Man About Town

Lauwarmer Film über einen Hollywood-Agenten (Ben Affleck), der auf der Suche nach sich selbst ist, und deswegen einen Kurs im Tagebuchschreiben belegt. Jedenfalls behauptet Man About Town, dass der Agent sich selbst sucht – leider hab ich ihm das keine Sekunde geglaubt. Dafür stolziert Affleck viel zu selbstverliebt durch die viel zu großen Konferenzräume, als dass man ihm abnimmt, irgendwie ein Problem mit sich herumzuschleppen. In Rückblenden und per Voice-Over erfahren wir zwar von seinen Schicksalsschlägen, und dann ist da ja auch noch die Affäre seiner Frau und sein Vater, der nach einem Schlaganfall wie ein Fremdkörper in Sohnemanns Designerhaus wirkt, aber all das sieht nach Kulisse aus und nicht wie Seelenqual. Außerdem merkt man dem Film böse an, dass er versucht, den grandiosen „In der Kehle steckenbleibendes Lachen“-Humor aus American Beauty zu kopieren, woran er aber grandios scheitert. Man About Town ist langatmig, unüberzeugend und unlustig. Sogar John Cleese als Leiter des Tagebuchschreibkurses.

Casanova

Überraschend charmantes Filmchen mit Heath Ledger in der Titelrolle. Diese Version von Casanova macht aus dem ewigen Frauenhelden einen Mann, der selbst davon überrascht wird, sich zu verlieben – und zwar ausgerechnet in eine Frau, die alles, wofür er steht, verabscheut und unter einem männlichen Pseudonym Schriften zur Emanzipation der Frau verfasst. Das ganze wird garniert mit den üblichen Trotteln der Inquisition, ein bisschen Familiengeschichte und Nachhilfestunden in Liebeskunst. Alles zusammen hat mich sehr nett und unaufregt und altmodisch unterhalten. Und Oliver Platt, in diesem Falle als Fetthändler aus Genua, guckt man sich ja auch immer gern an.

Hustle & Flow

Hustle & Flow hat dieses Jahr den Oscar für den besten Song abgeräumt: It’s hard out here for a pimp – Ein Zuhälter hat’s echt nicht leicht. Wer den Quatsch glaubt, findet den Film wahrscheinlich klasse. Ich fand ihn leidlich unterhaltsam, konnte aber einfach nicht darüber hinwegsehen, dass sämtliche Frauenrollen ganz widerliche Klischees sind und der Held schlicht und einfach ein Arschloch ist.

Hustle & Flow erzählt die Geschichte von DJay (Terrence Howard, klasse), einem Zuhälter, der drei Mädels für sich arbeiten lässt. Eines Tages trifft er einen alten Schulkumpel wieder, der Musikproduzent für die örtliche Kirchengruppe ist. DJay, der abgebrühte Kerl, der seine Frauen gerne mal wie Dreck behandelt und eine von ihnen samt Kleinkind auf die Straße setzt, als diese ein paar Widerworte wagt, ist ergriffen von der Gospelmusik – ihm rollt telegen ein Tränchen die Backe runter, und keine zehn Filmminuten später hat er seinen Kumpel überzeugt, mit ihm einen Rapsong aufzunehmen. Dafür darf dann sein zweites Pferdchen den hook einsingen, netterweise die entschärfte Version für’s Radio: Whoop that trick anstatt von Beat that bitch. Ach, danke auch, Blödmann.

Egal. Ich fang schon wieder an, mich über den Kerl aufzuregen. Wer Lust hat, eine Stunde lang drei Männern dabei zuzusehen, wie sie ein Demotape aufnehmen und dabei echt viel schwitzen, dem sei Hustle & Flow ans Herz gelegt, vor allem, weil es ein Hollywood-Happy-End gibt. Ich war von dem Ende allerdings ein bisschen angenervt, weil ich’s DJay nicht die Bohne gegönnt hab. But that’s just me.

schwarzrotgold

Ich habe damals zugegeben, die Kampagne „Du bist Deutschland“ gar nicht so doof zu finden. (Der Eintrag wurde übrigens geschrieben, als sie noch nicht on air war.) Im Nachhinein muss ich natürlich sagen, dass die vielen schönen Worte und bunten Plakate rein gar nichts gebracht haben. Jedenfalls habe ich nichts von dem beschworenen Ruck gespürt, der Deutschland aus dem Tal der Tränen reißen sollte.

Umso mehr wundere ich mich jetzt darüber, dass vier Wochen Fußball es anscheinend geschafft haben, dass ganz Deutschland sich auf einmal aufführt, als hätte es im Nachhinein die Kampagne gefressen. Wir freuen uns über unser Land, Millionen von Menschen haben offensichtlich weil öffentlich gute Laune, und wir quittieren Steuererhöhungen und steigende Krankenkassensätze nicht mit dem uns eigenen Gejammer, sondern wir hängen stattdessen schwarzrotgoldene Fähnchen ans Autofenster. Nicht, dass ich was gegen Fähnchen an Autofenstern hätte. Ich persönlich freue mich darüber, dass der Umgang mit nationalen Symbolen etwas unverkrampfter wird und man nicht gleich als NPD-Wähler gebrandmarkt wird, weil man den Text der Nationalhymne auswendig kann.

Aber woher kommt auf einmal die gute Laune? Die Nachrichten aus der Politik sind nicht besser geworden als zu der Zeit, in der „Du bist Deutschland“ gestartet wurde. Was ist anders? Ich wage mal eine Theorie, die durch nichts als mein Bauchgefühl gestützt wird. Ich glaube, was der Kampagne im Unterschied zur Fußball-Nationalmannschaft fehlte, waren die gelebten Beweise. Natürlich kann ich Sportler nette Sätze in die Kamera sprechen lassen – aber viel überzeugender sind ihre Leistungen. Es ist ein bisschen ironisch, dass sowohl Kahn als auch Asamoah, die im Spot vertreten waren, nicht in der ersten Aufstellung der Nationalmannschaft waren, sondern „nur“ eingewechselt wurden. Aber trotzdem: Statt ein Sprüchlein aufzusagen, haben sie während der WM eine große, sportliche Leistung vollbracht. Und das ist eindeutig überzeugender als ein Werbetext. (Geb ich ja ungern zu, scheint aber so zu sein.)

Oder überdeckt das Fahnenmeer nur die deutsche Nöligkeit, die Montag wieder mit voller Wucht auftreten wird? Haben wir einfach nur mal für vier Wochen vergessen wollen, was uns kollektiv gerade bedrückt? Wobei es ein Kollektiv natürlich auch nicht gibt; jeder Deutsche empfindet seine Situation anders, weswegen ich mit meinem gemütlichen Angestelltendasein die Kampagne wahrscheinlich ganz anders wahrgenommen habe als vielleicht ein Hartz-IV-Empfänger. Aber nochmal: Wird diese gute Laune, dieses Wohlwollen dem eigenen Land gegenüber, anhalten? Nehmen wir den Schwung, den die Nationalmannschaft hatte, mit dem sie aus einer scheinbaren Verlierer-Situation schlussendlich drittbeste Mannschaft der Welt geworden sind, mit und nehmen uns an ihr ein Beispiel? War das überhaupt eine beispielhafte Leistung? Haben die guten Spiele, das Nicht-Aufgeben-Wollen, Eindruck gemacht? Oder haben wir uns nur vier Wochen darüber gefreut, dass „unsere Jungs“ schöneren Fußball gespielt haben als je zuvor und bringt uns das in unserem persönlichen Alltag nicht die Bohne weiter?

Ich habe mich über schönen Fußball gefreut. Ich habe mich über die vielen Fahnen gefreut. Ich habe mich auch über die positive Auslandspresse gefreut, die – wahrscheinlich genauso überrascht wie die Deutschen – bemerkt hat, dass dieses Land nicht immer der Nölbolzen ist, für den man es vielleicht gehalten hat. Und jetzt bin ich gespannt darauf, ob diese Stimmung anhält – oder ob wir uns als Gastgeber einfach zusammengerissen haben, obwohl wir gar nicht in Stimmung für eine Party waren.

kopfauftischkante

Agentur nervt. Kunde nervt. Körper nervt. Nicht-Golf-spielen-Dürfen nervt. Nicht-beim-Golf-entspannen-Können nervt. Hitze nervt. Von-Hitze-genervt-Sein nervt. Nicht-Weltmeister-Sein nervt. Normale Ladenschlusszeiten nerven. Busse ohne Klimaanlagen nerven. Leute in Bussen ohne Klimaanlagen, die Fenster zumachen, weil’s zieht, nerven. Busse mit Klimaanlagen, die sie nicht anschalten, nerven. Leere Kaffeedose nervt. Voller Mülleimer nervt.

Und alles, was mir als supertopdeluxe-Lösung zu all dem Generve einfällt, ist: Ich glaub, ich fang wieder an zu rauchen.

Rauchen nervt.

Die Kaltmamsell will wissen, was heute anders ist vor zehn Jahren. Bitte anlegen. Handys hatten wir allerdings schon siebenmal, da müssen wir ein paar abziehen.

„nicht, dass die nachbarn noch annehmen könnten, dass ich mit einem rasierapparat masturbiere“

Helen Thomas, über deren Buch ich ja schon mal geschrieben habe, über die Air Force One, die wochenlangen Flüge zu Zeiten der Präsidentschaftskampagnen und – das Bordkino:

„Each section of the plane – the first family’s quarters, the Secret Service area, the press cabin and so on – has an overhead TV connected to a VCR operated by Air Force communications staff. Upon boarding, passengers get a booklet listing the various movies availabe, and they can pick up a phone near the seats and give their movie choice to the crew. Each separate section – presidential, military, Secret Service, press – can be watching a different movie, but everyone in the same section has to watch the same film, so many times, the one who gets to the phone first is the one who picks the movie. (…)

While the movie menu changes frequently, I believe the film Fargo is the record-holder of Longest-Playing Film Abord Air Force One – in the press cabin, anyway. It started on a campaign swing in August, when the press corps watched Fargo and a disagreement emerged between a photographer for Agence France-Presse and a photographer for Reuters, over a certain line in the movie. They made a $20 bet on the exact phrasing of the line and asked that the movie be shown again. At the end of the second showing, Ken Bazinet later related, of the fourteen people in the cabin, thirteen agreed with the line according to the photographer for AFP. The lone holdout was the Reuters photographer. So it was agreed they would watch it a third time and settle the bet once and for all. Thus was born the “Fargo campaign cult” aboard Air Force One.

“We all started requesting that it be shown,” said Ken. “By the time the campaign was about over, we were calling the communications department and saying things like ‘release the hounds’ and they would play Fargo. We watched it about three times a day traveling to three different cities.”

As the campaign progressed, a race developed between the reporters and photographers to see who could phone for Fargo first. Of course, there were a few dissenters – who were unsuccessful in their efforts to ban the film from the press section. All told, Fargo played to a packed house in the press compartment about three dozen times. “Maybe twelve viewings into it, it really took on a life of its own,” Ken told me. “About a half-dozen of us watched it without the headphones and recited all the lines. From there it progressed into something like The Rocky Horror Picture Show – people would respond to scenes with stuff like ‘No! Don’t go into that room!'”

And what did the first family think of all the Fargo mania? President Clinton came back at one point and he said he had liked the movie, said Ken, “but I hear you guys watch it all the time. That’s weird.” It was First Lady Hillary Rodham Clinton who stole the show. NBC’s Clare Shipman, then with CNN and a full-time Fargo watcher, brought Mrs. Clinton to the press cabin on the last leg of the long trip that would bring them home to Little Rock in November. “She went along with the joke and started talking in that excessive way (in the movie) saying things like ‘Yah, yah, you betcha’,” said Ken. She spent a few minutes talking with reporters and at one point someone asked her what she thought of the movie. Mrs. Clinton, who had been taking heat from the Republicans for her book It Takes a Village, paused for a moment, then looked at the assembled press and said, “Well, there’s room in my village for a wood chipper.”
“She brought the house down,” said Ken.

After being regaled with this story by the many reporters who pushed the envelope of the innocent but psychotic fun that invariably goes with a campaign season, I could unterstand how and why something like that would happen. As Ken mentioned later, “When you think about it, we should have been watching Groundhog Day, because that’s what covering a campaign is like. You know, same speech, different day.”

you never walk alone

Das neue Encore-Magazin ist da und mit ihm meine neue Kolumne. Diesmal wegen exzessiven Fussi-Guckens etwas kürzer.

Imagine Me & You

Nettes Mädchenfilmchen über eine junge Frau, die sich auf ihrer Hochzeit in andere Frau verliebt. Die Geschichte ist nicht neu (bis auf das Geschlecht des Nebenbuhler bzw. der Nebenbuhlerin), aber very british inszeniert – mit sehr stimmigen Figuren, die alle etwas Besonderes an sich haben. Imagine Me & You (Eine Hochzeit zu dritt) lebt von dem Kontrast zwischen einer sehr geradeaus erzählten Handlung und den absolut nicht geradeaus agierenden Persönlichkeiten, die diese Handlung bevölkern. Kein aufregender Film, aber mal wieder einer von denen, die ein bisschen ans Herz gehen, weil sie so einfach und freundlich und schön sind.

Failure to Launch

Matthew McConaughey spielt einen ewigen Junggesellen, der noch bei Mami und Papi wohnt. Die beiden würden ihn allmählich gerne loswerden und engagieren Sarah Jessica Parker, die ihn dazu bringen soll, sich in sie zu verlieben und mit ihr zusammenzuziehen. Klingt nach einem logischen Plan und längst nicht so kompliziert wie die naheliegende Idee, Sohnemann einfach die Koffer vor die Tür zu stellen und die Schlösser auszuwechseln. Zuerst findet Matt Sarah toll, dann umgekehrt, dann finden sich beide doof und dann, nach einer Fähnlein-Fieselschweif-Intervention sämtlicher nervigen Freunde, finden sie sich wieder toll und alles ist gut und überhaupt kriegen sich zum Schluss alle, die in diesem Film einen einzigen Dialogsatz haben.

Failure to Launch (Zum Ausziehen verführt) hat einen Titel, der dazu einlädt, ihn in die Kritik mit einfließen zu lassen (danke dafür – und shame on you, deutsche „Übersetzer“). Der Film fusselt nämlich ziemlich unbeeindruckend an einem vorbei, ohne wirklich loszugehen. Ständig passieren Kleinigkeiten, die nicht wirklich lustig oder überraschend genug sind, um richtig zu unterhalten – und gerade bei einer Beziehungskomödie sind es nun einmal diese Kleinigkeiten, die wichtig sind, denn das Ende ahnt man ja schon, wenn man das Kinoplakat sieht. So ackert man sich durch zwei Stunden Hin und Her und ist wirklich froh, wenn endlich der Abspann anfängt. Und über den kann man noch sagen, dass gleich drei Songs verwurstet wurden, damit auch die Soundtrack-CD voll wurde.

Stay

Stay würde sicher gerne im Genre „Psychothriller“ eingeordnet werden, so wackelig ist manchmal die Kamera, so sinnlos die „Handlung“ und so sehr klingen die Dialoge nach Glückskeks – ein netter Einfall übrigens, dass ein Satz wirklich auf einem Glückskekszettel steht, den wir fünf Minuten vorher gehört haben. Ewan McGregor, Naomi Watts und Ryan Gosling bemühen sich redlich, uns durch 90 belanglose Minuten zu begleiten, indem sie verwirrt, ängstlich oder verständnislos in der Gegend rumgucken und dabei von Selbstmord faseln, umgebrachten Eltern oder Künstlern, die sich auf der Brooklyn Bridge erschießen.

Ich habe irgendwann nur noch resigniert auf das Ende gewartet, aber als mir dann die Auflösung endlich auf dem Silbertablett präsentiert wurde, bin ich ziemlich zickig geworden, denn die letzten fünf Minuten sind wirklich eine extrem bescheuerte Pointe für eine Exposition, die eigentlich keine ist. Die Optik lohnt sich sicher für die zukünftigen Bewerbungen der Visual Artists, aber ansonsten fühlt sich Stay wie eine Reißbrettdrehbuchübung an. Grrr.

The Greatest Game Ever Played

Schnarchige Verfilmung einer Story, bei der man eigentlich nicht abschnarchen sollte: Der 20jährige Francis Ouimet gewann 1913 als Amateur die U.S. Open im Golf – und The Greatest Game Ever Played (Das Spiel seines Lebens) inszeniert das Ganze als Bildungsfernsehen mit Klischeecharakteren. Die Dialoge klingen uninspiriert, die Subhandlungen wie „Gentlemen versus Emporkömmlinge“ und „Sohnemann versucht Papa zu beweisen, dass er zu was taugt“ sind holzschnittartig und damit langweilig – die ganze Geschichte ist so klobig auf die Leinwand gebracht, dass ich mich wirklich zwingen musste, bis zum Schluss durchzuhalten. Regisseur Bill Paxton versucht, die alte Story mit modernen Tricks aufzuhübschen, indem wir z.B. mit der Kamera den Golfbällen hinterherfliegen wie damals dem Pfeil von Robin Hood; das Dumme ist nur, dass genau diese Effekte die ganze altmodische Stimmung völlig ruinieren, und deswegen sieht alles nach albernem Kostümfilm aus und nicht nach mitreißender Sportgeschichte. Schade drum, denn Hauptdarsteller Shia LaBeouf macht seine Sache ganz gut. Sofern man das beurteilen kann, denn eigentlich macht er nichts außer Golf zu spielen und seinem Gegner wahlweise schüchterne oder triumphierende Blicke zuzuwerfen. Aber ich fand, sein Swing sah ziemlich hübsch aus.