Dresden, Teil 2

(Dresden, Teil 1)

Freitag, 29. Dezember

Freitag morgen, halb zehn, Zonenfeeling pur: Ich stehe in der 40 Meter langen Schlange vor dem Grünen Gewölbe. Einige Menschen versuchen, überschüssige Karten loszuwerden, leider meist im Zweierpack. Aber meine Stunde schlägt um viertel nach zehn, als ich noch gute fünf Meter vom Eingang entfernt bin und schon im Kopf überschlage, bis wann ich heute überhaupt Zeit habe. Denn die Eintrittskarten sind auf ein Zeitfenster von 15 Minuten genau ausgestellt; so wird sichergestellt, dass nur eine bestimmte Anzahl von Besuchern im Gewölbe ist. Ich hatte mich seelisch schon auf 14 Uhr, wenn überhaupt, eingerichtet, denn um 17 Uhr beginnt die Oper, als ein Pärchen die Schlange entlangging und eine einzelne Karte anbot, und zwar großartigerweise für den Einlass um 11. Meine!

Die verbleibende Zeit bis viertel vor 11 (rechtzeitig da sein, weil Garderobe abgeben) vertreibe ich mir im Zwinger, den ich gestern ja nur bei Dämmerung gesehen habe. Um 10.45 Uhr stehe ich wieder am Eingang, werde zur Garderobe begleitet, gebe alles ab und stelle mich wieder in eine Schlange, nämlich die im Vorgewölbe, das zum eigentlichen Grünen Gewölbe führt. Die Schlange ist aber deutlich kürzer. Am Eingang bekommt man einen Audioguide in die Hand gedrückt, denn an den Exponaten im Gewölbe gibt es keine Erklärungen. Was ich kurz bedauere, denn ich lese lieber als mich zutexten zu lassen, aber natürlich soll der Charakter der Räume nicht durch Schrifttafeln beeinträchtigt werden.

Um kurz vor 11 gehe ich in eine Schleuse, deren Türen sich hinter mir schließen. Drei Sekunden passiert nichts, dann geht die Tür vor mir auf, und ich stehe im ersten der insgesamt neun (?) Zimmer des Gewölbes. Das Bernsteinzimmer, gefolgt vom Elfenbeinzimmer (ich taufe es Elefantenfriedhof), gefolgt vom … schon wieder vergessen. Ich bin viel zu beschäftigt mit Gucken und Staunen. Jedes Zimmer hat seinen ganz eigenen Charakter. Die Wandfarben ändern sich, der Fußboden, mal hängen Bilder in den breiten Fensterbögen, mal nicht. Allen Zimmern gemein ist die barocke Präsentation der einzelnen Stücke. Lauter kleine „Regalbrettchen“ bedecken die Fläche bis zur Decke, und auf jedem Brett steht ein Exponat. Die Wände sind unterteilt, so dass jede Fläche eine eigene Anordnung hat. Neben Bernstein und Elfenbein gibt es vergoldetes Silber, Kristalle, Bronzestatuen, Rubinglas, Straußeneier, die zu Trinkgefäßen wurden – und irgendwann kommt das Juwelenzimmer, von dem ich wirklich gerne wissen würde, was dort an Werten rumliegt. In einzelnen Virtrinen an den Wänden liegen Schmuckstücke auf blauer Seide, Spazierstöcke, Degen und weitere Gegenstände mit Diamanten, Rubinen, Smaragden, Saphiren und anderen Edelsteinen. Man weiß gar nicht, wo man zuerst hingucken soll. Ich komme mir vor wie in einem Pharaonengrab. Die Wände sind tiefrot, die Decken mit kiloweise Gold verziert. Schon das Porzellan gestern hat mir einen kleinen Eindruck vom Reichtum des sächsischen Königshauses vermittelt, aber was hier rumsteht, kann ich kaum fassen.

Der Audioguide bemüht sich, mich in Stimmung zu kriegen, scheitert aber. Die Texte hören sich eindeutig „geschrieben“ an; also so, als ob jemand einen schönen Aufsatz verfasst, aber vergisst, dass dieser Aufsatz vorgelesen werden muss. Es gibt zu jedem Zimmer eine Erläuterung, die ich mir anhöre, und zu ausgewählten Exponaten noch mehr, was ich anfangs auch angewählt, dann aber gelassen habe. Ich fühle mich komischerweise gehetzt, jemand anders gibt mir seine Geschwindigkeit vor, in der ich die Räume und die Exponate auf mich wirken lassen soll. Ich schleppe den Audioguide nur noch mit mir rum und gehe nochmal in meinem eigenen Tempo ohne Stimme im Kopf durch die Räume. Viel besser. Viel ruhiger. Viel beeindruckender.

So sehr die künstliche Verknappung der Karten und der Audioguide nerven, so gut sind sie auch: Die Zimmer sind nicht überfüllt, man kann in Ruhe durch die Gegend gucken, und man kann alles sehen, weil nicht 80 Leute vor einem an der Vitrine stehen. Und weil alle den Guide am Ohr haben, ist es sehr ruhig.

Um zehn vor zwölf bin ich schon wieder draußen. Die Schlange vor dem Eingang ist verschwunden, ich nehme an, dass alle Tageskarten um kurz nach 10 schon weg waren. Schwein gehabt. Aber die Orgelandacht um 12 in der Frauenkirche wird ganz schön knapp … ich gehe zur Kirche und überlege schon mal, was ich stattdessen mache: die Rembrandt-Ausstellung im Zwinger? Die Semperoper besichtigen? Mir war nicht klar, dass auch zu Aufführungszeiten Touren gegeben werden, sonst hätte das natürlich auf meiner Liste gestanden. Ich habe das betreffende Schild aber erst gesehen, als ich eben, vor dem Grünen Gewölbe, an der Oper vorbeikam und mal wieder eine Warteschlange gesehen habe. Fast hoffe ich, nicht in die Kirche zu kommen, um mir die Oper anschauen zu können, aber: Ich bin fünf vor 12 an der Kirche und darf noch rein. Sämtliche Bänke im Kirchenschiff sind vollgepackt, auch an der Seite scheint kein Platz mehr frei zu sein. Ich gehe trotzdem mal um das runde Kirchenschiff herum und sehe in der dritten Reihe außen einen freien Platz. Wieder mal: meiner!

Als ich sitze, beginnen schon die Glocken zu läuten. Ich kann mich nur kurz umschauen, wo ich überhaupt bin. Die Kirche ist vollständig in vier Pastelltönen ausgemalt. Die Bedeutungen erfahre ich nach der kurzen Andacht, als der Küster (?) von der Kanzel herab 20 Minuten Wissenswertes über die Kirche erzählt. Wie ein Diavortrag ohne Dias. Die Farben sind gelb wie das Licht, rot wie die Liebe, grün wie die Hoffnung und blau wie der Himmel und der Glaube. Am Altar, im Altarraum und von da bis unter die Decke, wo die Orgel in gefühlten 30 Meter Höhe thront, blitzt eine Menge Gold. Ich kann mich nicht entscheiden, ob es mir gefällt oder nicht. Zu wissen, die Kirche sah vor 300 Jahren so aus, ist eine Sache. Zu wissen, dass sie aber nur eine blöde „Kopie“ ist und die letzten Malerarbeiten gerade mal zwei Jahre her sind, eine andere. Warum baut man eine Kirche in einem Stil auf, der – Entschuldigung – fürchterlich überholt ist? Warum errichtet man nicht stattdessen nur die Außenmauern, wenn man sie denn unbedingt wieder aufbauen will, und gestaltet dann den Innenraum so, wie man heute eine Kirche ausstatten würde? Hm.

Die Orgel beginnt zu spielen. Der Klang erfüllt den hohen Raum, ich bin wie immer ergriffen (verdammte christliche Konditionierung – Orgelmusik klappt bei mir auf Knopfdruck), und auf einmal finde ich die Kirche ganz wunderschön. Die Andacht ist kurz und geht im Prinzip um „Nobody’s perfect“. Der Pastor erzählt die Geschichte von Einstein, der im Himmel einen Wunsch erfüllt bekommen soll, um seine Verdienste für die Wissenschaft zu belohnen. Daraufhin erbittet er von Gott die Weltformel. Gott beginnt, eine sehr lange und umständliche Formel aufzusagen. Einstein hört zunächst zu, überlegt dann, wird immer unruhiger und unterbricht Gott schließlich: „Moment, Moment, das kann nicht stimmen. Die Formel ist doch voller Fehler!” Worauf Gott nur lächelt und sagt: „Ich weiß.“

Im Innenraum der Kirche steht das alte Dachkreuz, das beim Wiederaufbau unter den Steinmassen gefunden wurde. Es ist verbogen, aber noch in einem Stück. Jetzt dient als es Mahnmal. Auf der Kuppel der neuen Frauenkirche sitzt ein neues Kreuz, das vom britischen Volk gestiftet wurde.

Ich kann mich immer noch nicht entscheiden, ob mir die Kirche gefällt oder nicht. In Hamburg steht an der Willy-Brandt-Straße auch eine Kirchenruine, die ich in ihrer offensichtlichen Verwundung viel beeindruckender finde als einen neuen, auf alt getrimmten Prachtbau. Die Gedächtniskirche in Berlin zeigt ebenfalls einen meiner Meinung nach sinnvolleren Weg auf, mit Kriegsruinen umzugehen.

Gleichzeitig finde ich es aber schön, dass es so viele Menschen gab, die Geld gestiftet haben, um ein Wahrzeichen von Dresden wieder aufzubauen. Im Kirchenschiff trägt jeder Sitz, so weit ich sehen konnte, eine kleine Tafel, auf der die Spendernamen stehen. Ich habe auf dem Platz von Fridel und Hilde Steyer gesessen.

Nach der Andacht war es 1 Uhr – keine Zeit mehr für eine weitere Besichtigung, denn auf eine Oper bereite ich mich anders vor als auf einen Kinobesuch. Entspannt im Hotel ausgehfein machen, das Libretto nochmal überfliegen, mein Lieblingsbuch zu Wagners Opern konsultieren, vielleicht nochmal ein bisschen Musik aus dem iPod, um mich einzustimmen. Und natürlich möchte ich nicht erst auf den letzten Drücker im Opernhaus sein, sondern stattdessen vor der Aufführung noch ein wenig durchs Gebäude schlendern.

Die Aufführung von Tristan und Isolde (mit einer meiner Lieblingssängerinnen, Waltraud Meier, als Isolde) beginnt um 17 Uhr. Um 16 Uhr bin ich frisch geduscht und im Bayreuth-Outfit vor der Semperoper. Jetzt, im Abendlicht und effektvoll beleuchtet, sieht sie schon ein bisschen eindrucksvoller aus als tagsüber. Auf dem Platz vor der Oper stehen allen Ernstes Radeberger-Trucks. Die Jungs von der Brauerei nutzen ja bekanntlich die Oper für ihre Werbung. Warum auch immer.

Das Innere ist ziemlich verwinkelt. Und wie immer in Opernhäusern ist es viel zu warm. Ich gucke mir in aller Ruhe den hohen Saal an, klettere aber nicht in die vier Ränge, bestaune die riesigen Leuchter (und freue mich, nicht direkt darunter zu sitzen), spaziere in Richtung Orchestergraben und – muss feststellen, dass die Lampen am Rande des Parketts verdammt tief hängen. Aua.

Um kurz vor 5 kommen schließlich die Menschen, die in der Mitte der Reihe sitzen (das muss, glaube ich, so sein), und es geht los. Wunderschöne Overtüre. Ich bin so entspannt wie nach einem Schaumbad, als sich der Vorhang öffnet – und ich mich geistig von dieser Aufführung verabschiede. Das Bühnenbild ist ein Kubus mit sich öffnenden Rückwänden. Als Tristan und Isolde sich im ersten Akt zum ersten Mal ansingen, schließen sich die beiden Wände zu Publikum hin mit transparenten Vorhängen, auf die in lustigen Regenbogenfarben sinnlose Muster projiziert werden. Die Kostüme sind aus der Ecke „Geht immer, tut nicht weh, kann ich jetzt fernsehen anstatt mir über Kostüme Gedanken machen zu müssen“: wallende Gewänder für die Mädels, römische Feldherrenausstattung mit Sixpack-Brustpanzer für die übergewichtigen Herren. Nen Speer gibt’t auch, genau wie die fies überzogenen, „dramatischen“ Gesten. Also alles, was ich bei Wagner seit den 80er Jahren sehe und einfach nicht mehr sehen will. Ich habe nach zehn Minuten schon schlechte Laune, die auch nicht dadurch verbessert wird, dass Frau Meier wirklich gut singt und auch der Tristan seine Sache sehr schön macht. Brangäne fand ich völlig farblos, und der finnische Sänger des Kurwenal konnte seinen Akzent leider nicht ganz abstellen. Ich ringe etwas mit mir („Die Karte war doch so teuer“ – „Aber die Aufführung ist so scheiße“), verlasse aber trotzdem nach dem ersten Akt, der sich so lang anfühlte wie sonst alle drei, die Oper. Hab ich noch nie gemacht. (Aber ich bin mal im Siegfried in Hannover eingeschlafen.)

Es ist ein bisschen wie damals in London, wo ich nur wegen der Lord-of-the-Rings-Ausstellung hingefahren bin und die dann am belanglosesten von allem fand. So auch hier. Die Oper war doof, aber alles andere war klasse. Ich ärgere mich, dass ich nicht noch einen Tag länger gebucht habe, denn in bin ziemlich auf den Geschmack gekommen. Es gibt noch so wahnwitzig viel zu sehen! Und ich hab nix geschafft! Fahr ich halt nochmal hin. Und das gerne.

Dresden hin, dresden her, drehsten ab. Oder: Schlechte Scherze gleich in der Überschrift verwenden, dann haben wir das hinter uns.

Donnerstag, 28. Dezember

Wie, Schnee? Geht’s noch, Hamburg? Seit Tagen freue mich mich über das milde Wetter, das perfekt ist zum In-fremden-Städten-planlos-Rumlaufen und jetzt schneit’s? Statt Bus Taxi zum Bahnhof.

Im Zug: das erste Mal in meinem Leben erster Klasse. Da ich die Reise nach Dresden ziemlich früh gebucht habe, war das bezahlbar und immer noch ne Ecke günstiger als ein Flug. Der wahrscheinlich mit dem ganzen Eincheckgedöns auch nicht viel schneller gewesen wäre. Zum Eincheckgedöns hat auch die Bunte was zu sagen, die ich mir zusammen mit der Us Weekly im Bahnhof besorgt habe, denn: keine Bahnfahrt ohne Klatschzeitschriften. Gute Bücher werden im Bett gelesen. Beim Zugfahren will ich Blödsinn konsumieren. Jedenfalls hat die Bunte die Flughafenkontrollen zum einem der vielen Verlierer des Jahres gekürt – mit dem vernichtenden Urteil: „Blöde Terroristen!“ Genau. Denen habt ihr’s aber gegeben.

Die erste Klasse zeichnet sich durch mehr Beinfreiheit und weniger Sitze aus. Sehr nett. Sehr doof: Auf meinem reservierten Einzelsitz am Fenster sitzt bereits jemand. Ich will zunächst so nervig sein wie die Leute im spärlich besetzten Kino in der Nachmittagsvorstellung, die auf dem Platz bestehen, der auf der Karte aufgedruckt ist, gucke mich dann aber im Wagen um und stelle fest: komplett leer. Ein Platz ist besetzt. Meiner. Ich bin erstaunt ob dieser idiotischen Präzision, in einem völlig leeren Großraumwagen den einzigen Platz zu besetzen, über dem rot die Reservierung flackert.

Ich setze mich woanders hin. Ist eh ein besserer Platz, weil er gegen die Fahrtrichtung ist. Ich fahre lieber „verkehrt herum“, denn so fliegt die Welt entspannt hinter einem weg anstatt mir hektisch entgegenzukommen.

In Berlin gucke ich kurz aus dem Fenster, um festzustellen, dass ich gerade in diesem tollen neuen Bahnhof bin. In den drei Minuten aus dem Zugfenster sah er aus wie ein Einkaufszentrum, durch das Gleise gelegt wurden.

Kurz vor dem Dresdner Hauptbahnhof überquert der Zug die Elbe, und man hat einen grandiosen Blick über den Fluss und sämtliche Sehenswürdigkeiten der Innenstadt. Ich sehe jedenfalls gefühlte 80 Kirchtürme. Als komplett doofer Tourist habe ich die Kamera aber ganz unten im Rucksack vergraben und kann nicht knipsen. Ist auch viel netter, aus dem Fenster zu gucken.

Im Bahnhof kaufe ich einen Stadtplan und gucke mal, wie weit mein Hotel weg ist. Hier in Dresden schneit es nicht, es regnet nicht, es ist nicht zu kalt und nicht zu warm. Perfekt. Ich rolle mein Köfferchen 300 Meter weit ins Mercure, von dem ich überzeugt bin, dort schon einmal zu DDR-Zeiten genächtigt zu haben. Nach Einchecken und Zimmer-gut-Finden gehe ich wieder vor die Tür in Richtung Innenstadt.

Es fängt an zu schneien.

Die Prager Straße ist ein Fußgängerzone. Ein immerhin schon deutlich verschönertes Überbleibsel aus Zonenzeiten, wo diese Straße eine dieser beknackten sozialistischen Prachtstraßen war – eine von denen, die nie prächtig waren, sondern bloß zugig. Und leer. Jetzt herrscht hier das übliche Fußgängerzonengewusel. Ich meine mich an ein paar Gebäude zu erinnern. Das letzte Mal war ich ca. 1987 in Dresden. Da, wo jetzt Esprit ist, zwischen den beiden Ibis-Hotels, da war eine Eisbar. Glaube ich. Oder war das gegenüber? Und an diesen Rundbau, in dem jetzt Pizza Hut ist, kann ich mich auch erinnern. Das war ein Kino. Glaube ich. Mit Holzklappsitzen. Und da hab ich Ödipussi gesehen. Glaube ich. Was dieses silberne Gebäude war, an dem, wie an vielen Gebäuden, das Plakat der Abbruch-/Sanierungsgesellschaft hängt, weiß ich nicht. Ein Kaufhaus? (Mit Intershop, garantiert. In Dresden hab ich Toffifee gekauft, das weiß ich noch.)

Ich glaube, ich bin meilenweit als Tourist zu erkennen. Ich renne mit offenem Mund auf die Frauenkirche zu, deren heller Sandstein total falsch aussieht. Die meisten Gebäude um den Neumarkt herum sehen aus wie alte Gebäude eben aussehen. Die Frauenkirche sieht aus wie von Playmobil. Ich mache das obligatorische Foto und hebe mir die Besichtigung für morgen auf, denn da findet um 12 eine Orgelandacht statt, und ich hoffe, dass ich ein Plätzchen abkriege.

Heute steht stattdessen die Kunsthalle im Lipsius-Bau auf dem Plan, denn dort läuft zurzeit die Ausstellung Von Monet bis Mondrian. Der Eingang ist auf (? an? geht ab von?) der Brühlschen Terrasse, von der man einen wunderschönen Elbblick hat. Theoretisch. Praktisch liegt jetzt überall Schnee, es schneit immer noch, und der Himmel ist grau. Kein gutes Fotowetter. Und zum Lange-draußen-Rumlungern ist es auch nicht geeignet. Also rein in die Kunst.

Wieso geht man eigentlich nur in fremden Städten in Ausstellungen? In Hamburg läuft seit Monaten die Caspar-David-Friedrich-Ausstellung. War ich drin? Nö. Will ich rein? Ja, schon, aber mein Sofa und meine DVDs und mein fauler Hintern ach und einkaufen muss ich ja auch noch … Wie in jeder Ausstellung finde ich auch hier ein Bild, das mir besonders gefällt und vor dem ich länger rumstehe als vor den anderen und zu dem ich zum Abschluss nochmal zurückkehre. Hier waren es sogar zwei: einmal die „Flusslandschaft mit Bauernhaus (Petersen)“ von Emil Nolde und das „Bildnis der Frau Stegemann“ von Conrad Felixmüller, von dem ich vorher noch nie etwas gehört hatte. Außerdem hat mir sogar ein Kandinsky gefallen, wo ich doch mit Kandinsky sonst gar nichts anfangen kann (mit Mondrian komischerweise schon). Und Paul Klee gefällt mir immer besser. Ist dem Mann wahrscheinlich aber egal.

Es schneit noch stärker, als ich wieder aus dem Museum komme. Scheißegal, auf zum Grünen Gewölbe, auf gut Glück natürlich. Laut Internetseite sind die nächsten Karten wieder im März verfügbar. 25 Prozent der Karten sind aber frei an der Kasse erhältlich. Allerdings ab 10 Uhr morgens. Es ist jetzt 16 Uhr, und natürlich ist alles weg. Macht nicht, an diesem Punkt in Dresden kann man eigentlich nicht nichts angucken. Ich gehe in den Zwinger, der leider auch nicht ganz tourifreundlich aussieht, und kaufe mir ein Ticket für die Porzellansammlung. Die wurde von Kurfürst August dem Starken begonnen und zählt angeblich zu den wichtigsten der Welt. Keine Ahnung, ich versteh nix von Porzellan. Trotzdem fand ich die Ausstellung wunderschön. Wahrscheinlich weil ich keine Ahnung hatte. Die Sammlung bestand aus 22.000 Teilen, von denen es 12.000 bis heute geschafft haben. Und die Stücke, die im Zwinger präsentiert werden, sehen aus wie neu. Da stehen 300 Jahre alte Vasen, die so aussehen, als wäre gerade der Lack getrocknet. Ich habe Teller von letzter Woche, die nicht so gut aussehen. Und nicht so heile. Kaum Fehler oder abgesprungene Stücke. Und: schöne Texte an den Vitrinen. Erstens in Garamond gesetzt (schon gewonnen) und zweitens so begeistert geschrieben, dass ich manchmal vergessen habe, die beschriebenen Exponate auch anzugucken. Ich hab den Text gelesen, mich gefreut und bin zum nächsten Text gegangen. Erst da ist mir aufgefallen, äh, Moment, wie sah diese Teedose in rotgold denn eigentlich aus? Ich glaube, Museumstexte zu verfassen, ist nicht einfach, denn man muss die Balance halten zwischen dem Basiswissen, das auf fünf Zeilen vermittelt werden soll, und den Besonderheiten der jeweiligen Stücke. Ich fand die Texte toll, sie klangen wie von jemandem geschrieben, der sich begeistert acht Stunden lang über die Kangxi-Zeit und die dazu passenden Blautöne unterhalten könnte. Ich weiß zwar nicht, ob ich mit so jemandem eine Kneipentour unternehmen wollen würde, aber mir persönlich haben die Texte die Ausstellung sehr nahe gebracht. Und den Begriff „dominante Farbpracht“ hab ich mir gemerkt, weil er so schön schmeckig ist.

Neben den vielen, vielen Vasen, Tellern, Tassen und noch mehr Vasen (und Fischbassins, in denen August lieber seine Orangenbäumchen pflanzte und dazu ein Loch in den Boden des guten Porzellans bohrte) gab es einige Räume mit Meißner Porzellan. Die Jungs aus der Manufaktur wollten ihrem Herrscher auch was Nettes basteln („ey, Mann, immer diese Chinesen“) und haben daher – lebensgroße Tiere aus Porzellan hergestellt. Ich muss zugeben, dass ich die Räume ziemlich schräg fand. Ich kann zwar nicht rational begründen, warum ich mir gerne bemalte Zierteller angucke (ich will das, glaube ich, gar nicht wissen), aber sie haben mir viel besser gefallen als die komisch guckenden Löwen und Affen und Pfau … Pfaus. Pfauen. Dudens. Und wenn es zehnmal 300 Jahre altes Meißner ist – es sieht trotzdem so aus wie der komische weiße Hund, den Chandler ertragen musste, weil Joey ihn so toll fand.

Inzwischen war es draußen endgültig dunkel, die Fußwege eine einzige glitschige Rutschpartie, und daher bin ich nicht weiter durch die Gegend gelaufen, sondern habe mich wieder ins Hotel geschleppt. Allerdings nicht, ohne vorher mal in die Altmarkt-Galerie zu gehen, wo ich auf DVDs hoffte. Wenn ich schon nutzlos im Hotelzimmer rumliege, dann will ich wenigstens was Nettes zu gucken haben. Bei Saturn habe ich die erste Staffel von House erstanden – und zu meinem Entsetzen/Entzücken festgestellt, dass noch stapelweise Wiis rumlagen. Die will hier anscheinend keiner. Zwei Kerle standen unschlüssig davor und guckten sich die Controller an: „Da macht man sich ja total zum Depp.“ Genau. That’s the fun part. Los, kaufdiescheiße.

Jetzt ist es fast 20 Uhr, ich bin schon bei den Simpsons auf Pro7 eingeschlafen und tippe mir jetzt nen Wolf im Word-Dokument, denn das ansonsten sehr nette Hotel will gnadenlose 24 Euro für einen Tagespass ins Internet haben (geht’s noch?). Morgen dann: Frauenkirche, Grünes Gewölbe 2. Versuch – und natürlich der Hauptgrund der Reise: Tristan und Isolde in der Semperoper. Bleiben Sie an den Empfängern.

Tafelspitz mit Möhren-Kohlrabi-Salat und Kartoffelcremedressing, Pangasiusfilet mit Parmaschinken, Kaviarkartoffeln und scharfer Tomaten-Mandel-Sauce, weißes Lebkuchenmousse mit Himbeerpüree. Vorneweg einen Rosé-Sekt (ich mag bunte Getränke), dazu einen weißen Burgunder, danach Grappa. Viel Grappa. Mehrere Runden Wii-Tennis mit Schwesterchen. Papa hat sich an Bowling rangetraut, während der Kerl meiner Mutter ihren Schachcomputer erklärt hat. Gute Geschenke, das übliche doppelte Buch („Ich geb euch doch extra meinen Amazon-Wunschzettel!“), Tütencappuccino, weil meine Espressomaschine keine Lust hatte zu funktionieren, Kekse von Schwesterchen, kiloweise. Und endlich musste mal nicht ich nach dem Essen nach Hause fahren, sondern konnte hinter den Gästen die Tür zumachen.

Dafür muss ich abwaschen. Gna.

Übermorgen abend, am 27.12. um 19.30 Uhr, gibt es im Deutschlandradio eine Sendung mit dem schönen Titel „Fischstäbchen schwimmen im Meer – Vom Unwissen über die Natur“. Darin wird mein Blogeintrag über meinen Opa zitiert. Ich weiß allerdings nicht, in welchem Umfang oder Zusammenhang. Vielleicht bin ich eins von den abschreckenden Beispielen, weil ich nicht weiß, dass Kirschen und Johannisbeeren nie gleichzeitig reif sind. (Sind sie? Keine Ahnung. Fischstäbchen schwimmen im Meer.)

Ich sehe gerade, dass Deutschlandradio eine Art interaktiven Podcast hat. Sie nennen es Blogspiel. Jeder kann bis zu fünf Minuten podcasten, im Internet wird abgestimmt, wer in dieser Woche die besten fünf Minuten hatte, und die werden dann auf Deutschlandradio gesendet. Gegen Autorenhonorar.

„Es begab sich aber zu der Zeit, dass ein Gebot von dem Kaiser Augustus ausging, dass alle Welt geschätzt würde. Und diese Schätzung war die allererste und geschah zur Zeit, da Quirinius Statthalter in Syrien war. Und jedermann ging, dass er sich schätzen ließe, ein jeder in seine Stadt. Da machte sich auf auch Josef aus Galiläa, aus der Stadt Nazareth, in das jüdische Land zur Stadt Davids, die da heißt Bethlehem, weil er aus dem Hause und Geschlechte Davids war, damit er sich schätzen ließe mit Maria, seinem vertrauten Weibe; die war schwanger. Und als sie dort waren, kam die Zeit, dass sie gebären sollte. Und sie gebar ihren ersten Sohn und wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippe; denn sie hatten sonst keinen Raum in der Herberge.

Und es waren Hirten in derselben Gegend auf dem Felde bei den Hürden, die hüteten des Nachts ihre Herde. Und der Engel des Herrn trat zu ihnen, und die Klarheit des Herrn leuchtete um sie; und sie fürchteten sich sehr. Und der Engel sprach zu ihnen: Fürchtet euch nicht! Siehe, ich verkündige euch große Freude, die allem Volk widerfahren wird; denn euch ist heute der Heiland geboren, welcher ist Christus, der Herr, in der Stadt Davids. Und das habt zum Zeichen: ihr werdet finden das Kind in Windeln gewickelt und in einer Krippe liegen. Und alsbald war da bei dem Engel die Menge der himmlischen Heerscharen, die lobten Gott und sprachen: Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden bei den Menschen seines Wohlgefallens.“

Ich wünsche euch allen ein friedliches, fröhliches, besinnliches, schönes, gesegnetes Weihnachtsfest. Danke fürs Lesen.

„Vorsicht Knaller!

Sehr geehrte Frau Anke Gröner,
zum Jahreswechsel werden öffentliche Postbriefkästen häufig durch das Einwerfen von Böllern in Brand gesetzt. Daher möchten wir Ihnen empfehlen, Ihre AMANGO-DVDs vom 22.12.2006 bis zum 6.1.2007 nur in Postbriefkästen innerhalb einer Postfiliale einzuwerfen oder direkt am Schalter abzugeben.

Vielen Dank!
Ihr AMANGO-Team“

2006 in Buchstaben

(via Isa und ichichich)

Jonathan Safran Foer: Everything is Illuminated
James Hynes: Publish and Perish
Stephen Wright: Going Native
Richard Powers: The Time of Our Singing
Katharina Hacker: Die Habenichtse
Alfred Döblin: Berlin Alexanderplatz
Holm Friebe/Sascha Lobo: Wir nennen es Arbeit
Richard Wagner: Habseligkeiten
Heinz Strunk: Fleisch ist mein Gemüse
Daniel Kehlmann: Die Vermessung der Welt
Bill Clinton: My Life
Kazuo Ishiguro: Never Let Me Go
Douglas Coupland: jPod
Christopher Coake: We’re in Trouble
Alicia Eran: Towelhead
Udo Grashoff: Ich möchte jetzt schließen
T.S. Eliot: Four Quartets
Helen Thomas: Front Row at the White House
Arnon Grünberg: Blauer Montag

Ich hab vielleicht eins oder zwei vergessen oder vielleicht auch eins oder zwei ins Jahr 2006 geschoben, das ich schon 2005 gelesen habe (ich weiß, dass ich den Kehlmann letztes Jahr zu Weihnachten gekriegt habe. Vielleicht hab ich ihn schon bis Silvester durchgehabt). Nächstes Jahr wird eine anständige Liste geführt. Kinokarten hebe ich ja auch auf.

2006 in Bildern

(2005, 2004, 2003 (27. Dezember), 2002 (6. Januar))

Quälendste Filmminute:

Die gesamten 91 Minuten von United 93. Alles nochmal, nur diesmal in Cinemascope.

Entzückendste Filmminute:

Als aus Joaquin Phoenix plötzlich Johnny Cash wurde. Als Ennis und Jack sich wiedersehen. Als Katrin und Nike sich versöhnen.

Mit XX hätte ich gerne diesen Film gesehen:

Lola rennt mit Tom Tykwer. „Du kannst das doch. Was drehst du denn so nen Scheiß?“

Freudigste Entdeckung:

Dass James Bond endlich zum Mann geworden ist.

Liebste Filmkritik:

Da bin ich dieses Jahr sehr schwach auf der Brust. Ich kann mich an keine besondere erinnern. Aber ich lese sowieso selten mehr als Stephanie Zacharek auf Salon oder Anthony Lane im New Yorker. Durch metacritic auch mal andere, aber die vergesse ich gleich wieder.

Aus dem Film bin ich gegangen:

The Constant Gardener. Lag aber eher an den Begleitumständen.

Aus dem Film hätte ich gehen sollen:

Aus dem stinkenden Parfum. Und aus den Elementarteilchen.

Hier hätte ich gerne mitgewirkt:

Miami Vice. Film ignorieren und den Jungs das Auto klauen.

Knutschen würde ich gerne mit:

Hm. Kiefer hat mich immer noch nicht geheiratet. Viggo sieht immer zauseliger aus. Russell habe ich vermieden, weil ich ihn nicht weinsüppelnd zum Mädchen werden sehen will. Ich greife auf den Klassiker Clooney zurück und erhöhe um Mausezähnchen Craig.

Schönster Filmsatz:

“You telling me the man who try to put a rubber fist in my anus was a homosexual?”

Verfilmt werden sollte mal:

Ich hätte gerne den Augenblick auf Zelluloid festgehalten, in dem ich den Kerl das erste (und bisher einzige) Mal im Tennis besiegt habe.

Ich freu mich auf:

Babel. The Queen. Bobby. The Last King of Scotland. Dreamgirls. The Good German. The Pursuit of Happiness. Blood Diamond. Running with Scissors. Hollywoodland. Flags of our Fathers. Letters from Iwo Jima. Night at the Museum. Fast Food Nation. Neues vom Wixxer. A Prairie Home Companion. Und natürlich den letzten Teil der Karibikpiraten.

(Dieser Fragebogen darf sehr gerne von den Fünf Filmfreunden geklaut werden.)

Wii love it

(Ich entschuldige mich hiermit für die Headline. Ich ahne, dass jeder, aber auch wirklich jeder blöde Kalauer mit dem Produktnamen bereits gemacht wurde, aber ICH hab eben noch keinen einzigen machen dürfen, und daher mache ich’s jetzt.)

Seit letzter Woche teilen der Kerl und ich uns eine Wii. Tagelang haben wir mit dem Handy im Anschlag diverse Elektrohändler Hamburgs abgegrast – wer zuerst eine findet, ruft sofort den anderen an, damit wir nicht zwei Stück rumstehen haben. Das ganze haben wir dann nochmal mit den Controllern gemacht, denn der Media-Markt, bei dem der Kerl die Konsole gekriegt hat, hatte keine Nunchucks, sondern nur die Wii-Remote. Doof, dass man den Kram in Einzelteilen kaufen muss. Andererseits okay, weil es Spiele gibt, für die man das Nunchuck nicht braucht. Aber wir wollten natürlich ALLES haben, was ging, und so liegen jetzt bei uns zuhause nicht nur zwei vollständige Bedienelemente, sondern auch noch meine Hasen, Call of Duty, The Legend of Zelda (wobei ich mein Pferd „Hoppel“ genannt habe, weil der Kerl hinter mir stand und drängelte und mir nix Besseres einfiel. Und jetzt lese ich auf den blöden Screenmenüs immer: „Anke, treib mit Hoppel die Ziegen zusammen.“ Wie peinlich ist das denn bitte. Ich bin in einer Supidupifantasiewelt und mein Pferd heißt HOPPEL!) und die ein, zwei Spielchen Software, die bei Wii und Remote dabei liegen.

Ich bin nicht unbedingt Videospiel-affin. Auf dem Kerl’schen Gamecube habe ich monatelang Animal Crossing gespielt – und es gerade noch einmal neu gekauft, weil es beim Umzug verschütt gegangen ist. Auf Kerls Playstation habe ich einmal gespielt, auf der XBox noch nie. Interessiert mich nicht. Ich bin ein sehr schlichtes Gemüt, wenn es um Videospiele geht. Raving Rabbids hat bei mir natürlich gewonnen, weil es knuffige Häschen sind, die sinnloserweise mit Klopümpeln um sich werfen und lustige Geräusche machen.

Gerade weil ich nicht der Profi-Gamer bin, hatte ich mich auf die Wii gefreut, denn der neue Controller bedeutet für mich: Der Kerl kann damit erstmal genauso wenig umgehen wie ich. (Okay, es heißt, dass ich eine Chance habe, in Rennspielen gegen ihn zu gewinnen, ja, schon gut.) Und so haben wir am Wochenende auch beide gleich gespannt vor der Konsole gestanden und einfach losgelegt. Schon bei Wii Sports wird man schön angefixt: Beim Tennisspielen muss man wirklich mit der Remote durch die Gegend schlagen, anstatt nur auf ein Knöpfchen zu drücken. Auch beim Bowling wird die Bewegung halbwegs vernünftig simuliert; beim Golf natürlich weniger. Man braucht nur eine Hand und holt auch längst nicht so weit aus, aber seltsamerweise ist es ein recht guter Ersatz. (Ketzerisch, ich weiß.)

Die beiden Controller funktionieren drahtlos, so dass man eine gute Bewegungsfreiheit hat; gerade bei Tennis ist das ziemlich klasse. So mussten der Kerl und ich uns nur darauf konzentrieren, uns nicht gegenseitig über den Haufen zu rennen oder uns die Arme ins Gesicht zu hauen. Beide Controller sind allerdings über eine recht kurze Schnur verbunden, die mich manchmal etwas nervt. Aber ich bin schon davon überrascht, wie angenehm „natürlich“ es sich anfühlt, die Dinger in der Hand zu haben. Gar kein Vergleich zu dem Plastikklops, den man z.B. für den Gamecube hat.

So schießt man bei den Raving Rabbids per Remote. Aber nicht mit einem Knopf auf dem Controller, denn bei der Remote, die man wie eine Fernbedienung hält, liegt ein Knopf auf der Unterseite, genau da, wo man den Zeigefinger liegen hat. Fühlt sich wie ein Abzug an und funktioniert auch so. Mit dem Nunchuk lädt man nach, indem man es schüttelt. In anderen Spielen rennt man, indem man Remote und Nunchuk schnell auf und ab bewegt. Der Hasentrailer, den ich schon einmal verlinkt hatte (und den ich mir jeden Tag dreimal angucke), zeigt ganz gut, wie unterschiedlich die Controller eingesetzt werden können.

Um meine Lobeshymne abzuschließen: Ich bin völlig angefixt. Könnte an den Hasen liegen, liegt aber, glaube ich, eher an der wirklich neuen Spielerfahrung. Wenn ihr also noch die Chance habt, irgendwo eine Wii zu kriegen – zuschlagen. Das Teil ist ziemlich klein und Apple-weiß. Sieht gut aus im Wohnzimmer.

(Ich brauche einen schickeren Fernseher.)

2006 revisited

(2005, 2004, 2003, 23. Dezember)

1. Zugenommen oder abgenommen?

Zugenommen. Muss auch mal wieder sein.

2. Haare länger oder kürzer?

Mal länger, dann Schere, dann wieder kürzer.

3. Kurzsichtiger oder weitsichtiger?

Immer noch kurzsichtige Brillenschlange. Immerhin nicht noch kurzsichtigere Brillenschlange. (Nächstes Jahr lasse ich diese Frage weg.)

4. Mehr Kohle oder weniger?

Mehr.

5. Mehr ausgegeben oder weniger?

Mehr.

6. Mehr bewegt oder weniger?

Weniger als letztes Jahr, mehr als die 36 Jahre davor. Daher wohl auch die Antwort zu Frage 1.

7. Der hirnrissigste Plan?

Die abgenommenen 25 Kilo halten zu wollen. („Klar esse ich den Rest meines Lebens nie wieder Schokolade, gar kein Thema.“)

8. Die gefährlichste Unternehmung?

Gilt bei Regen im Dunkeln zu schnell Autofahren? Oder Partyrauchen? Oder als Anfänger und Platz-nicht-Kenner beim Ballsuchen aus Versehen auf eine andere Spielbahn zu rennen, auf der gerade Abschläge zu Einschlägen werden?

9. Der beste Sex?

Kannichklagen.

10. Die teuerste Anschaffung?

Der Bezug der gemeinsamen Wohnung. Ach, selige Studentenzeiten, wo man bloß ein Bettsofa und zwei Regale hatte und hunderte von Bekannten, die mal eben kurz mitanpacken … Nee, warte: Ach, herrliche Nicht-mehr-Studentenzeiten, wo man sich mehr leisten kann als ein Bettsofa und zwei Regale. Zum Beispiel ein Umzugsunternehmen. (Tut trotzdem weh, die Rechnung.)

11. Das leckerste Essen?

Geburtstagsessen mit dem Kerl. Kleiner, unspektakulärer Italiener. Waren auch eher die Umstände als das Essen.

12. Das beeindruckendste Buch?

Never Let Me Go von Kazuo Ishiguro.

13. Der ergreifendste Film?

Sommer vorm Balkon, ganz knapp vor Brokeback Mountain.

14. Die beste CD?

Ich habe in diesem Jahr genau eine CD gekauft: Red Hot Chili Peppers, Stadium Arcadium. Das war dann wohl auch die beste.

15. Das schönste Konzert?

Ich war auf keinem einzigen. Aber ich hab ganz viele amerikanische Serien auf DVD gesehen, soll ich davon mal was erzählen?

16. Die meiste Zeit verbracht mit ”¦?

… Grübeln, ob ich kündigen soll. Grübeln, ob ich einem bestimmten Kollegen eine reinhauen soll und ob dann alles besser wird. Grübeln, ob ich jetzt was esse und wenn ja, was. Grübeln, ob ich ins Kino gehe oder lieber mit dem Sofa verwachse. Grübeln, warum ich dieses Jahr soviel über Zeug grübele anstatt so wie letztes Jahr Zeug einfach zu machen.

17. Die schönste Zeit verbracht mit ”¦?

… dem Wind und dem Sand und den Riesenwellen auf Sylt.

18. Vorherrschendes Gefühl 2006?

JA WAS DENN NUN!?!

19. 2006 zum ersten Mal getan?

Golf spielen. Also so richtig mit Platzreife und eigenen Schlägern und so.

20. 2006 nach langer Zeit wieder getan?

Mit jemandem zusammenziehen.

21. Drei Dinge, auf die ich gut hätte verzichten mögen?

Waage. Agenturumstrukturierung. Umzugskosten.

22. Die wichtigste Sache, von der ich jemanden überzeugen wollte?

Dass Zusammenziehen ganz toll wird, auch wenn’s teuer ist und man viele Kisten packen muss.

23. Das schönste Geschenk, das ich jemandem gemacht habe?

Ich fand es toll von mir, dass ich die gesamten leeren Umzugskartons alleine in den fünften Stock (Dachboden) geschleppt habe, damit mein Herzblatt arbeiten konnte.

24. Das schönste Geschenk, das mir jemand gemacht hat?

Den ganzen Kram, der schwerer ist als leere Umzugskartons, in den zweiten Stock (Wohnung) zu schleppen, den ich in mehreren Etappen nach dem eigentlichen Umzug noch aus dem Haus meiner Eltern bzw. meiner alten Wohnung angekarrt habe.

25. Der schönste Satz, den jemand zu mir gesagt hat?

„Okay.“

26. Der schönste Satz, den ich zu jemandem gesagt habe?

„Ich kündige.“

27. 2006 war mit einem Wort ”¦?

Wuselig.

Die Nominierungen für die Golden Globes sind da. Das Leben der Anderen ist für den besten fremdsprachigen Film nominiert.

Befindlichkeitsblogging (now with less Katzenfotos)

Am 6. Dezember 2005 habe ich die Kommentare in diesem Weblog deaktiviert. Ich hatte schon länger darüber nachgedacht, aber dieser Eintrag, in dem ich mal für einen Augenblick deprimiert war und das meinem persönlichen elektronischen Notizzettel anvertrauen wollte, hat den Ausschlag gegeben. Zu diesem Eintrag liefen durchaus nette Kommentare auf, aber eben auch welche von der Kategorie „Och nee, nicht schon wieder Idiotenalarm“.

Am 12. Januar 2006 habe ich etwas ausführlicher begründet, warum die Kommentare erstmal ausgeschaltet bleiben, habe aber nicht explizit auf den Dezember-Eintrag hingewiesen. Das mache ich hiermit. Denn dieses Weblog ist größtenteils sehr persönlich, und gerade bei den persönlichen Einträgen hat es mich teilweise sehr genervt, dass nicht nur Hinz und Kunz, sondern auch Depp und Spack ihre Gedanken druntersetzen konnten. Manchmal mochte ich meine eigenen Einträge nicht mehr, weil irgendein Quatsch drunter stand, mit dem ich mich nicht anfreunden konnte (und den ich natürlich auch nicht löschen konnte, denn wie wir ja alle wissen, ist Kommentarelöschen so schlimm wie Kinderpornos drehen).

Ich hatte auch darüber nachgedacht, die Kommentare nur bei gewissen Einträgen zu öffnen und bei anderen keine Möglichkeit zum direkten Feedback zu geben, aber das fühlte und fühlt sich für mich ziemlich halbgar an. Und wie ich aus eigener Erfahrung weiß, nutzt man ja auch gerne mal das falsche Kommentarfeld, um andere Beiträge zu kommentieren. Zum Gefühl kommt also die deutliche Vorahnung, dass diese Methode rein gar nichts bringen würde.

Am Anfang haben mir die Kommentare vor allem bei den Kinokritiken gefehlt. Zwar sind auch da die Emotionen gerne mal hochgegangen („ey du hast den Film voll nich verstanden was glaubst du wer du bist mach das erstma besser“), aber mit derartigen Äußerungen unterster intellektueller Qualität kann ich eher umgehen als wenn mir John oder Jane Doe im Vorbeigehen und anonym in mein digitales Wohnzimmer kotzen, wenn ich gerade mit mir und meinem Seelenzustand hadere. Bei den Kinokritiken kam ab und zu eine Diskussion auf, weil sich Menschen eben gerne über Filme unterhalten, die sie gerade gesehen haben. Und das hat mir auch gefallen. Bei meinen eher persönlichen Einträgen will ich aber im Gegenzug gar keine Diskussion haben. Hier ist mein Weblog einfach eine Gedächtnisstütze; die Einträge sind eher für mich da, um mich später noch einmal daran zu erinnern, wie’s mir mal ging oder wie ich auf Situationen reagiert habe. Hier muss nicht jede meiner Gefühlsregung von 1000 Leuten durchgekaut werden. Reicht, dass ich sie aufschreibe.

Und aus diesem Grund hat es mir im Laufe des Jahres immer besser gefallen, keine Kommentare zu haben. Ich bekomme immer noch genug Mails (und bin ganz fürchterlich disziplinlos darin, sie zu beantworten, Entschuldigung), in denen mir Leser Feedback zu meinem Weblog geben. Gerne zu den Filmkritiken, manchmal auch zu anderen Einträgen. So ist zum Beispiel der Artikel über meinen Opa anscheinend bei vielen Menschen ganz gut angekommen. Jede Mail diesbezüglich hat mich sehr gefreut. Und was mich noch mehr gefreut hat: Jede dieser Mails gehört mir. Kein schlechtgelaunter Kommentator hatte die Gelegenheit, die freundlichen Worte meiner Leser ins Lächerliche zu ziehen, weil kein Kommentator diese Mails zu Gesicht bekommen hat. In diesem Zusammenhang: Das Hate-Mail-Aufkommen ist ziemlich gering; rumzicken macht eben doch mehr Spaß, wenn jemand mitliest.

Mir fehlen die Kommentare manchmal. Wenn ich Einträge im Kopf habe, die nur Spaß machen, wenn das Publikum mitspielen darf – wie zum Beispiel dieser hier, wo wir seltsamen Menschen uns outen, die unseren Autos Namen geben, oder der hier, wo mal offen und ehrlich über die korrekte Art des Süßigkeitenverzehrs gesprochen wird. Diese Einträge werden dann seufzend auf die geistige Müllhalde geworfen, und es wird kurz das Fehlen der Kommentare bedauert. Aber dieses Bedauern ist von gleicher Dauer wie meine Babybegeisterung während des Eisprungs: sehr kurz. Und immer mit dem Wissen im Hinterkopf, dass es schon richtig ist, so, wie’s jetzt ist. Für mich jedenfalls. Und auch wenn mir das immer gerne als totaaaaal eeeeklige Arroganz ausgelegt wird: Das hier ist mein Weblog. Zuallererst soll es mir hier gefallen.

Und mir gefällt’s.

(Eure Elli)

Erster Jahresrückblick (more to come)

Kiki fragt:

Drei Top-Events 2006:

(Darf ich das widerliche Wort „Top-Event“ in den altmodischen und nicht so LAUTEN Ausdruck „Drei schöne Ereignisse 2006“ ändern? Danke.)

– Platzreifeprüfung bestandäääään
– Fussi galore
– Geburtstagsessen mit dem Kerl. War einfach ein sehr schöner Abend.

Persönliche(r) Held(in) 2006:

Mein Patenkind, weil es mir beibringt, dass Kinder vielleicht doch nicht ganz so doof sind. (Aber komisch sind sie trotzdem.)

Liebe 2006:

Wie Liebe 2005 und 2004. Bin immer noch verknallt. Der Kerl guckt manchmal so komisch, wenn ich so komisch gucke. Mal sehen, wie sich Zusammenziehen 2006 entwickelt.

Job 2006:

Der Seele (und einer bestimmten Unit) der ehemals Schönsten Agentur der Welt zu lange hinterhergetrauert, im August dann doch die Koffer gepackt und seit Oktober einen Schreibtisch in der neuen Schönsten Agentur der Welt besetzt. Ist auch hübsch hier. Aber da, da wo ich mal war, da, wo ich als Werber immer hin wollte, da war’s halt größtenteils klasse. So klasse, dass ich mich auf Abnehmen und Leben ändern konzentrieren konnte, weil mich rein gar nichts genervt hat. (Still grieving.)

Reisen 2006:

Sylt. In ein paar Tagen Dresden. Ich nehme die schwarzrotgoldene Euphorie in diesem Jahr sehr ernst.

Blogging 2006:

Ein Jahr ohne Kommentare. Dazu wollte ich in einem gesonderten Eintrag noch was schreiben. Nicht jetzt. Bin müde.

Nach Stammblog und eher ruhender Autorenschaft bei Blogbar Mitwirkung im Golfblog vom Heliumkiffer. Da ist es sehr schön, Kommentare zu kriegen, weil ich meistens blauäugige Anfängerfragen stelle oder Probleme beschreibe, die die langjährigen Golfer schon vergessen haben – und nun großherzig ihre Erfahrung mit mir teilen. Ist quasi mein privates Golfforum. Praktisch.

Außerdem habe ich übers Bloggen Bettwäsche bekommen, Umzugstipps und -kartons, Hinweise zum Anbringen der neuen Esszimmerlampe, Erdnussbutter und die Gilmore Girls und ein, zwei, drei, vierfünf Bücher (ich hoffe, ich habe niemanden vergessen). Aber am schönsten waren natürlich die Begegnungen mit anderen Bloggern. Es macht immer noch Spaß, sich auf Partys vorzustellen: „Ich kenne X aus der Uni.“ „Ich ausm Blog.“

Mein Bauchgefühl 2006 war übrigens: Wasn Scheiß. Aber beim Durchlesen des Eintrags sehe ich, dass doch öfter ein paar positive Adjektive dabei sind. Hm. Vielleicht war’s teilweise okay. Aber trotzdem hat 2005 2006 um Längen geschlagen. Wahrscheinlich wegen der beruflichen Situation. Rest war gut. Und natürlich (ja? natürlich?) ist eine gute Beziehung wichtiger als … hm. Aber Geldverdienen soll ja auch Spaß machen. (Brabbel.)

Ich bin noch nicht ganz wieder fit. Mein Hirn knotet noch ein den Sätzen rum, die ich schreibe. Ich lass das für heute mal. (Wie bringe ich das meinen Kollegen bei?)

Ich hab der ollen Kate für die Jubiläumsausgabe mal meine Nadel geliehen. In den paar Tagen, die ich verschnupft im Bett zugebracht habe, war die Tempo einer der rührseligen Lichtblicke, auch wenn ich sie noch nicht komplett durchgelesen habe. Wäre auch ein bisschen zuviel verlangt bei knapp 400 Seiten. Lu verweist auf viele Kritiken, die so ziemlich alle negativ sind – und ich muss zugeben, auch nicht ganz so begeistert zu sein. Allein die Idee, Frau Moss auf den Titel zu heben, ist ja sooooo Nineties. Ich mochte die Poldifotos von Brian Adams, ich fand auch den Körpertausch von Fondsmanager und Globalisierungsgegner nett, und ich hab auch das Gespräch zwischen Grönemeyer und Tokio Hotel gern gelesen („Bill: Die konnten alle Texte mitsingen, das ganze Album. Ich konnte mit dem Publikum arbeiten. – Tempo: Was heißt das denn bitte? – Tom: Wenn er ‘n Text vergisst, mal schnell Mikro reinhalten.“). Aber es ist eben doch nicht mehr als „ich mag’s, ich fand’s nett“, achgott, ich find auch Marzipan nett, und der Stuckrad-Barre-Artikel über Wowereit klingt so dermaßen nach Hofberichterstattung, dass er es im „echten“ Tempo niemals ins Heft geschafft hätte. Richtig genervt hat Biller mit seinen 100 Zeilen Hass, die eher wie 100 Zeilen des Rentners mit dem Kissen auf der Fensterbank klangen, und der völlig überflüssige Artikel über Sexdates im – huch, sowas gibt’s! – Internet. Hätte man aber ahnen können bei der Kracherheadline „Klick mich“. Noch nie gehört den Witz, Frau Asmussen Roten. Aber die Blümchenfotos von Wolfgang Tillmans sind schön. Und, hach, es ist eben Tempo. Süßer Vogel Jugend. Die durften damals auch schon Scheiße schreiben, ich hab sie trotzdem gekauft.

(Ach ja, bitte unbedingt den Artikel auf Retromedia lesen. Ich leg jetzt noch ne Runde Hustenbonbons nach. Hat eigentlich wer ne Wii abgekriegt? Ist irgendwas passiert? Ich fühl mich irgendwie raus.)

Nachtrag: Niggemeier schreibt über Tempo im Zeitschriftenblog.

Neues von meinen Lieblingshasen. Fehlt nur noch DIE VERDAMMTE KONSOLE!

(Trailer via Kotaku)