Aus dem Tagesspiegel: Die Ideen der anderen – Internet-Piraten gegen Copyright-Magnaten: kleine Einführung in die Ideologie des digitalen Freibeutertums.

„Noch unübersichtlicher ist der Copyright-Krieg, weil er eine dritte Front hat: die Künstler. Sie sind hin- und hergerissen, weil sie sich auf beide Seiten angewiesen fühlen, auf die Konzerne, die ihren Lebensunterhalt sichern, und auf die Konsumenten, die ihre Werke rezipieren. Die Künstler wissen nicht, wie sie reagieren sollen. Sollen sie ihr Publikum beschimpfen? Was, wenn es sich abwendet? Sollen sie es begrüßen, dass ihre Kunst im Internet Verbreitung findet? Was, wenn die Schecks der Industrie ausbleiben?

Die Konzerne wissen um diese ambivalente Gefühlslage – und versuchen, die Künstler für ihre Zwecke einzuspannen. Lautstark beteuern sie, das Urheberrecht schütze die Interessen von Kulturschaffenden und wer es verletze, treibe Künstler in den Ruin. Das mag ansatzweise stimmen – und ist doch scheinheilig.

Mark Getty, der intellektuelles Eigentum zum Rohstoff erklärte, verfügt über ein geschätztes Vermögen von 500 Millionen Dollar. Damit ist er zwar weit davon entfernt, in der Forbes-Liste der 100 reichsten Menschen der Welt genannt zu werden – doch tauchen in diesem Ranking zahlreiche Unternehmer auf, die ihr Vermögen der Vermarktung von Kulturgut verdanken. Platz eins etwa hält Bill Gates, Eigentümer der Bildagentur Corbis. Der Amazon-Gründer Jeff Bezos rangiert mit sieben Milliarden Dollar auf Platz 68, der indische Filmmogul Anil Ambani mit zehn Milliarden auf Platz 34.

Aber einen Künstler verzeichnete die Forbes-Liste nicht. Selbst Ausnahmeerscheinungen wie der Musical-Tycoon Andrew Lloyd Webber (1,2 Milliarden Dollar), die Harry-Potter-Autorin Joanne K. Rowling (800 Millionen) oder Ex-Beatle Paul McCartney (700 Millionen) haben mit ihrer Kunst nicht annähernd so viel Geld verdient wie die Schwergewichte der Copyright-Branche.“

(via Piratenparteis Gezwitscher)

Sehr ausführlicher Artikel Pro und Contra Kulturflatrate auf netzwertig.com, der so ziemlich alle meine Bauchschmerzen zusammenfasst.

Die Unterhaltungsindustrie in den Zeiten der Cholera

Konstantin Klein stellt einen wichtigen Antrag zur Geschäftsordnung: Als Mitglied der Piratenpartei möchte er, dass sich diese endlich einen Kopf darum macht, wie man Künstler vernünftig entlohnen kann, sieht aber auch schon einen Flügelkampf zwischen Bezahlern und Downloadern.

Ich habe bei der Europawahl mein Kreuz bei den Piraten gemacht, obwohl mir genau dieser Punkt – die Künstlervergütung und das Urheberrecht – in ihrem noch unvollständigen und konstant in Arbeit befindlichen Parteiprogramm auch noch Kopfschmerzen bereitet.

Im Folgenden möchte ich ein paar Gedanken zur Zukunft von Büchern, Musik und Filmen zusammenfassen, mit denen ich mich in den letzten Tagen und Wochen beschäftigt habe. Eine finale Lösung für alle Probleme dieser Welt habe ich nicht, aber vielleicht ein paar Ansätze. Ein Punkt ist mir allerdings klargeworden: Das Urheberrecht muss sich anpassen, zum Beispiel in Richtung Creative Commons. Jeder, der möchte, darf seine Werke unter dieser Lizenz veröffentlichen, muss es aber nicht. Das käme einer Entmündigung gleich. Und: Kunst muss genauso bezahlt werden wie andere Arbeit. Jeder, der eine Leistung erbringt, sollte dafür entlohnt werden, ganz klar. Ob diese Leistung jetzt ist, mir morgens die Mülltonnen zu entleeren oder einen Song zu schreiben, für den ich Geld bezahle, ist völlig egal. Arbeit muss sich wieder lohnen. (Guck mal, ein parteiübergreifend funktionierender Satz!)

1. Bücher

Fangen wir mit dem Medium an, das mir am meisten am Herzen liegt: Bücher. Ich behaupte, dass sich hier, trotz der Online-Verfügbarkeit von Hörbüchern, am wenigsten ändern wird. Das gedruckte Buch wird sich nicht so schnell von eBooks verdrängen lassen und zwar aus fürchterlich unlogischen Gründen. Ich behaupte, dass Leute, die viel und gerne und freiwillig lesen, das immer noch lieber auf Papier tun als mit einem Laptop oder einem Kindle auf dem Schoß. Das Gefühl, Seiten umzublättern, die Möglichkeit, schöne Sätze unterstreichen zu können (ja, ich glaube zu wissen, dass das beim Kindle auch geht) und nicht zuletzt die Haptik und der Geruch eines Buches sind ziemlich unschlagbare Gründe. Ich weiß, dass die eReader immer besser werden, dass das Lesen auf ihnen immer angenehmer wird, aber ich glaube trotzdem – und ich kann es leider nicht anders als mit dem Gefühl, ein Buch in der Hand zu haben, begründen –, dass meine MitstreiterInnen und ich weiterhin unsere Urlaubskoffer mit fünf Wälzern zustopfen werden anstatt mit einem schlanken eReader. Daher glaube ich, dass sich der Buchhandel am wenigsten Sorgen machen muss. Wir werden euch weiterhin die Regale leerkaufen – was bedeutet, dass sich auch Autoren noch nicht so große Sorgen machen müssen.

Hörbücher sind da schon ein anderer Schnack. Da sie viel leichter online zur Verfügung gestellt werden können als ihre gedruckten Kumpels, sind sie natürlich auch leichter mal eben so mitzunehmen. Wobei dieses „Mal eben so mitnehmen“ genau der Punkt ist, an dem ich der Musik- und Filmindustrie und jetzt eben auch den Verlagen, die Hörbücher produzieren, energisch widersprechen möchte: Niemand klaut, weil ihm nichts besseres einfällt. Wenn die Möglichkeit da ist, Autoren/Produzenten/Komponisten Geld zukommen zu lassen, wird diese Möglichkeit durchaus wahrgenommen. Und damit komme ich zu:

2. Musik

In den US-Amazon-Charts 2008 ist das Album Ghosts I-IV der Nine Inch Nails auf Platz 1 gelandet. Allein in der ersten Woche hat es 1,6 Millionen Dollar „eingespielt“. Das Besondere: Das Album wurde unter einer Creative-Commons-Lizenz veröffentlich und konnte daher umsonst und legal von diversen Filesharing-Seites heruntergeladen werden. Trotzdem scheint es noch genug Fans zu geben, die Geld dafür bezahlen möchten, obwohl sie nicht müssten. Und das ist genau der Punkt, den die Unterhaltungsindustrie (der Name allein schon!) nicht versteht: dass Musikhörer, Filmliebhaber und Leser den Menschen, die ihre Unterhaltung produzieren, durchaus entlohnen wollen:

“NIN fans could have gone to any file sharing network to download the entire CC-BY-NC-SA album legally. Many did, and thousands will continue to do so. So why would fans bother buying files that were identical to the ones on the file sharing networks? One explanation is the convenience and ease of use of NIN and Amazon’s MP3 stores. But another is that fans understood that purchasing MP3s would directly support the music and career of a musician they liked.

The next time someone tries to convince you that releasing music under CC will cannibalize digital sales, remember that Ghosts I-IV broke that rule, and point them here.”

Was mir bei der ganzen Download-Diskussion so übel aufstößt, ist das ewige Gejammer, dass früher alles besser war. Da musste man als Musikliebhaber eben in einen Laden gehen, sich eine Vinylscheibe oder eine CD mit viel Plastik drumrum kaufen und wieder nach Hause gehen. Dass auch damals schon diese Platte oder CD für Freunde beliebig oft kopiert wurde, sei es auf Kassette oder auf gebrannter CD, scheint nicht so wild gewesen zu sein. Genau wie die Tatsache, dass ich persönlich – und damit bin ich sicher nicht alleine – noch eine Riesenkiste an Tapes in meiner Wohnung lagere, auf denen nichts anderes ist als Musik, die ich aus dem Radio mitgeschnitten habe. Ich besitze tausende von Liedern, für die ich nichts bezahlt habe (Rundfunkgebühr mal außen vor). Und unglaublicherweise bin ich trotzdem – obwohl ich alles umsonst haben konnte – in einen Laden gegangen, um mir CDs zu kaufen. Zum Beispiel von den Künstlern, von denen ich einen Song im Radio gehört habe, der mir so gut gefallen hat, dass ich die ganze CD haben wollte.

Ich glaube, dass man es uns als Konsumenten so einfach wie möglich machen muss – und netterweise ist das in diesen bösen, digitalen Zeiten auch problemlos möglich. Ich verstehe nicht, warum man auf alten Vertriebswegen beharrt, wenn die neuen viel unkomplizierter sind. Was spricht gegen iTunes oder Amazon? Vielleicht ihre Monopolstellung. Also her mit neuen, legalen, kostenpflichtigen und fair bepreisten Downloadmöglichkeiten, die eine noch größere Bandbreite haben als die jetzigen, eher auf den Mainstream ausgelegten Portale.

Ich träume von einer Site mit klassischer Musik – vielleicht mit einem angelagerten Forum, in dem sich Fans austauschen und auf besondere Stücke hinweisen können. Daran könnte man gleich noch eine Konzertkartenbörse anschließen. Man könnte bei jeder Suche nach einem Interpreten auch dessen Webseite auflisten, auf der zusätzliche Informationen zum MP3 stehen – vielleicht sogar Videos vom Einspielen oder Konzertausschnitte. Man könnte eine lokale Suchfunktion anbieten über Händler, die die CD im Regal stehen haben, wenn es eben doch nicht nur ein MP3 sein soll, sondern das „große Paket“ mit Booklet und allem. (Wenn Ikea es hinkriegt, alle seine Märkte zu vernetzen, um dem Onlinekunden zu zeigen, ob Billy in Buche in seinem nächstgelegenen Ikea vorrätig ist, sollten das andere auch hinkriegen. Stichwort RFID.)

Es gibt so viele neue, spannende und vor allem lohnende Möglichkeiten, Musikkonsumenten dazu zu kriegen, Musik zu kaufen – warum wird das „neue“ Medium Internet nicht genutzt anstatt es zu verdammen? Derartige Portale würden auch für Jazz funktionieren, für Schlager, für Independent, für Musik, die bisher nur in kleinen Stückzahlen aufgelegt werden konnte, weil die Künstler es sich einfach nicht leisten konnten, CDs zu pressen, diese ausliefern zu lassen und darauf hoffen mussten, dass irgendein Laden sie verkauft.

Stichwort Eigenverlag. Jeder Künstler kann sich heute eine Webseite bauen und dort seine Musik direkt zum Download anbieten. Radiohead haben es erfolgreich vorgemacht – warum machen das nicht mehr Bands? Ich muss gestehen, ich habe keine tiefen Einblicke in das Musikgeschäft und sehe das alles nur aus Konsumentensicht. Aber ich glaube, dass es für Künstler genauso lohnend sein kann, seine Musik selbst anzubieten als wenn es über einen Musikverlag geht. Vielleicht sogar noch lohnender, weil der ganze Wasserkopf wegfällt.

Ich habe eine Zahl im Hinterkopf, dass der Künstler von jeder verkauften CD zehn Prozent des Erlöses bekommt, der Rest geht an das Label, aber ich bin mir überhaupt nicht sicher, ob das stimmt. Daher möchte ich mich etwas zurückhalten, was die Entlohnung von Musikern angeht. Aber soweit ich weiß, kommt der Großteil der Einnahmen eher aus Konzerten und anderen Auftritten – und die werden durch die Onlineverkäufe bzw. die illegalen Downloads nicht beeinträchtigt. Im Gegenteil, auf sie könnte besonders hingewiesen werden bzw. der Kartenverkauf könnte vereinfacht werden, wie ich ein paar Zeilen weiter oben geschrieben habe.

(Weitere Erlösmodelle hier.)

3. Filme

Hier gilt das gleiche wie bei Musik: Macht es mir einfach, und ich bezahle euch gerne. Stempelt mich von vornherein zum Kriminellen, dann bin ich brastig und komme euch mit sehr wenig Mitleid entgegen. Das Gefühl habe ich jedenfalls immer, wenn ich eine legal ausgeliehene DVD angucken möchte und mir erstmal einen dramatischen Raubkopierspot angucken muss, den ich nicht vorskippen kann.

Was mir bei der heutigen Filmindustrie nicht in den Kopf will, ist dieses altmodische Modell, Filme erst ins Kino zu bringen, ein paar Monate später auch in die im Ausland, wiederum ein paar Monate später gibt es die DVD, und irgendwann kommt der Film mit Werbung durchsetzt und ohne Abspann im Fernsehen. Das ist ungefähr genauso schwachsinnig, als wenn Madonna ihr neues Album in den USA im Januar rausbringt und in Deutschland erst im Mai. Wenn Musik weltweit halbwegs gleichzeitig zu haben ist, warum dann nicht auch Filme? Oder TV-Serien? Warum verspielt die Industrie bergeweise Einspielgelder anstatt sich den Hype eines neuen Films zunutze zu machen? Siehe Matrix Reloaded: beknackter Film, aber weltweit am gleichen Tag gestartet, um weltweit Leute ins Kino zu kriegen (und die Tauschbörsen – und wahrscheinlich Filmkritiker und Mundpropaganda – auszutricksen).

Was die Filmindustrie immer beklagt: Leute gehen nicht mehr ins Kino, weil sie den Film vorher schon aus dem Internet gezogen haben. Ich behaupte, Leute, die einen Film im Kino sehen wollen, gehen nicht nur da hin, weil sie einen Film sehen möchten, sondern weil sie das Erlebnis Kino schätzen. Das heißt im Idealfall große Leinwand, Kracherton, bequeme Sitze und gute Freunde um einen herum, mit denen man nach dem Kino, liebe Kinder, den Film ausgiebig besprechen kann.

Ein heruntergeladener Film ist ein ganz anderes Erlebnis, genau wie eine DVD: Die wird zuhause geguckt, eher alleine und zu nicht festgelegten Zeiten. Beide Arten, einen Film zu genießen, haben ihre Berechtigung. Und deswegen würde ich mir von der Filmindustrie wünschen, auch beide Arten wahrzunehmen. Was spricht dagegen, einen Film ins Kino zu bringen und ihn zeitgleich zum Download anzubieten? Steven Soderbergh hat es ganz ähnlich vorgemacht: Sein Film Bubble erschien gleichzeitig im Kino und im Fernsehen, und ein paar Tage später gab es auch gleich die DVD.

Das Jammern der Kinoindustrie erinnert mich ein bisschen an die Zeit, als das Fernsehen immer allgegenwärtiger wurde. Natürlich sind einige Kinos dabei auf der Strecke geblieben, aber es gibt immer noch genug Leute, die ins Kino gehen. Ich meine, dass sich Filme geändert haben, seit sie mehr um ihre Zuschauer kämpfen mussten. Kino ist ein jüngeres Medium geworden; ins Kino geht man am liebsten in fiese Blockbuster mit grellen Explosionen, die im Fernsehen weitaus weniger Spaß machen. Ich glaube, dass Filme, die nicht unbedingt so viel Platz und Lautstärke brauchen, auch prima zuhause aufgehoben sind. Was für mich bedeutet: jeder Film sollte das Medium bekommen, das zu ihm passt – und ich als Konsument kann mir aussuchen, wie ich meinen Film sehen möchte. Reicht mir der pure Film, ohne DVD-Hülle und Beileger, kann ich ihn mir herunterladen. Natürlich am Starttag des Films. Möchte ich ihn in Gesellschaft genießen, gehe ich ins Kino. Und lege ich Wert auf Bonusmaterial, Behind-the-Scenes-Infos und verschiedene Sprachfassungen, greife ich zur DVD, die ebenfalls zeitgleich mit dem Film in den Handel kommt. Wenn ich alle diese Möglichkeiten habe, wird meiner Meinung nach der illegale Download stark zurückgehen, einfach weil es nicht mehr nötig ist, sich einen Film online zu ziehen, um nicht drei Monate warten zu müssen, bis er endlich in Deutschland erscheint.

4. Vergütung und Urheberrecht

Ich hoffe, dass ich mit den obenstehenden Zeilen begründen konnte, warum ich daran glaube, dass Menschen durchaus bereit sind, für Kunst bzw. Unterhaltung zu bezahlen. Und wenn wir das tun anstatt uns die Festplatte mit illegalen Downloads zuzuknallen, die wir eh nie konsumieren, können Künstler auch davon leben. So wie bisher auch. Glaube ich, ich bin kein Künstler. Ich trete alle meine Rechte an meinen Werbetexten an Agenturen und Kunden ab. Womit wir bei den Rechten wären. Wie schon gesagt, ich denke, das Urheberrecht muss sich den neuen Möglichkeiten anpassen. Ich glaube nicht, dass es heute möglich ist, ein Copyright auf so lange Zeit auszudehnen wie vor dem Internetzeitalter. 75 Jahre bei Büchern? Keine Chance. Aber wie es aussehen könnte, weiß ich leider auch nicht. Das ist ein Punkt, bei dem ich überhaupt keine Idee habe. Ich hoffe mal ganz naiv, dass sich diese Frage relativieren wird, je einfacher es dem Konsumenten gemacht wird, urheberrechtlich geschützte Werke legal zu erwerben. Aber da kann ich natürlich auch total daneben liegen.

5. Anmerkung

Dieser Eintrag wäre einer der wenigen, bei dem ich wünschte, ich hätte Kommentare. Dieses Bloglayout ist dafür leider nicht eingerichtet, aber wenn ihr mich auf komplette Irrtümer hinweisen oder etwas Ergänzendes beisteuern wollte, dann bitte per Mail an mich (mail ‘dings’ ankegroener ‘dings’ de). Ich füge eure Anmerkungen gerne an diesen Text an. Auch weil ich selber mit mir ringe, in welche Richtung dieser ganze Themenkomplex führen wird. (Und ob ich Pirat werden soll oder nicht. Bisschen zu wenig Östrogen da in dem Laden.)

Edit, weil auf Twitter mal kurz genöckelt wurde: Ja, das liegt am Layout, dass ich gerade keine Kommentare zulassen kann. Als mich mein persönlicher Style-Sheet-Servant beim Layoutumbauen gefragt hatte, ob ich ein Kommentarfeld gestaltet haben möchte, hab ich „Nein“ gesagt, weil ich eben keine Kommentare haben wollte. Und auch kein ewiges „Comments Off“ unter den Einträgen wie bisher im roten Layout. Deswegen kann ich in der WordPress-Eingabemaske jetzt „Allow Comments“ so oft anklicken, wie ich will – wenn kein Kommentarfeld definiert wurde, kommt da auch nix. Und im Moment hat Herr Fischer was Besseres zu tun als überfallartige Wünsche von mir zu erfüllen. Zu Recht :-)

Kommentare:

Christian: „Was viele Leute gerne vergessen, ist dass Dinge wie Patente, Urheberrechte, exkl. Verwertungsrechte etcpp. ja keine “natürlichen” Eigentumsrechte wie Grundbesitz oder ein Auto sind.

Sondern es sind von der Gesellschaft gewährte Ausnahmeregelungen um Forschung und Kultur zu fördern. Wer Geld und Zeit investiert um etwas zu erfinden, soll davon auch profitieren dürfen. Wer sich künstlerisch betätigt, soll davon leben dürfen.

Das hat auch lange Zeit gut so funktioniert, allerdings sind diese Ausnahmeregelungen über die letzten 50 Jahre immer weiter ausgedehnt worden, und viele denken mittlerweile, dass es natürliche Besitzrechte sind, anstatt besondere Privilegien. Im Endeffekt fördern diese Regelungen nur noch bedingt Forschung und Kultur, sondern stehen dem eigentlichen Ziel fast schon im Weg.

Unsere Gegenwartskultur besteht zu einem großen Teil aus Zitaten, den berühmt/berüchtigten Mash-ups, technische Innovationen beruhen häufig auf den Vorleistungen anderer, und über die Probleme die wir als Gesellschaft mit der Pharmaforschung haben will ich gar nicht anfangen
zu reden.

DAS sind die Gründe, warum wir Patent- und Urheberrecht reformieren müssen, nicht damit jemand das neue DSDS-Album kostenlos herunterladen kann. “Raubkopiererei” ist eigentlich nur ein Nebenschauplatz… ;)“

Daniel: „NIN wird zu Recht sehr häufig als Beispiel genutzt um aufzuzeigen, dass es auch möglich ist auf eine “freiere” Weise Musik zu vertreiben und dabei erfolgreich zu sein. Allerdings hat sich NIN natürlich über die althergebrachte Unterhaltungsindustrie, welche meiner Meinung nach eigentlich eher eine “Vertriebsindustrie” ist (war?), bereits eine entsprechende Fanbase aufgebaut und daher ist es wahrscheinlich etwas leichter Geld z.B. über diverse “Special Editions” eines neuen Albums zu verdienen.

Jonathan Coulton dagegen ist bisher komplett ohne Label ausgekommen und trotzdem für seine Verhältnisse erfolgreich. Zwar ist er kein Multi-Millilonär-Rockstar – aber er kann von seiner Musik leben und verdient mittlerweile mehr als in seinem Programmierer-Job, den er für die Musik aufgegeben hat. Er macht im Grunde genau die Dinge, die du in deinem Eintrag angesprochen hast. Man kann die meisten Tracks kostenlos über seine Webseite downloaden oder aber auch direkt dort kaufen. Ein Großteil seines Einkommens kommt soweit ich weiss allerdings aus Konzerten und Merchandising.

Ich bin selber zwar kein großer JC Fan – habe vielleicht zwei oder drei Songs von ihm gekauft – und JC bedient natürlich häufig eine Computer-Geek Nische, welche gerade über das Internet gut zu erreichen ist, was es für ihn anfangs sicherlich leichter gemacht hat eine Fanbase aufzubauen. Trotzdem ist er wahrscheinlich eins der besten Beispiele, dass es auch ohne Major Label und die Unterhaltungindustrie möglich ist sich als Künster zu etablieren.“

Tilla hat mich auf ihren eigenen Blogeintrag hingewiesen, in dem sie sich als Fotografin mit dem Urheber- und Verwertungsgesetz befasst. In ihrem Artikel sind zwei Blogeinträge der Musikerin Karan verlinkt (eins, zwei).

Joël: „Zum Thema Klassik: www.deutschegrammophon.com hat in meinen Augen durchaus Potential, vor allem weil sie ihre Musik auch verlustfrei anbieten. Aber das Forum usw. fehlt leider.

Ein wenig Schade finde ich, dass du gar nichts zur Kulturflatrate gesagt hast. Ich denke, dass ein gut überlegtes und ausgereiftes Modell, das eben nicht von der U-Industrie diktiert wurde, durchaus Potential hätte. Eine Kulturflatrate heißt ja nicht, dass aufgehört wird, Musik/Filme zu kaufen, wie du es beschreibst, aber es könnte die (meiner Meinung nach) unausweichlichen Downloads zumindest entschädigen. (Wenn du heute eine CD brennst, wird das ja dadurch entschädigt, dass du eine kleine “Brennflatrate” auf deinem Rohling bezahlst) Ich denke, dass es vor allem wichtig wäre, wenn eingesehen würde, dass Downloads nicht unbedingt schlecht snd, sondern mehr eine Art Werbung. Denn ohne Downloadmöglichkeit hätte ich viele Bands nie kennengelernt, für die ich gerne Geld bezahlt habe.

Zum “Radiohead-Modell”: Für kleine/unbekannte Bands ist das wohl ziemlich schwierig, vor allem weil Studioaufnahmen sehr teuer sind. Also, da spielt man schon mal ein Jahr auf allen möglichen Konzerten, um die Bandkasse aufzufüllen, damit man ein Album aufnehmen und 500 CDs pressen kann, mit deren Verkauf man dann eine weitere Pressung finanziert, usw. Übrigens haben die Einstürzenden Neubauten auch drei Alben mit Finanzierung ihrer Fans herausgebracht, die beim Einspielen und Produzieren per Webcam zusehen durfen, auf spezielle Konzerte konnten, usw.

Was Bücher angeht: Vielleicht wird es da ja auch bald mehere Preisklassen geben. Digital als Ersatz zum Taschenbuch und hochwertige Editionen fürs Bücherregal und für die Haptik. In dem Buch ist ein Downloadcode für den Text, damit man ihn digital hat und bspw. seine Lieblingszitate an Freunde verschicken kann.

Meiner Meinung nach sind Downloads halt nicht zu stoppen und es wäre Unsinn, irgendwie künstlich zu versuchen das zu unterbinden, deshalb muss es eine Gebühr wie auf CD-Rohlingen und Fotokopierpapier auf dem Internetanschluss geben. Zusätzlich halt die ganzen schlauen Sachen, die du vorgeschlagen hast, damit ich mir nichts illegal runterladen “muss”/will.

Ein wichtiger Punkt, den berufstätige, erwachsene Menschen oft schnell vergessen: Jugendliche haben oft keine Kreditkarte. Es muss also auch Bezahlmöglichkeiten jenseits von Visa geben. Oder halt Modelle wie die “Prepaid-Visa”, die man vor dem Einkaufen aufladen kann. Und das gilt nicht nur für Film und Musik, sondern auch z.B. für Leihfahrräder (z.B. in Luxemburg-Stadt) ;-)“

Anke: Mit der Kulturflatrate stehe ich (noch) etwas auf Kriegsfuß, weil mir das zu sehr nach einem Riesentopf aussieht, aus dem dann alle Künstler (wer definiert, wer Künstler ist?) einen bestimmten Betrag ausgezahlt bekommen. Fühlt sich für mich genauso unausgegoren an wie der Gesundheitsfond, aber ich muss mich da noch etwas schlauer machen.

David: „Ich finde, du hast Recht. Gerade bei Musik ist es wirklich so, dass ein einfach gehaltener und fair bepreister Download viel attraktiver ist, als die Musikindustrie glaubt. Vor allem die Möglichkeit, nur ein oder zwei Lieder zu kaufen (vielen Menschen gefallen nur Einzelstücke, aber oftmals kein ganzes Album) macht die Sache interessant.

Auch mit den Filmen dürftest du Recht haben. Ich habe zu Hause zwar einen Beamer und eine Dobly-Digital-Anlage, mit dem Erfolg, dass ich bei 3,9m Bilddiagonale quasi Heimkino habe, aber das Kinoerlebnis kann es nicht ersetzen. Gerade, wo jetzt 3D-Filme kommen, die eine Technik voraussetzen, die zu Hause nicht zu machen ist (wenn man nicht sehr viel Geld investieren möchte. Eine dafür erforderliche Siberbeschichtete Leinwand kostet meines Wissens über 700 Euro pro Quadratmeter. Von Brillen und Lichtpolarisationsfiltern oder Doppelprojektoren mal abgesehen…) Wenn die Filme wirklich wie von dir vorgeschlagen Zeitgleich in Fernsehen, Download, Kino und auf DVD erhältlich wären, könnte ich mir sogar vorstellen, mehrere der Vertriebswege zu wählen, wenn mir der Film gefällt. Zuerst würde ich die Billigvariante Download nehmen. Wenn ich den Film dann gut finde, würde ich ihn vielleicht sogar auf DVD nochmals kaufen, um Hintergrundinfos und eine schöne Hülle für’s Regal zu haben.

Bei Büchern muss selbst ich als technikverliebter Digitalmensch mit Affinität zu Gadgets und Geräten dir Recht geben. Es geht nichts über ein echtes, analoges Papierbuch. Die eBook-Reader sind vielleicht als Ergänzung ganz nett oder wegen der Durchsuchbarkeit prima für Nachschlagewerke und Sachbücher geeignet. Aber das richtige Lesevergenügen eines Romans, Thrillers oder Krimis setzt ein echtes Buch und einen bequemen Sessel oder ein Bett voraus. oder einen Stuhl in der Sonne.“

Sven: „Vielen Dank für diesen wichtigen und richtigen Beitrag.

Gerade bei Serien hätte ich längst kein schlechtes Gewissen mehr, die einzelnen Folgen einige Stunden nach Ausstrahlung in den USA direkt aus dem Netz zu beziehen – leider nicht legal. Aber ich komme mir einfach lächerlich vor, die bereits im Netz zur Verfügung stehenden Vertriebswege zu nutzen.

Für die fünfte Staffel von Scrubs in der deutschen Fassung bezahle ich bei iTunes 51 Euro für circa 8 Stunden Unterhaltung, obwohl die Folgen meist bereits drei Jahre alt sind und damals umsonst im Fernsehen und im Netz ausgestrahlt wurden. Bei Amazon.de bezahle ich 25 Euro, bekomme mehr Leistung, muss aber noch länger warten, weil die DVD nicht direkt erscheint und auch noch versendet werden muss. Noch billiger und frühzeitiger erhalte ich die Serie unverständlicherweise, wenn ich sie mir aus GB oder den USA importieren lasse.

Letztendlich könnte ich aber alles umgehen indem ich sie mir direkt lade. Wohnt man in den USA, hat man das nicht nötig, weil die Folgen direkt nach oder während Ausstrahlung legal auf der Seite live gestreamt, als permanentes Stream-Video oder sogar zum Download angeboten werden. Ich kann auf diesen völlig vernünftigen Service nur nicht zugreifen, weil mein Rechner in Deutschland steht. (Ich könnte schon, nur würde ich mich damit wieder strafbar machen. Es kostet mich keine fünf Minuten, dem Netz vorzugaukeln, mein Rechner stünde in den USA.)

Das ist mir unverständlich und insbesondere bei Serien macht es mich sogar wütend. Vor allem, wenn man dann mitbekommt, dass gute Serien wie zB Chuck evtl keine dritte Staffel erhalten, weil die Einnahmen nicht stimmen. Natürlich nicht, weil man den Markt überhaupt nicht abdeckt. Wären die Folgen direkt nach Ausstrahlung für einen Euro im Netz gelandet, hätte man vermutlich im europäischen Raum mehr Geld eingenommen als die einzelnen Sender hier für die Lizenz zu bezahlen bereit waren.

Warum kooperiert man nicht mit Dienstleistern wie Rapidshare etc. Die Serien, Filme, Musik landet eh dort, warum wird das nicht zum eigenen Vorteil genutzt?
Es ist mir ein Rätsel…

(Von Software fang ich gar nicht erst an. Ich weiß nicht, welche Mehrleistung MS Office und Adobe Photoshop CS4 gegenüber OpenOffice und GIMP bringen, aber auch hier erscheinen mir die Preise unverhältnismäßig. Bei Videospielen weiß ich, dass die kostenfreien und von von Fans programmierten Zusatzkarten und -pakete oftmals den gleichen Spielspaß, mehr Originalität und Story und vor allem Fehlerfreiheit bringen.)

Anke: Der Piratenkauz hat ein paar lesenswerte Überlegungen zur Kulturflatrate.

Stephanie: „ich bin keine Technikversteherin, aber wieso sollen Hörbücher »viel leichter online zur Verfügung gestellt werden können« als gedruckte Bücher? Eine Textdatei ist nicht wirklich ein Problem, es gibt, soweit ich informiert bin, zurzeit 2 oder 3 verschiedene PDF-Formate im deutschen E-Book-Handel, und die Druckvorlagen für Papierbücher (die berühmten »Fahnen«) sind auch ein PDF, das man, wie es ist, ins Netz stellen könnte.

Dein Argument, Anke, dass früher die verliehenen Bücher, die im Radio mitgeschnittenen Kassetten, usw. »auch nicht so wild« gewesen seien, verkennt einen quantitativen Unterschied: die Anzahl der möglichen Kopien in einer bestimmten Zeit. Angenommen, du kaufst einen Roman, er gefällt Dir, Dir fallen eine Hand voll Leute ein, von denen Du sicher bist, dass er ihnen auch gefällt: Hallo Susi, das hab ich grad gelesen, super, musst du auch lesen, hier, leih ich Dir aus. Wenn du diesen Vorgang hochrechnest, bist du noch Lichtjahre von der Anzahl der möglichen unbezahlten Kopien entfernt, die die digitale Form im Netz mit sich bringt.

Dass Leute für files bezahlen, die sie auch umsonst haben könnten, ist schön, aber ganz sicher nicht als Standard anzunehmen und als Modell untauglich. Sollen KünstlerInnen vom guten Willen der KonsumentInnen leben? Wollen wir das dann bitte auch im Supermarkt einführen, dass man an der Kasse frei entscheiden kann, ob man bezahlen will oder nicht: Hallo, Tach, den Käs nehm ich so mit, für das Brötchen geb ich einen Groschen.

In der BRD, und sehr wahrscheinlich auch anderswo, können die allerallerallermeisten KünstlerInnen überhaupt gar nicht von ihren Werken leben. Das Geschrei um die Entlohnung geistigen Eigentums betrifft in der Hauptsache diejenigen, die es gar nicht nötig hätten, und außerdem, wenn nicht vor allem, deren mitprofitierende Vermittler: die Großen unter den Verlagen, Labels, Galerien, Film-Verleihern, usw … aber das ist genau die Minderheit, die den Markt (noch) kontrolliert.

Beispiel: ich habe gerade meinen ersten Roman veröffentlicht. Drei Jahre dran gearbeitet, kleiner, feiner Verlag, minimaler Vertrieb, so gut wie kein Werbeetat, 1000er Auflage, das Buch kostet im Handel 17,90€. Für jedes verkaufte Exemplar bekomme ich 1,30€, und das ist ein anständiger Vertrag, viele sind mit noch weniger dabei. Ich geh da nicht mal plusminusnull raus, und man weiß auch gar nicht, ob sich die Auflage überhaupt verkaufen wird. Meine geistige Arbeit ist ganz sicher nicht angemessen bezahlt, nicht mal im aller entferntesten. Diese Umstände sind ziemlich normal. Hätte ich den Roman digital und im Eigenverlag herausgebracht, dann hätte das nichts anderes bedeutet als: »der Roman ist so schlecht, dass kein richtiger Verlag ihn machen wollte.« Das scheint in der Musik anders zu sein, in der Literatur ist es so. (Ausnahme: man ist bereits literatur-amtlich als QualitätsschriftstellerIn anerkannt. Siehe Elfriede Jelineks Privatroman).

Ich finde es wünschenswert, dass diejenigen, die meinen Roman lesen möchten, dies unentgeltlich tun können, und ich möchte auch gerne selbst Kultur und Information konsumieren, ohne dafür zu bezahlen. Und man muss die Dinge dann auch zuende denken: ein kostenloses Dach über dem Kopf müsste in solchen klimatischen Zonen ein Grundrecht sein, in denen es nachts zu kalt ist, um draußen zu schlafen, Musik zu machen, zu schreiben, einander zu lieben:

Die Häuser denen, die drin wohnen,
die Romane denen, die sie lesen möchten,
die Songs denen, die sie hören möchten.
Jep, da bin ich dabei, und zwar in dieser Reihenfolge.

Wo ich nicht dabei bin: ThePirateBay bietet einen Anonymisierungsdienst an (siehe auch hier), der Sicherheit bei der Umgehung des copyrights bietet, und für den man 5,-€ pro Monat bezahlen muss, denn der Anonymisierungsdienst ist das geistige Eigentum der Piraten, die auch von was leben müssen und nichts zu verschenken haben, welch letzteres nach Piratenansicht offenbar die Aufgabe von KünstlerInnen ist . Fuck ’em, diese elenden Schnorrer. Ok, ok, TPB sind nicht die Piratenpartei, aber beide sind Anti-copyrighters, und ich habe bislang keine Distanzierung der Partei in dieser Sache gefunden (bitte korrigieren, falls es doch eine gibt). Wenn der Kampf gegen das copyright so aussieht, dass am Ende halt nicht mehr die traditionellen Vermittler, sondern jetzt eben die neuen Vermittler, die die Piraten ja sind, dass jetzt eben die neuen anstelle der alten kassieren, na dann frohes neues!“

Don Alphonso: „Ich schreibe gerade wöchentlich eine kurze Empfehlung für meist Alte Musik, und bei den Labeln, die sich damit auseinandersetzen, ist das Problem der Downloads schlichtweg nicht existent. Die Musik wendet sich an Audiophile, für die der Preis der CD relativ gesehen keine Rolle spielt; allein meine Boxen kosteten einst 8.000 Euro, und das ist in diesem Bereich eher untere Mittelklasse. Zudem geht es in diesem Bereich um ein Hörerlebnis, das man verlustfrei geniessen möchte, womit mp3 irrelevant wird. Obwohl ich früher beim Radio ein Verfechter von Downloads war, lasse ich heute keine Kopien dieser CDs zu. Es ist Kunst, und die soll man auch angemessen entlohnen. Diese Haltung ist in diesen Kreisen üblich, was die Hersteller davon abhält, irgendwelche dummen Urheberrechte extrem anzuziehen. Es gibt keinen Kopierschutz, man kann alles im Internet in guter Qualität vorhören. Bei Popmusik würde ich immer noch sagen: Keinen Cent für die major Labels! Wenn die anfangen würden, wieder echte Musik und kein schnelles Kommerzprodukt zu machen, hätten sie auch weniger Probleme.“

Michael: „Gleich eine kleine Korrektur: Für Kopien von Radio/Schallplatte auf Kassette hast Du bereits Gema-Gebühren bezahlt, die beim Verkauf erhoben wurden. Mittlerweile werden auch auf andere Geräte bzw. Medien Gebühren erhoben(Glaube ich zumisdest nach einer kurzen Suche im Netz).

Mein Problem mit legalen und kostenlosen Downloads ist, daß man vermutlich früher oder später “die Hosen runterlassen muß” (Kommt natürlich auf den Anbieter an). Damit wären wir dann bei der Kulturflatrate: CDs, Fernseher, ipod usw. werden alle ein bißchen teurer. Dafür hätte ich dann die Möglichkeit, mich bei Musik und Filmen zu bedienen wie ich möchte. Bücher sind auch für mich ein anderes Thema – s.u.

Musiker und Filmschaffende hätten nach meiner Vorstellung die Möglichkeit, entweder dann der Gema beizutreten, die die Einnahmen verwaltet und verwaltet (Die Gema viel transparenter und “benutzerfreundlicher” werden) oder das Werk unter CC-Lizenz oder einer ähnlichen zu veröffentlichen oder den Verkauf komplett selbst organisieren.

Zu Büchern: @Stephanie Der Unterschied zwischen gedruckten und Hörbüchern ist, daß letztere nur digital vorhanden sind – man drückt einfach auf einen Knopf und es geht los. Herkömmliche Bücher muß man immer noch ausdrucken. Ich glaube übrigens auch, daß sich Kindle & Co. nur für Nachschlagewerke oder technische Texte, die schnell veralten, durchsetzen werden.

Kleiner Exkurs zur GEZ:

Warum keine Rundfunksteuer (Jeder Haushalt bezahlt z. B. 10 €). Ich meine, es ist idiotisch zu glauben, jemand der 1.000 €/Monat verdient, bezahlt GEZ-Gebühren, wenn er es vermeiden kann. Die BBC in England hat ein ähnliches Finanzierungsmodell. Ich schaue zwar nicht immer die Phoenix-Runde oder Panorama, aber ich möchte die Möglichkeit haben und jeder andere soll sie auch haben.“

Bettina Winsemann auf Telepolis: Verglichen mit dem Netz ist das Leben ein rechtsfreier Raum

„Verglichen mit dem Netz ist das Leben ein Sündenpfuhl. Das Gerede vom „rechtsfreien Raum“ kann also nur von Menschen kommen, die sich nicht einmal entfernt mit dem Internet und den Urteilen zu Störerhaftung, Urheberrecht, Markenrecht usw. befasst haben. Der Kampfbegriff des „rechtsfreien Raumes“ wird exzessiv genutzt, obgleich er erwiesenermaßen falsch ist. Hierbei wurde die Tatsache, dass Länder versuchen, ihre Rechte auf sämtliche Inhalte des Netzes auszudehnen, nicht einmal erwähnt. Ebenso wenig wie die Tatsache, dass z.B. bei YouTube je nach Landesauswahl manche Videos nicht zur Verfügung stehen. Im realen Leben wäre dies so als würde eine Disco in den USA die deutschen, französischen, italienischen… Gäste bei manchen Stücken herausbitten.

Manches Verhalten ist im Netz weitaus gefährlicher als im realen Leben. Wer sich ein Fahndungsplakat ansieht, wird nicht vom nächsten BKA-Mann beschattet, wer sich dagegen eine Webseite des BKA ansieht, muss schon einmal damit rechnen, dass die digitale Spur aufgenommen wird. Wer angesichts all dieser Urteile, Regelungen und Ideen noch vom rechtsfreien Raum spricht, der nutzt diesen Begriff lediglich, um das ohnehin schon viel zu stark und unübersichtlich reglementierte Internet mit all seinen Diensten noch weiter in gesetzliche Fesseln zu legen, auf dass eine der wenigen Möglichkeiten, sich gegebenenfalls noch mit anderen zu solidarisieren oder sich unabhängig zu informieren, weiter eingeschränkt wird. Denn Solidarität ist nicht erwünscht und freie Information ebenso wenig.“

(via Heikos Gezwitscher)

Das Blog Stilstand beschäftigt sich mit diesem unsäglichen Zeit-Artikel, in dem es um die Aufnahme von Jörg Tauss in die Piratenpartei geht:

„Man mag also diesen Umgang der Piratenpartei mit dem lädierten Internet-Experten des deutschen Bundestags politisch dumm nennen, Densos Text ist sogar ein Schulbeispiel dafür, dass er tatsächlich dumm ist. Man könnte aber auch sagen, die Piratenpartei wisse in ihrer Blauäugigkeit eben noch nicht, welches Ausmaß an Zynismus im deutschen Journalismus tagtäglich möglich ist. Natürlich auch hätten vergleichsweise die Union oder die FDP niemals Altnazis in ihre Reihen aufgenommen, die LINKE niemals einen einzigen Stasi-Kader. Um auch mal eine überzeugungskräftige Parallelführung in polemischer Absicht zu verwenden …“

(via Holgis Gezwitscher)

Ich bau dir ein Haus aus Schweinskopfsülze

Warum ich mich über Bronze so freue wie andere über Gold

Ich mache jetzt seit fast zehn Jahren Werbung, und gestern habe ich meinen ersten Löwen in Cannes gewonnen. Einen bronzenen Löwen, um genauer zu sein (Every story has a beginning). Jetzt könnte man meinen, dass das nach zehn Jahren ganz schön arm ist und ein dritter Platz ja nun auch nicht so ein Bringer. Das meine ich aber nicht, und das liegt daran, dass ich kein klassischer Werber bin, sondern eine Katalogtante.

Die klassischen Werbedisziplinen sind – obwohl das Internet immer wichtiger wird – Film, Funk und Print. Also Spots, egal ob Kino oder Fernsehen, Radiowerbung und die schönen bunten Anzeigen, die unsere Printerzeugnisse bezahlbar machen. Die nicht-klassischen Disziplinen sind unter anderem Produktliteratur (Werberdeutsch für Kataloge), Direktmarketing (Postwurfsendungen in hübsch), POS-Kram (Point of Sale; alles, was euch im Supermarkt oder im Elektronikfachhandel den Weg versperrt oder den Blick auf sich zieht) und und und. Die coolen Werber machen klassische Werbung, weil man dann rumerzählen kann, hachja, der neue Mercedes-Spot ist von mir, ohguckmal, da hängt mein Lucky-Strike-Plakat. Die uncoolen Werber machen den Rest, mit dem man ü-ber-haupt nicht angeben kann. Ich bin total uncool und liebe Kataloge. Am meisten die für schöne Autos. Guckst du hier.

Als ich Ende 1999 meinen Copytest ausgefüllt hatte, um meinem besten Freund (Texter) zu beweisen, dass ich auch toll schreiben kann, wollte ich Filme machen, Funkis im Studio überwachen und Anzeigen kloppen. Das habe ich auch als Praktikant und Juniortexterin gemacht. Und dann kam der erste Katalog. Den mochte ich eigentlich gar nicht schreiben, aber meine damalige Agentur war noch recht überschaubar besetzt, so dass alle auf dem großen Kunden mit den vier Ringen gearbeitet haben, ob sie nun wollten oder nicht. Also ich auch. Und sobald ich angefangen hatte, über 60 Seiten nachzudenken anstatt wie bisher über eine, habe ich gemerkt, dass mir das viel mehr Spaß macht als der ganze Klassikkram.

Vielleicht auch, weil mir die Produktion eines Katalogs mehr Spaß macht als „mal eben“ (alle Werber wissen, warum da Anführungszeichen stehen) eine Anzeige zu gestalten. Eine Anzeige muss oft von heute auf morgen fertig sein. Ein Autokatalog dauert ungefähr von fünf Monaten aufwärts bis zu einem Jahr.

Als erstes kommt natürlich das Briefing: Was ist das für ein Auto; ist das eher das Massenmodell des Konzerns oder die absolute Edelkarosse, die an die Scheichs geht; was kann es, was andere nicht können; wer ist die Zielgruppe; wie lautet die Produktbotschaft – also nicht „Freude am Fahren“ oder „Vorsprung durch Technik“ oder „Lu-lu-luuu“, sondern der Satz, der dieses ganz bestimmte Auto charakterisiert – usw. Aus diesen Infos zimmert man sich ein paar Konzepte, die man dem Kunden vorlegt. Also zum Beispiel ein grafisches Konzept, das dieses Auto besonders gut in Szene setzt. Eine Headlinemechanik, die alles zusammenhält. Eine Botschaft, die auf jeder Seite belegt werden kann, sei es im Bild oder im Text. Alles hat einen großen Gedanken, den man über 60 bis 120 Katalogseiten spielen kann. Wie so oft bei Werbung ist von diesem großen Gedanken manchmal nicht mehr viel übrig, wenn die Marketingleitung, die Ingenieure und die Juristen rübergeguckt haben, aber im Idealfall sollte man diese Botschaft auch als werbeunkundiger Leser und Autokäufer dechiffrieren können.

Hat sich der Kunde für ein Konzept entschieden, geht’s an die Umsetzung. Welche Inhalte kommen auf welche Seiten – der Aufriss entsteht. Und ändert sich zehnmal. Das Fotoshooting beginnt; immer gerne in exotischen Locations, damit der Art Direktor auch was davon hat – was manchmal eher nervig ist, weil fast immer die Geheimhaltung gilt und man das Shootingfahrzeug zwischen den Aufnahmen stets abdecken muss, bevor ein naseweiser Blogger das Teil mit dem Handy knipst. Viele Firmen arbeiten daher nur noch mit CGI, das heißt, die Autos werden komplett am Rechner gebaut, und man fotografiert „nur“ noch die Location. Während die Arter also Kokosnüsse knacken, setze ich mich mit den technischen Infos hin, die je nach Firma zwischen 30 und 200 Seiten lang sind, überlege mir, welche tollen Features ich wo und wie beschreibe und wie ich das ganze so formuliere, dass es kein Technikgewäsch wird, sondern ein hoffentlich emotionaler und gut lesbarer Text – in dem natürlich der Konzeptgedanke wiederzufinden sein soll. Die erste Textfassung geht an den Kunden, meist während die Arter noch an den Layouts basteln oder auf dem Shooting sind, dann kriege ich Korrekturen, während meine Kollegen die ersten Fotos mit dem speziellen Look überziehen, auf den man sich geeinigt hat, und irgendwann werfen wir dann Bilder und Texte zusammen, korrigieren das ganze drei- bis dreißigmal, nach durchschnittlich sieben bis acht Monaten liegt ein gedruckter Katalog vor mir, und ich blättere stolz „mein“ Werk durch.

Lustigerweise gibt es nicht viele Texter in den großen Agenturen, die freiwillig Kataloge schreiben. Und zwar weil viele Texter lieber ausdenken – also konzipieren – als schreiben. Einer meiner Textgötter, Hartwig Keuntje, Mitinhaber von Philipp und Keuntje, hat uns Textern immer gesagt: Wer schreiben will, muss erstmal lesen – und uns dann Robert Musil und Konsorten ans Herz gelegt anstatt 39,90. Viele Texter können grandiose Headlines schreiben, scheitern aber, wenn es um zehn zusammenhängende Sätze geht. Und da kommen dann Leute wie ich ins Spiel: Leute, die lieber zehn Sätze schreiben als einen.

Soweit alles super. Wenn da nicht diese Werberpreise wären, nach denen sich ein bisschen der eigene Marktwert berechnet. Ich würde den ganzen Wettbewerben wie ADC, Cannes, Clio und Konsorten nicht so wahnsinnig viel Gewicht beimessen, aber gerade als Junior sieht das schon toll in der Mappe aus, wenn man ein bisschen Bling vorweisen kann. Als Senior ist es irgendwann egal, dann kennen dich eh alle und wollen dich haben, weil sich inzwischen rumgesprochen hat, dass du einen guten Job machst. Aber auch wenn mir das so ging und geht, hadere ich manchmal damit, dass ich als Katalogmensch viel geringere Chancen auf Edelmetall habe als die Klassikleute. Denn auf den Festivals werden eben eher die klassischen Disziplinen ausgezeichnet, weil schnöde Verkaufsliteratur nicht so oft durch Riesenideen bestechen kann. Die muss eben eher informativ als kreativ sein, und damit ist man im Prinzip raus.

Natürlich hat auch Literatur eine Chance, aber dann eher in den Kategorien Design oder Direktmarketing. Die gefühlten 20 Autokataloge, die ich in den letzten Jahren konzipiert und geschrieben habe, haben so gut wie nichts abgeräumt bzw. wurden nicht mal eingereicht, weil jede Agentur weiß, dass damit eher wenig zu gewinnen ist.

Daher habe ich eher Chancen, mit Projekten zu punkten, die nicht ganz so auf Verkoofe einzahlen, aber eben auch keine Klassik sind. Die meisten meiner Awards habe ich mit einem Mailing für Lamborghini gewonnen, in dem der damals neue Murciélago vorgestellt wurde. Lamborghini braucht natürlich eigentlich gar keine Werbung, der Name ist schon Werbung genug, aber es ist ein extrem dankbarer Kunde, weil die zu kommunizierende Botschaft sehr spitz (Hast du Geld, kaufst du dieses Auto) und die Zielgruppe extrem überschaubar ist und man auch mal ein bisschen Kohle in die Hand nehmen darf. Deswegen sind die Werbemittel für Lamborghini auch fast immer wahnwitzig hochwertig produziert, was auf Festivals grundsätzlich mehr Eindruck macht als ein „gewöhnlicher“ Autokatalog.

Der andere Schwung meiner Medaillen ging an das Audi-Markenbuch, in dem wir uns der Marke mal etwas weniger verkäuferisch genähert haben: Wir haben ein Puzzle anfertigen lassen, mit dem eine Studie visualisiert wurde (aus der Studie ist inzwischen der Audi A5 geworden), wir haben technische Features neu in Szene gesetzt, und ich habe eine Ode an das ® geschrieben, das an vielen Audi-Patenten klebt, wie zum Beispiel am quattro®-Antrieb oder bei TDI®. Und diese Ode haben wir dann in Photoshop auf ein Leinentuch gestickt, das man sich an die Wand hängen könnte.

Und vor einiger Zeit hatte ich eine nette, kleine Idee, die sich mit ersten Sätzen aus Büchern befasst. (Wir erinnern uns: Wer schreiben will, muss erstmal lesen.) Daraus ist ein Recruiting-Tool für Roland Berger in der Agentur gürtlerbachmann geworden – „Jede Geschichte hat einen Anfang“, dann kommt pro Seite ein großartiger Romananfang, der erste Satz im Grundgesetz, eine Comicsprechblase oder der erste Satz eines Theaterstücks, und der Abbinder lautet „Machen Sie Ihren Anfang bei uns“ mit der Aufforderung, sich zu bewerben. Das Büchlein ist an potenzielle Arbeitnehmer verschickt worden und hatte meines Wissens einen sehr guten Rücklauf. Und was noch besser ist: Es gewinnt gerade auf so ziemlich jedem Wettbewerb irgendwas. Gold war noch nicht dabei, aber ich freue mich wie gesagt über alles – einfach, weil ich mich freue, überhaupt mal wieder bei Wettbewerben dabeizusein. Und deswegen bin ich auf meinen ersten Cannes-Löwen in Bronze sehr, sehr stolz und freue mich schon auf den Augenblick, wenn ich ihn irgendwo bei uns im Bad platzieren kann.

(Die Klassikwerber hätten statt dieser 100 Zeilen nur geschrieben: Bronze in Cannes. Ich geh jetzt feiern.)

„Ihnen ist egal, was wir denken.“

Franziska Heine, die Initiatorin der Online-Petition gegen Netzsperren, diskutiert mit Ministerin von der Leyen über genau dieses Thema. Der Artikel steht online – und ist mit einer kleinen, aber entscheidenden Änderung auch im Print erschienen.

Update: Die Unterzeile in der gedruckten Zeit war laut der Online-Redaktion „ein Fehler“.

„Alte Männer mit Kugelschreibern“

Eine kleine Via-Kette: Das Piratengezwitscher hat mich auf diesen Artikel von Isotopp aufmerksam gemacht:

„Ich lebe online. Alle Texte, die ich seit 1983 geschrieben habe, sind auf dem Computer geschrieben worden. Sie liegen auf einem halben Dutzend Rechnern im Netz verstreut. Seit 1986 achte ich darauf, portable Formate zu verwenden, um auch bei einer Migration auf neue Systeme keine Daten zu verlieren. Seit 20 Jahren lese ich laufend meine Mail, ich bin jeden Tag in fünf verschiedenen IM-Systemen zu erreichen.

Ich habe Freunde und Kollegen, die ich noch niemals in Persona getroffen habe. Meine Arbeitgeber seit eineinhalb Jahrzehnten setzen in ihren geschäftskritischen Systemen ausschließlich Open Source Software ein. Ich bin einige Jahre für eine Firma tätig gewesen, bei der ich weder den finnischen noch den deutschen Firmensitz je betreten habe, und bei der ich erst kurz vor dem Ausscheiden einmal Gelegenheit hatte, den amerikanischen Firmensitz von innen zu sehen. Ich habe in einem Bewerbungsgespräch gesessen, bei dem mein zukünftiger Arbeitgeber das Gespräch mit den Worten ‘Wir haben uns dann im Web schon mal über sie informiert. Fachlich ist wahrscheinlich alles klar, wir müssen nur noch sehen, ob das menschlich auch paßt.’ eröffnet hat. Ich mache mir Sorgen, was mit meinem Arbeitsplatz ist, wenn einmal das DSL ausfällt und überlege mir einen Backup-Anschluß via Kabelfernsehen ins Haus legen zu lassen. Dann fällt mir ein, daß mein Mobiltelefon ja eine UMTS-Flat hat und daß ich damit wahrscheinlich überbrücken kann.

Ich reiste beruflich fast drei Jahre durch Europa und die USA, aber ich war immer zu Hause – Eastern Standard Tribe oder in meinem Fall der Stamm der MESZler war immer für mich erreichbar, wo immer ich war: Ich habe nicht mehr oder weniger Kontakt mit meinen Freunden gehabt bloß weil ich mal ein paar Wochen auf einem anderen Kontinent war.

Das ist die Welt, in der ich existiere und das sind die Dinge, mit denen ich jeden Tag umgehe. Sie sind für mich real. Sie definieren und sie finanzieren meine Existenz in dieser Welt.“

Und in dem wiederum wird dieser Artikel von Bov Bjerg erwähnt, der bereits im September 2007 erschienen ist, aber (leider) gerade wie die Faust aufs Auge passt:

„Machen wir uns nichts vor: In den vergangenen Jahren ist, nicht nur in Deutschland, eine gefährliche Parallelgesellschaft entstanden. Eine Gegen gesellschaft von alten Männern, die sich kurz nach Erfindung des Kugelschreibers vom technischen Fortschritt abgekoppelt haben. Reaktionär, dogmatisch, unbelehrbar – und auch noch mächtig stolz darauf.

Unsere grundlegenden Werte sind ihnen fremd. Soweit sie davon auch nur Kenntnis erlangen, wollen sie diese Werte zerstören. Die freie Information behindern und die freie Rede bestrafen. Sie wollen über unsere Rechner bestimmen, obwohl sie kaum imstande sind, ihren eigenen auch nur einzuschalten. Sie sind längst dabei, uns zu kolonialisieren. Ihre Missionare heißen Polizist und Staatsanwalt. Ihr liebster Psalm und Schlacht ruf zugleich lautet: »Das Internet ist kein rechtsfreier Raum!«“

Transformers: Revenge of the Fallen scheint ein echt guter Film zu sein (ÜBERRASCHUNG!):

Roger Ebert:

Transformers: Revenge of the Fallen is a horrible experience of unbearable length, briefly punctuated by three or four amusing moments. One of these involves a dog-like robot humping the leg of the heroine. Such are the meager joys. If you want to save yourself the ticket price, go into the kitchen, cue up a male choir singing the music of hell, and get a kid to start banging pots and pans together. Then close your eyes and use your imagination.”

Peter Bradshaw vom Guardian:

“(Director Michael) Bay has a great love of flashy effects, stroboscopic editing and loud crashes; he famously calls his cinematic technique “fucking the frame”. That phrase might be brutal, but it’s accurate. And there’s no doubt about it: he really has given the frame a right old seeing-to this time. Bay has turned up at the frame’s flat with some unguent massage oils, scented candles and a hundredweight of Viagra. It isn’t long before the headboard of the frame’s bed is crashing repeatedly against the wall, while the frame gazes up at the ceiling … and I think the frame is faking it.”

Ich glaube, dass wir dankbar für miese Filme sein sollten, denn Verrisse machen einfach viel mehr Spaß beim Schreiben. Und Lesen.

Marcel Proust, Auf der Suche nach der verlorenen Zeit 3: Guermantes, Seite 262 bis 399, ich wiederhole nochmal: Seite 262 bis 399: die Beschreibung eines Salons bei Madame de Villeparisis, anwesene Menschen, Gespräche, Anmerkungen zur Dreyfuss-Affäre.

Sagt nicht, ich hätte euch nicht gewarnt. Und: unwiderstehlich. Bei 0550 geht’s los.

somewhere i have never travelled

somewhere i have never travelled, gladly beyond
any experience,your eyes have their silence:
in your most frail gesture are things which enclose me,
or which i cannot touch because they are too near

your slightest look will easily unclose me
though i have closed myself as fingers,
you open always petal by petal myself as Spring opens
(touching skilfully,mysteriously)her first rose

or if your wish be to close me, i and
my life will shut very beautifully ,suddenly,
as when the heart of this flower imagines
the snow carefully everywhere descending;

nothing which we are to perceive in this world equals
the power of your intense fragility:whose texture
compels me with the color of its countries,
rendering death and forever with each breathing

(i do not know what it is about you that closes
and opens;only something in me understands
the voice of your eyes is deeper than all roses)
nobody,not even the rain,has such small hands

E. E. Cummings

Nachtrag zum Us-Now-Eintrag: Clay Shirky, der auch im Film zu Wort kommt, erklärt in diesem Clip, warum das Internet die Gesellschaft verändert hat und weiter verändern wird bzw. warum sich unsere Art der Kommunikation verändert. Vom Telefon, das eine from-one-to-one-communication war, über Radio/Magazine/Fernsehen (one to many) bis zum Internet: many to many. Via Sixtus’ Gezwitscher.

Der Briefwechsel zwischen Goethe und Schiller. Mit 215 Jahren Verspätung im Netz.

Us Now

Us Now ist eine Dokumentation, die sich mit den Veränderungen unserer Lebensumstände beschäftigt, seitdem wir das Internet für mehr nutzen als nur E-Mails zu schreiben und Dates zu googeln. Der Film zeigt, wie sich neue Gemeinschaften bilden, die wir ohne Netz nicht hätten bilden können – wie zum Beispiel Mumsnet, eine Plattform, auf der sich Mütter austauschen –, und er zeigt das Besondere an diesen Communitys: dass wir völlig fremden Menschen vertrauen, weil sie uns ähnlich sind. Oder weil wir bei einer Frage von 25 Leuten hören, mach dies, und nur von einem, mach’s anders, und wir so besser einschätzen können, was wohl das Richtige ist, als wenn wir „nur“ unsere beste Freundin oder einen Kollegen gefragt hätten.

Weitere Beispiele, wie sich unser Leben ändert: Wir können Geld leihen und verleihen, ohne eine Bank zu bemühen (Zopa), wir können in fremde Länder reisen und Menschen treffen, an denen wir sonst vorbeigelaufen wären und einen einmaligen Einblick in neue Kulturen bekommen, ganz ohne Reisebüros und Hotelketten (Couchsurfing), wir können Bands entdecken und ihnen helfen, ein Album zu produzieren und so Musik ganz neu entdecken (SliceThePie). Und wir können sogar mit vielen anderen Fans zusammen einen Fußballklub leiten.

Natürlich ist das Internet auch eine Welt, in der Gefahren lauern. Aber das tun sie auch an der nächsten Straßenecke. Das Besondere am Internet ist, dass wir auf einmal erleben, wie gerne wir helfen, wie gerne wir freiwillig etwas von uns hergeben, um jemanden – meist völlig Fremden – damit weiterzubringen. Alle Verbraucherportale profitieren von unseren Kenntnissen, alle Ebay-Käufer, alle Reiseseiten, jede Plattform, auf der sich Menschen engagieren, sammeln Wissen. Und mit diesem Wissen sind wir so gut informiert und vernetzt wie noch nie zuvor.

Us Now stellt zum Schluss die These auf, dass sich durch diese Vernetzung und dieses gesammelte Wissen auch die Politik verändern könnte bzw. die Art, wie wir regiert werden: Durch die Teilnahme am Netz und an Communitys, durch das Wissen, dass wir eine Wahl haben, könnten Regierungsformen entstehen, bei der der Bürger und die Bürgerin wieder mehr zu entscheiden haben als nur alle vier Jahre bei der Wahl. Ich kann nicht beurteilen, ob die Theorie schon zu weit geht, aber eine Überlegung ist es auf jeden Fall wert.

(Webseite zum Film, Wikipedia-Eintrag, Film via Nerdcore)