re:publica, Tag 3 (Fazit, Ausblick, römpömpömpöm)

Vom dritten Tag der re:publica habe ich nur ein Panel mitbekommen und zwar per Stream: das von Felix und warum das Internet scheiße ist. Ich hoffe, ich plaudere jetzt nix aus, aber sein Fazit war: weil auch die Welt scheiße ist. Das klingt jetzt erstmal sehr pessimistisch, war aber gut und launig begründet, und ich hoffe, jeder kapiert den Insidergag, wenn ich demnächst nur noch sage: „Ich? Ich komme aus Fulda.“

Dann fassen wir mal zusammen. Meine erste re:publica wird auf keinen Fall meine letzte bleiben, wenn’s den Kram weiterhin gibt, was ich hoffe. Ich hatte überhaupt keine Erwartungen außer: mal gucken. Deswegen kann ich schlecht sagen, dass diese Erwartungen erfüllt oder übertroffen wurden. Ich kann aber sagen, dass ich mit sehr vielen guten Eindrücken wieder nach Hause gefahren bin.

Ich fand es sehr spannend, mich mit Aspekten des Netzes zu befassen, mit denen ich mich sonst nur flüchtig auseinandersetze oder gar nicht. Selbst so simple Dinge wie das Führen einer Beziehung mit gleichzeitiger Nutzung von digitalen Medien habe ich nie großartig hinterfragt, obwohl es Arsch auf Eimer auf mich zutrifft. (Ick hab mein’n Kerl ausm Intaweb. Und er mich.) Und mir von jemandem vor Ort erzählen zu lassen, wie sich gerade die Medienlandschaft in Amerika verändert, hat definitiv mehr Eindruck bei mir hinterlassen als wenn ich kurz online einen betreffenden Artikel überflogen hätte.

Überhaupt: das Überfliegen, Durchscannen, Weiterzappen fiel hier weg. Ich wurde gezwungen, einer einzigen Sache meine Aufmerksamkeit zu schenken. Mache ich bei Filmen oder in der Oper oder bei einem Buch auch, klar, aber ich habe schon gemerkt, dass ich am Rechner sehr schnell ungeduldig werde, Texte manchmal nur überfliege anstatt sie Wort für Wort zu lesen und zu verinnerlichen, gerade wenn es um Netzdinge geht. Hier saß ich in vielen Vorträgen und musste einfach mal zuhören. Ich glaube, das war ABSICHT, dass das Netz nur sporadisch funktioniert hat. Ich war jedenfalls von Stunde zu Stunde mehr angenervt, wenn ich Leute vor mir sitzen hatte, die 60 Minuten lang per Laptop oder Netbook abwechselnd ihre Twitter- oder Facebook-Seite gecheckt haben. Deswegen hatte ich persönlich gar nichts dagegen, dass das nicht jeder und dauernd machen konnte. Und nebenbei: Achtet ihr bitte mal darauf, dass Leute hinter euch eure Passwörter mitkriegen? Danke.

Was ich auch spannend fand: die unterschiedlichen Arten des Vortrags. Das Panel „Feminismus 2.0“ krankte ein wenig daran, dass keine richtige Diskussion aufkam; es war eher eine elaborierte Vorstellungsrunde (wer seid ihr, warum bloggt ihr, warum ist das wichtig, was erhofft ihr euch?), und dann war die Zeit leider schon rum. Ich fand die Moderatorin gut, weil sie ihre Fragen kurz und knapp hielt, aber dadurch, dass jede/r antworten sollte, waren es eben eher viele Statements nacheinander und keine Diskussion, die ich mir bei vier Teilnehmer_innen erhofft hatte. Das klappte bei Community-Management besser, da widersprach ein Teilnehmer gerne mal einem anderen. Auch hier: sehr gute Moderation, kurze Fragen, viel Zeit für Antworten.

Was mir am besten gefallen hat: das Panel mit Mark Glaser, der gleich von zwei Menschen ins Kreuzverhör genommen wurde, die sich auch gerne mal gegenseitig widersprachen. Sehr gut gemacht, weil so manchmal zwei Seiten einer Medaille beleuchtet wurden und es sich nicht angefühlt hat wie zwei Stichwortgeber und ein Meinungsmensch.

Ein weiteres Thema: Keynote. (Oder Powerpoint für unsere Freunde von der dunklen Seite der Macht.) Fast jede/r Redner/in, der/die alleine auf der Bühne war, ließ sich von Charts begleiten, die das ganze schnell erfassbar machten (Jeff Jarvis) oder es klug bzw. überraschend ergänzten (Tessa, Felix). Leider war das Fehlen der Charts der Punkt, der mir das „Was am Internet hassenswert ist“-Panel ein bisschen verleidet hat. Das hatte zwar einen gewissen Charme, wie die vier Vortragenden da vorne mit Zettelchen wuselten, aber ich glaube, es hätte der Veranstaltung nicht geschadet, wenn die hassenswerten Topics jeweils ein Chart gekriegt hätten.

Ich war sehr beeindruckt von der Professionalität des Ganzen. Gut, ich bin nicht nach Berlin gefahren mit der Vorstellung, da treffen sich drei Blogger_innen und sitzen ums Lagerfeuer, aber die schiere Masse an Vorträgen, Räumen und Menschen hat mich doch positiv überrascht. Dieses Mal hatte ich mir vorher einen Plan gemacht (ich mach ja immer einen Plan), und an den habe ich mich auch gnadenlos gehalten. Im Nachhinein habe ich das Gefühl: Vielleicht wäre es besser gewesen, sich nicht vorher die Rosinen oder die vermeintlichen Rosinen rauszupicken, sondern mal stur drei Stunden in einem Raum zu bleiben, ganz gleich was es gibt. Quasi sich selber zwingen, über den Tellerrand zu gucken. Und damit habe ich einen Plan fürs nächste Jahr. Ich freu mich jetzt schon drauf.

re:publica, Tag 2

Ein Nachtrag zum ersten Tag: Das Panel, auf das alle schon hingewiesen haben, weil es so gut gewesen sein soll: Peter Kruse über Leben in Netzwerken. Jetzt guck’s ich mir auch endlich an.

Radeberger schmeckt sehr lecker. Trotzdem pünktlich aus dem Bett gekommen, um mir „Tales from the Battlefield – Mark Glaser and the American Media Landscape“ im Quatsch Comedy Club anzuschauen. Durchsage an alle Rückenkranken wie mich: Die Stühle im Comedy Club sind sehr freundlich zu allen Körperteilen. Im Gegensatz zu den Folterinstrumenten in der Kalkscheune. Im Friedrichstadtpalast sitzt man am besten, allerdings etwas beengt, aber dafür wohlklimatisiert.

Der Vortrag hat mir gut gefallen, unter anderem, weil das Panel gleich aus zwei Interviewern und nur einem Interviewten bestand. Wolfgang Blau von Zeit Online würde ich gerne nochmal hören; seine Fragen fand ich sehr pointiert und spannend. Und Glaser im Gegenzug sehr auskunftsfreudig und unterhaltsam.

Im Anschluss daran sprach … äh … irgendjemand mit Jürgen Kuri (Heise online), Kurt Jansson (Spiegel Online, davor Wikipedia), Markus Beckedahl (Netzpolitik.org) und Thomas Hauser (Badische Zeitung) zum Thema Community-Management. Hier habe ich nicht sehr viel Neues erfahren, außer vielleicht dass, wenn Redakteure von Artikeln sich wirklich mal in die Untiefen der Kommentare begeben, sich der Tonfall angeblich ändert vom sinnlosen Rumnölen zu einer echten Diskussion. Kann ich schwer beurteilen, ich gehe Kommentaren, gerade in Online-Ausgaben von Printerzeugnissen, sehr gerne aus dem Weg. Trotzdem hat mir die Stunde gefallen, Moderation und Teilnehmer fand ich sehr gut.

Beim Verlassen des Comedy Clubs bin ich Maike über den Weg gelaufen und habe mit ihr eine entspannte Mittagspause im nahegelegenen Balzac verbracht. Da ich zurzeit auf dem völligen Teetrip bin, habe ich erstmals einen Chai Latte geordert. Kann man machen. Die Pestopasta sollte man allerdings sein lassen.

Nächster Tagesordnungspunkt: „Liebe ist für alle da“ mit Tessa von Flannel Apparel bzw. dem Freitag im gefühlt kleinsten Raum aller kleinen Räume. Mal wieder zu voll, fieses Unifeeling stellt sich ein, als sich erwachsene Menschen auf den Fußboden setzen. Diesmal war ich aber Fuchs und sehr früh da, weswege Maike und ich einen entspannten Platz neben Liz und Herm hatten. Tessa erzählte über Veränderungen beim Beginn, Führen und vielleicht auch Beenden von Beziehungen durch die Nutzung digitaler Techniken. Alleine die Problematik des Facebook-Beziehungsstatus’ hätte die ganze Stunde füllen können. Ist man wirklich verheiratet, wenn der Beziehungsstatus auf „verheiratet“ steht? Ich habe das, ehrlich gesagt, nie angezweifelt, aber ich glaube ja immer noch alles, was im Netz steht. Auch diskussionswürdig: Wenn beide Partner bloggen, spricht man sich dann ab, was man über den anderen schreibt? Oder schweigt man sich online über ihn/sie aus? Wie fühlt sich der Partner, wenn er/sie totgeschwiegen wird? Aus dem eigenen Nähkästchen: Der Kerl und ich sprechen uns meistens ab, was wir über den anderen bloggen oder twittern. Meistens. Es gab einen Tweet vom Kerl, über den ich mich geärgert habe, aber so schlimm, dass er ihn löschen sollte, war’s dann auch nicht. Ob er sich jemals über einen von meinen Tweets geärgert hat, sagt er nicht. Er sagt ja eh nicht viel. (♥)

Direkt im Anschluss kamen Jens, Caro, Anne und bov, die sehr ausführlich das Internet hassten. Den Auftakt machte bov mit diesem schönen Text, der vorgetragen noch viel toller war und der meinen neuen Lieblingssatz enthält: „Das Internet ist an seiner dicksten Stelle exakt sieben Argumente breit.“ (Heute um 16 Uhr kann man den Text nochmal live hören, bei Felix, der auch das Internet hasst. Quatsch Comedy Club. Hingehen.)

Maike und ich haben uns gefragt, wie man diesen Standard über 50 Minuten halten will – was dann leider auch nicht eingelöst werden konnte. Trotzdem sehr unterhaltsam, mal alles Doofe am Netz bzw. an seinen Nutzern aufgezählt zu bekommen. Auch wenn ich die einzige war, die beim Stichwort „Ich hasse es zu merken, dass meine Kommentatoren doof sind“ geklatscht hat. (Womit ich nicht sagen will, dass alle meine Kommentatoren doof waren. Aber ein paar. Und die haben’s für alle ruiniert.)

Kommentatoren sind einen schöne Überleitung zum nächsten Panel, auf das ich sehr gespannt war: „Sexismus im Internet“. Auf der Bühne hat Anne Roth Anna Berg von der Mädchenmannschaft und Klaus Schönberger (weiß nicht mehr, wer das war, und die re-publica-Seite spinnt man wieder, wenn man einzelne Panels aufrufen will) zu diesem Thema befragt.

Was ich vor allem mitgenommen habe: Es ist wichtig, das Thema immer wieder auf die Tagesordnung zu bringen. Es ist wichtig klarzumachen, dass dieses Thema eben nicht irgendeine Randgruppenbefindlichkeit ist, sondern uns alle betrifft, nicht nur Frauen, sondern auch Männer. Alleine das Unverständnis des Worts Feministin – ich persönlich bezeichne mich natürlich als Feministin, was nicht heißt, dass ich Männer doof finde und sie alle ausrotten will. („Einige meiner besten Freunde sind Männer.“) Ganz im Gegenteil. Ich poste sogar Fotos von ihnen in meinem Blog, bezahle Geld für Serien oder Kinofilme, wenn einer von ihnen, den ich besonders mag, in ihren mitspielt und gucke Fußball durchaus auch wegen der Attraktivität des anderen Geschlechts. Und obwohl ich Männer toll finde, kann ich mich sehr, sehr über einige von ihnen aufregen, zum Beispiel wenn sie mir in Diskussionen ein „Hast du gerade deine Tage?“ entgegenschleudern, wenn ihnen ein Argument von mir nicht passt. (Ja, das ist Sexismus, weil es mich in meinem Frausein angreift.) Oder eben über Piraten, die mir allen Ernstes weismachen wollen, dass das Wort „Pirat“ geschlechtsneutral ist. (Ich weise gerne nochmal auf einen Eintrag hin, den ich vor einiger Zeit im Blog hatte, der sich mit dem Zusammenhang von Sprache und Wahrnehmung befasst.) Oder – was gestern auch von einem Zuschauer kam – dass wir uns doch bitte nicht so anstellen sollen.

Antje Schrupp hat dazu schon die perfekten Sätze gefunden:

„Interessant fand ich den Hinweis mehrerer Männer (aus dem Publikum und vom Podium), dass diese Troll-Phänomene, von denen die Rede war, nicht nur in feministischen Blogs die Laune verderben, sondern dass es sie überall im Internet gibt. Natürlich ist der Hinweis von Anna Berg richtig gewesen, dass es einen Unterschied macht, ob einfach nur so getrollt wird, oder ob Frauen aufgrund ihres Frauseins gedisst werden, und ebenso, dass es auch weibliche Trolle gibt (habe eben gelernt, dass sie Trullas heißen).

Unabhängig davon finde ich aber den Hinweis trotzdem interessant, insbesondere in Zusammenhang mit der impliziten Schlussfolgerung, dass dieses Trollphänomen, weil es doch überall vorkommt, irgendwie dann auch normal sei und infolgedessen kein Grund, sich darüber besonders aufzuregen. Das ist nämlich die Stelle, an der ich widersprochen hätte: Denn nur dass Männer etwas normal finden, heißt ja noch lange nicht, dass es auch normal ist.“

Das Panel war leider etwas zäh, wobei ich nicht sagen kann, woran es lag. Ich habe besonders Anne und Anna sehr gerne zugehört, aber wahrscheinlich kannte ich einfach schon das meiste, worüber sie geredet haben. Gerade deshalb hoffe ich, dass einige Zuschauer und Zuschauerinnen da waren, die sich noch nicht so sehr mit diesem Thema beschäftigt hatten.

Im Gewusel des Aufbruchs habe ich mich gar nicht von Maike verabschiedet – das hole ich hiermit nach. Der Ersatzbus für meine geliebte Tram (ich wiederhole mich gerne, wenn es um MEINE GELIEBTE TRAM geht) steht zur Feierabendzeit so dermaßen lange im Stau, dass die freundlichen Busfahrer (wirklich!) einen auch ausnahmsweise mal so rauslassen. So habe ich es um kurz vor sechs endlich in den Berliner Dom geschafft, den ich monatelang jeden Morgen gesehen habe, in dem ich aber nie drin war. Um 18 Uhr fand netterweise eine zweisprachige Andacht statt, so dass ich den imposanten Bau nicht wirklich besichtigen, aber dafür eine halbe Stunde innere Einkehr halten konnte. Was noch besser war.

Das Abendgebet bzw. der Evensong bestand aus mehreren Orgelimprovisationen, und wie ich direkt im Anschluss an die Andacht twitterte: Das Wort „Crescendo“ ist wirklich nur für Orgeln erfunden worden. Unglaublich volltönend und sehr, sehr schön. Da fühlt sich die riesige Kuppel mal nicht wie Deko und Architektenschickschnack an, sondern wirklich wie ein perfekter Klangraum.

Es folgte eine kurze Lesung aus der Apostelgeschichte, wir haben ein Lied gesungen, das ich sehr gerne mag, und dann kam ein kurzes Gebet. Der Pastor leitete es ein mit Wünschen an Gott, uns aus der Enge in die Weite zu führen. Keine Angst vor Unterschieden zu haben oder davor, Erwartunge nicht erfüllen zu können. Und ich habe alles auf das Internet beziehen können und auf seine Bewohner. Weswegen ich im stillen Gebet dann nicht nur für meine Freunde und Familie gebetet habe, sondern auch für uns alle, die wir uns online bewegen und dort auf Dinge treffen, die uns beunruhigen oder verzweifeln lassen, aber auch freuen und Hoffnung geben.

re:publica, Tag 1

Ich bin schon Dienstag angereist, weil ich keine Lust hatte, direkt mit dem Rollköfferchen vom Bahnhof zum Friedrichstadtpalat zu kommen. Und außerdem wollte ich endlich in dem Hochhaus wohnen, an dem ich in der Zeit, als ich in Berlin gebucht war, so ziemlich jede Mittagspause vorbeigelaufen bin. Das Ding steht in der Rochstraße 9, und ich gucke derzeit aus dem 16. Stock aufs Pergamonmuseum. Und höre der Baustelle zu. Und den S-Bahnen, die am Hackeschen Markt halten. Und dem Akkordeonisten, der gerne Klezmer spielt. Und dem Tram-Ersatzverkehr, der relativ dicht vor dem Haus hält. Aber für sowas hat man ja Ohropax im Reisegepäck.

Meine geliebte Tram fährt nicht und ich muss im schnöden Ersatzbus zum Friedrichstadtpalast, wo ich mir Armband und Namensschild zum Umhängen abhole („Mit rotem oder schwarzem Band?“ — „Schwarz.“ – Jens Scholz ca. 30 Minuten später: „Ich hab extra das rote genommen, weil alle das schwarze nehmen.“) und dann noch eine fies nach Gummi stinkende Konferenztasche eines Sponsors, in der immerhin unter anderem das Programm liegt, das letzten Donnerstag auch schon im Freitag war und das ich natürlich zuhause auf dem Küchentisch habe liegenlassen. Aber: Ich Fuchs habe meine iCal-Seiten ausgedruckt, damit ich nicht immer das ganze Programm durchscannen muss, sondern alle „meine“ Veranstaltungen übersehen kann.

Die erste ist gleich Peter Glaser, aber vorher laufe ich noch Caro in die Arme und eben Jens, Herrn ronsens, argh, Peter Noster und Frau Julie; im Saal sitzen wir bei Kiki, Nils, Matthias und da_niesl, wir schicken Herrn Svensson eine SMS, damit er sich umdreht und uns sieht, und ich komme schon nach fünf Minuten durcheinander, ob ich Leute mit Klarnamen, Blognick oder diesem neumodischen Twitternick anreden soll. Bei mir ist das ja netterweise ganz einfach, und deswegen fragt mich auch niemand, der auf mein Namensschild guckt, wie mein Blog heißt oder wer ich auf Twitter bin.

An Herrn Glasers Vortrag kann ich mich kaum erinnern, aber netterweise kann ich ihn auf seinem Blog nochmal nachlesen. Und er endet mit einem schönen Satz per Chart, den ich mir in mein Moleskine geschrieben habe (denn ich weigere mich, mein Macbook mit mir rumzuschleppen): Everything is going to be okay in the end. And if it’s not okay, it’s not the end.

Danach wollte ich mir “A Twitter Revolution without revoluationaries? What we know and what we don’t know about the impact of the Internet on authoritarian states” mit Evgeny Morozov anschauen. Leider spricht Herr Morozov ein sehr russisch gefärbtes Englisch, das ich überhaupt nicht verstehen kann. Und er erinnert mich ausgerechnet an Aleksandr Orlov von Compare the meerkats. (Ton anlassen, dann wisst ihr, was ich meine.) Ich bin anscheinend nicht die einzige, die dem Herrn nicht folgen kann – der Saal leert sich nach und nach. Jens, ronsens und ich gehen einen Kaffee trinken, laufen dann Franzi in die Arme, Felix, Florian und noch mehr Leuten, die ich schon wieder vergessen habe. (Weil zu viele und nicht weil doof.)

Die Leute, die schon öfter auf der re:publica waren, finden das wahrscheinlich schon total albern, aber ich gucke die ganze Zeit gespannt in der Gegend rum. Diese seltsame Intimität, die Bloggen hat, das Gefühl, man kenne den oder die doch, liegt in der Luft. Jens und Caro schwelgen in alten Zeiten – damals, als man eben noch gebloggt und nicht getwittert hat – und ich rede mit Herrn Knüwer über die Indianapolis Colts und die Cheerleader von Rhein Fire. Beim Sushi in der Mittagspause mit Franzi sitzen cdv und Henning neben uns, dem ich hiermit endlich mal für den Neil-Gaiman-Artikel danken will, den er mir neulich per Mail geschickt hat.

Der Vortag von Jeff Jarvis, „The German Paradox – Privacy, publicness, and penises“: sehr unterhaltsam, wenn auch recht schlagwortreich. Der Vortrag von Mortesa Dariani, „Kostenloskultur vs. Paid-Content – Zwingt die Werbekrise die Medienindustrie zu Paid-Content?“ ist erstens überfüllt, weswegen ich in der Ecke stehe, was doof ist, und entpuppt sich zweitens als Werbeveranstaltung seiner (?) Firma, weswegen ich nach fünf Minuten gehe.

Dann das Panel, auf das ich mich am meisten gefreut habe: „Feministische Netzkultur 2.0 – Chancen, Herausforderungen und Risiken einer neuen Bewegung“. Auf dem Podium saßen Menschen von diestandard.at, Missy Magazin, der Mädchenmannschaft und des Genderblogs. Leider reichte die Zeit nicht aus, um die vielen Fragen zu beantworten, die im Programm gestellt wurden. Trotzdem fand ich die Veranstaltung gut, denn es zeigte, dass es noch genug zu tun gibt, dass die lustige Idee von „Post-Gender“ ziemlicher Quatsch ist und dass Blogs und deren Vernetzungen uns die Chance geben, alle Strömungen des Feminismus abzubilden – und damit eben auch die Chance besteht, Mädchen und Frauen davon zu überzeugen, sich zu engagieren oder ihnen zumindest einen Ort zu geben, an dem sie sich verstanden fühlen.

Abends habe ich dann noch versucht, mir den Vortrag von Melissa Gira Grant, „Sex and the Internet“, anzugucken, fand ihn aber relativ unspannend. Dass Sex eine normale Sache sei, die wir bitte nicht an den Rand des Internets drängen lassen sollen – ja gut. Aber die letzten zehn Minuten haben dann alles wieder rausgerissen, denn dann wurde Chatroulette gespielt. Und natürlich erschien relativ schnell eine entspannte Hand, die einen nicht mehr ganz entspannten Penis bearbeitete. Melissa chattete den Typ an, ob er gerne beobachtet werde – ja – auch von 500 Leuten? – Fragezeichen – woraufhin sie das MacBook umdrehte und nun der johlende und ziemlich gut gefüllte Friedrichstadtpalast im Chatfenster sichbar wurde. Woraufhin die entspannte Hand seeeehr langsam wurde – und dann das Fenster weg war.

Nach Sascha Lobos „How to survive a shitstorm“ (sehr unterhaltsam) habe ich mir meine erste Twitterlesung live anstatt im Stream angeschaut (ebenfalls sehr unterhaltsam und mit Stargast Jeff Jarvis, der ein paar englische Tweets vorlas), um dann bei diversen Flaschen Bier in der Kalkscheune noch weitere Menschen zu treffen, viele leider zu kurz. Herr Niggemeier mag neuerdings meine Fressgeschichten, das iPad von Herrn Lobo hat mich überraschenderweise ziemlich kalt gelassen, ich habe Dirk, Stefan und Frau Elise immerhin kurz Hallo gesagt, mir in aller epischen Breite nochmal sehr gerne die Manchester-Reise von Jens angehört und mich beschwert, dass er zu wenige Fotos von Mario Gomez gemacht habe („Anke – der sieht in echt noch besser aus!”) und habe dann den Abend mit einer sehr freundlichen Genderdiskussion mit den beiden Piraten Lars und Torben ausklingen lassen.

Wer meint, die re:publica sei ein Klassentreffen, hat Recht.
Wer meint, die re:publica sei nur ein Klassentreffen, hat keine Ahnung.

Ich bin dann mal ein paar Tage in Berlin.

Der Popkulturjunkie war in Manchester beim Champions-League-Rückspiel mit dem FC Bayern München.

16 Flaschen Wein und keinen Kopp

weinprobe

Die Weinprobe mit Frau Lu. Ich habe acht Gäste eingeladen, mit Lu und mir sind es zehn durstige Menschlein, und erst als ich anfange, Stühle aus der Küche zu schleppen, um die vier Stühle aus dem Esszimmer zu ergänzen, fällt mir auf, dass nur acht Leute an Omas alten Esstisch passen. Nun gut. Dann wird’s eben etwas kuscheliger.

Auf dem Programm stehen wagemutig acht Rotweine. Lu baut 16 respektheischende Flaschen auf und verteilt riesige rote Spuckbecher, während ich vier Baguettes aufschneide. Auf dem Tisch stehen drei Sorten Salami, Camembert, Ziegenkäse, Räucherlachs, Vollmilchschokolade und Bitterschokolade mit Meersalz. Um punkt 19 Uhr klingeln die ersten Gäste, ich stelle Blumen in Vasen und freue mich über schöne Präsente. Und dann geht’s auch schon los.

Lu verteilt Geschmacksräder, damit wir Vokabeln zur Geschmacksbeschreibung haben, die über „Jo, lecker“ hinausgehen und eine Liste aller Weine, zu denen wir uns Notizen machen können. Ich muss gestehen, ich habe das Notieren im Laufe des viel zu schnell vergangenen Abends immer nachlässiger betrieben; daher werden die folgenden Zeilen auch längst nicht alles wiedergeben können, was wir so gerochen und geschmeckt haben. Aber wer immer sich mit dem Gedanken trägt, ach, so ein paar neue Weine könnte ich ja auch mal kennenlernen: machen. Weinproben besuchen oder buchen oder Probierpakete bestellen und einfach drauflosschmecken. Ich fand die ganze Sache sehr genussreich, sehr lebendig, sehr gesellig, und es hat sehr viel Spaß gemacht, sich mal wieder intensiver mit einem Produkt auseinanderzusetzen.

Der erste Wein: ein Spätburgunder von Römerkelter, 2008, Mosel/Deutschland, 13,5%.

Die Farbe: ein sehr helles Rot, kein Vergleich mit dem üblichen tiefen Rot, das man sofort mit Rotwein assoziiert. Ich finde ihn sehr kantig, eher anstrengend, Lu nennt ihn „spitz“. Nicht so meins. Der Spuckbecher kommt zum ersten Mal zum Einsatz, und ich fühle mich wie ein Profi. Felix meint: Wer am Ende des Abends den leersten Becher hat, hat verloren.

Der zweite Wein: ein Zweigelt von Meinklang, 2008, Burgenland/Österreich, 13%.

Die erste und zweite Nase zuckt vom Glas weg – Lu sagt „nasses Leder“, ich sage „will ich gar nicht im Mund haben“. Ich nehme aber doch brav einen Schluck, kaue auf dem Wein rum, atme durch die Nase aus (dabei kriegt man meist ein recht deutliches Aroma mit) und muss zugeben: schmeckt deutlich besser als er riecht. Viel Kirsche, in der Nase Himbeere, aber irgendwas wuselt im Hintergrund rum, was nervt. Florian nennt es einen Fehlton. Passt. Auch nicht unbedingt mein Liebling des Abends.

Der dritte Wein: Gentile, ein Montepulciano d’Abruzzo von Franco D’Eusanio, 2008, Abruzzen/Italien, 13,5%.

Ah, der erste Wein, der mir richtig schmeckt. Sehr viel Tannin, was ich ja eigentlich nicht so mag, aber hier stört es nicht, sondern gibt dem Wein Charakter. Viel Kirsche. Wir kosten mal ein bisschen Salami dazu, was keine gute Idee ist. Der Wein verliert komplett seine Eigennote; er wird nicht schlecht, aber er ist längst nicht mehr so markant. Mit Ziegenkäse oder Camembert hingegen ist er großartig: Er nimmt dem Camembert das Staubige der Rinde und lässt den Ziegenkäse dahinschmelzen. Den würde ich kaufen.

Der vierte Wein: Pampina, ein Nero d’Avola vom Weingut Maggio Vini, 2008, Sizilien/Italien, 13%.

Auf den hatte ich mich sehr gefreut, denn mein ständiger Weinvorrat beinhaltet einen günstigen Nero d’Avola, der sich bei Edeka in der Bioecke findet und den ich sehr gerne mag. Daher dachte ich, der Pampina müsste mir auch schmecken. Aber meine Nase nölt beim ersten und zweiten Schnuppern laut und vernehmlich: PFERDEMIST. Ernsthaft. Der Geruch, den ich sofort im Hinterkopf habe, ist der der riesigen Misthaufen, an denen ich Landkind früher immer vorbeigelaufen bin: unangenehm weil Exkremente, aber gleichzeitig süßlich-fermentierend. Ein ganz komisches Mittelding. Auch geschmacklich ist das überhaupt nicht meiner. Zur Nero-d’Avola-Traube wurden noch Merlot (mag ich), Cabernet Sauvignon (och jo) und Syrah (bäh) hinzugegeben, und einer von denen hat den Geschmack für mich persönlich total runiert. Ich habe den Rest des Abends nur noch von „Syrah, der Ratte“ gequengelt und war sehr verstimmt darüber, dass ich augenscheinlich nicht alle Nero d’Avolas unbedenklich bestellen kann.

Der fünfte Wein: ein Bordeaux vom Château Vieux Georget, 2008, Bordeaux/Frankreich, 12%.

Ich habe im Laufe des Abends immer weniger den Spuckbecher genutzt, was sich allmählich rächt. Ich kann überhaupt nicht mehr sagen, welche der vielen verfügbaren roten Früchte sich hier als Aroma rausschält. Ich kann aber noch sagen, dass ich diesen Bordeaux relativ unaufregend finde, aber genau das macht ihn ziemlich sympathisch. Vielleicht möchte er ja die Verrätertraube Nero d’Avola als meinen Immer-im-Haus-Wein ablösen. Der Wein ist sehr geradeaus, sehr schlicht, eckt nicht an, stört nicht, schmeckt halt einfach so vor sich hin. Wir haben ihn sowohl mit Salami als auch mit Camembert probiert; auch hier: passt, macht nichts kaputt, macht aber auch nichts besser. Unaufregend halt. Lu meint, dass er so richtig typisch „nach Bordeaux“ schmeckt. Dann mag ich anscheinend Bordeaux.

Der sechste Wein: ein Corbières vom Château Coulon, 2008, Languedoc-Roussillon/Frankreich, 14%.

Mein bisheriger Liebling. Leider habe ich mir keine Notizen mehr dazu gemacht, womit er gut schmeckt und womit nicht, aber auf meinem Zettel hat er ein Kreuz (das nur noch von den zwei Kreuzen des achten Weins übertroffen wurde). Selbst der Geruch der leeren Flasche ist sehr weich und stimmig, und nachdem ich das Etikett nochmal gelesen habe, auf dem etwas von Barriquefässern steht, fällt mir wieder ein: ach ja, das leichte Vanillearoma. Ich erinnere mich an eine angenehme Süße und viel Frucht. Ich weiß allerdings nicht, warum ich den Wein so gerne mag, denn von der Ratte Syrah sind hier 35% drin. Wein ist echt kompliziert. (Super Satz.)

Der siebte Wein: El Molino, ein Tempranillo vom Weingut Jesús del Perdón, 2008, Kastilien-La Mancha/Spanien, 13,5%.

Lu plaudert aus, dass der El Molino ihr Haus-und-Hof-Wein ist. Kann ich verstehen. Er schmeckt auch zu so ziemlich allem auf dem Tisch, sogar zur fiesen Vollmilchschokolade, die bei jedem anderen Wein nach Palmin und Geiz geschmeckt hat. Hier hat man das Gefühl, selbstgemachte Mon Cheris zu essen, und das schmeckt gar nicht mal schlecht. An mehr kann ich mich nicht erinnern, keine Notizen, der Abend war spät und ich sehr gut gelaunt. Spuckbecher sind Teufelswerk.

Der achte Wein: Vinya Laia vom Weingut Albet i Noya, 2007, Katalonien/Spanien, 13,5%.

Zwei Kreuze auf dem Notizzettel, aber keine Ahnung mehr, warum. War anscheinend toll. Ich erinnere mich daran, dass Lu meinte, dieser Wein sei einer von denen, die einem abends einen richtig miesen Tag noch retten können. Unterschreibe ich sofort, denn die leere Flasche riecht sehr verlockend.

Ich bin offiziell betrunken, schaffe es aber noch, den hungrigen Mäulern ein paar Gemüsesticks und einen Dipp zuzubereiten, während die Rotte sich weiter volllaufen lässt. Wenn ich mir die Pegelstände der übriggebliebenen Flaschen angucke, hat ausgerechnet der Pferdestallwein Pampina den meisten am besten geschmeckt. Zweiter Platz: der Gentile. Geteilter dritter Platz für El Molino und den Château Coulon. Vierter Platz für meinen Liebling Vinya Laia. Den fünften Platz teilen sich der Château Vieux Georget und der Zweigelt, und extrem abgeschlagen auf dem letzten Platz (fast volle Flasche) der Römerkelter.

Eigentlich dachte ich, nach der Orgie am Samstagabend will ich Sonntag bestimmt keinen Wein mehr trinken. Aber genau das Gegenteil ist eingetreten: Ich freue mich jetzt schon auf den Abend, wenn ich die Reste meiner Lieblinge nochmal antesten kann. Ich persönlich habe sehr viel von der Verkostung mitgenommen: mal wieder die Würdigung eines komplexen Genussmittels und vor allem den Genuss des Ausprobierens, Schmeckens, Riechens, Nachspürens, wie jetzt was schmeckt und duftet. Ich habe selten so viel Spaß dabei gehabt, meinen Horizont zu erweitern. Und wenn ich das mal der geneigten Leserschaft auf den Weg geben darf: Das ganze ist sogar bezahlbar. Ich habe den Abend alleine bestritten (mein Geburtstagsgeschenk an mich selbst), aber wenn man sich mit ein paar Freunden zusammentut, ist das alles sehr erschwinglich und macht sehr, sehr viel Freude. (Werbung off. Noch mehr Spaß am Weintrinken als vorher on.)

Tagebuch 10.04.2010

weinprobe_vorher

weinprobe_nachher

Es geht doch nichts über einen guten Plan.

Tagebuch 09.04.2010

Mittags mit einer ehemaligen Kollegin um 12.45 Uhr zum Essen verabredet gewesen. Ich komme immer zu früh und hatte daher noch vor dem Mittagsrush die Gelegenheit, mir einen Platz auszusuchen. Meine Lieblingsplätze auf der rückenfreundlichen Bank mit dem Blick zur Tür (weil alle anderen ja immer nach mir kommen) waren aber doch schon weg. Also saß ich mit dem Rücken zur Tür. Und wartete. Und wartete. Bis um kurz vor eins mein Handy klingelte und meine Kollegin mich fragte, wo ich denn sei.

„Ich sitze schon im Mama.“

„Ich doch auch! Wo bist du denn? Ich sitze am Fenster.“

Ich drehe mich um, sehe sie, winke – und sie guckt seeehr verdutzt und kommt dann an meinen Tisch.

„Ich hab dich überhaupt nicht erkannt! Ich hab nur nach deiner Baseballmütze geguckt. Gut siehst du aus!”

Nach dem Essen zu habitat geschlendert, weil ich mir doch endlich ein Weinregal zulegen will. Das sah aber in echt ne Ecke billiger als auf der Webseite und sehr zusammengezimmert aus. Weitersuchen.

Keinen Tee bei TeeGschwendner vor Ort gekauft, sondern mir lieber eine weitere Online-Bestellung vorgenommen. Zu viele Touristen im Laden.

Blumen gekauft und zu Fuß nach Hause gegangen, anstatt zwei Stationen mit dem Bus zu fahren.

Den Nachmittag über die Wohnung ein bisschen feiner gemacht für die Weinprobe am Samstag. Mittendrin kam Lu vorbei, die mich seit einem halben Jahr nicht mehr gesehen hat, um schon mal die circa 25 Flaschen bei mir abzuladen, bevor sie ins Hotel fuhr.

„Gut siehst du aus!“

Dann wieder auf die Couch gesetzt, um weiter in dem cleveren Teebuch zu lesen, das die Gschwendners zu ihren Online-Bestellungen legen. Darin sind alle Sorten, die sie führen, brav aufgelistet, mit schmackigen Erklärungen, warum dieser Assam jetzt anders schmeckt als jener Ceylon. Irgendwann jeden Widerstand aufgegeben, Omis Teetasse mit dem dazugehörigen Milchkännchen und der Zuckerdose aus dem Schrank geholt und des Kerls Teedose geplündert. (Ich habe momentan nur grünen Tee da, aber der Herr des Hauses hatte noch schwarzen.) Mit der zierlichen Tasse wieder aufs Sofa, vor den Rechner, an der Tasse geschnuppert, die Farbe und den Duft genossen, erst den Tee pur probiert, dann mit Sahne. Ich habe noch nie Sahne in einen Tee geschüttet. Schmeckt. Schmeckt aber auch ohne.

Mit dem Tee in der Hand ein paar Folgen Grey’s Anatomy geguckt. Sehr ausgeglichen gefühlt. Sehr zufrieden.

He, Tag – gut siehst du aus.

Hätte ich schreiben können: A long-delayed missive on “childhood obesity”, from a onetime obese child.

“The path I ultimately chose was self-acceptance, and cultivating an appreciation of my body no matter how my appearance may (or may not) change. I chose to care for myself and dig myself. It was a long time coming; it didn’t happen in a week or even a year. But with time I came to realize that it wasn’t my fatness that made me hate exercise; it was the social expectations associated with being fat that did so. It wasn’t my fatness that made me feel inferior to and isolated from most people I met; it was the cultural ideology which dictated that fat people are lonely, miserable, and broadly unpleasant.

Nothing that happened to me as a kid, none of the changes I went through, none of the self-loathing I absorbed, none of the teasing I tolerated, none of it would have taken place if I were fat in a vacuum. None of it happened exclusively as a result of my fatness. It happened because of the culture in which I was living, a culture we all share to one degree or another. It happened because I received, processed, assimilated and internalized the negative messages about what fat people can and cannot do, and what fat people are and cannot be. It happened because my peers did the same and acted out those cultural expectations upon me; because my pediatrician believed that putting a nine-year-old child only slightly bigger than average on a diet was a smart and responsible choice; because my parents, trying only to raise me as a happy and healthy kid, thought that I needed help in order to be normal. My fat was never the problem; the problem was living in a world that targeted fat people as defective, unintelligent, ill, repulsive. If I hadn’t felt singled out, if I hadn’t been utterly convinced that no one in the world aside from my parents would like me, let alone love me, until I stopped being fat… my childhood and teenage years probably would have been very different. Indeed, if I hadn’t beaten my metabolism to a pulp through compulsive dieting during my formative years, I may even not be as fat as I am today. I’ll never know.”

Fatshionista

Nachtrag zu meinem Genöle, dass ich mehr dicke Frauen in schönen Klamotten sehen möchte: Jill hat mich per Mail auf die Livejournal– und die Flickr-Seite von Fatshionista aufmerksam gemacht. Vielen Dank.

Ich gucke ab und zu bei Young, Fat und Fabulous vorbei, aber das ist selten meins. (Ist auch so gar nicht mein Körper. Leider.)

Sie kriegen das schon mit, dass ich meine lustige Berufereihe laufend ergänze, oder?

Tagebuch 08.04.2010

Passfotos machen lassen für neuen Perso und Reisepass. Fotos haben mich sofort in eine tiefe Sinnkrise gestürzt, natürlich vor allem das für den Reisepass, auf dem man nicht lächeln darf und geradeaus gucken muss und so von vornherein wie eine Schwerverbrecherin aussieht. Zum zweiten Termin des Tages dann den Lippenstift abgewischt, die rote Bluse gegen eine violette getauscht, die neuen Ohrringe rein und dann ging’s wieder. Trotzdem doof, Aussehen, Attraktivität, Selbstansprüche, Selbstbilder. Anstrengend, alles, das.

In unserer Wohnung sind Bad und Toilette getrennt, was ich großartig finde. Aber: Der Raum für die Toilette ist natürlich winzig; heißt: nicht viel Platz für … äh … Gerüche, um sich … äh … aufzulösen. IHR WISST SCHON. Im Sommer ist daher das Fenster immer schön auf Kipp; im Winter stelle ich lustige Duftmischungen auf die Fensterbank, damit man sich beim Pinkeln nicht den Pöter abfriert. Bis vor kurzem roch es auf dem Klo ziemlich weihnachtlich, weil ich die große, offene Vase mit dem dunkelroten Duftzeug so gerne mag (und noch lieber den dicken, plüschigen Schneemann, der zum Ensemble gehört, auch wenn er nach nichts riecht). Aber jetzt, wo die Temperaturen ab und zu zweistellig werden, wollte ich mal einen anderen Duft haben als Zimt und Nüsse und Sternanis. Also habe ich an dutzenden von diesen Duftfläschchen gerochen, die so gerne bei Ärzten auf dem Tresen stehen, diese kleinen Glasflaschen, aus denen Holzstäbchen ragen. (Das Zeug hat bestimmt einen fancy Namen, aber ich kenne ihn nicht.) Ich habe meine Nase mit „Zitrone“ malträtiert bzw. dem, was die Geruchsdesigner sich unter Zitrone vorstellen, Orange, Mandeln, Vanille, Nadelwäldern, Morgentau, Seebrise und weißdergeierwas. Das einzige, das erträglich gerochen hat, hatte den mit Abstand dämlichsten Namen ever: mental balance. Was natürlich dazu führt, dass der Kerl und ich jetzt dauernd sagen „Ich such mal wieder meine geistige Mitte“ anstatt „Ich geh mal kacken.“

Tagebuch 07.04.2010

einkaeufe

Einkaufen gewesen, die Wirtschaft angekurbelt (immer meine Lieblingsausrede, wenn ich die EC-Karte zücke). Nach Jahren des immer gleichen Einkaufs eine sehr seltsame Ausbeute in den vielen Tüten gehabt: lange, flatterige Tücher, ein paar bunte Blusen, eine Kette, drei Paar Ohrringe, einen Ring und – eine Handtasche.

Ich bin die letzten, na, sieben, acht Jahre immer gleich rumgelaufen: Jeans, Shirt, Turnschuhe, die mittellangen Haare zum Pferdeschwanz und Baseballmütze drauf. Dazu harmonierte hervorragend mein bisheriges Rumschlepputensil: mein geliebter schwarzer Lederrucksack, der groß genug ist für Laptop plus Kabelage, ein Buch, das Sonnenbrillenetui und den ganzen Kleinkram, der immer mitmuss. Zu meinem alt-neuen Klamottenstil – schlichte Pullis oder Blusen, Blazer, Stoffhosen – passt er leider gar nicht. Wenn ich nicht zur Arbeit gehe, sondern zum Beispiel zum Flattertücher-und-Ohrringe-Kaufen in die Innenstadt, kommt jetzt alles in eine ebenso schwarze und ebenso flache, schlichte Tasche aus Leder. Wenn ich zur Arbeit gehe, nutze ich seit kurzem wieder meine Aktentasche, die ich nicht so nenne, weil sie nicht wie eine aussieht. Sie ist aber auch kein Messenger Bag; sie ist einfach eine schwarze, flache Tasche, in die auch alles reinpasst, was bisher in den Rucksack reingepasst hat.

Ich fühle mich mit meinen beiden Taschen sehr wohl, aber ich muss mich noch an sie gewöhnen. Genau wie an die Ohrringe und die Flattertücher und die Ketten. Das lernt man ja in jedem Buch „Wie ziehe ich mich als dicke Frau ordentlich an“ – lange Tücher und Ketten strecken wie doof. Glaub ich alles. Ich weiß inzwischen auch, dass ich mit den Blusen mit V-Ausschnitt besser aussehe als in denen mit Rundhalsausschnitt. Oder, wie Tine Wittler sagt (ich mag die Dame): nicht noch eine Rundung mehr am Körper.

Wo wir gerade bei Tine sind: Ich mag sie deshalb, weil sie sich nicht versteckt. Ich fühle mich wohl in Schwarz, aber ich gebe zu, ich habe (noch?) nicht den Mut dazu, knallbunt rumzulaufen. Denn gerade als Dicke wird einem ja immer suggeriert: Versteck dich besser, du fällst eh schon auf. Vielleicht nicht gerade den quietschlilafarbenen, körperbetonten Mantel, sondern eher das gedeckte graue Zelt. Blödsinn. Ich arbeite dran. Zum Beispiel mit den Ketten und den bunten Tüchern. Ich finde zwar, dass ich allmählich wie eine Bankkauffrau aussehe (not that there’s anything wrong with that), aber wenn ich mir überlege, dass ich die letzten Jahre wie ein schlechtgelaunter Schlumpf aus der Herrenabteilung ausgesehen habe, finde ich mich als gutgelaunte Bankangestellte ziemlich prima.

Neu in der Blogroll: Anders anziehen. Ich mag, dass sich dort alte und junge Menschen finden. Ich würde mich freuen, auch ein paar dicke zu sehen (so wie diese Dame). Aber ich ahne, dass das aufgrund des oben beschriebenen Sachverhalts schwierig sein wird. Leider.

Schweinefleisch mit einer Sauce, die irgendwie ein Mittelding zwischen der 86 beim Chinamann und Ketjap Manis ist

sojaschwein

(Das Originalrezept nennt das Ding “Pork with sweet soy sauce” und hat viele hübsche Fotos.)

Bevor ich die leckeren Zutaten aufzähle: Gibt’s im Asialaden Ingwersirup? Ich hatte am Wochenende keine Lust, in einen reinzugehen, und die Asienecke im Supermarkt hatte keinen. Daher musste ich, bevor ich das Schweinefleisch in die Pfanne hauen konnte, erstmal Ingwersirup machen. Der ist erstens verdammt lecker und zweitens blitzschnell gemacht.

Für das Rezept brauchen wir nicht so viel, wie im Wiki-Link vorgesehen. Ich habe

1/4 Tasse Wasser mit
1/4 Tasse Zucker

aufgekocht, bis sich der Zucker aufgelöst hat, und dann

ein daumengroßes Stück Ingwer

dazugegegeben, geschält und grob gehackt. Das ganze auf kleiner Flamme vor sich hinsimmern lassen, bis aus der Flüssigkeit ein schicker Sirup geworden ist. Hat bei mir keine zehn Minuten gedauert. Das ganze durch ein Sieb geben, ein bisschen

Zitronensaft

dazu, fertig. Könnte man jetzt mit Sprudel aufgießen, könnte man aber auch zu einer seltsamen Sauce verarbeiten. Nämlich so:

2 EL Ingwersirup (easypeasy)
4 EL Sojasauce
3 EL süße Chilisauce (die hatte mein Supermarkt)
1 EL brauner Zucker

Alles vermischen. Dazu laut Rezept

1/4 TL Chilipulver
1/2 TL Currypulver

Ich hab von den beiden Gewürzen so ziemlich genau jeweils einen TL genommen. Ein viertel Teelöffel, wo kommen wir denn da hin. Deswegen hatte meine Sauce auch diese angenehme Schärfe, die hinten im Rachen rumkriecht, aber nicht vorne auf der Zunge und an den Lippen nervt. Ich esse nämlich nicht gerne scharf, aber so pseudoscharf darf’s gerne sein. In einer Pfanne

1 große Zwiebel, in Ringe geschnitten und
1 grüne Paprika, in Streifen geschnitten

in Öl anbraten. Ich hab noch ne gelbe Paprika dazugeschmissen, dann war auch die Gemüsebeilage erledigt. Und ich hab Sonnenblumenöl genommen, das mag ich neuerdings zu allem.

Das ganze ein paar Minuten in der Pfanne lustig hin- und herwenden, bis die Zwiebeln leicht gebräunt sind. Den Pfanneninhalt in einen Teller umsiedeln und warm halten. In der Pfanne nun

500 g Schweinefleisch mit
zwei gehackten Knoblauchzehen

anbraten. Wenn das Fleisch ein bisschen Farbe hat, die Sauce dazukippen und alles auf kleiner Flamme für circa zehn Minuten köcheln lassen. In der Zeit kann man zum Beispiel eine Runde Reis kochen, denn – Überraschung – asiatische Gerichte sind mit Reis echt lecker.

Das nächste Mal probiere ich das mit Huhn aus, aber der Sauce bin ich bereits total verfallen.

Das war das Samstagsgericht. Sonntag gab’s Chicken Marsala, das genauso lecker war, aber ich hatte überhaupt keine Lust, ein Foto zu machen. Kann ich aber zum Nachkochen sehr empfehlen.