Hempelchen & Grönerchen

Herr Lassmann bat um einen Gasthempel, und der Bitte bin ich natürlich gerne nachgekommen. Er hat meinen Text etwas geändert; ich mag meinen lieber, aber seine Pointe ist viel besser als mein Kuschelende.

Das hier war der Ausgangstext:

Das Hempelchen schrub ein Gedicht,
Das Pempelchen fand’s widerlich:
„Die doofe Gleichheit des Vokals,
Der Reim zum einhundertsten Mal,
Das ist doch alles blöder Quatsch.“

„Was soll denn das heißen, du Clown? Pamp mich hier nicht an.“

Das Hempelchen war schwer entsetzt,
weil Pempelchen so böse ätzt.
„Die hohe Kunst! Kultur! Du weißt
doch gar nicht, was gut schreiben heißt!
Ich hau dir jetzt den Kopf zu Matsch.“

Woraufhin Pempelchen erstmal ein Bier öffnete, um Freund Goethe zu besänftigen.

Und so sieht das ganze im Bild aus.

Bücher November 2010

Anne Tyler – Noah’s Compass

Och. Naja. Noah plüscht so vor sich hin, auch wenn’s brutal losgeht: Der gerade in Pension geschickte Liam zieht in ein neues Appartement, wird dort überfallen und niedergeschlagen, wacht im Krankenhaus auf und kann sich nicht an den Überfall erinnern. Immerhin weiß er noch, dass er zweimal verheiratet war und drei Töchter hat, und die besuchen ihn auch und kümmern sich um ihn (oder auch nicht), und das ist alles irgendwie nett und beschaulich und es geht um Erinnerungen und Vergangenheit und wie sie logischerweise die Gegenwart beeinflusst, und dann kommt noch eine weitere Frau dazu und man liest das alles mit freundlichem Interesse, und gerade, als man sich dann wirklich für alle Figuren begeistert hat, kommt ein seltsames Ende, und man hat wochenlang keine Lust, eine richtige Besprechung zu dem Buch zu schreiben. Och. Naja.

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(eBook) Stephenie Meyer – Twilight

Wie ich bereits twitterte: Endlich habe ich den Sinn des iPads gefunden, denn damit kann ich im Bus unerkannt richtigen, richtigen Schrott lesen. Denn Twilight ist unfassbarer Schrott, aber wie ich ebenfalls bereits twitterte, man kann nicht damit aufhören. Twilight ist das literarische Äquivalent zu chipsessend Soaps guckend, aber selbst Soaps haben bessere Dialoge, und selbst Chips haben mehr Gehalt. Ich fand den Film ja schon anstrengend, aber das Buch ist noch viel schlimmer. WIE ICH BEREITS TWITTERTE (eigentlich müsst ihr dieses Blog gar nicht mehr lesen): Jungfrauenporneaux. Und während ich im Film immerhin den Eindruck hatte, dass Bella diejenige wäre, die in der Beziehung zu Edward die Hosen anhat, klingt das im Buch ganz anders. Da sagt Männe, wo’s langgeht und vor allem, wie weit alles geht, und Bella denkt die ganze Zeit darüber nach, wie unwürdig und hässlich und ungeschickt und doof sie ist. Ganz tolles Empowermentbuch für die 13jährige Leserin. Die Dialoge sind noch hölzerner als im Film, und vor allen Dingen gibt es so – unglaublich – viele von ihnen. Und alle sagen auf zwei Doppelseiten, was man auch in zwei Zeilen hätte sagen können, wenn man denn gewollt hätte. Wie gesagt: unfassbarer Schrott. Sofort den zweiten Teil aufs iPad gezogen.

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(eBook) Stephenie Meyer – New Moon

100 Seiten länger als Twilight – 100 Seiten mehr schlimme Dialoge. Diesmal immerhin mit Werwolf Jacob, der deutlich öfter als Blassbacke Edward ohne Hemd rumläuft (bitte den Clip angucken, das ist mein liebster YouTube-Twilight-Schnipsel ever, der so wunderbar die Zielgruppe illustriert) und eine Körpertemperatur hat, die näher an Bellas liegt. Sollte eigentlich also ein no-brainer sein, wem Bella ihr Herzelein schenkt, ist aber natürlich alles totaaaal kompliziert, du. Ich muss gestehen, dass ich das Buch genauso verschlungen habe wie den ersten Teil, auch wenn ich dafür den Kopf ziemlich ausschalten musste, um nicht dauernd mit Rotstift an den digitalen Seitenrand zu pöbeln: „Halt die Klappe! Du! Und du auch! Haltet alle die Fresse und kriegt euer Leben gebacken! Und du, Bella, hör mit diesem Märtyrerscheiß auf, schick den memmigen Beißer in die Wüste und geh studieren. Herrgottnochmal.“ Der dritte Band ist schon auf dem iPad, aber ich brauch erstmal eine Pause und ein richtiges Buch.

(Leseprobe bei amazon.de)

Miguel de Cervantes (Ludwig Braunfels, Übers.)– Don Quijote

Der Bücherfragebogen hat mich mit dieser Frage auf ein Buch gestoßen, das seit Jahren in meinem Regal auf mich wartet. Die Frage lautet: Welches Buch wolltest du schon immer lesen? Und als ich sie beantwortet hatte, habe ich mich gefragt: Ja, warum liest du das Ding denn nicht endlich?

Ich hab’s versucht. Und ich habe knapp 400 der 1.000 Seiten mit wenigen Hängern auch gerne gelesen, aber dann hat’s mir gereicht. Die Grundgeschichte kennt hoffentlich jede_r: Don Quijote ist ein kleiner Adliger, der nichts lieber tut als Ritterbücher zu lesen. Er wird darüber verrückt und bildet sich nun ein, selbst ein Ritter zu sein. Sein altes Pferd wird Rosinante getauft, eine Bäuerin aus dem Nachbardorf wird in seinem Kopf zu Dulcinea, der schönsten aller Schönen und seine Herrin, für die er auszieht, um Abenteuer zu erleben, und ein Bauer namens Sancho Pansa fällt auf sein Geschwafel von Reichtum, Gold und Glück herein und folgt ihm mit seinem Esel. Beim Lesen der Windmühlengeschichte, die sehr früh im Buch kommt, musste ich das gleiche denken wie bei der Madeleine-Episode bei Proust, die auch auf den ersten, na, 50 Seiten von 5.000 kommt: Bis hierhin haben’s alle gelesen, und dann hat’s jede_r weggelegt.

Ich mochte an Don Quijote, dass es nicht, wie ich erwartet hatte, ein Abenteuer nach dem nächsten ist. Ganz im Gegenteil, es werden Geschichten eingestreut, die ihm erzählt werden, und die werden teilweise unterbrochen und drei Kapitel später fortgesetzt. Dinge passieren, die 100 Seiten danach nochmal aufgegriffen werden. Das Ganze ist eigentlich wirklich hübsch, aber ich muss zugeben, dass mir irgendwann die über 100 Jahre alte Übersetzung von Ludwig Braunfels auf die Nerven gegangen ist. Wahrscheinlich auch, weil ich wusste, dass gerade vor wenigen Jahren eine Neuübersetzung von Susanne Lange erschienen ist, die sich deutlich besser liest, ohne etwas vom Charme der 400 Jahre alten Sprache zu verlieren. Leider kostet die Neuübersetzung satte 68 Euro, und ich muss zugeben: Das war mir Herr Quijote dann doch nicht wert. (Edit, nach zwei Wochen drüber Nachdenken: bestellt. Man gönnt sich ja sonst nix.) Jetzt noch nicht. Vielleicht später, denn irgendwie juckt’s mich ja doch in den Fingern, ein weiteres Werk der Weltliteratur durchzulesen. Aber nach soviel Kultur musste wieder Schrott sein:

(eBook) Stephenie Meyer – Eclipse

Ich muss zugeben: Den fand ich jetzt nicht so albern wie die ersten beiden Bände. Natürlich quatschen immer noch alle zu viel: Sämtliche Männer, die ich jemals in meinen Leben getroffen habe, seien es Beziehungen, Kollegen oder Menschen im Bus, haben zusammen nicht so viel geredet wie Edward und Jacob, wenn sie Bella ihre Gefühle erklären. Ich finde es völlig unverantwortlich, armen 13-Jährigen vorzugaukeln, die Jungs würden gerne ihr Innenleben diskutieren und auch gerne nochmal und nochmal, wenn Bella mal wieder zweifelt. Trotzdem: In Eclipse passiert wenigstens mal was: Jacob entdeckt seine Ahnen, die Vampire müssen gegen ihre eigenen Leute kämpfen, und Bella darf mehr knutschen als je zuvor. Habe ich von allen dreien am liebsten gelesen. Bis auf die drohende Hochzeit, weil das mal wieder doof war. Aber was reg ich mich auf, ich lese schließlich Twilight und nicht Cervantes. Selber schuld.

(PS: TEAM JACOB!)

(Leseprobe bei amazon.de)

Blumenkohl-Panna-cotta mit Olivenkrokant

Das Gericht habe ich beim Rebelote Supper Club gegessen und mir sofort das Rezept erbeten. Das kam per Mail, und Google verrät mir, dass es aus der Essen & Trinken stammt. Vielleicht sollte ich das Heft doch mal kaufen.

Für sechs Personen als Vorspeise. Das Gericht besteht aus der Panna cotta, einem Dressing und Olivenkrokant. Wir fangen mal mit der Panna cotta an.

400 g Blumenkohl in kleine Röschen zerteilen und mit
60 g Schalotten in
30 g Butter in einem Topf bei mittlerer Hitze zwei bis drei Minuten andünsten, ohne dass das Gemüse Farbe annimmt. Mit
4 EL Noilly Prat oder anderem Wermut ablöschen. Den Alkohol verkochen lassen und
450 ml Sahne in den Topf geben. Mit
Salz,
Pfeffer und
Muskat abschmecken und 15 Minuten köcheln lassen, bis der Blumenkohl weich geworden ist.
15 g Agar-Agar in
80 ml Weißwein anmischen und zwei Minuten vor Ende der Kochzeit zur Blumenkohlsahne geben und mitkochen lassen. Alles pürieren und in sechs Förmchen à 150 ml abfüllen. Mehrere Stunden, am besten über Nacht, fest werden lassen.

Für die Bohnen-Vinaigrette
100 g dicke grüne Bohnenkerne vier Minuten lang in Salzwasser blanchieren, abgießen und die Bohnen aus ihrer Haut pellen.
1 Tomate häuten, entkernen und in kleine Würfel schneiden.
1 rote Zwiebel in feine Ringe schneiden. Dann ein Dressing zubereiten aus
5 EL Chardonnay-Essig,
5 EL Rapsöl,
1 TL Zitronenschale. Bohnen, Tomatenwürfel und Zwiebeln zur Vinaigrette geben und mit
Salz und
Pfeffer abschmecken.

Für das Olivenkrokant
60 g schwarze Oliven gut abtropfen lassen und sehr gut trocken tupfen. Grob hacken und nochmals trocken tupfen. Auf einem Backblech im auf 120° vorgeheizten Ofen 50 bis 60 Minuten trocknen, dann im geschlossenen Ofen auskühlen lassen.
40 g Zucker in einer Pfanne karamellisieren lassen und die Olivenstückchen unterrühren. Die Masse auf ein mit Backpapier ausgelegtes Blech geben, eine zweite Lage Backpapier darübergeben und circa zwei Millimeter dünn ausrollen. Abkühlen lassen, Backpapier entfernen und in circa zwei Millimeter große Stückchen hacken.

Nebenbei: Die Ikea-Teelichthalter sind hervorragende Panna-cotta-Förmchen.

Die Küchenbrigade hat gestern gekocht:

– Gemüsiges Fingerfood mit Ingwerdressing
– Suppe aus gerösteten Paprika mit Balsamico-Reduktion
Blumenkohl-Panna-Cotta mit Olivenkrokant
– Ravioli mit getrockneten Tomaten und Basilikumbutter
Himbeer-Cantuccini-Parfait

Und ich hab kein einziges Foto gemacht und viel zu viel Wein getrunken.

Himbeer-Cantuccini-Parfait

Das Rezept stammt vom Kochblog-Urgestein Chili und Ciabatta, wo es mit Heidelbeeren zubereitet wird. Ich persönlich mag aber Himbeeren viel, viel lieber. Überhaupt: Himbeeren. Könnte ich in jeder Form essen. Frisch, als Marmelade, als Eis, als Smoothie, und ich ahne, warum ich auf jedes Himbeerprodukt im Bodyshop reinfalle.

Eine Kastenform, die circa 800 ml fasst, mit Klarsichtfolie auslegen.

100 g TK-Himbeeren mit
50 g Zucker kurz aufkochen. Abkühlen lassen und pürieren.

70 g Cantuccini grob hacken und mit
ca. 80 ml Dessertwein (ich habe Marsala genommen) beträufeln.
2 Eiweiß zu Eischnee schlagen.
200 ml Schlagsahne steif schlagen.

4 Eigelb mit
50 g Zucker

im heißen Wasserbad cremig schlagen, vom Wasserbad nehmen und kaltschlagen. Die Sahne und den Eischnee nacheinander vorsichtig unter die Eimasse heben. Die Hälfte der Masse in eine zweite Schüssel geben; dazu die besoffenen Cantuccinibrocken geben. Die andere Hälfte mit den abgekühlten Himbeeren vermischen. (Ich habe laut Bildbeweis eher ein 1/3 zu 2/3-Verhältnis hingekriegt, aber beim nächsten Mal mach ich das besser.)

Zuerst die Himbeermasse in die Form füllen, dann vorsichtig die Cantucchinimasse daraufgeben. Ab in den Tiefkühler damit und für mindestens vier Stunden gefrieren lassen. Ich habe das ganze mit heißen Himbeeren serviert, die ich kurz mit etwas Zucker aufgekocht habe.

Und noch ein Dankeschön an …

… Isabella, die mich mit Hungry überrascht hat. Das Buch stand gar nicht auf meinem Wunschzettel, aber das scheint spannend zu sein. Plus-Size-Model Crystal Renn (die Dame trägt Größe 42, nur so nebenbei) beschreibt ihren Weg vom 14-jährigen Mädchen zum magersüchtigen Model, bis sie sich schließlich gesagt hat, ich esse lieber, als auf der Vogue zu sein (auf deren Titelbild sie übrigens als „dickes“ Model gekommen ist). Klingt gut. Vielen Dank, ich habe mich sehr über das Geschenk gefreut.

Ein dickes Dankeschön an …

… Monika, die mich mit VegItalia von Ursula Ferrigno von meinem Wunschzettel überrascht hat. Ich glaube, das Kochbuch hatte mir wie immer meine allwissende Twitter-Timeline empfohlen, und ich habe Montag abend auch sofort ein Gericht daraus probiert: Rotolo ripieno, eine Rolle aus Nudelteig (Mehl und Hartweizen – die Kombination mag ich seit einiger Zeit schon lieber als nur Mehl), gefüllt mit Ricotta, gewürfelten Tomaten und Spinat, kurz im Ofen mit Butter und Parmesan gratiniert. Hat wunderbar geschmeckt, und wenn meine Fotos davon nicht wie spinatiger Fensterkitt mit Tapetenkleistergratin ausgesehen hätten, würde hier jetzt auch das Rezept davon stehen. So müsst ihr mir das einfach mal glauben, dass das sehr lecker war und ohne den beigefarbenen Stoff als Hintergrund auch wirklich gut aussah. Nochmals vielen Dank, ich habe mich sehr über das Geschenk gefreut.

Grüne Linsen mit Walnüssen in Kurkumahonig und noch mehr Zeug, das ich lieber nicht in den Topf geworfen hätte

Was ich bei den ganzen Rezepten von Ottolenghi so mag, ist die wilde Kombination von Zutaten, auf die ich nie gekommen wäre. Das klingt jetzt wahrscheinlich etwas doof, aber seit ich Ottolenghi nachkoche, traue ich mich, einfach mal Kram zusammenzuwürfeln, den ich früher nicht zusammengewürfelt hätte. Das klappt meistens ganz erstaunlich und überrascht meine Zunge immer wieder, aber manchmal geht das auch ziemlich daneben. So wie bei diesem Rezept, das vom Meister selbst stammt. Was ich sehr bedauere, denn ich finde es wunderschön – zum Anschauen. Zum Essen eher weniger. Mpf.

Für vier wagemutige (und nicht sehr hungrige) Esser_innen kocht man erstmal

200 g grüne Linsen mit
2 Lorbeerblättern in ausreichend
Wasser

für circa 20 Minuten, bis sie weich geworden sind. Abgießen und noch warm mit einem Dressing vermischen, das aus folgenden Zutaten besteht:

50 ml Akazienhonig,
1/2 TL Meersalz,
schwarzem Pfeffer,
3 EL Rotweinessig und
45 ml Olivenöl.

Während die Linsen köcheln, kann man sich um die restlichen Zutaten kümmern: Walnüsse mit Kurkumahonig überziehen, Pecorino raspeln und Radicchio rösten. Aus

50 ml Akazienhonig,
1/4 TL Chiliflocken,
1/2 TL Kurkuma,
1/2 TL Meersalz und circa
1 TL Wasser

eine dickflüssige Paste herstellen. Notfalls etwas mehr Wasser dazugeben.

100 g Walnüsse

grob hacken, in die Schüssel mit der Paste geben, verrühren und alles auf ein mit Backpapier ausgelegtes Backblech geben. Bei 150° 15 Minuten backen. Die Nüsse sollen trocken, aber noch klebrig sein.

60 g Pecorino reiben oder schmale Streifen abschneiden.
1/2 Kopf Radicchio (ich hab den ganzen genommen) in
Olivenöl und mit einer guten Prise
Meersalz

bei hoher Hitze ein bis zwei Minuten anrösten. Den Radicchio, die Nüsse und den Pecorino unter die abgetropften Linsen heben und mit grob gehackten Kräutern wie

Petersilie, Basilikum und Dill (hab ich weggelassen)

bestreuen. Warm oder bei Zimmertemperatur servieren.

Als ich das Rezept beim Guardian gelesen habe, wollte ich es sofort nachkochen: Alle Zutaten lächelten mich schmackhaft an, aber im Zusammenspiel fand ich sie eher unschön. Die Walnüsse schmecken honig- und kurkumaummantelt sehr interessant, aber sie haben dem Gericht gleichzeitig eine sehr seltsame Note gegeben. Ich werde die schöne Schüssel nochmal versuchen: mit einem weniger intensiven Honig, ohne Kurkuma und mit einem anderen Käse, denn auch den Pecorino fand ich nicht ganz so passend. (But it’s so pretty!)

Chai-Muffins mit Orangen-Vanille-Buttercreme

Das Originalrezept hat auch die Buttercreme auf den Muffins mit Chaigeschmack verfeinert, aber das war mir zuviel. Ich habe stattdessen Vanillesirup und Orangensaft in die Creme getan. Und fürs Foto noch ein paar Orangenzesten drübergerieben. Und den Berg mit Dekoschnickschnack verziert. Ich werde bei Süßspeisen zu einer ganz fürchterlichen Kitschtante.

Erstmal den Chai-Mix machen. Dazu rührt man folgende Zutaten zusammen:

1 1/2 TL Zimt,
1 1/2 TL gemahlenen Kardamom,
1/4 TL zerstoßene Nelken,
1/4 TL gemahlene Muskatnuss und
1/2 TL gemahlenen Ingwer.

Ich hatte nur frischen Ingwer, den ich gerieben habe. Für den Teig hat das keinen Unterschied gemacht. Das Originalrezept hat den Chai-Mix wie gesagt auch in die Buttercreme gehauen; da hätten die kleinen Ingwerbröckchen wahrscheinlich gestört. Für den Muffinteig

120 g Butter mit
240 g Zucker zu einer gleichmäßigen Masse verrühren. Nach und nach

2 TL Vanillesirup,
2 Eier und
120 ml Buttermilch dazugeben und verrühren. Schließlich noch

300 g Mehl, Type 405,
1/2 TL Natron und
1/2 TL Essig plus
2 TL Chai-Mix.

Im auf 180° vorgeheizten Ofen für 15 bis 20 Minuten backen. Abkühlen lassen und währenddessen die Creme vorbereiten. Dazu

120 g Butter mit
240 g Puderzucker zu Buttercreme schlagen. Eventuell noch
1 EL kalte Milch dazugeben, falls die Creme flüssiger werden soll.

Ich habe zusätzlich noch
2 TL Vanillesirup und
den Saft von 1 Orange dazugegeben. Dadurch verliert sich ein bisschen der üppige Buttercremegeschmack (und leider das weiche Gefühl im Mund), und die ganze Chose wird deutlich fruchtiger.

Ich fand sowohl Konsistenz als auch Geschmack der Muffins sehr gut; die Chai-Note ist nicht so mächtig wie im Balzac-Tee, bei dem ich nach drei, vier Schlucken immer schon genug habe von dem Weihnachtsfeeling. Hier waren die Gewürze recht zurückhaltend, und nicht mal die Nelken haben gezickt. Die Muffins waren nicht ganz so fluffig wie meine Standard-Fluff-Muffins (die unteren), aber immer noch sehr locker.

Same, same, but very different

Als Lu im August letzten Jahres vorbeikam, um dem Kerl und mir besseres Essen beizubringen, war ihr Plan, uns zum Abnehmen zu kriegen. Mein Plan war eher, mal wieder nach einem Strohhalm zu greifen, um Frieden mit mir und meinen Kilos zu schließen. Oder abzunehmen. Oder die Weltformel auf dem Silbertablett präsentiert zu kriegen, mit der ich glücklich werde, ob mit oder ohne dicken Hintern. Oder abzunehmen. Oder in Ruhe gelassen zu werden. Oder abzunehmen. Ich weiß es nicht mehr, ich weiß nur noch, dass ich eigentlich schon vorher wusste, dass ich nicht abnehmen würde, weil ich verdammt nochmal einfach nicht mehr abnehmen wollte. Eigentlich was das Thema schon für mich durch, weil es mich mürbe gemacht hatte, das ewige Auf-und-Ab, die konstanten Selbstvorwürfe, das Abnehmen-High und das Wiederzunehmen-Extra-Low. Denn das Abnehmen ist überhaupt nicht schwierig – das Halten des geringeren Gewichts ist das Fiese, das bei mir noch nie funktioniert hat. Abgenommen hatte ich schon tausendmal (mindestens), aber zugenommen eben auch.

Ich habe also bei so ziemlich allem, was Lu zum Thema „mehr Sport“ und „weniger Kohlendydrate“ gesagt hat, ein freundliches Gesicht gemacht und das Gehirn auf Durchzug geschaltet. Dafür habe ich anscheinend sehr gut zugehört bei allem, was sie zum Thema „Genießen“ und „Kochen“ und „gute Zutaten“ gesagt hat. An eine Sache erinnere ich mich auch noch: Gleich zu Beginn des Coachings fragte Lu mich, ob es ein Kleidungsstück gebe, in das ich wieder reinpassen wollen würde.

Uh-oh.

Ganz – heißes – Eisen. Jede/r, die oder der mit ein paar Pfunden zuviel kämpft (seien sie nun wirklich medizinisch bedenklich oder scheißegal), hat eben dieses Kleidungsstück im Schrank. Ich habe davon ungefähr 50 im Schrank. Beziehungsweise: Ich hatte davon 50 im Schrank. Im Laufe des letzten Jahres, in dem ich mich mit meinem dicken Hintern angefreundet hatte, habe ich genau diese Quatschklamotten in die Altkleidersammlung geworfen. Darunter war zum Beispiel ein apricotfarbener, kurzer Hosenanzug. Ich sag das nochmal: apricot. Hosenanzug. Kurze Hosen in apricot. Den habe ich 1990 (ich sag das nochmal: 1990) gekauft, und er hatte die sagenhafte Traumgröße von 42.

Auch das mag einige überraschen, aber selbst zu den Zeiten, als ich dünner werden wollte, wollte ich nicht die magische 38 haben. 1990 habe ich im Kino gearbeitet, mir passte die 42 und ich habe 80 Kilo gewogen. (Auch das können Diätgestörte sicher nachfühlen: Man weiß immer, wieviel man wann gewogen hat. Ist ja auch total wichtig, sowas zu wissen. Not.) 80 Kilo hört sich wahnwitzig viel an für jemanden, der 1,67 groß ist, aber ich fand mich damit toll. Ich sah aus wie die Schauspielerinnen aus den 40er Jahren: was vor der Hütte, breite Hüften, schöner Arsch, weiche Schultern und unsichtbare Schlüsselbeine. Beziehungsweise: Ich fand mich zehn Jahre später, als mir die 50 so gerade noch passte, im Nachhinein und auf den Fotos aus der Zeit toll. Im Jahre 1990 fand ich mich natürlich total widerlich und unfassbar fett. Ich erinnere mich bis heute an eine Bekannte meiner damaligen Chefin, die mich mal an der Kinokasse sitzen sah. Ich hatte ein langärmeliges, enges, schwarzes Shirt mit einem sehr weiten Rundausschnitt an. Und die Dame konnte sich kaum darüber beruhigen, was für eine tolle Haut ich hätte, was für schöne Schultern und wie gut ich aussah. Und anstatt mich darüber zu freuen, dachte ich nur, nimmt die Drogen? Ich seh doch total scheiße aus.

Zurück zur Altkleidersammlung, in die nun auch der zwanzig Jahre alte Hosenanzug wanderte. Bei einem einzigen Kleidungsstück habe ich innegehalten: meiner Golfhose. Die habe ich vor geschätzt vier, fünf Jahren das letzte Mal angehabt, als mein Rücken den Golfabschlag noch tolerierte. Sie war mir eindeutig zu klein, aber genau wie meine Schläger noch in der Wohnung stehen anstatt auf dem Dachboden, wollte ich mich auch von der Hose nicht trennen. Nicht weil ich geglaubt habe, da jemals wieder reinzupassen, sondern weil ich glaube, eines Tages wieder Golf spielen zu können. (Und wenn’s Minigolf ist, Herrgott.)

Also war meine Antwort auf Lus Frage: meine schwarze Golfhose. Ich hatte das schon völlig vergessen, bis ich vor einigen Wochen merkte, dass meine Jeans, die ich mir vor gut einem Jahr im Zuge meines Neustylings gekauft hatte, sehr locker saß. Und ich meine so locker, dass selbst der Gürtel beim letzten Loch angekommen war und ein, zwei weitere Löcher nicht hätten schaden können. Seit ich nicht mehr auf die Waage gehe (die steht in der Abstellkammer und nicht mehr im Bad), weiß ich überhaupt nicht mehr, wieviel ich wiege. Und ich habe komischerweise auch nicht darauf geachtet, ob meine Klamotten weiter werden oder nicht. Warum auch? Ich wollte ja nicht abnehmen.

Worauf ich allerdings geachtet habe, war mein Umgang mit Süßigkeiten. Denn die waren immer der Grund, warum ich dick war und bin. Solange Lu hier war, habe ich mir natürlich Süßes verkniffen (das macht man als dicker Mensch ja eh – wenn dir jemand zuguckt, isst man viel weniger, damit niemand denkt, was frisst die Alte denn so viel). Zusammen mit dem Verzicht auf Kohlehydrate am Abend und ein bisschen mehr Bewegung waren dann auch gleich ein paar Kilo Speck weg, weswegen ich beim Neustyling eine andere Kleidergröße wählen durfte. Aber die Kartoffeln und die Nudeln waren abends sehr schnell wieder da, denn, wie im ersten Absatz da ganz weit oben gesagt: Ich wollte nicht abnehmen, sondern genießen. Oder ne Nummer kleiner: normal essen können.

Also habe ich angefangen, mir in Kochblogs Rezepte rauszusuchen. Kochbücher zu kaufen. Gewürze auszuprobieren, deren Namen ich noch nie gehört hatte, bevor sie in einem Rezept auftauchten. Ich habe angefangen, normal zu essen. So einfach und doch so schwierig, wenn man es 25 Jahre lang nicht gemacht hat. Nur essen, mit guten Zutaten und einer gewissen Hingabe an die Zubereitung, mit der nötigen Ruhe (oder der passenden Fernsehsendung, schon gut) und einem Glas Wein dazu. Und nach dem Abendessen kam dann wie üblich die Schokolade.

Jede halbwegs vernünftige Diät (wenn’s überhaupt eine gibt) arbeitet mit einer Obergrenze, meist an Fett und Kalorien, und innerhalb dieser Vorgabe kann man essen, was man will. Eigentlich ne prima Sache, und so ist jedes Diätforum voll mit tollen Tipps, mit wie wenig Nahrung man so über den Tag kommen kann, ganz gleich, ob man dauernd friert oder die Haut schlechter wird, und wie großartig das ist, den Körper im künstlichen Hungerzustand zu halten. Theoretisch hätte ich bei jeder Diät jeden Abend Schokolade essen können, nur eben nicht in der Menge, die ich gewohnt war. Einen Kinderriegel zum Drauffreuen und dann gibt’s nichts mehr bis morgen. Hätte funktionieren können. Hat’s bei mir aber nie. Wenn ich einen Zehnerpack Kinderriegel im Kühlschrank hatte, hab ich den auch essen wollen. Wenn ich eine Tafel Schokolade aufmache, will ich die ganz und nicht nur einen Riegel. Weswegen ich bei jeder Diät spätestens nach vier Wochen einen riesigen Fressflash hatte, bei dem ich in fünf Minuten ein Weißbrot und ein Glas Nutella eingeatmet habe. Ich habe bei keiner Diät ein auch nur halbwegs gesundes Essverhalten gelernt, weil ich mir vieles versagt habe, was mir nun einmal schmeckt. Und deswegen hat bei mir auch nie eine Diät funktioniert, sobald ich mir wieder etwas gegönnt habe, was mir schmeckt. Was wieder meinen Punkt belegt, dass Diäten fürchterlicher Quatsch sind, weil man sich für den Rest des Lebens Dinge versagt, die einem gut tun. („Gut“ im Sinne von „mir geht’s gut“ und nicht im Sinne von „Ich hab den BMI, den irgendwelche Statistikwichser für mich als gut ansehen“.)

Und so habe ich im letzten Jahr gut und gesund gefrühstückt, ein ebensolches Mittagessen gehabt, noch besser zu Abend gekocht (was meist das Mittagessen für den nächsten Tag war) und habe direkt danach viel, viel Schokolade gegessen. Nicht, weil ich noch hungrig war, sondern einfach, weil ich es konnte. Weil mir niemand mehr gesagt hat, das sei eine „Sünde“.

Bis mir eines Tages aufgefallen ist, dass ich einfach keine Lust auf Schokolade hatte. Das habe ich schulterzuckend hingenommen, die Tafel wieder in die Speisekammer gelegt und 24 Stunden lang nicht daran gedacht. Einen Abend später merkte ich: Ich hab immer noch keine Lust auf Schokolade. Ich habe so viele gute und tolle und neue Geschmäcker im Mund und im Bauch, dass ich jetzt gerade keine Schokolade essen möchte. Ich habe, wie bei allem Essen, was ich im letzten Jahr zubereitet habe, in mich hineingehört: Hast du da jetzt Lust drauf? Hast du wirklich Hunger? Und zwar nicht mit dem missgünstigen Diät-Zeigefinger im Hinterkopf, der mir vorlügt, dass mir ein kalorienarmer Salat doch bestimmt viel besser schmecken würde als die Gnocchi mit Salbeibutter, sondern mit dem gutgelaunten Bauch und der noch besser gelaunten Seele: Auf was hast du jetzt so richtig Lust? Auf die Gnocchi? Dann machen wir jetzt Gnocchi.

Mein Kopf ist so gestört, dass er sehr, sehr lange geglaubt hat, er wird morgen sowieso wieder auf irgendeine bescheuerte Diät gesetzt, weswegen er grundsätzlich auf alles Lust hatte, was in meiner Nähe war. Wer weiß, wann’s wieder was Gutes gibt, also schnell her damit. Seit einigen Monaten kriegen Kopf und Bauch und Seele aber alles, was sie haben möchten und niemand zwingt sie mehr zu irgendwas, was sie doof finden. Und weil sie inzwischen wissen, dass sie immer und ewig Schokolade bekommen können, wollen sie plötzlich gar nicht mehr so dringend welche haben.

Seit einigen Monaten freue ich mich wieder auf etwas Süßes abends. Das ist mal eine ganze Tafel Schokolade. Das ist aber immer öfter nur ein Riegel. Oder ein riesiger Milchkaffee mit einem Stück Schokolade als Deko. Oder nur der Milchkaffee. Oder gar nichts. Ich kann essen, was immer ich will, und ich kann auch nichts essen, wenn ich das will. Das nennen die ganzen schlauen Bücher, die ich im letzten Jahr gelesen habe, „intuitives Essen“, und sie legen es jedem Diätgeplagten ans Herz.

Ich schütte seit einem Jahr an alles Olivenöl, und zwar nicht nur den 1-Punkt-Weight-Watchers-Teelöffel, sondern so viel wie Jamie Oliver, wenn er von „a little olive oil“ redet. Ich habe keinen Süßstoff mehr im Haus und trinke Tee mit Zucker. Im Kühlschrank ist immer Sahne vorrätig und wird gerne in Saucen gekippt (und noch lieber in Mousse oder Eiscreme). Ich backe gefühlt dauernd Kuchen und Muffins und Cupcakes. Ich haue Butter und Salz an mein Gemüse anstatt es kalorienarm zu dämpfen. Ich gönne mir sehr gerne ein Baguette oder Weißbrot statt des fiesen Vollkornbrots. Ich werfe Nüsse in Salate, karamellisiere alles, was in meiner Nähe ist, ich probiere, ich entdecke, ich genieße jeden verdammten Bissen, ohne einen Millimeter meines Gehirns damit zu belasten, wieviele Kalorien ich gerade zu mir nehmen. Und irgendwann war meine Jeans zu groß und der Gürtel zu weit und ich zog die Golfhose aus dem Schrank und sie passte.

Ich habe noch nie so gut gegessen wie im letzten Jahr, und ich habe 13 Kilo abgenommen. Weil ich endlich esse, was mein Körper haben will und was ihm gut tut und was mir schmeckt und was mir Spaß macht. Weil ich keine Selbstvorwürfe mehr zulasse und mich ärgere, wenn ich die ganze Tafel Schokolade gegessen habe, wo doch gestern nur ein Stück gereicht hat. Weil ich mich aufs Essen freue und aufs Kochen und aufs Genießen.

Und die Waage ist nach dem einmaligen Draufsteigen und Wundern wieder in der Abstellkammer gelandet.

Hasselback-Kartoffeln

Tastespotting mal wieder. Da guckt man nichtsahnend nach Mittagsinspirationen und dann kommt da ein Bild, das aussieht wie etwas, das man kennt, aber doch ganz anders, und zack! steht man in der Küche und schneidet Knoblauch in hauchdünne Scheibchen.

Angeblich haben die Kartoffeln ihren Namen von einem schwedischen Gasthaus, wo sie im 18. Jahrhundert zum ersten Mal serviert wurden. Keine Ahnung, ob das Blödsinn ist, aber es klingt erstmal nett. Und es schmeckt noch netter.

Man schneidet die gewaschenen, ungeschälten Kartoffeln mit einem Messer fast komplett durch; aber eben nicht ganz, so dass sie ein winziges bisschen auseinanderfallen. In die so entstandenen Zwischenräume legt man die schon erwähnten hauchdünnen Knoblauchscheibchen (auf dem Bild ist natürlich der einzige Knoblauchbrocken, den ich hatte, zu sehen, war ja klar), reibt das Ganze liebevoll mit Butter ein, streut ein bisschen Meersalz und Pfeffer drüber und beträufelt es mit ein paar wenigen Spritzern Olivenöl. Dann für eine knappe Stunde bei 180° in den Ofen schieben.

Durch die Fächer ist die Kartoffel gleichzeitig knusprig und weich: Außen schmeckt es, auch durch die feste, salzige Schale, fast wie Chips, und innen dann samtig-buttrig mit einem ganz leichten Knoblauchhauch. Wer will, mischt sich noch einen Kräuterquark dazu, aber ich war mit einem weiteren Klecks Butter und noch ein bisschen Salz sehr, sehr glücklich.

Und dann kam mein neues Hobby zum Einsatz: Eier pochieren. Karamellisieren hab ich ja jetzt drauf; jetzt werf ich Eier in Essigwasser, bis sie aussehen wie kotzende Pacmans.

Mein neues Lieblingsrestaurant …

… ist gar keins, sondern ein Supper Club. Ich muss gestehen, ich hatte von diesem neumodischen Zeug noch nie etwas gehört, bis eine mir bekannte Dame mit ihrem Lebensgefährten einen aufgemacht hat. Vor zwei Wochen war Eröffnung (mit Fleisch), und letzten Samstag hatte ich mir einen Platz am Achtertisch gebucht, denn da gab es kein Fleisch. Mit von der Partie war unter anderem die charmante Frau Kaltmamsell, mit der ich vor dem Großen Fressen schon zwei Stunden im Starbucks verbracht habe, wo wir unsere ortskundige Chauffeurin Frau Franziskript in Begleitung des Popkulturjunkies trafen.

Ich war teilweise gut gelaunt, weil mir zu jedem Halt des Zugs auf dem Weg von Hamburg nach Düsseldorf ein launiger Tweet eingefallen war, andererseits nölig, weil es in Düsseldorf regnete. Die 300 Meter vom Bahnhof zum Hotel haben gereicht, um mein flauschiges Haupthaar in ein nasses Vogelnest zu verwandeln. Aber im Hotel gab es ja einen Fön, und so war alles wieder gut. Bis Franzi und Jens meinten, lass uns zu Starbucks im Hauptbahnhof gehen, weswegen die Haare wieder nass wurden. In den zwei Stunden bei launiger Konversation und Mainstream-Kaffee, den ich so liebe, trocknete das Nest wieder zu Flausch, und so war alles wieder gut. Bis Franzi meinte, mein Auto steht quasi vor deinem Hotel, lass uns da mal langsam hingehen. Also wurden die Haare wieder zu Pampe. Ich glaube, beim vierten Gang von den gefühlt 100, die uns im Supper Club aufgetischt wurden, hatte ich wieder Flausch auf dem Kopf. Aber dafür war ich mit Naseputzen beschäftigt, weil die Gastgeber_innen ein paar Katzen haben, die zwar weggesperrt waren, aber deren Spuren natürlich nie so ganz aus einem Raum zu kriegen sind. Das Asthmaspray durfte aber netterweise in der Handtasche bleiben. Jedenfalls bis kurz nach ein Uhr morgens, dann hatte meine Lunge keine Lust mehr, weswegen wir leider recht überstürzt aufbrechen mussten.

Bei einem Supper Club laden nette Menschen andere nette Menschen ein, die sie meistens vorher nie gesehen haben. Das Ganze findet in den Privaträumen der Gastgeber_innen statt, und man kann sich meist per Internet oder Social Network anmelden. Bezahlt werden muss natürlich nix, wir sind ja nicht in einem Restaurant, aber eine Spende darf’s schon sein. Soll’s auch. Vor allem, wenn es so lecker war wie bei Rebelote.

Neben der Kaltmamsell und Franzi habe ich mich über Hammwanich und Begleitung gefreut, mit denen ich ja bereits im Trific essen durfte. Andrea musste leider kurzfristig arbeiten, aber dafür konnte ich Daniel Hallo sagen, dessen Blog ich seit Jahren kenne (und er meins). Letzter im Bund war ein gewisser Andreas, der keine Internetpräsenz sein eigen nennt und von dem ich leider nicht viel mitbekommen habe. Dafür aber umso mehr vom Rest; wenn wir nicht gerade mit vollem Mund „Ohmeingott, istdaslecker“ murmelten, kreisten die Gespräche unter anderem um Pilgerwege, Regietheater, Werbeagenturen und Quittenmarmelade. Ich glaube, gute Konversation und gutes Essen gehören irgendwie zusammen. (Und wir hatten auch noch guten Wein. Ha!)

Als Aperitif gab’s einen asiatisch angehauchten Mojito, den ich nicht fotografiert habe. Zur Minze gesellte sich ein wenig Zitronenirgendwas Im Glas war Zitronenverbene statt Minze (es gab eine Mail vom Koch, siehe auch die folgenden Edits), mein Gaumen behauptete, Kokos zu schmecken, aber egal, was drin war, es war lecker. Und nicht zu alkohollastig, sondern wirklich erfrischend.

Der Gruß aus der Küche ist auch nicht fotografisch festgehalten worden (ich muss dieses Kochbloggerin-Sein noch üben): Auf ein paar kleinen Feldsalatblättern ruhte ein Wan-Tan, der mit Ziegenkäse gefüllt und einer Apfelschnitte Birnenspalte und Walnusspesto gekrönt war. Zwei Happsen und ein glückseliger Gesichtsausdruck, den ich im Laufe des Abends noch einige Male wiederholt habe.

Der erste Gang hat mich freudig überrascht. Auf der Karte stand was von Fenchel, und ich hab im Kopf abgeschenkt, denn: Ich mag keinen Fenchel. Kein Anis, keinen Pernod, keine Lakritze, alles bäh. Aber den Salat fand ich großartig. Babyspinat, Weißkohl, Orangenfilets (könnte auch Grapefruit gewesen sein) und dazu karamellisierte Fenchelsaat. Spinat schmeckt ja irgendwie nur nach Grün, der Krautsalat knackte schön, dann die süßsauren Zitrusfrüchte und ganz kurz im Mund die dichte Süße des Karamells, das unglaublich gut zu eben dieser Geschmacksrichtung passt, die ich fünf Minuten vorher noch zum Kotzen fand. Toll.

Der zweite Gang war mein persönlicher Höhepunkt, ich habe mir davon sofort das Rezept erbeten und auch schon bekommen, und sobald ich eine freie Minute habe, wird es nachgekocht: das Blumenkohl-Panna-Cotta. Ja genau. Zum angedickten Blumenkohlpüree gehören spitz-scharfe rote Zwiebeln, ein säuerliches Dressing, milde, fluffige Bohnen und ein grandioses Olivenkrokant. Es passte wieder alles wunderbar zusammen; so viele Noten, die eigentlich nicht zusammenpassen sollten, aber es war so, so klasse. Ich heirate das Zeug, sobald das legal ist.

Der dritte Gang waren zwei großzügig portionierte Kartoffelravioli mit Parmesan und Pinienkernen drüber. Als Bettchen diente warmer Endiviensalat, wenn ich mir das richtig gemerkt habe. Der Clou: In jeder Ravioli fand sich genau eine Kaper, die dazu führte, dass jede_r Esser_in am Tisch lauthals kundtat, wann er oder sie seine oder ihre Kaper zerbiss. Den Gang fand ich sehr rund, und er sah nach ner Menge Arbeit aus (ich stelle es mir jedenfalls nicht ganz so einfach vor, aus Kartoffelteig Ravioli zu machen), aber die anderen Gänge fand ich besser.

Vor dem vierten Gang hatten Koch und Köchin dann auch mal Zeit für uns. Zwischendurch wurden zwar schon lustig Wein und Bier und Wasser ausgeschenkt und immer aufmerksam geguckt, ob auch alle glücklich sind, aber jetzt konnten wir endlich mal ein bisschen mit den Gastgeber_innen reden. Ich weiß leider nicht mehr worüber, denn nach zwei Sorten Weißwein bin ich auf Rotwein umgestiegen, und der macht immer so Sachen mit mir, die dem Bloggen nicht ganz zuträglich sind. Wir erinnern uns.

Der Tennisball da auf dem Teller wurde uns als „Reisbällchen“ verkauft, was die Untertreibung der Woche ist: roter Reis mit Bergkäse vermischt und durch Ei und Brösel gezogen und dann frittiert. Ist klar. Ein „Bällchen“. Ganz leichte Kost. Selbst das Dressing hatte es in sich: Zu den säuerlichen Apfelstückchen kamen freundlich-fette Kürbiskerne. Im linken Schälchen befand sich Selleriepüree, ganz fein und weich und flaumig im Mund, und darüber gestreut waren schwarze Walnüsse, die überhaupt nicht nach Walnüssen geschmeckt haben. Mir egal, ich war ins Selleriepüree verliebt. Im rechten Schälchen lungerte ein französische Spezialität, Œufs cocotte, hier in der Variante mit Tofu statt Speck. Mein Ei war noch sehr roh, was mir beim Eigelb überhaupt nichts ausmacht (ich mag flüssiges Eigelb), aber beim Eiweiß war ich nicht ganz so glücklich. Der Tofu hat dem Gericht auch nicht viel dazugegeben, aber die Sahne und der Lauch zusammen mit dem Eigelb waren gut gewürzt und haben noch besser geschmeckt. Mein Magen war aber so ganz langsam fertig mit der Welt, und ich wusste, es gibt noch was Süßes hinterher. Daher war das der einzige Gang, den ich nicht aufgegessen habe. Und nebenbei war ich sehr stolz darauf, einfach auf mich zu hören und zu sagen: reicht jetzt. Nicht so wie früher, wo mein bescheuerter Kopf ja immer dachte, es gibt NIE WIEDER WAS ZU ESSEN, DESWEGEN ESS ICH ALLES, WAS IN MEINER NÄHE IST. Jetzt weiß er, wenn er was will, dann kriegt er was, und deswegen ist Essen viel entspannter geworden. Läuft.

Und das war das Süße: Pistazienparfait mit … äh … Obst. Was soll ich dazu noch groß sagen, außer: Ich habe übers Genießen mal wieder das rechtzeitige Fotografieren vergessen, und deswegen sieht der Tellerinhalt auch schon etwas angeknabbert aus. (Frau Kaltmamsell – die mit den schöneren Fotos – meint, das Obst sei Quitte gewesen, ich dachte eher an Birne. Edit: Es war Quitte im Muskatsud. Meine Geschmacksnerven sind anscheinend von Bionade Quitte nicht anständig auf die Welt vorbereitet worden.)

Zum Abschluss gab’s noch Espresso mit einer Praline von Gut & Gerne. Den Namen finde ich übrigens genauso toll wie die Produkte.

Gegen zwei bin ich rundum glücklich und zufrieden und pappsatt (und mal wieder mit nassen Haaren, weil wir im Regen vor der Tür aufs Taxi gewartet haben, damit ich aus der Katzenluft rauskam) ins zu weiche Hotelbett gefallen. Das olle Käsebaguette, das ich am nächsten Morgen als Frühstück im Zug verspeist habe, hat das Ganze noch mehr in die richtige Perspektive gerückt: sehr einfallsreiches Essen, liebevoll serviert, eine schöne Umgebung, und ich glaube, auch wenn ich die beiden nicht gekannt hätte, würde ich sehr gerne wiederkommen. Könnt ihr auch. Macht das mal.

Great Migrations

Wunderschöne Fotos beim Big Picture, diesmal von Tierwanderungen.

Das ist natürlich eine prima Gelegenheit, mal wieder einen meiner all-time favorites, wenn es um Sportwerbung geht, zu verlinken. Der Spot wurde zum Beginn der Footballsaison 2008/2009 eingesetzt.

Könnte auch am Song liegen, dass ich den Spot so sehr mag: Train Song von Vashti Bunyan.

PS: Die freundlichen Herren im Spot sind Eli Manning, Peyton Manning, Kevin Boss, Jerricho Cotchery, Greg Ellis, Matt Hasselbeck, Madison Hedgecock, Chad Johnson, Thomas Jones, Mathias Kiwanuka, Nick Mangold, Laurence Maroney, Jeff Saturday, Bo Scaife, Derrick Ward, DeMarcus Ware, Ty Warren, Benjamin Watson, Reggie Wayne und Vince Young.

„da legen wir über alle maßen und in jedem winzigen detail wert auf individualität, aber die silhouette muss ausschauen wie die von jemandem anderen?“

Wunderbarer Kommentar von Katha bei der Kaltmamsell (mit der ich mich übrigens gestern abend so richtig schön rund gegessen habe).

Wie ich bereits twitterte: Alle Kotzwitze sind mindestens 400 Jahre alt.

„ „(…) Aber entferne dich nicht jetzt, denn ich habe deine Hilfe und Unterstützung nötig. Komm zu mir her und sieh nach, wieviel Backen- und Vorderzähne mir fehlen; denn es kommt mir vor, als wäre nicht einer mir im Munde übrig.“

Sancho näherte sich seinem Herrn so dicht, daß er ihm beinahe mit den Augen in den Mund kam. Das geschah aber in dem Augenblick, wo der Balsam bereits in Don Quijotes Magen seine Wirkung getan, und gerade als Sancho sich näherte, um ihm in den Mund zu sehen, warf der Ritter mit größerer Gewalt, als eine Büchse schießt, alles aus, was er bei sich hatte, und schleuderte das Ganze dem mitleidigen Schildknappen ins Gesicht. „Heilige Mutter Gottes!“ rief Sancho, „was ist mir da geschehen? Gewiß ist der Sündenmensch auf den Tod verwundet, da er Blut aus dem Munde bricht.“

Aber indem er es sich etwas genauer betrachtete, merkte er an Farbe, Geschmack und Geruch, daß es keineswegs Blut, sondern der Balsam aus dem Kruge war, den er ihn hatte trinken sehen; und der Ekel, der ihn dabei befiel, war so groß, daß der Magen sich in ihm umdrehte und er sein ganzes Inneres auf seinen eigenen Herrn herausbrach; und beide sahen nun gar köstlich aus.“

Miguel de Cervantes, Don Quijote, 18. Kapitel, dtv klassik 1991, Seite 154, in der Übersetzung von Ludwig Braunfels