The Curious Case of Benjamin Button


© Warner Bros./Paramount Pictures

The Curious Case of Benjamin Button (Der seltsame Fall des Benjamin Button, USA 2008, 166 min)

Darsteller: Brad Pitt, Cate Blanchett, Julia Ormond, Taraji P. Henson, Jason Flemying, Mahershalalhashbaz Ali, Rampai Mohadi, Jared Harris, Tilda Swinton
Musik: Alexandre Desplat
Kamera: Claudio Miranda
Drehbuch: Eric Roth & Robin Swicord, nach einer Kurzgeschichte von F. Scott Fitzgerald
Regie: David Fincher

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The Curious Case of Benjamin Button ist gespickt mit Sätzen, die so gedrechselt sind, dass man sie sich offensichtlich merken soll. You never know what’s comin’ for ya. Some things last. Our lives are defined by opportunitites, even the ones we miss. Das Thema des Films – Vergänglichkeit, Festhalten, Dinge, die uns zustoßen und Dinge, die wir ändern können – wird einem gefühlt alle zehn Minuten nochmal unter die Nase gerieben, als ob man vergessen könnte, worum es in der Geschichte geht. Ich weiß ehrlich gesagt nicht, wer das vergessen könnte, der einmal dabei zugesehen hat, wie Brad Pitt jünger und Cate Blanchett gleichzeitig älter wird.

Die Kurzgeschichte von F. Scott Fitzgerald dient nur als Ausgangspunkt. In ihr wird relativ schlicht beschrieben, wie ein Baby zu Welt kommt, das aussieht wie ein 80jähriger Greis, aber dabei ein Kind ist, es optisch immer jünger, innerlich aber immer älter wird, bis es als Baby stirbt, aber sein ganzes Leben dement vergessen hat. Der Film erfindet eine Rahmenhandlung dazu, die mir zuerst ziemlich auf die Nerven gegangen ist, weil ich sie als unnötig empfunden habe, mich aber zum Schluss fast demütig im Kino hat sitzen lassen, weil auf einmal alles gepasst hat. In ihr liegt eine kaum zu erkennende Cate Blanchett in New Orleans im Sterben, und ihre Tochter (Julia Ormond) liest ihr aus einem alten Tagebuch vor: dem von Benjamin.

Sie beginnt zu lesen, und das Film verabschiedet sich vom Krankenbett und führt uns in das New Orleans der 20er Jahre, in denen Benjamin in einem Altersheim aufwächst. Sein Vater hatte ihn auf den Stufen ausgesetzt, und eine Angestellte des Heims hat ihn zu sich genommen. Hier beginnt der visuelle Kontrast, der den Film durch die Jahrzehnte hindurch auszeichnet: das ständige Aufeinanderprallen von Alt und Jung. Benjamins „Mutter“ ist anscheinend Mitte 20, und ihr „Sohn“ sitzt klein und faltig im Rollstuhl neben den anderen alten Männern und Frauen, die ihre letzten Tage gemeinsam erleben. Hier beginnt auch das erzählerische Grundmuster des Films: Die Szenen im Krankenhaus und die vorlesende Julia wechseln sich ab mit Spielszenen, in denen eine untergegangene Welt lebendig wird. Anfangs bin ich jedesmal zusammengezuckt, wenn ich aus der weichbeleuchteten Vergangenheit ins Neonlicht des Krankenhauses geholt wurde und war innerlich wütend auf Regie und Drehbuch, weil ich es mir gerade so schön gemütlich gemacht hatte mit den warmen Bildern, die wie aus einem Familienalbum aussehen, das man Sonntagnachmittag durchblättert. Aber nach und nach nähern sich die beiden Zeiten einander an, und zum Schluss war schlicht und ergreifend keine Vergangenheit mehr da, in die man zurückkehren bzw. an die man sich erinnern konnte. Stattdessen zitiert der Film zum Schluss eine Szene, die ganz am Anfang stattfand, bei der ich mich den ganzen Film lang gefragt habe, was sie sollte, bis sie mir noch einmal kurz vor Augen geführt wurde – und ich innerlich bei Regie und Drehbuch um Verzeihung gebeten habe.

Benjamin lernt mit circa zehn Jahren die gleichaltrige Daisy kennen und verliebt sich in sie. Der Film erzählt die Geschichte der beiden – wie Daisys Großmutter Benjamin anfaucht, er solle sich schämen, als sie den Greis mit ihrer kleinen Nichte des Nachts in einer Höhle aus Decken und Tischen findet. Wie sich die gut 20-Jährige dem optisch 30 älteren Mann an den Hals wirft und er sie abweist. Wie er dann in ihre noch jugendliche Welt einbricht und sie ihn wiederum abweist. Und wie sie sich schließlich in der Mitte treffen, als alles passt, als alles so sein soll. Das hätte eigentlich schon gereicht, aber leider muss der Film noch ein paar kleine Umwege machen, die ihn auf zweieinhalb Stunden Spielzeit bringen, von denen ich auf mindestens eine halbe hätte verzichten können. Vor allem die Szenen an Bord des Schleppers, auf dem Benjamin seinen ersten Job hat und mit dem er den 2. Weltkrieg miterlebt, haben den Rhythmus meiner Meinung nach unnötig gestört, einfach, weil Daisy nichts mit diesem Teil von Benjamins Leben zu tun hat. Einiges war nötig – seine ersten Erfahrungen mit Alkohol und Frauen zum Beispiel –, aber in der epischen Breite musste ich das nicht alles sehen.

Und so hat mich Benjamin Button auch erst richtig erwischt, als Daisy und Benjamin sich finden. Davor kann man schon mal die Gedanken schweifen lassen und das Make-Up bewundern, das die beiden nicht nur älter macht – das ist ja schon fast nichts Besonders mehr –, sondern auch glaubwürdig jünger. Cate Blanchett sieht in ihren Zwanzigern aus, als ob sie von innen leuchten würde, und ich glaube, gerade in dem Alter tut man das auch: Man geht die ersten Schritte in ein selbstbestimmtes Leben, verliert sein Herz zum ersten Mal so sehr, dass es nachhallt, man verdient das erste Geld, man erwacht, man wird zu dem, der man sein will. Und so sehen wir Cate auf dem Höhepunkt ihrer Schönheit, begleiten sie auf einer großen Karriere – nur um dann dabeizusein, wenn sie langsam erlischt, der Körper nicht mehr mitspielt und sich ihr Leben dem Ende zuneigt. Das ist eigentlich nicht der Rede wert, denn wir alle wissen, dass es uns genauso gehen wird. Was es so schmerzhaft macht, ist, direkt daneben ausgerechnet Brad Pitt zu sehen, dessen Schönheit bereits zu ahnen ist, wenn man ihn in der Maske des alten bzw. älteren Mannes sieht. In dem Moment, in dem er zum ersten Mal auf der Leinwand zu sehen ist in dem Alter, in dem Daisy und Benjamin füreinander bestimmt sind, strahlt er all das aus, was ihn nicht nur für Daisy so attraktiv macht: alles, was er erlebt hat, steht ihm genauso ins Gesicht geschrieben wie ihr, und deswegen ist diese kurze Zeitspanne so perfekt. Und während sie von immer mehr Leben zerfurcht wird, scheint seines ausradiert zu werden – die Falten auf der Stirn verschwinden, die Wangen werden voller, die kleine Narbe am Auge ist das einzige, was davon zeugt, dass er schon Jahrzehnte hinter sich hat. Es ist nicht nur ergreifend, dabei zuzusehen, wie sich ihrer beider Leben wieder trennen muss, sondern grausam. Wenn die alte Frau sich schließlich um das Kleinkind kümmert, das einmal ihr Liebhaber gewesen ist, zerreißt es einem fast das Herz: Er hat vergessen, während sie sich an alles erinnern muss.

The Curious Case of Benjamin Button entschädigt mit wunderbaren Schauspielern für seine kleinen Längen, er bezaubert mit einer liebevollen Ausstattung, die die Zeitsprünge klug bebildert anstatt bunte Kulisse zu sein, und er ist sich nicht zu schade, teilweise die ganz großen Gefühle auszupacken. Wie gesagt, auf die Kalendersprüche hätte ich verzichten können, denn die braucht der Film überhaupt nicht. Die Gesichter der beiden Hauptdarsteller tragen die ganze Geschichte, und viele Dialoge erzählen nur noch mal, was wir gefühlt schon begriffen haben. Dass wir alle nur eine begrenzte Zeit haben und dass wir sie so gut nutzen sollten, wie es eben geht. Und wenn wir sie auch noch teilen können, passt alles, weil alles so sein soll.

“In cyberspace, no one wants to hear you unless you scream.”

Meine Rede – ich kann’s nur nicht so schön ausdrücken. Und dann auch noch mit West-Wing-Referenz! Paul Carr vom Guardian über den angespuckten Arrington und seine persönliche Konsequenz:

„And that is precicely where the internet has a problem. What we read on the web is shaped almost entirely by what our friends recommend to us or what other people have decided is popular. And because what’s popular is meanness, that almost all that we read – page after page of cynicism, meanness, ranting and rage. Don’t believe me? My negative Second Life column attracted 42 comments. My bitchy Le Web one, 28. Last week, by contrast, I wrote about how inspired I was by Barack Obama’s inauguration. Number of comments: none. Both the Second Life and Le Web columns made it to the top of the “top technology stories of the last 24 hours” list on guardian.co.uk. I’d be surprised if the Obama column even troubled the top 50. In cyberspace, no one wants to hear you unless you scream.

Which brings me back to Arrington and my lack of surprise at the vile incident at DLD, or at some of the other hideous threats he’s received.

Having been repeatedly hailed for being a bastard and entirely ignored for being nice; having read the vile abuse aimed at Sarah and Julia and countless other women who dare to showcase their abilities online; having seen the glee with which sites like Valleywag tear apart the personal lives of internet personalities – and having seen no popular positive counterbalance to any of it – I am absolutely unsurprised that the hate has finally spilled over into real life.

You simply can’t have a system which rewards nastiness over niceness and which offers no consequences for those who commit cowardly anonymous attacks and then act surprised when people don’t know where to draw the line. And if it carries on, someone is going to get seriously hurt, unless we all say – as Arrington has on Techcrunch today – enough is enough.“

Vielen Dank an Daniela für Krabat. Unsere Kunstlehrerin, die auch meine Deutschlehrerin war, hat uns in der 5. oder 6. Klasse beim Zeichnen das gesamte Buch vorgelesen, was für mich eine der schönsten Schulzeiterinnerungen ist. Daher habe ich mich auch komplett um den Film im letzten Jahr rumgedrückt, aber endlich das Buch auf den Wunschzettel gepackt. Und jetzt lese ich es zum ersten Mal selber. Nochmals ein ganz herzliches Dankeschön.

Putzhilfe mit Rädern unten dran

Vor Kurzem gab’s ein grandioses Geschenk des Hausherren: einen sauberen Fußboden. Da wir beide zu paranoid für eine menschliche Putzhilfe sind („Jemand in unsere Wohnung lassen? Geht’s noch?“) und wir ebenfalls beide keine Lust zum Staubsaugen haben, hat sich der schlaue Kerl mal im Internet umgeguckt – und wurde fündig. Bei iRobot, einer Firma, die wir nicht nur wegen des Namens lieben, sondern wegen ihres Produkts: dem Roomba.

Der Roomba ist ein kleiner, runder Roboter, der nichts anderes macht als staubzusaugen. Er läuft auf kleinen Legorädern durch die Gegend, saust unterm Sofa durch und wuselt sich so von Zimmer zu Zimmer. Er erkennt Hindernisse, die vor ihm auftauchen und bremst vorsichtig ab. Meistens jedenfalls. Manchmal glaube ich, er ist geistig kurz woanders und denkt an die Robotertante aus der Saturn-Werbung, denn dann rumpelt er so richtig schön an Tischbeine ran. Da er aber aus knuffigem Weichplastik besteht, hinterlässt er immerhin keine Kratzer. Man kann ihn auf der Stelle saugen lassen; dann dreht er sich im Kreis und fährt schließlich in immer größeren Kreisen weiter, bis er lustig piepsend verkündet: reicht jetzt, ist sauber. Das ist es zwar manchmal dann doch noch nicht, aber blöderweise habe ich mich auf Anhieb in das kleine Monster verliebt und verzeihe ihm, wenn er in fiesen Ecken oder vor kleinen Stufen den Staub anhäuft anstatt ihn wegzusaugen.

In manche Ecken unserer verschachtelten Altbauwohnung kommt er eh nicht hin, da müssen wir wohl oder übel noch selber saugen. Aber das dauert dann eben nur zehn Minuten und keine Stunde. Außerdem ist es herrlich entspannend, dem kleinen Plastiktrottel schadenfroh dabei zuzugucken, wie er versucht, unter dem Esstisch mit den vier Stühlen durchzukommen, wo sich ihm insgesamt 20 Holzbeine in den Weg stellen. Das ist dann auch der einzige echte Nachteil von Robotron, wie wir ihn getauft haben: Man muss seine Wohnung vor dem Saugen robotersicher machen. Heißt: die Möbel so hinstellen, dass er überall rankommt – was okay ist, weil bis auf den Esstisch eh alles recht weitläufig steht. Heißt aber auch: das fitzeldünne Wii-Kabel nicht auf dem Boden liegen lassen, denn das wickelt sich ruckzuck um seine Rädchen, er fährt nur noch im Kreis und wickelt sich und das Kabel dabei um das Bein vom Schreibtisch, um dann schließlich die komplette Wii vom Tisch runterzureißen, weil das Kabel irgendwann ein Ende hat. Hab ich einmal hingekriegt; seitdem räume ich alles weg, an was der Depp hängenbleiben könnte.

Man entdeckt allerdings immer wieder neues Zeug, mit dem er Blödsinn macht, weswegen ich ihn wahrscheinlich so knuffig finde. Es ist, als ob man einem Kleinkind dabei zuguckt, seine Welt zu entdecken. Okay, einem brummenden Kleinkind auf Rädern, aber egal. Jedenfalls hat Robotron es geschafft, meine Bodenlampe zum Leuchten zu bringen, indem er über den auf dem Boden liegenden Schalter gefahren ist. Und er kann im Vorbeifahren meinen Ventilator einschalten, der auch auf dem Boden steht. Wenn so was passiert, grinse ich mütterlich und schubse den kleinen Idioten in eine andere Richtung, wo er klaglos weiter vor sich hinbrummt.

Seit gestern liebe ich ihn noch mehr. Das Haus, in dem sich unsere Wohnung befindet, ist in den 20er Jahren erbaut und der Holzfußboden seitdem weißdergeier wie oft abgeschliffen worden. Jedenfalls befindet sich zwischen dem Fußboden und den hölzernen Fenster- und Türeinfassungen ein fast zentimetergroßer Spalt. Robotron arbeitet unter anderem mit einem rotierenden Bürstchen, mit dem er an Kanten langfährt und sich so quasi den Staub vor die eigene Nase schleudert. Und gestern schleuderte er im Schlafzimmer noch etwas anderes unter dem Türrahmen hervor: einen ziemlich rostigen Reichspfennig von 1921. Meine erste Reaktion: Oh, toll, Historie! Meine zweite: HIER WURDE SEIT 1921 NICHT MEHR GESAUGT!

PS: Roomba ist auch für Tierfreunde geeignet.

Entourage

Ich stelle gerade mit Entsetzen fest, dass ich noch nie meine Liebe zu Entourage im Blog festgehalten habe – bis auf den kleinen musikalischen Einwurf hier. Die Serie geht demnächst in die 6. Staffel, und die ersten vier sind bereits auf DVD zu haben.

Entourage beruht ein bisschen auf den Erfahrungen Mark Wahlbergs, als er nach Hollywood kam; genau wie der fiktive Star Vincent Chase in der Serie hat auch Wahlberg seine Kumpels, seine Entourage eben, aus der Bostoner Heimat mitgebracht. Hier sind es Johnny Drama, Vincents Bruder und eher erfolgloser Schauspieler, Turtle, der sich als der Fahrer der Gang selbstbeschäftigt, und Eric, genannt E, der im Laufe der Serie Vincents Manager wird. Zu den vier eingeschworenen Freunden kommt noch mein persönlicher Liebling und Augenschmaus Jeremy Piven als Agent Ari Gold, dessen Rolle sich daran erschöpft, zu enge Anzüge zu tragen, seinen schwulen Assistenten zu beleidigen und in seinen Blackberry zu brüllen – das ganze aber so großartig, dass mir die anderen Jungs ziemlich egal sind. Einen seiner vielen rausgehauenen Sätze – “Hug it out, bitches!” – müssen sich angeblich inzwischen alle Emsemble-Mitglieder dauernd von ihren Fans anhören.

Die Serie beschäftigt sich mit dem Werdegang von Vince, aber auch den Karrieren der Freunde, und natürlich mit dem durchgeknallten Kosmos Hollywood und Los Angeles. Das Besondere an der Serie ist erstens, dass sie in den USA auf HBO läuft, was bedeutet: es wird geflucht, was das Zeug hält, und es gibt in so ziemlich jeder Folge nackte Haut zu sehen. Zweitens gibt es großartige Gastauftritte von – im Gegensatz zu Vince – „echten“ Hollywoodstars, die teilweise Rollen spielen, sich teilweise aber auch selbst darstellen. Und das gerne mal richtig gegen den Strich gebürstet. Das kennt man inzwischen auch aus Extras, aber Entourage war ein bisschen früher mit der Idee dran, und deswegen hat die Serie einen etwas größeren Platz in meinem Herzen. Und drittens spielen die meisten Szenen nicht in einem abgeschotteten Studio, sondern an den jeweiligen Originalschauplätzen, weswegen man die Jungs auch mal bei den Lakers sieht oder beim U2-Konzert.

Die Episoden sind leider jeweils nur gut 20 Minuten lang, weswegen das Tempo immer schön hochgehalten wird, was den Storylines stets sehr gut tut. Denn während sich andere Dramen mit Weltpolitik befassen oder große Beziehungskisten erklären, beschäftigen sich die Kerle in Entourage eben lieber mit Mädels, kiffen oder Drehbücher querlesen. Hört sich erstmal nach nix an, macht aber nach drei Folgen extrem süchtig. Absolute Empfehlung.

Mamma Mia!

Ein Film, der eigentlich gar kein Film ist, sondern ein Mitschnitt einer Party im Urlaub, mit bunten Cocktails, den besten Freunden, viel Musik, Geknutsche am Strand und so dermaßen viel guter Laune, dass man sich nach dem Film fühlt, als hätte man in Alkopops gebadet. Mamma Mia! ist die Zelluloidversion des Erfolgsmusicals von Abba, und der Funke der blödsinnigen Seligkeit springt sogar von der DVD im Macbook mit seinen schraddeligen Lautsprechern über, so gut ist er gemacht. Ich sitze jedenfalls selten beim Filmgucken auf dem Sofa vor dem Computer und gröle lauthals Does your mother know vor mich hin. Diesmal schon. Das liegt zum einen an den Liedern, die man eben auch nach 30 Jahren noch hören kann, zum anderen an der extrem gutgelaunten Farbigkeit des Films, die einen erschlägt mit ihrem sonnigen Türkis und Blau und Glitzergold. Und natürlich ist Mamma Mia! teilweise absoluter camp, zum Beispiel wenn bei der Junggesellenparty die Kerle in Schwimmflossen auf dem Bootssteg tanzen oder wenn bei Dancing Queen die gesamte weibliche Bevölkerung der griechischen Fantasieinsel, auf der die Geschichte spielt, singend durchs Dorf rennt.

So hat sich auch schon die Bühnenversion angefühlt – aber der Film setzt dem ganzen noch eins drauf. Denn diesmal haben wir keine Musicaldarsteller vor uns, die überzogen agieren müssen, damit auch die letzte Reihe alles mitkriegt, sondern Schauspieler. Und die locken aus den Liedzeilen die echten Gefühle und eben nicht die überzogenen. Ich wette, jeder von uns hat ein Lied, das ihm wahrer erscheint als jedes Gedicht, jeder große Roman; ein Lied, das immer passt und immer tröstet und immer alles auf den Punkt bringt. So fühlen sich auf einmal die bunten Abba-Songs an, wie echte Sätze, wie gute Dialoge. Und wenn Meryl Streep The winner takes it all singt, bricht einem fast das Herz dabei, soviel Gefühl liegt plötzlich in dem Schmachtfetzen. Mamma Mia! hat kein Problem damit, kompletter Blödsinn zu sein. Aber man merkt ihm an, dass jeder der Beteiligten nicht einfach nur eine Party feiern, sondern eine Geschichte erzählen wollte: eine Geschichte von Freundschaft, Familie, Verantwortung, Erwachsenwerden. Das geht auf der Bühne leider verloren. Aber auf der Leinwand funktioniert es ganz hervorragend.

W.

Ein belangloses filmisches Nachtreten auf Expräsident George W. Bush. Ich hatte kein Problem mit den Vignetten, in denen die Geschichte erzählt wird, ich hatte auch kein Problem damit, dass man ständig in der Zeit vor- und zurückspringt. Womit ich allerdings ein Problem hatte – und deswegen habe ich dem Film nach einer Stunde auch adieu gesagt –, war die unglaublich langweilige Art, diese Vignetten zu präsentieren.

Besonders die Szenen im Weißen Haus, im Situation Room, im Oval Office, wo sich sonst gute Schauspieler bemühen, Rollen zu spielen von Menschen, die wir gerade noch täglich in den Nachrichten gesehen haben, sahen eher nach Kaspertheater aus als wie eine mitreißende Story. Und die hätte es doch gegeben: Die Biografie von Bush gibt so viel her – der verzogene Schnösel, der zunächst dem Alkohol und dann Gott zuspricht, die ewige Suche nach sich selbst, der überraschende Wahlsieg, der Typ von nebenan, der mal eben Präsident wird, ohne zu wissen, warum … das hätte sich kein Drehbuchautor besser ausdenken können.

Vielleicht hätte Regisseur Oliver Stone, anstatt Bush auf seinen letzten Tagen mit diesem Schnarchfilm noch einen reinzuwürgen, zehn Jahre warten sollen. Dann wären die Bilder und die Biografie uns nicht mehr ganz so präsent gewesen und der Filminhalt deshalb vielleicht weniger langweilig. So aber habe ich mich die ganze Zeit gefragt, was der Streifen eigentlich soll, an wen er sich richtet und was er mir sagen will. Dass Bush nicht unbedingt der klügste Präsident ist/war, hab ich mitgekriegt; warum soll ich mir die gleichen Peinlichkeiten und Patzer nochmal mit Josh Brolin angucken?

Ghost Town

Die millionste Variante von „Jemand sieht tote Menschen, die noch was zu erledigen haben und ihn deswegen im Diesseits nerven“. Ghost Town (Wen die Geister lieben) ist trotzdem recht hübsch geworden, was erstens Ricky Gervais in der Hauptrolle als nöligem Misantropen zu verdanken ist und zweitens der Tatsache, dass der Film so gerade die Balance hält zwischen Komik und Herzschmerz und ein bisschen Botschaft. Der Film ist nicht kracherlustig – kann er auch nicht sein, wenn es um einen Zahnarzt geht, der keine Freunde hat und sich in die Frau eines Toten verliebt. Aber er ist skurril, und wie alles, was Gervais anfasst, wird er noch skurriler durch seine ganz bestimmte Art, Dialoge zu führen und Pointen rauszuhauen, die sich erstmal setzen müssen, bevor sie komisch sind. Ich habe ihn auch selten so beherrscht gesehen; er darf, soweit ich mich erinnere, gerade einmal richtig im Film lachen. Und wenn er zum Schluss erkennt, was für ein Leben er eigentlich führt, hat er mich sogar fast zu Tränen rühren können. Hätte ich nicht von ihm erwartet.

Burn After Reading

Entspanntes Idiotengucken mit den Coens. Immer gut. Diesmal geht es um einen CIA-Angestellten (John Malkovich), dessen Frau (Tilda Swinton) ein Verhältnis mit George Clooney hat und die zur Scheidungsvorbereitung ein paar Daten vom Computer des Gatten zieht. Diese CD landet in einem Fitnessstudio und da ausgerechnet in den Händen von Brad Pitt und Frances McDormand, die für eine Schönheits-OP Geld braucht. Wie die beiden versuchen, die Daten zu versilbern, was der Erpresste davon hält und wie das Paarungsverhalten in Langley, West Virginia, generell so ist, davon erzählt Burn After Reading.

Die Story könnte hektisch und atemlos sein, aber wie immer vertrauen die Coens auf ihre Akteure und was sie ihnen so für Unglaublichkeiten auf den Leib schreiben. Und so lebt der Film dann auch eher von der miesen Frisur Brad Pitts, den zu hoch sitzenden Jeans von Clooney, der brüllenden Wut von Malkovich, der fiebrigen Besessenheit von McDormand und der eiskalten Beherrschtheit von Swinton als von balleriger Action oder lautem Soundtrack. Aber um die ganz großen Pointen drückt sich Burn After Reading dann doch rum, und genau das macht ihn so großartig. Anstatt das Coen-typische Blutbad auch zu zeigen, wird uns mal eben von graumäusigen CIA-Angestellten erzählt, wer von der Deppenclique das Massaker überlebt hat oder was aus ihnen sonst so geworden ist. Ganz so, als wäre das alles keine Aufregung wert. Ist es ja auch nicht. Hat ja jeder gekriegt, was er verdient hat. Abheften, weitermachen.

Revolutionary Road

USA, in den 50er Jahren. Zwei Menschen begegnen sich auf einer Party das erste Mal und finden sich augenscheinlich sympathisch. Sie will Schauspielerin werden, er weiß noch nicht so genau, wo sein Leben hingehen soll. Ein Zeitsprung. Die beiden sind inzwischen offensichtlich verheiratet und können sich nur noch mit Mühe ertragen. Revolutionary Road (Zeiten des Aufruhrs) erzählt von einigen Monaten im Leben dieses Paares.

Der Film beginnt so schön beschwingt, und man freut sich mit den beiden Frischverliebten, nur um zehn Minuten später fassungslos dabei zuzusehen, wie sie sich kleine und große Gemeinheiten um die Ohren hauen. Dieses Hin und Her hört nicht auf: Mal glaubt man, jetzt die letzte Lieblosigkeit gesehen zu haben und man ist sich sicher, das war’s jetzt, das kann niemand mehr ertragen – aber dann flackert doch noch einmal Zuneigung auf, Hoffnung darauf, dass die Beziehung und die Familie gerettet werden können. Das Ende erwischt einen dann doppelt böse, denn es hätte genug Gelegenheiten gegeben, die Geschichte anders enden zu lassen; jeder der Beteiligten hat immer die Wahl, das Richtige zu tun, und erst als der Abspann beginnt, wird klar, dass jeder sich einmal zu oft für das Falsche entschieden hat.

Kate Winslet und Leonardo diCaprio spielen das Paar sehr eindringlich, und man nimmt beiden sowohl die jugendliche Liebe als auch den ständigen familiären Stress ab. Beide sind in diesem Film Opfer ihrer Zeit, und das war dann auch das einzige kleine Problem, das ich mit dem Film hatte. Ich glaube, dass es auch heute noch genug Frauen auf der Welt gibt, die ungewollt schwanger werden und ihre eigenen Vorstellungen plötzlich denen des Partners unterordnen müssen; dass die angeblich so kuscheligen Vorstädte teilweise grausamer sein können als das anonyme Großstadtleben und dass viele Paare sich arrangieren müssen, wenn die Wunschvorstellungen beider aufeinanderprallen. Wieso das ganze also in den 50er Jahren erzählen?

Bullshit Science.

5

:-*

Jon Stewart spricht mit einem Gefangenen aus Guantanamo. And I peed my pants laughing.

Twilight

Twilight (Twilight – Biss zum Morgengrauen, USA 2008, 122 min)

Darsteller: Kristin Stewart, Robert Pattinson, Billy Burke, Peter Facinelli, Ashley Greene, Taylor Lautner, Anna Kendrick, Michael Welch
Musik: Carter Burwell
Kamera: Elliot Davis
Drehbuch: Melissa Rosenberg, nach dem Roman von Stephenie Meyer
Regie: Catherine Hartwicke

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Es ist sehr einfach, sich über Twilight lustig zu machen. Junges Mädchen verliebt sich in jugendlichen Vampir, der sich selbst als Vegetarier bezeichnet, weil er nur Tiere isst anstatt Menschen anzuknabbern und der nebenbei seit 80 Jahren die High School besucht. Bebende Lippen, miese Dialoge, Küssen statt Sex – alles Steilvorlagen für Verrisse. Das „Problem“ an Twilight ist aber: Er ist auf eine ganz spezielle Zielgruppe zugeschnitten, nämlich pubertierende Mädchen. Und wenn man keinen objektiv guten Film sehen will, sondern mal wieder 13 sein möchte, dann ist Twilight der perfekte Schmachtfetzen für einen Abend mit den besten Freundinnen, viel Eis und noch mehr sehnsuchtsvollen Seufzern.

Was mich an Twilight so fasziniert hat, war die konsequente Wunscherfüllung: Alles, was ich (und ich spreche jetzt einfach mal für alle kleinen Mädchen dieser Welt) mit 13 im Kino hätte sehen wollen, habe ich gekriegt. Eine leicht ungelenke Heldin, Bella, mit der man sich sofort identifizieren kann, weil sie zwar hübsch, aber nicht supermodelmäßig toll aussieht. Der erste Tag an einer fremden Schule, der ihr nicht wirklich schwergemacht wird, weil sofort ein paar Mädels und Jungs da sind, die nett zu ihr sind. Eltern, die kaum in Erscheinung treten und wenn, dann so, wie man es gerne hätte: keine Verbote, keine Vorschriften, aber immer da, wenn man sie braucht. Und auf einmal der Traumtyp, der einen zuerst anscheinend total doof findet, einem dann aber offenbart, unsterblich (haha) in einen verliebt zu sein.

Gerade der Traumtyp, Edward, unser junggebliebener Blutsauger, ist so dermaßen zielgruppenkompatibel, dass es schon weh tut. Unglaublich eindrucksvolle Augen (angeblich gucken Mädels ja immer zuerst auf die Augen), schüchtern, geheimnisvoll, Haare, bei denen man sich selbst als Kinozuschauer extrem zusammenreißen muss, um sie nicht dauernd liebevoll durchwuscheln zu wollen – und: ein Beschützer, wie er im Buche steht. Er rettet Bella durch seine speziellen Kräfte das Leben, woraufhin sie natürlich mehr über diesen seltsamen Kerl wissen will. Und zack! geht die Liebesgeschichte ihren Gang, zielstrebig mit ein paar Pseudohindernissen dem geordneten und jugendfreien Ende entgegen. Und selbst das habe ich Twilight verzeihen können, weil ich ihn einfach so konsequent gemacht fand.

Der Film nervt trotzdem und zwar ohne Pause. Gerade die Darsteller der Vampire, Schnuffel Robert Pattinson als Edward eingeschlossen, agieren so hölzern, dass man ihnen ihr Untotsein mit Kusshand abnimmt. Die Dialoge sind größtenteils grausam, denn Twilight will auch hier seinem Publikum alles recht machen. So werden Dinge, die geschultere Zuschauer vielleicht auch durch Andeutungen oder Interpretationen mitgekriegt hätte, lieber nochmal laut erzählt, wie zum Beispiel in der Szene, in der Bellas Freundin sich beklagt, dass ihr Herzbube sie noch nicht zur Prom eingeladen habe. Bella sagt daraufhin: „Lad ihn doch selber ein.“ Hätte gereicht, um klarzumachen: aha, die Kleine wartet nicht veilchenmäßig im Moose, sondern nimmt sich, was ihr gefällt. Aber falls die Kinder das doch noch nicht kapieren, muss sie bräsig hinterherschieben: “You are a strong woman. Be in control.” Mal abgesehen davon, dass ich es sehr lustig fand, dass eine 17-Jährige eine Klassenkameradin als strong woman bezeichnet, war das einer der Millionen Sätze im Film, die schlicht zu viel waren. Oder die Szene, in der Edward Bella das Leben rettet. Haben wir gesehen, auch aus verschiedenen Perspektiven, gerne auch nochmal im Flashback, ham’s jetzt alle, ja? Gut. Aber: Auch das kann man nochmal verbalisieren: Edward, du hast mir das Leben gerettet. Ja, Bella, das habe ich wohl. Edward, wie hast du das gemacht? Bella, das würdest du wohl gerne wissen? Und so weiter und so fort. Ein Festival des erzählten Films. Oder die Szene, in der Bella gerade röchelnd verendet (oder auch nicht) und Edward ihr heldenhaft beistehen will – wenn er denn nur wüsste wie. Da muss Papa Vampir ihm erstmal mündlich die Gebrauchsanweisung liefern, bis er was tut. Qualvolle Sekunden, in denen die arme Kristin Stewart nur alberne Geräusche von sich geben darf, bis die Jungs ausdiskutiert habe, wie man das wohl abstellen könnte. Anstatt einfach zu machen, zu zeigen, mich mit Bildern zu beeindrucken und – wenn’s sein muss – mir nachher zu sagen, was da eigentlich passiert ist.

Und obwohl ich innerlich alle zwei Minuten zusammengezuckt bin wegen des schlechten Scripts, habe ich es gleichzeitig bewundert, denn der Film schafft es, die Irrungen und Wirrungen der Pubertät subtil mitschwingen zu lassen. Gerade Bella ist eine sehr clever gezeichnete Figur, die alles mit sich rumschleppt, was wahrscheinlich jedes Mädchen mit sich rumschleppt. Sie zeigt durchaus einen eigenen Kopf, indem sie sich den Kerl aussucht, der ihr gefällt anstatt darauf zu warten, dass jemand sie erwählt. Sie gibt ihren Freundinnen Tipps, sie kann gut mit Jungs umgehen, sie fährt einen Pick-up-Truck anstatt eines mädchenhaften Kleinwagens (den fährt lustigerweise Edward – einen braven Volvo, als ob Vampire sich um Unfallfolgen Gedanken machen müssten), und sie trägt Chucks zum Abendkleid. Sie ist eine sehr moderne Heldin, die aber trotzdem noch ein paar angeblich weibliche Werte in sich trägt. Sie lässt sich von Edward beschützen, achtet auf vernünftiges Essen und muss zum Schluss eben doch von Männe gerettet werden. Und das ist mir nicht mal übel aufgestoßen, weil ich es passend fand, dass sie stark und schwach sein kann. Genau wie Edward übrigens, der mir eh als „das Mädchen“ in der Story erschien, so zimperlich wie er anfangs um Bella rumdruckst. Ich hatte die ganze Zeit das Gefühl, dass Bella gerne wüsste, wer sie ist, wie sie sein soll und ob ihr das so recht ist, wie sie sein soll. So ist sie mal eloquent, mal stumm, mal das kleine Töchterchen, mal die erwachende Frau. Und alles nimmt man ihr ab, weil man als Mädchen nun mal alles in sich trägt.

Mich haben auch die sexuellen Anspielungen des Films noch länger beschäftigt. Gerade in Vampirfilmen ist es ja gerne der Kerl, der sich der holden Maid bis an die Halsschlagader nähert, was immer eine erotische Komponente hat (entblößter Hals, look it up). In Twilight ist es umgekehrt, hier ist Bella diejenige, die etwas von Edward will, was er ihr verweigert, verweigern muss, weil er sich sonst angeblich nicht beherrschen und ihr wehtun könnte. Anstatt dass sie sich nun zurückzieht und brav vor sich hinschmachtet, fordert sie ihn weiter heraus, und er muss mit ihren Wünschen klarkommen und selbst ein wenig zurückstecken. Ich fand es sehr spannend, eine jugendliche Heldin zu sehen, die klar ihre Vorstellungen kommunizieren kann, ohne altbackene Moralvorstellungen oder Ansagen, wie man als Mädchen nun mal zu sein habe. Und genauso spannend fand ich es, einen jugendlichen Helden zu sehen, der damit klarkommt, ohne dass seine heilige Männlichkeit darunter leidet. Und dass sie zu nicht mehr als zum Küssen kommen, dürfte dann wieder zielgruppengerecht sein, denn ich behaupte einfach mal (und vielleicht unterschätze ich die Jugend gerade ganz übel), dass Mädels mit 13 eher ans Küssen denken als an alles, was danach noch kommen könnte. Und so dürfen Bella und Edward weiterhin im dunkelgrünen, blümchengeschmückten Gras liegen, in den düstergrauen, verregneten Himmel gucken und sich so richtig schön emo fühlen – bis zur unvermeidlichen Fortsetzung, die ich mir wahrscheinlich genauso leidend und mitfühlend anschauen werde wie diesen Teil.

Die Oscar-Nominierungen sind draußen.