Charlie and the Chocolate Factory

Charlie and the Chocolate Factory (Charlie und die Schokoladenfabrik, USA 2005, 115 min)

Darsteller: Johnny Depp, Freddie Highmore, David Kelly, Christopher Lee, Deep Roy, Helena Bonham Carter, Noah Taylor
Musik: Danny Elfman
Kamera: Philippe Rousselot
Drehbuch: John August (nach dem Buch von Roald Dahl)
Regie: Tim Burton

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Schokolade ist kein perfektes Lebensmittel. Sie besitzt einen geringen Nährwert, hat viel zu viele Kalorien, eine doofe Farbe und muss in fiesem, umweltfeindlichen Stanniolpapier eingewickelt werden. Aber sie kann etwas, was nicht viele andere Lebensmittel können: Sie macht verdammt glücklich.

Der Film Charlie and the Chocolate Factory beruht auf einer Geschichte von Roald Dahl, und es geht um Schokolade. Willy Wonka, der Besitzer der größten Schokoladenfabrik der Welt, lädt eines Tages fünf Kinder dazu ein, einen Blick hinter die Kulissen zu werfen. Die Kinder brauchen für die Einladung aber ein wenig Glück: Wonka hat in fünf seiner Schokoriegel, die weltweit verkauft werden, ein goldenes Ticket versteckt, und nur wer eins davon findet, darf in die Fabrik. Vier der Gewinner sind widerliche, verwöhnte Gören, aber einer ist der Traum aller Erziehungsberechtigten: Charlie, ein bettelarmer, wohlgeratener Junge, der mit seinen kreuzehrlichen Eltern und weisen Großeltern in einem Häuschen im Schatten der Fabrik wohnt. Im Laufe des Films erteilt Wonka jeder Bratze und ihrem Erzeuger eine Lektion, bis nur der gute Charlie übrig bleibt, um den superduper Hauptpreis in Empfang zu nehmen – oder auch nicht.

Charlie and the Chocolate Factory ist eindeutig ein Kinderfilm, genau wie die Vorlage ein Kinderbuch ist. Die Erzählweise ist simpel geradeaus und die Figuren allesamt so plakativ, dass ihnen keine Chance bleibt, mehr als freundliche Anteilnahme vom Zuschauer zu bekommen (Charlie und Anhang) oder totale Abscheu und Schadenfreude darüber, was mit ihnen passiert (alle anderen). Die Botschaft, die Charlie vermitteln will, wird einem ungefähr achtzigmal mit dem Silbertablett eingeprügelt: Familie ist das Beste, was einem passieren kann. Und die Story überrascht so gut wie nie, sondern steuert konsequent auf ein fettes Happy End zu, und genau das hat man nach 30 Filmsekunden auch erwartet. Warum sollte man sich also als Erwachsener Charlie and the Chocolate Factory anschauen?

Weil dieser Film einem schlicht und einfach die Chance bietet, wieder Kind sein zu dürfen. Er ist kein Film, dessen bedeutungsschwangere, düstere Bilder man dechiffrieren muss. Stattdessen führt uns Hauptdarsteller Johnny Depp in Kostümen, die unter Drogen entworfen wurden, durch eine – passenderweise – bonbonbunte Fantasiewelt. Wir erleben Flüsse aus Schokolade und Bäume aus Zuckerwatte, wir sehen Eichhörnchen beim Nüsseknacken zu und lernen die Oompa Loompas kennen, kleine Wesen, die für Kakaobohnen alles tun würden, unter anderem pinkfarbene Schiffe in Form eines Seepferdchens rudern und dabei gemeine Lieder über verfressene oder großkotzige Kinder singen. Die Fabrik ist eine Zauberwelt, die sich jedes Kind nur wünschen kann, ein Schlaraffenland ohne langweiligen Grießbrei und stattdessen mit Fudge und Creme und Lollipops. Bei den Kulissen haben sich die Designer richtig ausgetobt, und so ist Charlie in jeder Sekunde bestes Augenfutter – eye candy eben.

Und Futter für die sonst brav unterdrückte Schadenfreude. Die vier Ekelkids laden geradezu dazu ein, sich ungestraft über sie lustig zu machen und damit endlich mal politisch unkorrekt lästern zu dürfen. Die kleine britische Prinzessin, deren reicher Vater tausende von Schokoriegeln kauft, damit sie ein Ticket kriegt und die den Fund desselben mit einem leisen Lächeln registriert – und dem Satz: “Daddy, I want another pony.” Der fernseh- und videospielsüchtige Kerl, der lieber auf den Köstlichkeiten in der Fabrik herumtrampelt, anstatt sie zu essen – “He said to enjoy ourselves.” Die blonde Eislauftochter der blonden Eislaufmutti, die Rekordhalterin im Kaugummikauen ist und die – ohmeingott! – keine Schokolade mag. Und am schönsten, jedenfalls in der Originalfassung, weil mit wunderbarem Akzent: der dicke deutsche Junge, der das goldene Ticket in seiner Schokogier fast gegessen hätte und dessen Vater natürlich Metzger ist und Würste produziert. Alle vier möchte man sofort verprügeln, sobald man sie sieht. Aber sie bekommen natürlich, was sie verdienen, und schon ist die Welt wieder gut.

Aber der Film ist nicht nur holzhammerlustig und quietschebunt. In seinen wenigen stillen Augenblicken ist er fürchterlich sentimental und will uns ums Verrecken rühren. Und das schafft er auch. Wahrscheinlich weil die Story eben so schlicht ist und weil die Figuren eben entweder zu gut für diese Welt oder zu widerlich sind. Ich habe fast vor Freude geheult, als Charlie sein Ticket gefunden hat, obwohl ich natürlich wusste, dass er es findet, sonst wäre der Film nach zehn Minuten zuende gewesen. Aber ich war von der ersten Sekunde an genauso alt wie meine ganzen Sitznachbarn im Kino, die einen Meter kleiner waren als ich. Ich habe mit offenem Mund den Erzählungen von Großvater Joe zugehört, so als ob mir jemand eine Gute-Nacht-Geschichte vorgelesen hätte, und ich war kurz davor, mittendrin laut „Oh, guck mal, ein SCHOKOWASSERFALL!“ zu brüllen und mit dem Finger auf die Leinwand zu zeigen.

Und ich war schlicht und einfach gerührt von einigen Sätzen und Szenen, die über die Hauptbotschaft hinausgingen. Wenn zum Beispiel Großvater George Charlie verbietet, das Ticket zu verkaufen, um dringend benötigtes Geld für die Familie zu verdienen: Geld gebe es auf der Welt doch wie Heu, aber nur fünf goldene Tickets. Oder wie Großvater Joe Charlie darauf vorbereitet, nicht enttäuscht zu sein, wenn in seinem Schokoriegel kein Ticket ist: “We will still have the candy.” Genau: Wir werden immer etwas haben, was uns glücklich macht, selbst wenn wir nicht reich sind oder berühmt oder wunderschön oder was für Zielen wir sonst hinterherjagen. Wir werden immer eine Kleinigkeit haben, die uns in diesem einen Augenblick mehr freut als alles andere und die nichts oder fast nichts kostet und deswegen doppelt so wertvoll ist: eine Erinnerung an einen lieben Menschen, ein Sonnenaufgang am Meer, ein Lieblingsbuch, ein Kleidungsstück – oder eben eine Tafel Schokolade nach einem beschissenen Tag.

Charlie macht absolut keinen Spaß, wenn man intellektuelle Filmkunst erwartet und sich ein Gurkensandwich plus Stoffserviette mit ins Kino gebracht hat. Aber Charlie ist großartig, wenn man sich schlicht und einfach über einen herzerwärmenden Film freuen möchte und einen Berg Süßkram dabei hat. (Das würde ich übrigens wirklich empfehlen – der Film ist Folter, wenn man nicht wenigstens ein paar Bonbons lutschen kann. Noch besser allerdings: zwei Tafeln Lindt Vollmilch. Denkt an meine Worte.)

Charlie and the Chocolate Factory ist kein perfekter Film. Er wird wahrscheinlich nie eine Liste der besten Filme aller Zeiten anführen, sein Inhalt ist eine zu schlichte Moral, sein Plakat ist viel zu bunt und Johnny Depp hat eine fürchterliche Frisur. Aber er kann etwas, was fast alle Tim Burton-Filme können: Er macht in seinen besten Momenten verdammt glücklich. Und das ganz ohne Kalorien.

So what

Und wenn der Kerl ein wenig kleinlaut wird bei Plänen für ein gemeinsames Wochenende, weil doch die spanische Liga angefangen hat und die Premier League und die Leichtathletik-WM in den letzten Zügen liegt und der Videorecorder auch noch tausend Stunden professionelle, überbezahlte Körperübungen bereit hält, kann Frau Gröner ausnahmsweise mal nonchalant mit den Schultern zucken und sagen: Mir doch egal.

Im Klartext: Die vierte Staffel von 24 ist da.

(Noch in der Pre-order-Warteschleife: Will & Grace 6 (15. August), Six Feet Under 4 (5. September), The West Wing 6 (26. September), ER 5 (17. Oktober).)

Cara Amiga

Wo IT&W gerade so schön dem Amiga hinterhertrauern – ich suche seit Äonen ein altes Spiel auf dem Amiga, dessen Name mir leider komplett entfallen ist, das ich aber an der Kiste meines damaligen Freundes nächtelang gespielt habe und dem ich bis heute hinterhertrauere (dem Spiel, nicht dem Mann). Der Screen bestand aus dem Kopf einer Frau (glaube ich wenigstens, die Gute hatte keine Haare und man sah halt nur den Kopf), aus dem eine Art Gitter entsprang. Auf diesen Gitterlinien flitzen „Elektronen“ hin und her, und man musste diese durch Weichen, die man einstellen konnte, auf dem Weg ins Gehirn bringen. Hatte man genug davon – oder alle Weichen richtig gestellt, ich weiß es nicht mehr –, kam Bewegung in die Dame und sie lächelte oder sagte was Unverständliches. (Nein, sie machte keinen Schweinkram.) Kennt irgendjemand dieses Spiel oder weiß, wie es heißt? Oma Gröner sagt Danke.

Mickey Rourke träumt davon, sein Leben in den Griff zu kriegen:

Für mich war das Alleinsein das Schwierigste. Ich habe mich gezwungen, allein zu leben. Das ist die einzige Möglichkeit, sich wirklich zu verändern. Wenn man den Schmerz ungefiltert fühlt. Erst wenn man keine Leute mehr um sich hat, die einem das Leiden abnehmen, kann man klar sehen. Dann erst kann man den Versuch wagen, sich zu ändern. Anfangs dachte ich: Es dauert vielleicht zwei Monate, dann bin ich ein anderer Mensch. Mein Therapeut sagte: „Medikamente sind in Ordnung, wenn sie dir für einen begrenzten Zeitraum helfen. Sobald du in der Lage bist, dich wieder einzugliedern, brauchst du keine Medikamente mehr.“ Irgendwann fragte ich ihn: „Als du mich das erste Mal sahst, vor sieben oder acht Jahren, war ich da verrückt?“ Er sah mich eine Weile schweigend an. Dann nickte er.

Ich sage nicht: Ich habe mich verändert. Sondern: Ich arbeite daran. Mittlerweile seit fast zehn Jahren. Die Veränderung ist etwas, das ich konstant und unbeirrbar verfolgen muss. Der andere Mickey, das Leben, das ich früher geführt habe, wird immer in mir drin sein. Ich will nicht, dass es wieder zum Vorschein kommt. Aber es ist da. Es gibt einen kleinen Knopf, den ich nur zu drücken brauche, und das Monster steht wieder auf.

Sin City

Sin City (USA 2005, 124 min)

Darsteller: Mickey Rourke, Bruce Willis, Jessica Alba, Clive Owen, Rosario Dawson, Benicio Del Toro, Michael Madsen, Nick Stahl, Rutger Hauer, Elijah Wood, Michael Clarke Duncan, Brittany Murphy, Jaime King, Alexis Bledel, Powers Boothe, Josh Hartnett, Tommy Flanagan, Devon Aoki
Musik: John Debney, Graeme Revell, Robert Rodriguez
Kamera: Robert Rodriguez
Drehbuch: Frank Miller
Regie: Frank Miller & Robert Rodriguez (Quentin Tarantino as Special Guest Director)

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Sin City ist ein Sündenpfuhl, eine Ausgeburt einer Stadt, in der kein Tag ohne das Sirren von Bleikugeln vergeht, die ohne Unterschied Gut und Böse vernichten. Sin City schläft nicht, denn Gewalt ruht nie, sondern ist stets auf der Suche nach etwas, das in Blut ertränkt werden kann. Sin City beherbergt gescheiterte Existenzen, die kaum atmen können vor lauter Rohheit und Verzweiflung und in denen doch einsame Herzen schlagen, die sich nach einem weiteren Herz sehen. Sin City ist pures Klischee – und gleichzeitig ganz große Kunst.

Der Film beruht auf den Comics von Frank Miller – aber eigentlich möchte ich lieber das englische Wort graphic novel für die Vorlage nutzen, denn das fühlt sich passender an. Sin City ist nicht der erste Film, der versucht, Zeichnungen auf die Leinwand zu transportieren, aber er scheint der erste zu sein, dem eine absolut kompromisslose Umsetzung gelungen ist. Das fängt ganz „schlicht“ bei der Optik an: Die holzschnittartigen Vorlagen dienen als Hintergrund, auf dem sich die düsteren Geschichten abspielen. Alles ist schwarzweiß und im besten Fall genauso grafisch schlicht gehalten wie die Bildergeschichten. Der Film gönnt sich ein wenig mehr Detailverliebtheit als die Vorlage, indem er die Sets größtenteils räumlich aussehen lässt. Die Szenen, in denen die Gebäude aber eben dieser Räumlichkeit beraubt werden, machen viel mehr Spaß. Wenn Mickey Rourke aus einer Gefängniszelle ausbrechen will und diese fast nur aus Linien und Gittern zu bestehen scheint, vergisst man kurz, dass alle Hintergründe digital sind – dann sehen sie plötzlich aus wie mit feinstem Strich gezeichnet. Und komischerweise wirken die (realen) Figuren in dieser Umgebung nicht einmal künstlich, sondern absolut passend.

Das liegt wahrscheinlich daran, dass jeder Charakter diese Bezeichnung kaum verdient, denn alle Protagonisten sind pure Schablonen, Kunstfiguren, die scheinbar nur jeweils einem Zweck dienen. Jede Figur taucht plötzlich auf, ohne Vorgeschichte und Erklärung, erledigt ihren Job und taucht wieder in die schwarze Zeichnertusche ab. Wer sie ist und was sie vorhat, wird in drei, vier abgehackten, trashig klingenden Sätzen aus dem Off erzählt – hier bekommt das Wort „Sprechblase“ wirklich einen Sinn. Aber was für Kunstfiguren hier die Leinwand bevölkern! Die Schläger sind brutaler als in irgendeiner anderen Stadt, die Gangster kaltblütiger, die Mädchen aufreizender und die Helden … nein, die Helden sind keine strahlenden Retter, die aus Sin City Fortune City machen wollen. Die Helden sind gebrochene Gestalten, die keiner Moral gehorchen und die Welt nicht retten möchten, ganz im Gegenteil. Die Welt hat ihnen übel mitgespielt, aber sie haben noch eine Rechnung offen, und die wird nun beglichen.

Der übel aussehende Schläger, der eine tote Prostituierte rächen will und dabei an einen Kannibalen gerät. Der alternde Cop, der einen Kinderschänder jagt und statt seiner selbst im Knast landet. Die Edelhure, die sich und ihre Mädchen mit Gewalt vor noch mehr Gewalt schützt und dabei Hilfe von einem ehemaligen Lover bekommt. Jeder führt seine Kriege für sich aus und für niemanden sonst. Die einzige Loyalität gilt einem selbst – und den Menschen, die man liebt. Die Motivation der brutalen Schlachten, die in vielen Details und mit glasklarer, schmerzhafter Tonspur zelebriert werden, ist stets eine gute. Aber Gutsein zahlt sich in Sin City eben nicht aus. Wir begegnen vielen Figuren und wissen, sobald wir sie sehen, dass sie bereits tot sind. Und meistens dürfen (oder müssen) wir auch dabei zusehen, wie sie ihr Leben beenden – oder ein anderer das für sie übernimmt.

Normalerweise bin ich alles andere als ein Freund von konstanten Metzeleien oder fehlender Tiefe der Figuren, aber in Sin City hat es mich nicht gestört, ganz im Gegenteil: Es musste genauso sein. Der Film ist nicht nur, wie ich oben schon sagte, eine kompromisslose Umsetzung der Comics, sondern fast eine radikale. Er beschönigt die Grobheit der Vorlage nicht, er versucht erst gar nicht, sie filmisch zu überhöhen oder eben schlicht einen Film aus ihr zu machen, sondern bildet sie ganz genauso ab wie sie angelegt war. Der Film übernimmt sogar Bilder, die man aus Comics kennt und von denen ich eigentlich gedacht hatte, sie würden nur auf Papier funktionieren und als Film völlig überzogen aussehen: die im Wind wehenden Krawatten der Cops zum Beispiel. Gezeichnet eine klassische Krimi-Szene, aber es funktioniert auch als bewegtes Bild. Verlaufendes Make-up der weinenden Frauen. Tiefe Stürze der Bösen, Rettungssprünge der Guten. Blutende Narben, die auf grobem Papier wie Krater auf der Haut aussehen – und genauso sehen sie hier auch auf der Leinwand aus. Das zugepflasterte Gesicht eines Schlägers wird hier zu einer Mischung aus Maske, Digitaltechnik und einem Schauspieler, und es passt, und es wirkt gleichzeitig plastisch und gezeichnet, und es schafft eine ganz eigene Atmosphäre; eine, die ich noch nie gesehen oder gespürt habe.

Sin City ist trotz all der Brutalität und des sich banal anhörenden Schwarzweiß ein Vergnügen für die Augen. (Aufgrund der sehr spärlichen Bekleidung der meisten weiblichen Figuren wohl eher für die Männer im Publikum, aber dafür dürfen wir Mädels Clive Owen anschmachten.) Gerade die Beschränkung auf Schwarz und Weiß gibt den Figuren den nötigen Raum, sich über ihre Schlichtheit hinweg zu entwickeln. Wenige Farbtupfer in gelb, rot, blau und grün sorgen für eine zusätzliche Irrealität, die perfekt zur Story und zum ganzen Film passt.

Wenn ich etwas an Sin City zu bemängeln habe, ist es seine Dauer: Mit gut zwei Stunden ist der Film zwar nicht wahnsinnig lang geworden, aber die drei Geschichten, die miteinander verwoben erzählt werden, sind intellektuell nicht gerade herausfordernd und folgen alle dem gleichen Schema; ich hätte mir ein bisschen mehr Zug gewünscht, um schneller zum Punkt zu kommen, denn die Pointen ahnt man, sobald die Storys beginnen. Aber eigentlich sind es nicht die Geschichten, wegen derer ich Sin City gemocht habe, sondern die Optik – und das seltsame Gefühl, gerade eine graphic novel zu erleben, ohne umblättern zu müssen.

My hair like Jesus wore it, halleluja I adore it

Wer die obenstehenden Köppe genauso klasse findet wie ich und davon gerne noch mehr sehen möchte, kann das vom 12. bis 15. August in einer Ausstellung tun: Nachher – Zeitlose Frisurenmode für den Herrn ist zu sehen im Schaufenster des Herren-Friseurs, Schulterblatt 64 in Hamburch und wurde liebevoll gestaltet von Silke Baltruschat.

(Off topices PS: Ich muss bei den unterschiedlich großen Augen immer an die SimpsonsFolge denken, wo die ganze Familie epileptische Anfälle von japanischem Fernsehen kriegt.)

Fans

Herr Shhhh hat’s schon wieder getan: über eine grandiose Band hergezogen und minderjährige Fans per Google angelockt. Schamlos, was der alles für seinen Traffic tut.

Cincin

Der Satsuma-Badeschaum, das Shampoo mit Zitronenextrakt, der Papaya-Bodyscrub und das Bodytonic mit „dem Besten aus Kiwi, Pampelmusen und Äpfeln“ (was auch immer das ist) – ich war gestern ein freches Früchtchen Obsthändlers Träumchen.

Der Doktor ist innen

„Was wirklich hilft, ist …“

… eine konsequent über Nacht geschlossene Garage.

… ein Katzentischerl abseits vom Frühstückstisch.

… 2–3 Liter kochendes Wasser und 1 Schnapsglas Spülmittel.

… ein Projekt-Modul, das jeder Mitarbeiter im Unternehmen intuitiv bedienen kann.

… ine umfassende Steuerreform, die, durch einen konsequenten Abbau von Subventionen gegenfinanziert, echte Wachstumseffekte zeigen wird.

… ein Beschlag mit einbruchhemmenden Pilzköpfen.

… ein Verständnis für systemische Zusammenhänge.

… Erdnussbutter.

… so richtig auf was einprügeln. z.B. habe ich im Keller mal mit einem abmontierten Besenstiel (also ein Stahlrohr), ein paar Ziegelsteine verkloppt.

… gleich am Anfang, wenn das Ding noch klein ist, mit einer heißen Nadel ausbrennen.

… eine langwierige und teure Laserbehandlung.

… zum Frühstück eine Diazepam 5.

… Mezereum C30.

… Q10.

… Zyrtec.

… RHT.

… Mundisal.

… die Pille danach.

… eiserner Wille.

… Selbstverantwortung.

… der Glaube an sich selbst.

… sich die Realität schön zu denken.

… eine persönliche Beziehung zum lebendigen Gott.

… Schlaf.

… Sport.

… Gleitgel.

… Handarbeit.

… Zeit.

… üben.

… ignorieren.

… trinken.

… weinen.

Koppinnacken

Der Geheime Verführer aus dem bunten Werbewunderland weist auf einen gar großartigen Werbespot für Bier hin. Erst gucken, dann Kommentare lesen (von wegen dem Pointe und so).

“They want to know him at fuck”

Was dabei herauskommt, wenn man Star Wars – Revenge of the Sith vom Englischen ins Chinesische und wieder zurück übersetzt, zeigt diese Seite sehr anschaulich.

(via psycko)

The Barcelona Review

Falls der Link gestern etwas untergegangen ist: The Barcelona Review veröffentlicht internationale Kurzgeschichten auf Englisch, Spanisch und Französisch. Einfach mal durch das umfassende Archiv klicken.

Sing, solang du kannst

Ein freundlicher Hinweis des HSV, wenn man online Tickets bestellen möchte:

„Info Nord: Die Nordtribüne ist der Bereich der HSV-Fans. Wir möchten Sie darauf hinweisen, dass Probleme auftreten können, falls dort Farben der Gastmannschaft getragen werden bzw. Gesänge oder provozierendes Verhalten auftritt. Unser Ordnungsdienst ist angewiesen, entsprechend zu reagieren. In diesem Sinne möchten wir Sie bitten, falls Sie kein HSV-Fan sein sollten, sich an diese Spielregeln zu halten und wünschen Ihnen ein spannendes und faires Spiel.“

Im Klartext: Los, trau dich doch, nen grünen Schal zu tragen, komm schon, du Mädchen.

Marilyn’s own words?

Die L.A. Times hat vergangenen Freitag die (angebliche) Abschrift eines Tonbands veröffentlicht, auf dem Marilyn Monroe wenige Wochen vor ihrem Tod zu ihrem Therapeuten spricht. In ihrer free association erwähnt sie einen One-Night-Stand mit Joan Crawford, ihre Liebe zu Shakespeares Werken und dass sie ihre Haushälterin gerne feuern würde. Außerdem weiß ich nun, dass Frau Monroe anscheinend Einläufe sehr geschätzt hat, weil diese ihr Hautbild verbessert haben. Und dass sie nicht wirklich etwas mit den literarischen Fähigkeiten einer ihrer Ehemänner anfangen konnte bzw. nicht ahnte, welcher Film bis heute als ihr bester gilt:

It’s different with Arthur (Miller). Marrying him was my mistake, not his. He couldn’t give me the attention, warmth and affection I need. It’s not in his nature. Arthur never credited me with much intelligence. He couldn’t share his intellectual life with me. As bed partners we were so-so. He was not that much interested. You know I think his little Jewish father had more genuine affection for me than Arthur did.

I loved the little Jew and his quaint Jewishness. But the Jewish religion never got to me … Maybe he is a fine creative writer, I suppose so.

Arthur didn’t know film and how to write for it. Misfits was not a great film because it wasn’t a great script. Gable, Monroe, Clift, Wallach, Huston. What more could you ask. I’ll tell you. There has to be a story as good as the talent who play it. If you put Jesus Christ in a bad script it would be a flop. You know why those religious theme pictures like Ben Hur and the Ten Commandments are so successful. Because the Bible is a … good script.

(…) “For dinner Jade microwaves some Stars-n-Flags. They’re addictive. They put sugar in the sauce and sugar in the meat nuggets. I think also caffeine. Someone told me the brown streaks in the Flags are caffeine. We have like five bowls each.
After dinner the babies get fussy and Min puts a mush of ice cream and Hershey’s syrup in their bottles and we watch The Worst That Could Happen, a half-hour of computer simulations of tragedies that have never actually occurred but theoretically could. A kid gets hit by a train and flies into a zoo, where he’s eaten by wolves. A man cuts his hand off chopping wood and while wandering around screaming for help is picked up by a tornado and dropped on a preschool during recess and lands on a pregnant teacher.
“I miss Bernie so bad,” says Min.
“Me too,” Jade says sadly.
The babies start howling for more ice cream.
“That is so cute,” says Jade. “They’re like, Give it the fuck up!”
“We’ll give it the fuck up, sweeties, don’t worry,” says Min. “We didn’t forget about you.”
Then the phone rings. It’s Father Brian. He sounds weird. He says he’s sorry to bother us so late. But something strange has happened. Something bad. Something sort of, you know, unspeakable. Am I sitting? I’m not but I say I am.
Apparently someone has defaced Bernie’s grave.
My first thought is there’s no stone. It’s just grass. How do you deface grass? What did they do, pee on the grass on the grave? But Father’s nearly in tears.
So I call Ma and Freddie and tell them to meet us, and we get the babies up and load them into the K-car.
“Deface,” says Jade on the way over. “What does that mean, deface?”
“It means like fucked it up,” says Min.
“But how?” says Jade. “I mean, like what did they do?”
“We don’t know, dumbass,” says Min. “That’s why we’re going there.”
“And why?” says Jade. “Why would someone do that?”
“Check out Miss Shreelock Holmes,” says Min. “Someone done that because someone is a asshole.”
“Someone is a big-time asshole,” says Jade.
Father Brian meets us at the gate with a flashlight and a golf cart.
“When I saw this,” he says.” I literally sat down in astonishment. Nothing like this has ever happened here. I am so sorry. You seem like nice people.”
We’re too heavy and the wheels spin as we climb the hill, so I get out and jog alongside.
“Okay, folks, brace yourselves,” Father says, and shuts off the engine.
Where the grave used to be is just a hole. Inside the hole is the Amber Mist, with the top missing. Inside the Amber Mist is nothing. No Aunt Bernie.
“What the hell,” says Jade. “Where’s Bernie?”
“Somebody stole Bernie?” says Min.” (…)

aus: Sea Oak, George Saunders.

Die komplette Story steht netterweise hier, und ich habe sie in einer sehr schönen Anthologie names The Anchor Book of New American Short Stories gelesen. Eine Buchkritik von Salon findet ihr hier (für ein bisschen Werbung gucken).