht liegt über der Stadt. Das Intercity-Hotel ist dafür auf Hamburger Verhältnisse runtergekühlt, ich bekomme ein Öffiticket in die Hand gedrückt, freue mich darüber und nutze es sofort, um mit der 8 oder der 9 in Richtung Zwinger/Semperoper/Grünes Gewölbe und was da noch alles rumsteht zu fahren. Tramfahren! Jeder Tag ist ein guter, an dem man Tram fahren kann.

Der Zwinger ist, im Gegensatz zum letzten Mal, schön voll. Zehn Euro zahlen, nur um zwei Raffaels anzugucken: ich. Im Stechschritt durch die flämischen Meister, ein hilfloser Blick an den Wänden entlang, schließlich frage ich: die italienische Renaissance? und werde freundlich in die richtige Richtung geschickt.

Ein kleiner abgetrennter Bereich weist auf die Sonderausstellung „Himmlischer Glanz“ hin: „Raffael malte die große, mehr als drei Meter hohe Altartafel der „Madonna di Foligno“ 1512, bevor er im gleichen Jahr von Papst Julius II. den Auftrag zur „Sixtinischen Madonna“ erhielt. Beide Gemälde standen also vor circa fünf Jahrhunderten mutmaßlich zeitgleich in Raffaels Atelier und werden jetzt erstmalig wieder vereint.“ Ich bin verzückt von den Engelchen der Sixtinischen Madonna, obwohl ich damit gerechnet habe, sie eher belanglos zu finden, weil ich sie von Keksdosen und Kitsch kenne, und verzaubert von den Farben der Madonna di Foligno. Alles ist erleuchtet.

Ein kleiner Bummel an den restlichen Exponaten vorbei, nichts, was mich fängt außer dem Heiligen Sebastian von Regnier, der ein ständiger Gast in Dresden ist. Wieder raus, ein dickes Lächeln im Gesicht, Zwinger, Semperoper, Grünes Gewölbe, wunderschön, das Licht, die Luft, nur gut gelaunte Menschen, und in 90 Minuten bin ich schon wieder hier, um mir Dvoraks Rusalka in der Inszenierung von Stefan Herheim anzuschauen.

Zurück ins Hotel und opernfein machen. Theoretisch. Die schwarzen Schuhe vergessen, weswegen ich zu schwarzem Hemd und Hose meine weißblaupinken Nikes trage. Der Dresscode der restlichen Besucher ist allerdings teilweise noch legerer, was mich erstaunt und erleichtert. Ein kurzer Einführungsvortrag erklärt mir, dass heute abend nicht Rusalka die Hauptperson ist, sondern der Wassermann: Er steht stellvertretend für „den Mann“, der sich mit „den Frauen“ auseinandersetzt, mit den Vorstellungen, die er von ihnen hat und damit, wie sie ihn damit kleinkriegen. Ich bin ein bisschen quengelig, weil ich mit dem üblichen Aufmarsch von Huren und Heiligen rechne, aber schauen wir mal.

Huren und Heilige habe ich dann auch bekommen, und so ganz überzeugt hat mich die Deutung nicht, aber scheißegal. Denn was ich noch bekommen habe: wieder einiges, was ich so noch nie in der Oper gesehen hatte. Schon der Anfang hat mich erwischt. Sonst so: Das Saallicht erlischt, die/der Dirigent_in kommt in den Orchestergraben, freundliches Klatschen, Stille, Ouvertüre, Vorhang hoch, los geht’s. Hier so: Das Saallicht wird gedimmt, bleibt aber an, der Vorhang geht auf, und die Handlung beginnt einfach mal ohne Musik. Und mittendrin geht sie dann los, ohne dass ich mitbekommen hätte, dass der Dirigent reingekommen ist. Und wie in Herheims Parsifal, der mich völlig fertiggemacht hat, passieren auch hier wieder lauter Dinge, die ich erst mitbekomme, wenn sie passiert sind. Außerdem tanzen Gummipuppen und Barhocker, Spiegel schieben sich vor Gebäude, eine U-Bahnstation ist ein Blumenladen, der Förster ist ein Kiffer, die Nixen schweben anstatt zu schwimmen, irgendwann tauchen Wasserwesen im Saal auf, und plötzlich regnet es rotes Glitzerkonfetti auf das Publikum. Ich muss mich beherrschen, nicht zwischendurch zu klatschen oder kurz mal „Ihr seid alle irre, aber meine Güte, macht das alles Spaß!” in Richtung Akteure und Akteurinnen zu brüllen, weil es so herrlich ist, so frisch und aufregend und überhaupt nicht märchenhaft-schnarchig, und gleichzeitig so poetisch und tieftraurig. Wundervolle Stimmen, tolle Inszenierung. In der Pause stehe ich mit Sektglas und Zur-Feier-des-Tages-Zigarette zwischen Oper und Zwinger, die nachts beleuchtet sind, gucke um mich rum auf die ganze Historie vor und hinter mir, atme tief ein und aus und ein und aus und bin glücklich.

Beim Rausgehen ein bisschen Glitzerkonfetti aufgehoben und ins Portemonnaie gesteckt.

Im Hotel Twitter nachlesen; viele Menschen haben die Nudeldicke Deern in der Post und freuen sich oder sie schon durchgelesen und freuen sich. Ich lese Tweets und freue mich noch mehr und poste die bekannteste Arie aus Rusalka.

Der nächste Morgen wirft mich früh aus dem Bett, ein Taxi bringt mich zum Flughafen. Der Taxifahrer weist mich auf das Elbpanorama hin, und ich bin versöhnt. Außerdem erzählt er mir, dass Dresden die höchste Geburtenrate Deutschlands habe. Kein Wunder. Hier scheint sich’s aushalten zu lassen.

Eine gute Stunde später bin ich in München, wo die Lufthansa uns launig ein „zünftiges G’suffa“ wünscht. Mein charmanter Begleiter und ich telefonieren erstmal 20 Minuten, bis wir uns gefunden haben. „Du musst links rausgehen!“ – „Welches links?“ Dann fahren wir in die älteste Brauerei der Welt, um zu frühstücken. Ich esse das erste Mal im Leben Käsespätzle zum Frühstück, verstehe den Kellner nicht, weil er eine Mischung aus kroatisch und bayerisch spricht, bin aber sowieso weichgekocht, weil wir die ganze Zeit mit Humtata aus dem Lautsprecher begleitet werden.

Der Spaziergang im botanischen Garten führt zur ersten Niederlage meiner Nordischkeit, als ich zugeben muss, dem bösen Münchener Regen nichts Adäquates entegegenzusetzen zu haben. Meine schnuffige Kapuzenjacke ist eine Memme, aber mein Begleiter hat nicht nur zwei Regenjacken, sondern auch noch einen Schirm dabei. Ich lerne erstaunt, dass es einen Lebkuchenbaum gibt, wir amüsieren uns über Zieräpfel in der Größe von Mirabellen und verstehen nicht, warum Rosen nicht immer Rosen heißen.

Auf der Autobahn beginne ich Musik zu schätzen, von der ich nie gedacht hätte, dass ich sie mag, was daran liegen könnte, dass sie herrlich laut ist, und Musik kann ja nie laut genug sein. Wir brüllen uns bis nach München an, ich bekomme eine Quasi-Stadtführung aus dem Auto heraus, die an der Säbener Straße endet, beim Trainingsgelände von Bayern München. Der Begleiter ignoriert die geschlossene Schranke, ich peer-pressure-Küken stolpere hinterher, und wir werden beide zu Recht von irgendeinem Aufpasser angeschnauzt. Der Verein ist mir sofort unsympathisch, aber das hält nur 30 Sekunden, bis ich durchs Fenster drei fette Europapokale erspähe.

Bei Kaffee und Käsekuchen werden dann bei ihm Stoppuhren ignoriert und Münchener Reiseführer gewälzt, wir diskutieren die Theorie, dass Frauen immer frieren („Frauen frieren nur, wenn sie nichts essen, und außerdem zieht dein Backofen.“ – „Ja, der ist ein bisschen psychotisch drauf.“), die größten kulturellen Errungenschaften, auf die wir nicht verzichten wollen („Bayreuth“ – „Champions League“), und dann ist es schon Zeit, um sich zur Kneipe aufzumachen, wo das Spiel Schalke-Bayern übertragen wird. Wir verteidigen tapfer unsere Plätze gegen allzu zutrauliche Menschen, Currywurst und Bier für ihn, Bier und Bier für mich, zweimal Torjubel, und ich verleihe Petersen den Ehrentitel Schnucki 2.

Die Zeit reicht kaum noch für einen anständigen Abschied, aber ich hysterische Zu-früh-am-Gate-Seierin habe Angst, den letzten Flug zu verpassen. Wieder alles richtig gemacht, denn die Gepäckschlange ist ziemlich lang, und ich bin zehn Minuten vor Boarding am Gate, wo gerade die Aufschrift blinkt, dass der Flieger eine halbe Stunde Verspätung habe.

Ich bin voll mit Eindrücken, Stimmen, Melodien (und Bier) und gucke nur noch still nach draußen ins nasse Dunkel. Ohne Musik auf den Ohren. Ohne Twitter zu checken. Ohne alles. Nur da sein und satt sein und glücklich sein.

Und ich habe jetzt immer Konfetti dabei.

Julie & Julia

Julie Powell arbeitet 2002 als Versicherungsangestellte in New York und muss sich den ganzen Tag Geschichten von Menschen anhören, deren Angehörige in den Türmen umgekommen sind. Sie wohnt mit ihrem Ehemann in einer Wohnung, die ihr auf die Nerven geht, sie fährt ewig U-Bahn, um irgendwo hinzukommen, und ihre Freundinnen gehen ihr auf den Zeiger mit ihren beruflichen Erfolgen. Das einzige, was sie entspannt und ihr Freude bereitet, ist kochen. Und so beschließt sie eines Abends, das Standardwerk von Julia Childs, Mastering the Art of French Cooking, nachzukochen. Alle 524 Rezepte in 365 Tagen, festgehalten in einem Blog. Julie & Julia erzählt diese Geschichte.

Was den Film so charmant macht, ist, dass er zusätzlich auch noch die Story von Julia Childs erzählt – oder zumindest einen Ausschnitt davon, nämlich die Jahre, in denen sie als Ehefrau eines Diplomaten in Paris lebte und eher aus Langeweile denn aus Berufung anfing, kochen zu lernen. Ihr Ehrgeiz war relativ schnell geweckt, und so sehen wir sie kiloweise Zwiebeln hacken, um ihre Technik zu verbessern, mit dem Fischhändler schäkern, obwohl doch alle Franzosen so brummig sein sollen, und wir sehen sie vor allem beim Essen. Beim Genießen. Beim Schwelgen in guten Zutaten und das in Bilderbuchfrankreich. Bei Julie in New York ist es nicht ganz so bilderbuchmäßig, aber auch bei ihr sehen wir päckchenweise Butter in Pfannen verschwinden, Sahne, die aufgeschlagen wird, einen Kühlschrank voller Köstlichkeiten und immer wieder der selige Gesichtsausdruck, wenn sie an Kräutern schnuppert oder neugierig den Topfdeckel hebt.

Julie & Julia erzählt von zwei unterschiedlichen Frauen unterschiedlicher Generationen, schafft es aber, beide so zu verbinden, dass es nie spinnert rüberkommt, wenn Julie erzählt, dass ihr Julia quasi über die Schulter guckt. Beide arbeiten an ihrer Ehe bzw. müssen mit Problemen privater Natur klarkommen, beide suchen nach einer Karriere, beide wollen energisch den Erfolg. Und beide werden von ganz wundervollen Schauspielerinnen dargestellt (Amy Adams und Meryl Streep), wie überhaupt der ganze Film voll ist mit wunderbaren Schauspielerinnen. Die wenigen Männer sind ebenfalls großartig, allen voran mein heimlicher Schwarm Stanley Tucci als Julias Ehemann.

Einen Nachteil hat der Film allerdings: Man kann ihn nicht anschauen, ohne dabei etwas essen zu wollen. Bevor ihr die DVD einlegt, am besten eine Platte mit Crostinis paratstellen. Und eine Cremespeise. Und Sekt. Oder wenigstens eine Runde belegte Brote.

Bechdel-Test bestanden?

1. Es müssen mindestens zwei Frauen mitspielen, die
2. miteinander reden
3. und zwar über etwas anderes als Männer.

Ich würde zu Jein tendieren. Obwohl beide Hauptpersonen weiblich sind, reden sie natürlich nicht miteinander, weil ihre Geschichten 40 Jahre auseinander liegen. Die jeweils wichtigen Bezugspersonen sind ihre Ehemänner (not that there’s anything wrong with that). Julies Freundin darf, wenn ich mich recht erinnere, in zwei Szenen Stichwortgeberin spielen, aber Julia hat immerhin noch ihre Co-Autorinnen für ihr Kochbuch. Spontan hätte ich die Frage nach dem Test mit Ja beantworten wollen, aber so ganz hundertprozentig ist es dann doch nicht. Aber 99%.

Leserinnenzuschrift

Die folgende Mail bzw. der Ausschnitt daraus ist die erste Reaktion von jemandem, den ich nicht kenne und der (bzw. die) mir einfach so schrieb. Ich habe mich sehr, sehr gefreut. Und jetzt bin ich ein paar Minuten lang fett stolz auf mich.

„Liebe Anke Gröner,

gestern ist die “Deern” bei mir eingetrudelt und gerade habe ich die letzten Sätze gelesen – ein paar Tränchen sind geflossen, teils aus Schmerz, teils weil ich laut lachen musste.

Danke für dieses Buch!“

Die „Deern“ und die Post

Wer sein signiertes Exemplar noch nicht hat, der darf auf mich zickig sein, denn ich habe mich beim Porto einen Hauch verguckt. Ich habe brav auf Größe und Gewicht des Briefs geachtet, aber die Höhe (DIE HÖHE!) schmählich vernachlässigt. Deswegen trudeln einige der liebevoll verschickten Bücher wieder bei mir ein, und ich verpacke sie neu und klebe wildes Porto drauf oder knibbele, wie eben, mit einem äußerst freundlichen Postmenschen die Aufkleber für zuwenig Porto ab und haue Restporto drauf und lasse die Briefe gleich da, damit sie hoffentlich morgen bei euch sind.

Wer schon eine „Deern“ hat, weiß jetzt, dass er oder sie nette Zusteller_innen hat. Alle anderen wissen immerhin, dass sie einen extrem normgerechten Briefkastenschlitz haben, in den nix über zwei Zentimeter Höhe passt, nicht mal ein schönes Buch, das blöderweise zwei Millimeter zu hoch ist für 1,45 Euro.

Entschuldigung.

Ralph Bollmann: „Walküre in Detmold“

„Anders als in Berlin herrscht in München eine klare Hierarchie der Opernhäuser. Die Staatsoper für den Glanz und die großen Namen, der Gärtnerplatz für das Volk. Weil in der sozial weniger gespaltenen Gesellschaft Münchens auch ganz normale Leute ins Theater gehen, bleibt der Spielraum für Experimente begrenzt. Berlins Komische Oper wollte stets ein Musiktheater für alle sein, in dem verständlich auf Deutsch gesungen wird und die Stoffe ganz alltagspraktisch auf die Bühne kommen, zuletzt auch gerne provokant, was zu einem Austausch der Zuschauer führte. Jetzt ist das Publikum dort jünger und intellektueller. Das konnte nur funktionieren, weil es in Berlin ein bodenständiges Opernpublikum kaum gibt – und wenn, dann geht es in die großen Häuser. Die sogenannten kleinen Leute wollen auf der Bühne nicht ihren Alltag sehen, sondern heile Welt, gern Operette. Damit muss ein Intendant am Gärtnerplatz stets rechnen, ohne deshalb ins Anspruchslose abzukippen. Zuletzt klappte das nur bedingt, auch weil die Personalpolitik des Hauses nicht glücklich war.

Ausnahmsweise entscheiden wir uns deshalb für eine alte Produktion, Friedrich von Flotows Martha in der Inszenierung von Loriot, die 1986 in Stuttgart Premiere hatte und seit 1997 in München läuft. Das ist Opernmuseum, in diesem Fall aber gutes Museum. Die Aufführung funktioniert noch immer. Der Kellner, der im Waldrestaurant mit seiner Spucke die Tische putzt, während die anderen Liebesarien schmettern; der ungerührt die Stühle auf die Tische räumt; der vergeblich der Festgesellschaft die Rechnung zuzustellen sucht: Das ist eine Figur wie aus den klassischen Sketchen des Humoristen. Hier auf der Opernbühne weiß man nicht genau, ob das eigentlich noch Loriot ist oder schon Christoph Marthaler, der später die Ästhetik des deutschsprachigen Theaters mit ähnlichen Pathosbrüchen prägte.

Loriot erfindet zwei Hauptfiguren hinzu. Er belässt die Handlung in England, verlegt sie aber in die Entstehungszeit des 1847 uraufgeführten Stücks. Am Schluss thront daher Queen Victoria als riesiger, gluckenhafter Teewärmer über einer nicht minder bauchigen Kanne, dazu spielt das Klavier God save the Queen. Der zweite Gast ist Richard Wagner, inspiriert durch den Umstand, dass die männliche Hauptfigur Tristan heißt und Loriot den Komponisten ohnehin verehrt. Der „sächsische Tondichter“, wie es auf dem Besetzungszettel heißt, sitzt in der zentralen Biergartenszene auf der Bühne. Er wird auch musikalisch zitiert, den ersten Auftritt Tristans begleitet der einschlägige Akkord. Loriot greift in die Musik ein, mehrfach sogar. Bei Flotow darf er das, der mecklenburgische Singspielautor und zeitweilige Schweriner Opernintendant zählt nicht zu den Unantastbaren des musikalischen Olymp. Aber was, wenn es jemand umgekehrt machte und im Tristan unvermittelt singen ließe: „Martha, Martha, du entschwandest“? Nicht auszudenken.

Als wir das Theater verlassen, laufen in den Wirtshäusern die Fernseher. Wenig später hat Bayern München das Finale der Champions League verloren. Nach dem Abpfiff endet der sonnige Tag mit einem überraschenden Regenschauer. Die enttäuschten Fans lassen sich die Laune nicht verderben und kommen mit ihren nassen Bayern-Schals noch auf ein Helles in die Schankstube. Wir sitzen an blanken Holztischen, essen unter einer herrlichen Stuckdecke unser saures Lüngerl. So schön kann Bayern sein.“

Ralph Bollmann, Walküre in Detmold (Affiliate-Link), Klett-Cotta 2011, S. 274/275.

Das Buch erwähnte ich bereits einmal; jetzt habe ich’s durchgelesen und würde es euch allen gerne schenken, so großartig fand ich’s. Man muss nicht mal Opernfan sein, ja eigentlich muss man noch nie in die Oper gegangen sein, um das Buch trotzdem zu genießen. Es macht ein bisschen mehr Spaß, wenn man grob weiß, wer so Jungs wie Verdi oder Wagner waren, aber notfalls hilft ein kurzer Blick in die Wikipedia weiter.

Der Inhalt hört sich simpel an: In Deutschland gibt es 81 Opernhäuser, und Autor Bollmann guckt sich in jedem Haus eine Aufführung an, manchmal auch mehrere. Er beschreibt kurz die Höhepunkte oder die Dinge, die ihm aufgefallen sind; meist bekommt ein Haus nicht mehr als ein oder zwei Seiten im Buch. Den Rest der knapp 300 Seiten füllt er mit kleinen Ausflügen in die spezielle Geschichte zum Haus oder dem Ort, an dem es steht. Ich habe viel erfahren über den deutschen Föderalismus, die Kulturförderung, den Anspruch von Publikum und Kunstschaffenden, der nicht immer auf einer Linie liegt, und über viele Orte, Landschaften und Sehenswürdigkeiten, die bisher an mir vorbeigegangen sind. (Ich muss ganz dringend nach Sachsen-Anhalt! Wer hätte es gedacht.)

Ich fand den Stil sehr wohltuend und passend; kein doofes Bildungsbürgergequatsche, kein elitärer Opernsnobismus. Ganz im Gegenteil: Ich behaupte, dass auch Leute, die vorher dieser Kunstform so gar nichts abgewinnen konnten, sich jetzt vielleicht doch mal so einen Quickie wie Tosca mit ihren lausigen zwei Stunden Spieldauer anschauen wollen, weil Walküre so herrlich nahbar ist. Jedenfalls wünsche ich mir das. Genauso wie ich mir wünsche, dass Bollmann ne Menge Exemplare von diesem kleinen Schmuckstück verkauft.

„Kein Text über Oenning“

Aber dafür ein sehr schöner Text über Michael Oenning (Trainer vom HSV) und Thomas Schaaf (Trainer von Werder Bremen). Beim Freitagsspiel:

„Oen­ning schaut mich an, einen solch trau­ri­gen Blick habe ich nie­mals zuvor bei einem Trai­ner gese­hen. Ich weiß nicht, ob ich weg­se­hen soll, oder ob ich mich der Fas­zi­na­tion beuge. Da zeigt sich jemand für einen Moment offen, dem bewusst sein muss, in welch expo­nier­ter Lage er sich befin­det, die­ser Blick trägt die Schwere der Situa­tion, und leich­ter wird es an die­sem Tag nicht mehr, der HSV wird erneut ver­lie­ren, gegen Wer­der Bre­men. Ein Punkt aus fünf Spie­len, das ist eine Haus­num­mer, und sie ist nied­rig.“

Balsamicozwiebeln

Normalerweise haue ich einfach angebratene Zwiebeln auf mein Kartoffelpüree, was für mich eine eins-a-Hauptmahlzeit ist. Überhaupt ist Kartoffelbei meiner Meinung nach ein völlig unterschätztes Gericht; ich mache es quasi dauernd, wenn ich nicht wirklich Lust auf großes Kochen habe, aber viel Geschmack haben möchte. Was gibt es Besseres aus Kartoffeln, Butter, Sahne und Salz als Kartoffelpüree?

Aber seit ich dieses Rezept beim Kuriositätenladen gefunden habe, esse ich es kaum noch pur oder nur mit schnöden Simpelzwiebeln. Stattdessen krönen jetzt Balsamicozwiebeln mein Leibgericht.

Babyeinfach. Für eine kleine Anke

4 bis 5 rote Zwiebeln in feine Streifen schneiden.
Einen ordentlichen Klacks Butter (ORDENTLICH) in der Pfanne schmelzen lassen, Zwiebeln,
1 Zweig Thymian,
Salz und
schwarzen Pfeffer dazugeben und alles ungefähr 30 Minuten bei kleiner bis mittlerer Hitze anbraten, ihr kennt euren Herd besser als ich. Die Zwiebeln sollten nicht braun, sondern nur glasig werden. Regelmäßig umrühren, dann brennt auch nichts an. (Sollte es jedenfalls nicht.)

Nach den 30 Minuten
3 EL Balsamico und
1 guten TL braunen Zucker

in die Pfanne geben. Alles weitere 30 Minuten braten, weiterhin brav öfter umrühren. Je länger die Zwiebeln in der Pfanne bleiben, desto mehr Aroma können sie aufnehmen. Der Essig sollte irgendwann verkocht und die Zwiebeln eher trocken sein – und dann kann man die Köstlichkeit auf Püree hauen, auf Käsebrote, auf pures Baguette oder von mir aus auch auf eine Tafel Hachez. Vorher noch den Thymianzweig aus der Pfanne rauspicken.

Wer mehr macht (siehe die Mengenangaben bei Steph), kann die Zwiebeln auch in Gläser füllen. Ich habe die obige Portion locker alleine weggeputzt bzw. nur noch einen winzigen Rest für den nächsten Tag übrig gehabt. Schmeckt kalt übrigens noch besser als warm. Gekühlt halten sie sich übrigens laut Steph für einen Monat, aber so lange haben sie es bei mir noch die durchgehalten, die waren immer eher weg.

Mein gestriges Gespräch mit DRadio Wissen ist jetzt auch online zu hören.