Spider-Man 2

Spider-Man 2
(USA, 2004)

Darsteller: Tobey Maguire, Kirsten Dunst, Alfred Molina, James Franco, Rosemary Harris, J.K. Simmons
Musik: Danny Elfman
Kamera: Bill Pope
Drehbuch: Alvin Sargent
Regie: Sam Raimi

Der erste Spider-Man-Film endet damit, dass Peter Parker sich entscheidet, lieber Spider-Man zu sein anstatt Peter, lieber Superheld anstatt Normalbürger. Dafür opfert er sogar seine Liebe zu Mary-Jane und will den Weg alleine gehen, den er seiner Meinung nach gehen muss, denn die zentrale Botschaft “With great power comes great responsibility” hat Peter noch im Ohr. Ich persönlich hätte ihn lieber als Normalo gesehen. Und in Spider-Man 2 bekomme ich diesen Wunsch auch erfüllt.

Das gezeichnete Intro erzählt uns noch einmal kurz den ersten Teil, bevor wir mitten in das seltsame Leben zwischen Held und Held der Arbeit geworfen werden. Peter Parker ist immer noch Fotograf, immer noch Spider-Man, muss aber inzwischen irgendwie seine Miete selbst zahlen und fährt deshalb zusätzlich Pizza aus. Als er eine Lieferung nicht pünktlich zu schaffen droht, tut er das einzige Richtige, was seinem Charakter entspricht: Er schlüpft ins Superhelden-Kostüm, vergisst sein Moped und schwingt sich lieber mit acht Pizzakartons durch New Yorks Häuserschluchten.

Der Tonfall, in dem Regisseur Sam Raimi Spider-Man 2 beginnen lässt, weicht ein wenig vom entweder actionlastigen und melancholischen ersten Teil ab. Der zweite kommt plakativer, Comic-hafter daher, ohne aber seine Charaktere albern werden zu lassen. Wenn Peter sein Spider-Man-Kostüm waschen muss und dabei das Rotblau seine weiße Wäsche einfärbt, ist das nicht lächerlich, sondern zeigt ganz schlicht, dass der gute Mann zwei sehr anstrengende Leben verbinden muss. Wenn ich persönlich es auch sehr erfrischend zu sehen fand, dass selbst Superhelden keine Kochwäsche beherrschen. Die gute alte „Wann gehen Cowboys eigentlich aufs Klo“-Frage mal ganz neu gestellt.

Auch diesmal gibt es einen Schurken, dem sich Spider-Man entgegenstellen muss, auch diesmal wird dieser unfreiwillig von einem Guten zu einem Bösen. Dieser Kniff macht es uns schwer, ihn als herzlosen Mistkerl zu sehen, der gefälligst auf die Zwölf kriegen soll, denn wir hoffen immer noch darauf, dass das Gute sich seinen Weg zurückbahnt. Und Spider-Man ist vielleicht derjenige, der ihm diesen Weg weist. Aber Spider-Man hat in diesem Teil erst einmal genug eigene Probleme am Hals. Er behauptet zwar, ohne Mary-Jane auskommen zu können, liebt sie aber selbstverständlich immer noch. Und daher nagt es fürchterlich an ihm, dass er ständig Verabredungen nicht einhalten kann, weil wieder ein paar Bösewichter dazwischenkommen. Er kann seine Tagesjobs nicht behalten, weil er nachts Verbrecher jagt (wie hat Superman das eigentlich geschafft?), und er verliert sogar nach und nach seine Fähigkeiten, die es ihm ermöglichen, Wände hochzuklettern und Spinnennetze zwischen Wolkenkratzern zu basteln. Fast könnte man das ganze als Quarterlife-Crisis bezeichnen, die bei vielen dazu führt, sich über sich und seine Ziele nochmal grundlegend Gedanken zu machen und die bei Peter darin gipfelt, dass er sein Superhelden-Outfit in den Müll wirft und wieder brav studiert.

Der Bruch zwischen dem Heldendasein und der Rückkehr ins normale Leben wird wundervoll bebildert, Burt Bacharachs Heuler “Raindrops keep falling on my head” dudelt im Hintergrund, und ich persönlich habe nur noch auf die Zeitlupe und den rosigen Weichzeichner gewartet, durch den Peters Leben plötzlich wieder in Ordnung kommt. Überhaupt: Die Bilder bleiben stets auf sehr hohem Filmlevel, werden nie zu billigen Actionabbildungen; das Timing der Szenen ist ausgeklügelt und in unseren MTV-Blitzkriegschnitt-gewohnten Augen teilweise fast dramatisch gedehnt. Die Kamera verharrt gerne bei den Protagonisten und zeigt sie nicht nur heldenhaft gegen blauen Himmel, sondern auch einsam zwischen den Hochhäusern, alleine in kleinen Appartements oder hilflos nach sich selbst und dem richtigen Weg suchend.

Aber mitten in die ganzen dramatischen Überlegungen platzt natürlich der Schurke, Mary-Jane will heiraten, Peters alter Kumpel Harry hat noch nicht vergessen, dass Spider-Man seinen Vater getötet hat undsoweiterundsofort. Genug zu tun also, um das Kostüm wieder hervorzuholen. Und genau in dem Augenblick, in dem ich befürchtet hatte, dass jetzt doch der Standard-Blockbuster mit den obligatorischen Actionszenen beginnt, die mir den ersten Teil fast ein wenig verleidet haben, passiert genau das Gegenteil. Der Film nimmt sich noch mehr Zeit für seine Helden, bringt noch ausgefeiltere Dialoge (die übrigens in ihrer Schlichtheit eher ergreifend als banal sind – auch mal was Neues) und beschäftigt sich mit der großen Frage, was einen Helden ausmacht, in ganz kleinen Geschichten: der Nachbarsjunge, der ein Vorbild braucht. Peter, der seiner Tante endlich die Wahrheit über den Tod des Onkels sagt. Peter, der sich auch ohne Kostüm couragiert zeigt und so ganz simpel klar macht, dass man keine Maske braucht, um ein Held zu sein.

Trotzdem ist Peters Zwiespalt noch nicht ausgeräumt: War die Entscheidung, nur noch Spider-Man zu sein, die richtige? Will ich das überhaupt? Will ich nicht doch lieber mein ganz kleines privates Glück haben, mit einem Mädel an meiner Seite, mit dem ich nachmittags Schokoladenkuchen essen kann? Auch im zweiten Teil muss sich Peter entscheiden, und auch diesmal spielt Mary-Jane eine große Rolle. Denn sie ist es, die ihm klarmacht, dass wir nicht nur eine Facette haben: Held oder nicht. Wir bestehen aus so vielen Schichten, Ideen, Wünschen und Stärken – wenn unser Leben schon nicht schwarzweiß ist, wenn selbst im Bösen noch ein Funken Gutes ist, wieso darf der Held dann nicht auch einmal Mensch sein und umgekehrt?

Spider-Man 2 schafft etwas, das ich vorher nicht für möglich gehalten hätte. Er bringt sehr viel Tiefe in eine sehr schlichte Geschichte. Er trägt Komik auch in ernste Momente, ohne diese Stimmung zu ruinieren und bildet ernste Momente ab, ohne kitschig zu werden. Er huldigt den klassischen Comic-Verfilmungen mit kreischenden Mädels und teilweise karikaturhaften Charakteren (wie dem wundervollen Chefredakteur des Daily Bugle), nimmt einem aber nie die Illusion, in einem ernsthaften Film zu sitzen. Er wirkt bis auf eine Anspielung auf ein großes Online-Auktionshaus gleichzeitig modern und altbacken, seltsam zeitlos und fühlt sich daher in jeder Situation stimmig an.

Spider-Man 2 macht Spaß, rührt an, unterhält, fasziniert und hat atemberaubende CGI-Sequenzen, die nichts mehr mit den etwas holprigen Bildern des ersten Teils gemeinsam haben. Er ist mit über zwei Stunden einen Hauch zu lang geworden; wäre er allerdings kürzer geworden, hätte er darauf verzichten müssen, jeden begonnenen Handlungsstrang schön zu Ende zu führen bzw. hätte einige Figuren stiefmütterlich entlassen müssen. So nimmt man die lange Laufzeit gerne in Kauf, weil man das Gefühl hat, einen wohl durchdachten Film zu genießen.

Wohl durchdacht auch die Besetzung: Wie im ersten Teil veredeln Tobey Maguire und Kirsten Dunst die zwei Fast-Schablonen Peter und Mary-Jane zu wirklichen Charakteren, die in keiner Sekunde lächerlich wirken. Alfred Molina gibt einen sehr menschlichen Schurken, und Rosemary Harris rührt als Tante zu Tränen. Allein James Franco als rachsüchtiger Sohn übertreibt es ein wenig, tritt damit aber sehr passend in die Fußstapfen seines Filmvaters Willem Dafoe, der auch für eine Minute nochmal auf die Leinwand darf.

Spider-Man 2 ist kein typischer, actionhaltiger Sommerkracher geworden, sondern eine Charakterstudie. Dass der Hauptcharakter ein Superheld ist und nicht nur ein junger Mann, der ohne Maske immer noch seinen Platz im Leben sucht, den er mit Maske schon gefunden zu haben scheint, fällt einem nur auf, wenn eben dieser junge Mann sich mal eben halsbrecherisch durch New York schwingt. Und das wird er wahrscheinlich auch noch einen dritten Teil lang tun dürfen. Ich freu mich schon drauf.

Super Size Me

Super Size Me
(USA, 2004)

Drehbuch & Regie: Morgan Spurlock

Vorneweg: Ich kann den Film nicht objektiv beurteilen – falls ich jemals einen Film objektiv beurteilt habe. Ich kann es nicht, weil ich einer der fetten Menschen bin, über die das ganze Kino wohlig-schaudernd gelacht hat, als man sie über die Leinwand watscheln sah in ihren viel zu engen Hosen und T-Shirts, durch die man die Speckrollen zählen konnte. Ich habe mich selten so unwohl in einem Kino gefühlt, denn Super Size Me mag ein halbwegs gelungener Blick auf das amerikanische Essverhalten sein – ein toleranter Blick ist es nicht.

Super Size Me ist erst einmal eine Dokumentation eines ziemlich bescheuerten Experiments. Regisseur Morgan Spurlock, ein gesunder Mann in den 30ern, beschließt, sich 30 Tage lang nur von McDonald’s-Essen zu ernähren. Er muss jedes Gericht mindestens einmal bestellen, muss alles aufessen, und wenn er an der Kasse gefragt wird: “Do you want to super size your order?” muss er Ja sagen und die Riesenportion essen. Im Klartext: zusätzlich zum Burger über ein Pfund Pommes und ein Zwei-Liter-Getränk.

Der Film zeigt, wie sehr Spurlocks Gesundheit in den 30 Tagen leidet, wie seine Cholesterinwerte immer höher und seine sexuelles Verlangen immer weniger wird, wie seine Stimmung leidet, wie er kotzt und wie er in vier Wochen zwölf Kilo zunimmt. Der Film beleuchtet außerdem einige Facetten des amerikanischen Gesundheitssystems, Hintergründe der Lebensmittelindustrie und dass durch ungesunde Schulspeisungen und ein riesiges Werbebudget der großen Konzerne schon Kinder ein falsches Essverhalten lernen. Nach Spurlocks Rechnung sind 37 Prozent aller Amerikaner übergewichtig. Womit das Problem anfängt, das mir Super Size Me etwas verleidet hat: Wo beginnt Übergewicht?

Seit Jahren streiten Experten darüber, was zu fett ist und was nicht. Früher galt die Faustregel: Körpergröße minus 100 minus 15 Prozent bei Frauen, minus 10 Prozent bei Männern. Heute ist man davon wieder ein bisschen abgerückt; 15 Prozent müssen es nicht mehr sein. Vielen Dank auch. Dafür gibt es seit einiger Zeit den BMI, den Body Mass Index, der nun darüber befindet, ob wir schlank und damit attraktiv und begehrenswert sind oder mollig, dick, übergewichtig, fett und eklig und damit von vornherein ungesund und dem frühen Herztod geweiht. Und auch wenn es genügend Gegenbeispiele gibt von dicken Menschen, die 90 geworden sind und durchtrainierten Modellathleten, die mit 30 gestorben sind: Die Botschaft, die der Film vermittelt, ist: Fett ist hässlich, Fett ist ungesund, Fettleibigkeit ist eine Epidemie, die uns heimsucht, und wir müssen alles tun, damit das aufhört.

Es ist unbestritten, dass Schlanksein generell gesünder ist als Dicksein, keine Frage. Aber das Bild, das Super Size Me zeichnet, dient nicht gerade dazu, die Toleranz für die Menschen, die eben nun mal nicht gertenschlank sind, aus welchen Gründen auch immer, zu erhöhen. Die vielen Krankheiten und Todesursachen, die er als unausweichliche Folge von Fettleibigkeit anführt, können schlanke Menschen genauso ereilen. Oder ist der Herztod jetzt nur noch Menschen über 100 Kilo vorbehalten? Unbestritten ist übrigens auch, dass 10 Kilo zuviel auf den Rippen immer noch gesünder sind als jahrelange und meist vergebliche Versuche, sich dieses „Übergewicht“ durch bescheuerte Diäten abzuhungern.

Spurlock hat genau zwei kleine Vignetten im Film, die ein bisschen die Situation von Übergewichtigen in Amerika anklingen lassen, und sie zeigen, was er selbst von solchen Menschen hält. Einmal berichtet ein weiblicher, etwas rundlicher Teenager davon, wie groß der Druck ist, so auszusehen wie die ganzen unterernährten Models, was unkommentiert bleibt. Ein anderes Mal spricht eine deutlich dickere junge Frau davon, dass es schwierig ist, so zu bleiben wie man ist, wenn einem andere Leute erzählen: Hey, ich hab’s geschafft abzunehmen – das kannst du auch. Und das Publikum schnauft verächtlich, wie man das aus trashigen Talkshows gewohnt ist: Die will doch bloß nicht.

Nein, vielleicht kann sie einfach nicht. Fettleibigkeit ist nicht nur angefressen, sie ist zu einem großen Teil erblich bzw. genetisch bedingt. Und selbst, wenn der Wille und die Fähigkeit da sind: Eine große Menge an Gewicht zu verlieren, ist nicht mal eben so geschafft. Es heißt auch nicht, mal ein, zwei Jahre Diät zu halten und dann da weitermachen zu können, wo man aufgehört hat. Abnehmen bedeutet, seine gesamten Essgewohnheiten aufzugeben für den Rest des Lebens. Und dass das schwierig ist, lässt der Film nicht gelten. Er preist sogar die chirurgische Magenverkleinerung als Maßnahme an; eine Operation, die erst seit ein paar Jahren bei extrem Fettleibigen durchgeführt wird und von der noch nicht bekannt ist, wie die Spätfolgen aussehen. Nicht nur der Magen wird verkleinert, der gesamte Organismus ist betroffen. Der Körper kann nur noch eine gewisse Menge an Fett, aber auch an Nährstoffen aufnehmen, wodurch man den Teufel mit dem Beelzebub ausgetrieben hat: Was der Körper vorher zuviel bekam, bekommt er nun eventuell zuwenig.

Ich persönlich hatte einen Moment im Film, wo ich gerne etwas in Richtung Leinwand geschmissen hätte. Ein Sozialwissenschaftler erzählte die Geschichte, dass ein Raucher in einer Gesellschaft sofort darauf angesprochen würde, ob er nicht wisse, wie ungesund das sei, warum er das seinem Körper antue usw. Er wünschte sich, dass die Zeit käme, in der man dicken Menschen das gleiche sagen dürfe: “Why are you doing this to yourself, you fat pig?” Ich hätte dem Blödmann gerne geantwortet: “It’s already happening, you stupid asshole.”

Jeder, der auch nur ein Hauch zuviel (nach welchen Maßstäben auch immer) auf den Rippen hat, hat sicher schon mal im Schwimmbad einen Spruch abgekriegt. Kein Dicker wurde in der Schule nicht gehänselt. Selbst in meinen Augen absolut perfekt aussehende Menschen wie z.B. Beyoncé oder Jennifer Lopez müssen sich in der Presse als „dick“ bezeichnen lassen. Und genau da ist für mich der Punkt erreicht, wo der Schlankheitswahn komplett über die Stränge schlägt. Super Size Me hat natürlich Recht damit, dass wir unsere Essgewohnheiten ändern sollten, dass Obst und Gemüse gesünder sind als Fett und Zucker, aber wenn man schon anfängt, objektiv gesehen schlanke Menschen als eben nicht mehr schlank zu bezeichnen, dann weiß ich auch nicht mehr.

Mir ist schon klar, dass die obigen Zeilen nicht unbedingt eine Filmkritik darstellen. Ich muss einfach zugeben, dass ich vor diesem Film ein wenig die Waffen strecke. Ich fand ihn gut, ich fand ihn spannend, unterhaltsam, nachdenklich, interessant – aber ich habe fast jede Minute als Angriff gewertet. Ich habe zum ersten Mal im Kino nicht das Gefühl genießen können, in der Dunkelheit zu verschwinden und damit mal Ruhe zu haben vor irgendwelchen blöden pubertären Scherzen, die an schlechten Tagen verdammt weh tun und die mir in einer Sekunde mein eigentlich gutes Körpergefühl nehmen. Stattdessen hatte ich jedesmal, wenn ich mich im Sitz bewegt habe, um das andere Bein überzuschlagen, das Gefühl, dass mein schlanker Nachbar denkt, Kann die fette Kuh nicht mal stillsitzen?

Super Size Me zeigt sehr drastisch, wie ungesund 30 Tage Fat … Freud’scher Vertipper … Fast Food sind. Ich bin zwar der Meinung, dass 30 Tage Eierdiät ein ähnliches Ergebnis gehabt hätten, weil jede einseitige Ernährung ungesund ist, aber das wäre nicht so plakativ gewesen. Der Film hat es allerdings erreicht, dass McDonald’s die Super Size-Menüs von der Speisekarte gestrichen hat; wahrscheinlich auch, weil sie auf Spurlocks berechtigte Frage keine Antwort gefunden haben: Wer braucht ein Pfund Fritten und zwei Liter Cola?

Ich hab auch keine Antwort. Ich kann nur sagen: Ab und zu sind ein Pfund Fritten ganz nett. Und ich hab auch keine Lust, das sein zu lassen. Und ich mag keine Filme, die einen kompletten Menschenschlag über einen Kamm scheren und sie als unfähige Trottel darstellen, die zu doof zum Essen sind. Aber das ist wahrscheinlich nur eine Überinterpretation. Guckt euch den Film selbst an; sagt ihr mir, wie er war. Nach ungefähr 20 Ansätzen, diese Kritik halbwegs würdig über die Bühne zu kriegen, gebe ich offiziell auf. Und geh was essen. Nen Salat. You win.

(T)Raumschiff Surprise – Periode !

(T)Raumschiff Surprise – Periode 1
(D, 2004)

Darsteller: Michael Herbig, Rick Kavanian, Christian Tramitz, Til Schweiger, Anja Kling, Sky Dumont, Christoph Maria Herbst
Kamera: Stephan Schuh
Drehbuch: Michael Herbig, Rick Kavanian, Alfons Biedermann
Regie: Michael Herbig

Dass (T)Raumschiff Surprise überhaupt gedreht wurde, verdanken wir den vielen Fans der bullyparade, die darüber abstimmen durften, ob wir einen zweiten Teil vom Schuh des Manitu bekommen, einen Sissi-Film, einen Film, wo keiner mit rechnet oder eben einen Film mit der rosafarbensten Crew des Weltalls. Ich persönlich wollte ja gerne Sissi sehen, aber nachdem ich aus dem Kino gekommen bin, war ich ganz froh, dass es doch die Weltraumtucken geworden sind.

Wer sich bei Manitu amüsiert hat, wird das auch garantiert bei (T)Raumschiff Surprise tun, denn das Grundrezept, nach dem die Witze funktionieren, ist das gleiche: Pubertärer Brachialhumor wechselt sich ab mit wunderbar intelligenten Wortspielen, die man erst kapiert, wenn sie vorbei sind, die einem dann aber nachträglich Bewunderung abringen. Das Tempo im Weltraum ist noch eine Ecke höher als im Wilden Westen, und das tut dem Film sehr gut. Bei Manitu hatte ich einige Male den Wunsch, es möge doch jetzt bitte weitergehen; bei (T)Raumschiff Surprise war ich fast erstaunt, als der Abspann mit den obligatorischen Outtakes anfing.

Die Geschichte der drei schwulen Raumfahrer, die als letzte Retter der Erde eine Zeitreise unternehmen und dabei ins Mittelalter und in den, war ja klar, macht aber Spaß, Wilden Westen gelangen, bevor sie im Jahr 2004 ankommen, nimmt sich selbst nie ernst und persifliert ein Filmklischee nach dem anderen. Star Wars-Fanatiker sollten sich das Traumschiff nicht antun, denn was Bully aus dem guten, alten Laserschwert macht oder aus dem „Darth Vader ist mein Papi“-Trauma, ist pure Blasphemie. Das allerdings verdammt unterhaltsam. Aber eigentlich ist die Story kaum von Belang, dient sie doch nur als Korsett für viele kleine Einzelszenen, die alle auch in der bullyparade hätten stattfinden können. Beziehungsweise fast alle, denn in das Münchner Studio hätten wahrscheinlich weder ein phallusförmiges Raumschiff, ein fliegendes Taxi, ein Scheiterhaufen, auf dem ein Sofa steht, und ein Moped, das als Zeitmaschine fungiert, gepasst. So dürfen sich die drei Recken zusammen mit Til Schweiger und Anja Kling auf der großen Leinwand austoben. Und das tun sie dann auch.

Das Schöne an (T)Raumschiff Surprise ist, dass man dem Film den Respekt vor seinen großen Vorbildern anmerkt; vieles wird liebevoll zitiert, ohne es albern wirken zu lassen. Wenn man mal so tut, als sei der komische Rat mit Samuel L. Jackson in den unbequemen Sesseln aus Episode 1 nicht schon albern genug. Aber nicht nur vor den verschiedenen Genres hat (T)Raumschiff Surprise Respekt – er lässt auch seine Charaktere nicht im Stich. Bei all den Kalauern und Schenkelklopfern haben die Jungs komischerweise wirklich eine Persönlichkeit; sie sind nicht nur Mittel zum Zweck, in diesem Falle ein billiger Lacher. Als einer von ihnen zurückgelassen werden muss, habe ich wirklich um ihn getrauert, anstatt wie mein Hintermann darüber zu grölen. Aber das war eh einer von Sorte, die schon das Lichterlöschen im Saal todkomisch fand.

(T)Raumschiff Surprise lebt von seiner straffen Story, vielen kleinen Ideen, die jede Szene abrunden, guten Akteuren, die nicht typisch-deutsch-pseudokomisch sind, sondern die wirklich das Talent für eine Pointe besitzen. War Manitu schon gut gecastet, ist es das Traumschiff erst recht. Bully kann es sich zwar auch hier nicht verkneifen, die Menschen singen zu lassen, aber diesmal sind die musikalischen Einlagen deutlich kürzer. Und als Christoph Maria Herbst als mittelalterlicher Barde seine Bontempi anwarf, war ich eh verloren.

Der Film ist sicherlich keine Neuerfindung des Rads. Manche Jokes sind ein bisschen angestrengt, andere wiederum haben diese völlig irrwitzige Qualität, die schon die bullyparade vom Rest der Pausenclowns unterschied. Mich persönlich hat es gefreut zu sehen, dass man aus einem kleinen Einspieler wirklich einen ganzen Film hinkriegt, der nicht langweilt und nicht nervt; ich hatte befürchtet, dass das konstante Dauergeschwuchtel einem doch irgendwann auf den Keks geht. Aber immer wenn’s zuviel wurde, durfte Til Schweiger sexy in die Kamera gucken oder Rick Kavanian als Lord Maul durch die Gegend sächseln. Und wenn gar kein Dialog mehr half, waren die Special Effects da, die sehr, sehr ordentlich geworden sind.

Simples Fazit: Mir hat’s gefallen. Ich wollte mich amüsieren – ich hab mich amüsiert. Keine schwere Kost, sondern ein sehr liebevoll gemachter Film, der einen gut unterhält und mit einem fluffigen, warmen (der musste sein) Gefühl aus dem Kino entlässt.

Elephant

Elephant: dokumentarisch anmutende Nacherzählung des Massakers in Littleton. Der Film folgt sehr bedächtig mehreren Schülern auf ihren endlos scheinenden Wegen durch die Schule, so dass der Zuschauer sich zum Schluss dort perfekt auskennt und daher die Bedrohung fast selbst spürt, wenn einer der beiden Täter um eine Ecke biegt. Das Werk bezieht seine komplette Spannung daher, dass man auf die Bilder wartet, die man kennt: die Cafeteria, die Leichen in den Gängen, die waffenstrotzenden Schützen. Regisseur Gus van Sant widersteht der Versuchung, das Ganze reißerisch aufzumachen und lässt stattdessen scheinbar einfach die Kamera laufen an einem ganz normalen Schultag. Die 80 Minuten Film fühlen sich bis auf den Schluss ziemlich langweilig an; gleichzeitig ist das aber der Pluspunkt des Films, denn genauso wird sich das Leben in Littleton angefühlt haben, bis auf einmal alles anders wurde.

Einige zaghafte Erklärungsversuche wie das Außenseiter-Dasein und die Waffenverrücktheit der beiden Täter, ihre Faszination für Ego Shooter oder die Nazis klingen an, werden aber nicht als Grund für das Massaker herangezogen. Am eindringlichsten fand ich die Schlussszene, in der einer der beiden einen Abzählreim nutzt, um für sich selbst klarzumachen, wen der zwei Schüler, die er flehend vor sich hat, er nun als erstes erschießen wird. Das ganze ist ein Spiel, ein Spaß, hat keine Konsequenzen und ist genauso „normal“ wie die kotzenden Mädchen nach dem Lunch auf dem Klo oder dass der eine Täter den anderen erschießt, einfach so, es ist egal. Grundlos, sinnlos. Dieses Gefühl fängt der Film perfekt ein. Trotzdem bleibt die Frage, was er eigentlich soll, denn er erzählt mir nichts Neues oder Überraschendes und ist, wie gesagt, verdammt langweilig.

Cold Mountain

Cold Mountain (Unterwegs nach Cold Mountain): epische, langsame Reise eines Deserteurs (Jude Law) im Bürgerkrieg der USA nach Hause, nach Cold Mountain, zu seiner Geliebten (Nicole Kidman), die mit einer einzigen weiblichen Hilfskraft (Renée Zellweger) versucht, ihre Farm vor den Kriegswirren und dem Winter zu retten.

Ich musste mich anstrengen, diesen Film zu mögen, denn ich kann Nicole Kidman nicht leiden, und auch ihre zerstrubbelten Haare (die aber immer noch nach Fotoshooting aussahen) und dreckigen Hände haben mich nicht davon überzeugen können, dass sie eine Farm bewirtschaftet. Genau wie Renée Zellweger anscheinend immer einen Schmollmund hat; ihr schöner Südstaatenslang hat aber einiges wettgemacht. Jude Law ist mir ein wenig zu feingliedrig gewesen für das ganze Schlachten um ihn herum, aber vielleicht sind mir gerade deswegen die Gewaltszenen so nahe gegangen.

Die Sequenzen aus dem Schützengraben hatten eine satte Farbigkeit und wirkten durch Kameraführung und Zeitlupe wie Gemälde. Kostüme und Ausstattung schufen eine perfekte Illusion; gerade deshalb hat es genervt, so viele bekannte und vor allen nicht gerade zeitlose Gesichter in der Geschichte wiederzufinden. Giovanni Ribisi, Charlie Hunnam, Jack „The White Stripes“ White, Philip Seymour Hoffman … einzig Natalie Portman schien mir in das Lokalkolorit zu passen.

Die Geschichte hat zwar den roten Faden des Nach-Hause-kommen-Wollens, aber das, was den Film ausmacht, sind eher die verschiedenen Menschen, die Law auf eben diesem Weg trifft. Jedes einzelne Schicksal ist vom Krieg gezeichnet; die Sinnlosigkeit gerade dieses Krieges wird sehr deutlich, obwohl der Film sie geschickt und nicht mit dem Holzhammer transportiert. Untermalt wird das ganze von der einfühlsamen Musik von Gabriel Yared: sehr martialisch bei den Kampfszenen, aber sehr zurückgenommen und zärtlich bei allem anderen.

Die Dialoge tun ihr übriges: Sie schwanken angenehm zwischen erdiger Bodenständigkeit gerade von Zellweger und völlig gestriger Südstaaten-Vornehmheit. Manchmal etwas plakativ, aber deshalb nicht weniger wahr, z.B. wenn Law sich rechtfertigt, dass er Kidman nicht öfter geschrieben habe: “If you could see my inside, or whatever you want to name it; my spirit, that’s what I fear. I think I’m ruined. They kept trying to put me in the ground but I wasn’t ready. But if I had … if I had goodness, I lost it. If I had anything tender in me, I shot it dead! How could I write to you after what I’d done? What I’d seen?”

Mona Lisa Smile

Mona Lisa Smile (Mona Lisas Lächeln): pseudo-feministisches Geblubber mit Julia Roberts als Kunstlehrerin am traditionsreichen Wellesley-College in den 50ern. Der Film kann sich nicht entscheiden, ob er nun eine der fünf angerissenen Liebesbeziehungen mehr als nur schablonenartig anreißt oder doch lieber den Konflikt „Küche oder Karriere“ beleuchtet oder nur den Selbstverwirklichungswunsch der Hauptfigur abbildet oder generell ein Statement zum Leben der amerikanischen Frau nach dem Zweiten Weltkrieg abgibt.

Es sollte wohl so eine Art Dead Poets Society für Mädchen werden; das ist es leider sowas von gar nicht geworden. Stattdessen quält sich Mona Lisa Smile von einer Handlungsebene auf die nächste, und keine wirkt richtig fertig. Viele Nebenfiguren werden spannend angerissen (die lesbische Krankenschwester, die einsame Vermieterin, die promiskuitive Studentin), aber alle versacken in einem sehr unstrukturiert wirkenden Drehbuch. Und Julia Roberts habe ich bisher nur Pretty Woman abgekauft und danach keine einzige Rolle mehr. Vor allem nicht diese.

Along Came Polly

Along Came Polly (… und dann kam Polly): unausgegorene Komödie mit einem völlig verschenkten Ben Stiller und einer langweiligen Jennifer Aniston. Die beiden haben es doch eigentlich gar nicht nötig, sich in sowas Halbgarem rumzutreiben. Ich habe beiden keine Sekunde lang geglaubt, dass sie füreinander bestimmt waren, ich fand keinen der Frettchen-Jokes lustig und die Furz-und-Kotz-Orgie schon gar nicht. Für 13jährige waren zu wenig Titten drin, für die Älteren zu wenig Story und für alle zu wenig Witz. (Philip Seymour Hoffman und Hank Azaria waren die einzigen Lichtblicke. Aber selbst die haben’s nicht gerissen.)