Der Untergang

Der Untergang (D 2004)

Darsteller: Bruno Ganz, Alexandra Maria Lara, Corinna Harfouch, Ulrich Matthes, Juliane Köhler, Thomas Kretschmann, Matthias Habich, Heino Ferch, Christian Berkl, Ulrich Noethen, Michael Mendel, Christian Redl, André Hennicke
Musik: Stephan Zacharias
Kamera: Rainer Klausmann
Drehbuch: Bernd Eichinger
Regie: Oliver Hirschbiegel

Ja, der Film ist historisch korrekt, ja, die gesamte erste Liga der deutschen Schauspielkunst ist hier versammelt und macht ihre Sache sehr gut, ja, der Film ist handwerklich makellos und optisch eindrucksvoll, ja, mag alles sein, klingt alles toll, aber was ich mich zweieinhalb lange Stunden im Kino gefragt habe, ist: Was soll mir dieser Film eigentlich sagen?

Der Untergang beschreibt die letzten Tage im Führerbunker und in den Straßen Berlins, April/Mai 1945. Wir erleben die Geschichte aus der Perspektive von Traudl Junge, der Sekretärin Hitlers, die auch als einzige reale Person die ersten und die letzten Worte im Film spricht. Sie ist beschämt darüber, dass sie damals so gar keinen Abstand zur Person Hitler gehabt habe, und sie wirft sich vor, nicht mehr gewusst zu haben. Und mit diesen wenigen Sätzen erzählt sie uns, was wir danach in bunten Bildern nochmal erzählt bekommen.

Der Film hat sich auf die Fahnen geschrieben, keine historischen Spekulationen anstellen zu wollen. Deshalb wird zum Beispiel nicht gezeigt, wie Hitler sich und seine Frau umbrachte, denn niemand weiß genau, wie es passiert ist. Worauf der Film stolz ist, ist aber gleichzeitig sein Manko, denn so bleiben alle Charaktere die seltsamen Schablonen, die wir aus den Geschichtsbüchern und den unzähligen Dokumentationen kennen, und denen wir in ihrer hysterischen Anbetung des „Führers“ völlig verständnislos gegenüber stehen. Ich persönlich kann jedenfalls nicht nachvollziehen, wie eine Mutter wie Magda Goebbels ihre eigenen Kinder umbringt, weil sie ihnen eine Zukunft ohne Nationalsozialismus ersparen will. Ich kann es einfach nicht verstehen, und Corinna Harfouch als Magda hat mir diese Frage auch nicht beantworten können. Immerhin hat sie es geschafft, die Figur, denn mehr ist Frau Goebbels in diesem Film nicht, glaubhaft darzustellen. Sie erscheint nicht als Monster, sondern als Frau, die in ihren wahnsinnigen Taten schlicht konsequent ist. Und trotzdem hat mich ihre Geschichte kalt gelassen, weil ich keine zusätzliche, erklärende Facette zu ihrer Person bekommen habe. Und das wäre meiner Meinung nach die Chance des Films gewesen: vielleicht eine Deutung zu versuchen, Szenen zu zeigen, die historisch nicht verbürgt sind, die uns aber das Handeln der Personen ansatzweise erklären könnten. Vielleicht ein bisschen mehr Spielfilm zu sein als Pseudodoku.

Ab und zu versucht der Film, zusätzliche Facetten zu etablieren. Das klappt manchmal, wenn zum Beispiel Traudl mit Eva Braun spricht und sich wundert, dass Hitler mal so menschlich und dann wieder so unmenschlich sein kann. Worauf Eva verständig meint: „Sie meinen, wenn er der Führer ist?“ Ich fand es interessant, die Person Hitler in zwei Persönlichkeiten geteilt zu sehen, wie Eva Braun das vielleicht auch für sich getan hat, um eben den „Führer“ von ihrem Geliebten zu trennen.

Manchmal klappt das Einbringen von Details leider überhaupt nicht. So zum Beispiel, wenn Himmler mit dem Schwager von Eva Braun redet, wobei dieser über Hitler meint: „Was soll man auch von jemandem erwarten, der nicht raucht, nicht trinkt und Vegetarier ist?“ Wow. Diese Information ist nicht nur dermaßen unelegant eingebracht, sie ist dazu auch noch für den Film völlig egal. Hitler hätte auch heimlich Esperanto lernen oder Briefmarken sammeln können – dieser „Fakt“ hätte nichts an der Geschichte geändert. Also was soll dieser alberne Versuch, einen Diktator menschlicher machen zu wollen, indem man ein paar Hintergrundinfos bringt, die über die übliche Wagner-und-Schäferhunde-Schiene hinausgehen?

Ein Freund, mit dem ich zusammen im Kino war, meinte, genau das wäre die Absicht des Films. Er meinte, es sei gut, den Dämon Hitler, dieses unfassbare Gespenst, von seinem Sockel zu holen und ihn menschlich zu machen, denn nur so kann man auf ihm rumtrampeln. Diese Theorie klingt für mich hübsch, nur weiß ich nicht, was es bringen soll. Wozu muss ich das Monster menschlich machen? Damit die Botschaft klar wird: Jeder ist zu solchen Taten fähig? Das habe ich schon vorher geahnt. Und wenn es darum geht, die Faszination Hitlers zu erklären, also zu ergründen, warum so viele Menschen ihm willig in den Krieg und schließlich in den Tod gefolgt sind, dann hat der Film gnadenlos versagt. Der Hitler, der mir in Der Untergang begegnet, ist ein Wurm. Ein sabbernder, von Parkinson gezeichneter, hysterisch keifender Idiot, der schon lange den Bezug zur Realität verloren hat und in einer Minute noch von Germania und dem Großdeutschen Reich träumt, um in der nächsten Minute nur noch „Es ist aus, alles ist aus“ zu stammeln.

Was mir an dem Film dagegen gefallen hat, waren die kleinen Momente, die das Unfassbare meiner Meinung nach besser eingefangen haben als die Schlachten in den Straßen, die Kindersoldaten des Volkssturm und das Hängen von angeblichen Deserteuren. Es waren Szenen wie die, in der Hitler Eva Braun beim Essen nebenbei erklärt, wie man sich am besten erschießt, damit es funktioniert. Oder die Szene, in der Goebbels Traudl bittet, sein Testament zu tippen und sie erwidert: „Aber ich tippe doch gerade das Testament vom Führer.“ Oder die Szene, in der Eva Braun sorgfältig ihre Zigarettenkippe vor dem Eingang zum Führerbunker zertritt, während hinter ihr Berlin bereits in Flammen steht.

Wenn der Film diese kleinen Geschichten oder Bilder nutzt, um den Kontrast zwischen dem Irrsinn über der Erde und dem trotzigen Festhalten am Gestern darunter zu beschreiben, funktioniert er. Leider tut er das nicht oft genug, sondern ergeht sich lieber in minutenlangen Dialogen Hitlers mit seinen Generälen, die immer in Hitlers Gebrüll enden und rehäugigen, verängstigten Blicken von Traudl. Ich habe größten Respekt vor der schauspielerischen Leistung von Bruno Ganz, der das seltsam-lächerliche Gegrolle von Hitler in Alltagssprache übersetzten konnte, ohne albern zu wirken. Meistens jedenfalls. Wenn Hitler der Köchin ein Lob ausspricht, klingt das trotzdem so, als erkläre er ihr gerade den Krieg. Ich weiß nicht, warum alle anderen ganz normal reden dürfen, Ganz aber die affige Intonation Hitlers beibehalten musste. Gerade wenn er mit Albert Speer (Heino Ferch, hochdeutsch) redet, wird der Kontrast sehr deutlich, und da habe ich dann doch ein wenig gekichert anstatt jetzt mit dem „Führer“ zu leiden, der ein Tränchen darüber verdrückt, dass sein Lieblingsarchitekt ihm auch noch untreu wird in den letzten Stunden.

Überhaupt musste ich mich bei einigen Szenen arg zusammenreißen. Zum Beispiel diskutieren in einer Szene einige SS-Offiziere, ob sie sich bei Kriegsende erschießen sollten oder nicht. In diesem Moment überbringt ein Bote die Nachricht der bedingungslosen Kapitulation, und noch bevor er seinen Satz zuende gebracht hat, knallen schon die ersten Schüsse, die von lethalen Schädelverletzungen künden. Oder die Szene, in der Soldaten die Leichen des Ehepaars Hitler mit Benzin übergießen und anzünden und dann neben den Flammen hitlergrüßend stramm stehen; ich musste an die gleiche Szene in Schtonk! denken, in der keine Flammen auflodern und ein Soldat ebenso stramm stehend seinem Vorgesetzten meldet: „Der Führer brennt nicht.“

Dass meine Gedanken nicht ganz beim dramatischen Geschehen auf der Leinwand waren, liegt eben daran, dass mich diese Dramatik nicht erwischt hat. Der Untergang fühlt sich an wie ein verfilmtes Geschichtsbuch: brav und ordentlich und ein bisschen langweilig. Ich persönlich habe jedenfalls nichts erfahren, was ich nicht auch schon vorher wusste. Gut, vielleicht wusste ich vorher nicht, dass das letzte Essen von Hitler anscheinend Nudeln waren, aber bis jetzt konnte ich auch ohne diese Information ganz gut leben. Ich weiß einfach nicht, warum dieser Film gemacht wurde. Ich fand ihn sehr lang, teilweise sehr bemüht, bloß nichts Falsches zu sagen, und im Endeffekt habe ich nichts aus dem Film mitgenommen. Höchstens den Wunsch, nochmal Schtonk! zu gucken.

The Notebook

The Notebook
(Wie ein einziger Tag, USA 2004)

Darsteller: Ryan Gosling, Rachel McAdams, James Garner, Gena Rowlands, Joan Allen, James Marsden, Sam Shepard
Musik: Aaron Zigman
Kamera: Robert Fraisse
Drehbuch: Jeremy Leven & Jan Sardi, nach dem Roman von Nicholas Sparks
Regie: Nick Cassavetes

Pianomusik, die langsam von Dur nach Moll gleitet, Enten, die in Zeitlupe über einen stillen See fliegen, Menschen, die Händchen halten, gleichzeitig weinen und lachen und über die Liebe reden, die Wunder bewirken kann – das ist The Notebook. Oder anders gesagt: The Notebook ist eine von diesen fies dramatischen Schnulzen, bei denen es keine Frage ist, wie sie ausgeht. Die einzige Frage ist, wieviele Taschentücher man bis zum Abspann braucht.

Allie und Noah lernen sich 1940 kennen. Sie ist ein reiches Stadtmädchen, er ist ein armer Arbeiter. Das einzige, was sie verbindet, ist ihre Liebe. Allies Eltern sind natürlich gegen die Verbindung, unterschlagen Briefe, reißen die beiden auseinander. Aber natürlich findet die Liebe ihren Weg, und die beiden werden glücklich bis an ihr Lebensende. Oder – Moment.

Der Film beginnt mit einer älteren Frau, der eine Krankenschwester einen älteren Mann vorstellt, der ihr heute vorlesen wird. Die Geschichte, die er liest, ist die von Noah und Allie. Im Laufe des Films wird klar, dass die beiden Alten Noah und Allie sind und dass Allie sich an nichts von dem erinnern kann, was Noah ihr vorliest: an das erste Date, bei dem sich beide mitten auf die abendliche Straße legen und dem Licht der Ampel zusehen, an die erste gemeinsame Nacht, bei der Allie nicht aufhören kann zu reden, weil sie so aufgeregt ist, an die vielen Küsse und an das Lachen und das Streiten und das Versöhnen und Küssen und Lachen und Küssen. Allie weiß nicht, dass sie Allie ist. Sie hat Alzheimer, und Noah versucht, ihre Erinnerungen dadurch wieder hervorzulocken, indem er ihr immer und immer wieder ihrer beider Lebensgeschichte vorliest.

Der Film spielt mit dem Thema Hoffnung. Noah hofft, dass Allie wieder zu ihm zurückkehrt, so wie sie es schon einmal getan hat, nachdem sie getrennt waren. Allie hofft in den wenigen klaren Momenten, die ihr noch vergönnt sind, dass sie sich diesmal länger erinnern kann, bevor die Demenz sich ihrer wieder bemächtigt. Der Zuschauer hofft, dass den beiden ein zweites Liebesglück beschert wird, so wie das erste Mal, als sie sich wiedergefunden hatten. Und jede Hoffnung wird kurz erfülllt, bevor sie sich wieder zerschlägt. Aber wer weiß – das Gemeine an der Hoffnung ist ja, dass man immer weiterhofft. Man hofft auf das, was eigentlich nicht möglich ist. Man hofft auf ein Wunder. Genau das sagt auch Allie zum Schluss in einem ihrer lichten Augenblicke: “Do you think our love can do miracles?” Worauf Noah nur schlicht antwortet: “I do.” Und das Schöne ist: Die Liebe bewirkt wirklich ein Wunder. Nicht nur das eine Mal, bei dem sie die beiden nach Jahren der Trennung wieder zusammengeführt hat, sondern auch diesmal. Aber es ist eins dieser Wunder, das uns ganz schnell zu den Taschentüchern greifen lässt, an denen wir die ganze Zeit schon verstohlen herumgenestelt haben.

Was den Film knapp davor rettet, zu traurigem Sirup zu verkommen, sind seine Darsteller. Ryan Gosling und Rachel McAdams schaffen es, eine junge Liebe unverbraucht und frisch darzustellen und nicht hollywoodesk-aufgesetzt. Die beiden rühren, bringen zum Lachen und gehen einem gleichzeitig auf die Nerven mit ihrem ewigen Rumgeturtele – ganz so, wie einem die dauerknutschenden Pärchen in der U-Bahn auf den Keks gehen. Gosling im besonderen wirkt sehr zeitlos, und der eine, kurze Blick, mit dem er Allie nach Jahren wiedersieht, allerdings in den Armen eines anderen Mannes, bricht jedem das Herz, der eins besitzt. McAdams quietscht sich jugendgerecht durch die erste Hälfte des Films und bewegt sich sehr erwachsen durch die zweite. Beide lassen einen glauben, dass sie gereift sind, und ihr Entschluss, zusammenzubleiben, fühlt sich nicht an wie billiger Drehbuchkitsch, sondern wie eine konsequente Entscheidung.

Wahrscheinlich rühren deshalb Gena Rowlands und der wunderbare James Garner als gealterte Allie und Noah doppelt. Wir haben miterlebt, wieviel Kraft es die beiden gekostet hat, sich wiederzufinden, und nun müssen wir mitansehen, wieviel Kraft sie noch brauchen, nur um sich langsam wieder zu verlieren.

Ich persönlich mochte die vielen kleinen Fährten, die der Film legt und denen man als Zuschauer willig folgt. Vieles, was wir am Anfang sehen, hallt am Ende nach oder ergibt plötzlich einen tragischen Sinn. Man erinnert sich an die anfänglichen Bilder und stellt erschrocken fest, dass sich Allie nicht an diese erinnern wird. Ihr Schicksal wird nicht nur erzählt, sondern filmisch fühlbar gemacht. Mich hat das titelgebende Notizbuch zu Tränen gerührt, in dem nicht Noah, wie ich vermutet hatte, die Geschichte der beiden aufgeschrieben hat, sondern Allie. Und gewidmet hat sie es ihrem Geliebten mit den Worten: “Read this to me and I will come back to you.”

The Notebook birgt kaum Überraschungen, er ist gradlinig und stimmig erzählt, schreckt nicht vor der emotionalen Keule zurück und tut gerade deshalb so gut. Er bewegt durch die Schlichtheit der Geschichte und versaut es nicht durch zuviele Geigen und Sonnenuntergänge. Wer sich auf hemmungsloses Geheule einlassen möchte, sollte sich diesen Film geben. Aber sagt nicht, ich hätte euch nicht gewarnt. Ich habe selten soviel Schneuzen gehört wie gestern im Kino. Und ich habe E.T. gesehen.

The Butterfly Effect

The Butterfly Effect (Director’s Cut): übelster Quatsch mit Ashton Kutcher. Läuft, glaube ich, sogar noch im Kino, und falls irgendjemand mit dem Gedanken spielt, sich diesen Grütz anzutun: think again.

Kutcher spielt einen College-Studenten, der seit seiner Kindheit an Blackouts leidet. Die erste halbe Stunde des Films erleben wir verschiedene Situationen, in denen Klein-Ashton nicht weiß, was passiert ist – bis dahin recht spannend, und man hat (auf eine gute Weise) keine Ahnung, wo der Film eigentlich hinwill. Ich wäre dankbar dafür gewesen, wenn das so geblieben wäre, aber den Gefallen hat mir der Film nicht getan. Als Ashtons Erinnerungen im Erwachsenenalter wiederkommen, erleben wir, wie Hunde verbrannt werden, Babys in die Luft fliegen und kleine Mädchen von ihren Vätern misshandelt werden. Groß-Ashton merkt, dass er diese Vergangenheit ändern kann, doch je mehr er es versucht, desto mieser (und vor allem alberner) wird die Gegenwart.

Der Film fühlt sich an wie eine Alptraum-Version von It’s A Wonderful Life und wird mit jeder Minute bescheuerter. Mittendrin habe ich mich gefragt, was denn der ganze Quatsch eigentlich soll und über einige Wendungen lauthals gelacht anstatt total verstört dem Geschehen zu folgen, bis endlich die „Pointe“ kam, die es faszinierenderweise schafft, den kompletten Film ad absurdum zu führen.

Blödsinn, beknackter. Ich bin sauer, vor allem, weil gute Leute wie Elden Henson und Eric Stoltz sich für diesen Dreck hergegeben haben.

Laws of Attraction

Laws of Attraction: typisches Date Movie mit Pierce Brosnan und Julianne Moore über zwei Scheidungsanwälte, die sich, surprise, surprise, ineinander verlieben.

Ich mag ja solchen Schnulzenkram ganz gerne, aber ich kann seit Ally McBeal ums Verrecken keine Anwältinnen in kurzen Röcken mehr ertragen, die hyperventilierend auf dem Klo sitzen und Süßigkeiten in sich reinstopfen, um in der Öffentlichkeit gefasst Karriere zu machen, obwohl sie doch bloß ihren Traummann zum Anlehnen suchen. Und wenn ich mir schon solche dumpfbackigen Charaktere angucken muss, dann möchte ich die wenigstens von Zuckerschnuten wie Sandra Bullock oder Meg Ryan dargestellt haben und nicht von der spröd-intellektuellen (und deswegen wunderbaren) Julianne Moore, die solchen Schrott doch gar nicht nötig hat. Immerhin ist Pierce ziemlich schnuffig, was den irisch-amerikanischen Klebkram aber auch nicht besser gemacht hat.

Troy

Troy (Troja): hochkarätig besetzte Sagenschmonzette. Ich fand Brad Pitt gar nicht so fies daneben, wie ich erwartet hatte. Natürlich ist er als mythischer Kriegsheld so überzeugend wie ein Toastbrot, aber als arroganter Wichtigtuer mit Schwert, der so viele Mädels wie möglich ins Bett kriegen und im Kampf die Unsterblichkeit erringen will, macht er sich recht gut.

Die Einzelkämpfe, allen voran den gegen Hector (Eric Bana), fand ich sehr schön choreografiert, die Massenszenen waren allerdings (im wahrsten Sinne des Wortes) sterbenslangweilig. Die Geschichte selbst ist auch nicht gerade überraschend; jeder kennst die Story von Paris (mit sparsamer Mimik: Orlando Bloom), Helena (bieder-brav-doof und nicht die Spur schönste Frau der Welt: Diane Kruger) und dem Kampf zwischen Griechenland und Troja, in dem irgendwann (im Film nach zwei langen Stunden) das Holzpferdchen ins Spiel kommt (letzte Klammer vor der Autobahn). Der Rest ist Films ist Schlachtengetümmel, viel Gequatsche über Blut und Ehre und Griechenland und ach, keine Ahnung, ich hab viel im Schnelldurchlauf geguckt, weil mir die Ethno-Musik von James „Titanic“ Horner so auf die Ovarien ging, und ne Menge bekannter Gesichter in offensichtlichen Plastik-Kostümen.

Am dämlichsten fand ich die Storyline von Briseis, die eigentlich im Apollo-Tempel ihre Jungfräulichkeit schwört, aber beim Anblick von Herrn Pitt ziemlich sofort in dessen Arme sinkt. Schön fand ich dagegen die Szene, in der brennende Pfeile der Trojaner die Nacht erhellen und einige Dialoge, die zwar inhaltlich hehres Blabla waren, aber in Heldenfilmen mag ich sowas: “Men are haunted by the vastness of eternity. And so we ask ourselves: will our actions echo across centuries? Will strangers hear our names long after we are gone, and wonder who we were, how bravely we fought, how fiercely we loved?”

(Ja, mag auch sein, dass die Stimme von Sean Bean mich hier etwas abgelenkt hat.)

Monster

Monster: der Film, für den Charlize Theron zu Recht den Oscar bekommen hat. Ansonsten ist es eine recht behäbig inszenierte, moralinsaure Geschichte über Eileen Wuornos, die in den 80er Jahren mehrere ihrer Freier erschoss und dafür 2002 hingerichtet wurde.

Die Geschichte von Wuornos ist tragisch, aber der Film legt leider einen wissenden Off-Kommentar über das Geschehen, so dass die Story alleine nicht auf den Zuschauer wirken darf. Ständig wird man mit irgendwelchen schlauen Sätzen aus dem Hintergrund gefüttert, die von der Tonalität so gar nicht zu der halbgebildeten Prolltussi passen wollen, die wir im Film kennenlernen. Ich hätte mehr Mitleid mir ihr entwickelt, wenn Eileen/Charlize mir das alles selbst erzählt hätte anstatt dass ich einer Tonspur über wahllosen Bildern zuhöre. Mich hat der Film anfangs sehr berührt, und bei Eileens erstem Opfer hätte ich auch gerne einen Finger am Abzug gehabt; danach wird der Film aber eine einzige Bleiorgie, und aus der zarten Beziehung zwischen Eileen und ihrer Freundin Selby wird eine nervige Fantasiewelt, aus der beide nicht recht enfliehen können. Zum Schluss blieb bei mir nicht die Fassungslosigkeit vor Eileens hoffnungsloser Biografie, sondern eher die Erleichterung, dass der Film jetzt vorbei ist.

The Safety of Objects

The Safety of Objects: etwas zu bemühtes Drama. Vier Familien, die nebeneinander wohnen, müssen mit Tragödien oder Erlebnissen in ihrer Vergangenheit fertigwerden, und diese Verarbeitung beeinflusst die Gegenwart. Was in der Vergangenheit passiert ist, erfährt der Zuschauer erst im Laufe des Films; wenn man alle Puzzleteile zusammengesetzt hat, bleibt allerdings recht wenig übrig.

Die Darsteller (z.B. Glenn Close, Dermot Mulroney, Patricia Clarkson, Joshua Jackson und die kleine Kristen Stewart) sind durch die Bank sehr gut und glaubwürdig, aber ihre Storylines sind teilweise so dermaßen anstrengend in Szene gesetzt, dass es schwerfällt, nicht ab und zu darauf zu warten, dass der Film endlich zuende ist.

Van Helsing

Van Helsing: bunt-opulenter Vampirjägerquatsch. Hugh Jackman darf in langem Mantel Dracula jagen, sich mit Frankensteins Monster anfreunden, nebenbei noch Werwölfe erledigen und Mr. Hyde von den Türmen von Notre Dame runterschubsen. Ihm zur Seite steht die wunderschöne Kate Beckinsale, die allerdings in ihrem Ledermieder und dem peinlichen Akzent eher wie eine rumänische Domina rüberkommt, die ihr Piratenschiff sucht. Der Film hat eine Story, die man in drei Sätzen erzählen kann, walzt den Blödsinn aber mit einem (miesen) Effekt nach dem anderen auf zwei langatmige Stunden aus. Einzig David Wenham als Q von Transsylvanien hat ein bisschen Spaß gemacht. Und auch, wenn ich die Idee, alle Gruselfiguren der Literaturgeschichte in einen Film zu packen, ganz reizvoll fand – irgendwie habe ich zum Schluss nur noch drauf gewartet, dass auch noch Gremlins, Tribbles und das Alien aus irgendeiner Ecke hüpfen. Im Schnelldurchlauf geguckt. Reicht völlig.

Taking Lives

Taking Lives: nicht mal um Originalität bemühtes Rip-Off von Se7en und The Silence of the Lambs. Angelina Jolie ist eine FBI-Agentin (ja, klar), die einen Serienkiller jagt, Ethan Hawke und Kiefer Sutherland streiten sich um die Rolle des Verdächtigen, und die Pointe, die keine ist, riecht man zehn Meilen gegen den Wind. Ich hatte zwischendurch den Eindruck, dass die Macher des Film ganz genau wussten, welchen Vorbildern sie nacheifern; einige Szenen wirkten für mich wie ein Zitat und nicht wie eine Hommage. Wenn Angelina Jolie sich am Glibber bedient, der den Totengestank in der Pathologie vertreiben soll, hat man sofort Jodie Foster im Hinterkopf, und als sie zum Schluss auch noch ein Paket bekommt, war ich fast enttäuscht, dass kein Kopf drin war. Der Film ist eine Stunde lang leidlich spannend. Dann hat man allerdings Zeit, über den Plot nachzudenken und kann es kaum fassen, wie dämlich er ist.

Dienstag, 7. September 2004

Guess what Anke did yesterday:

Genau. Anke war singen.

Seit einigen Monaten habe ich im Hinterkopf, Gesangsunterricht zu nehmen. Ich singe, seit ich denken kann. Meine englischen Vokabelkenntnisse kommen daher, dass ich Songtexte verstehen und mitsingen wollte. Ich bin allerdings niemand, der vor Leuten singt. Im Kinderchor, klar, in der Kirche, auch kein Thema. Aber mich vorne auf eine Bühne stellen und singen – no way. Ich war auch nie der Meinung, eine besondere Stimme zu haben. Aber vor ein paar Monaten sind zwei Freunde von mir und ich zu einer Party gefahren. Die beiden haben vorne zum Radio mitgegrölt, und ich dachte mir hinten irgendwann, ach egal, singste halt mit. Und als ich bei Pinks „Bahahahabyyyy, you’re mine“ zum ersten Mal aus vollem Hals mitsang, drehten sich beide um und meinten nur: „Wow.“

Seitdem habe ich unserer Empfangsdame in meiner alten Agentur mal vorgesungen, die ausgebildete Musicalsängerin ist, um festzustellen, ob da vielleicht doch ein bisschen Stimme in mir schlummert. Sie meinte, dass auf jeden Fall Potenzial da sei (im Klartext: ein Plattenvertrag wird’s nicht, aber da müsste ich ja auch nach vorne auf eine Bühne) und hat mir die Nummer ihres Gesangslehrers Tony gegeben. Nach ein paar Tagen Zieren und Zögern habe ich ihn angerufen, und gestern hatte ich meine erste Stunde.

Was soll ich sagen? Es – war – so – geil.

Tony ist Amerikaner, ausgebildeter Tenor und zurzeit einer der drei Vocal Coaches von Der König der Löwen – die Stunden finden übrigens im Theater statt, allerdings natürlich hinten im Verwaltungstrakt und nicht vorne, wo’s spannend wäre. Er hat zum Einstieg Tonfolgen auf dem Klavier gespielt, die ich nachgesungen habe. Anfangs noch etwas zittrig und nervös, aber schon nach wenigen Minuten freier und voluminöser. Dabei musste ich im Zimmer rumlaufen oder bei höheren Tönen so tun, als würde ich einen Frisbee schmeißen – inklusive Armbewegung und Kraftaufwand. Das Spannende dabei: Ich habe mich so auf den Arm und den imaginären Frisbee konzentriert, dass ich plötzlich in Tonlagen gesungen habe, von denen ich nie geglaubt hätte, dass ich sie hinkriegen würde – einfach weil ich nicht darüber nachgedacht habe, ob ich da wohl hinkomme, ob sich das gut anhört, ob ich genug Luft habe blablabla. Ich habe mittendrin in den „Etüden“ angefangen zu lachen, weil ich mich so gefreut habe, wie toll es klang und wie wenig nach DSDS erste Castingrunde, was ich insgeheim befürchtet hatte.

Nachdem ich warm war, habe ich zwei Lieder singen dürfen: Send in the clowns aus A Little Night Music und No one knows who I am aus Jekyll & Hyde. Tony hat einige Takte vorgesungen, ich hab leise mitgesummt und dann selbst gesungen. Dazu hat Tony mich auf dem Klavier begleitet. Auch hier habe ich kurz innegehalten, aber diesmal nur für mich: Ich singe! Ich singe, und jemand begleitet mich auf dem Klavier! Und es klingt für die erste Stunde schon verdammt annehmbar. Ist das SCHÖN!

Ich hatte leider nichts zum Aufnehmen dabei, wie Tony mir geraten hatte, so dass sich das Üben für nächste Woche als ein kleines Problem herausstellt. Ich habe zwar die Noten hier, aber leider weder mein Akkordeon oder meine Geige, um mir den Anfangston zu geben oder mir die Melodie nochmal zu vergegenwärtigen. Ich glaube, ich muss meine Melodica mal suchen, um für nächste Woche vorbereitet zu sein.

Der Kerl musste übrigens danach für Stunden meine geperlten Tonfolgen ertragen, denn ich wollte gar nicht mehr aufhören zu singen. Es hat soviel Spaß gemacht und soviel gute Laune, auch wenn mir meine Schultern jetzt weh tun und ich müde bin vom vielen Adrenalin. Es war einfach klasse. Und bis nächsten Montag schicke ich jetzt die Clowns rein und frage mich, wer ich bin. Mimimimiiiiiii …

Starsky & Hutch

Starsky & Hutch mit Ben Stiller und Owen Wilson, die ich ja prinzipiell erstmal gerne mag und deswegen doppelt angepisst bin, wenn sie in miesen Filmen mitspielen. Starsky & Hutch ist mies, weil er sich nicht entscheiden kann, ob er eine Parodie auf die seltsam gestylten 70er Jahre sein will oder doch lieber eine Buddy-Komödie oder doch lieber ein Krimi. Im Endeffekt ist er alles von allem und keins davon richtig. Und wenn ich schon Snoop Dogg lustig fand, den ich für einen komplett zugekifften Vollpfosten halte, muss der Rest wirklich richtig dämlich gewesen sein.

The Missing

The Missing mit Cate Blanchett und einem ziemlich lächerlichen Tommy Lee Jones mit langen Haaren. Die beiden sind auf der Suche nach Cates verschleppter Tocher, die von Indianern entführt wurde. Der Film fühlt sich wie eine lange Reise ins Nirgendwo an; man bleibt seltsam unberührt von der sich entwickelnden Familiengeschichte und wird abgestoßen von den Grausamkeiten sowohl von Indianern als auch von Weißen. Und zum Schluss möchte man einfach nur, dass sich alle endlich gegenseitig fertigmachen oder liebhaben, damit der Film und seine blöde „Wir können doch alle voneinander lernen“-Story endlich vorbei sind.

Hidalgo

Hidalgo (Hidalgo – 3000 Meilen zum Ruhm): Die Geschichte um den Langstreckenreiter Frank Hopkins, der sich ratet wieviele Meilen mit seinem gescheckten Mustang durch die arabische Wüste schlägt, ist genauso langweilig wie sie sich anhört. Neben den banal bebilderten Wüstenszenen geht es um die üblichen menschlichen Eitelkeiten: Wer will warum gewinnen und was tut er alles dafür? Der vor sich hin dümpelnde Plot mit ab und zu auftauchenden Hindernissen und seine schablonenhaften Charaktere tun sein übriges dazu, den Film total gestelzt rüberkommen zu lassen. Und nebenbei ist er mit fast zweieinhalb Stunden unglaublich laaaaaang. Ich hab nach ca. 40 Minuten geistig abgeschaltet, nebenbei im Netz gesurft, aber dafür einmal laut gelacht, als Viggo Heuschrecken gegessen hat: “Once you get past the legs, they ain’t so bad.”

The Calcium Kid

The Calcium Kid: Komödie über einen Milchmann, der durch einen Zufall im Weltmeisterschaftskampf im Mittelgewicht antreten soll, darf, muss, kann, wenn er will. Orlando Bloom ist eindeutig komischer als allwissend; die Rolle als naiver Milchmann steht ihm besser als der pseudoweise Elbe, der eine komplette Trilogie lang nur Nichtigkeiten aufsagen und gut aussehen durfte. Hier zeigt er ein bisschen von seinem Talent, geht aber leider trotzdem in einem ziemlich vergurkten Drehbuch unter. Die Story hat hier und da ein paar wirklich schöne Momente, schrägen britischen Humor und eine nette Grundidee, wird aber nach einer guten ersten halben Stunde blitzschnell langweilig und völlig überzogen. Einzige Überraschung ist der Showdown, der ausnahmsweise nicht im Boxring stattfindet. Genau das hätte ich mir aber gewünscht, denn dieses Ende ist wirklich das albernste, was je einem Autor eingefallen ist. Allerdings ist jeder Augenblick, in dem Omid Djalili (laut imdb ein iranischer Stand-up-Comedian) sich zu Wort meldet, ein gelungener Gag und rettet den Film daher vor dem kompletten Reinfall.