Samstag, 31. Juli 2004

SamstagSieben mit viel Wasser auf meiner Mühle. Danke für die Fragen.

1. Die Rechtschreibreform ist gut, weil ...
... sie einiges vereinfacht hat. Nicht mehr radfahren und Boot fahren, sondern Rad fahren und Boot fahren. Kein großes Du mehr, sondern alles klein; nur die förmliche Anrede Sie bleibt groß und macht sie daher besonders. Kein Wegfallen mehr von Konsonanten wie bei Brennessel und Schiffahrt. Und mir persönlich gefällt die neue Schreibweise von Paragraf und zurzeit (analog zu derzeit) viel besser als die frühere.

2. Die Rechtschreibreform ist schlecht, weil ...
... einiges komplizierter ist als vorher. Die Regel mit s, ss oder ß zum Beispiel. Ich habe in der Schule die wunderbar simple Regel gelernt: Es gibt im Deutschen kein einziges Wort, ich wiederhole gerne: kein einziges Wort, das auf ss endet. Konnte man sich prima merken. Und statt diese Regel zu belassen, wurde sie verkompliziert. Heute muss ich bei jedem Wort überlegen, ob der Vokal vor dem s nun lang oder kurz ist, also ob ich ein ß oder ein ss setze, wie bei Fuß oder Fluss. So sehr ich das ß mag – ich hätte nichts dagegen gehabt, es komplett abzuschaffen und damit eine Fehlerquelle zu eliminieren, anstatt die Chance noch zu vergrößern, Fehler machen zu können.

Außerdem sind manche neuen Schreibweisen Sinn verfälschend (formerly known as sinnverfälschend) wie zum Beispiel allein stehend. Es ist für mich ein Unterschied, ob ich alleine stehen kann oder ob ich keinen Partner habe. Bisher wurde die eine Möglichkeit getrennt, die andere zusammen geschrieben. Heute schreibt man beides getrennt, und ich finde es unlogisch.

Was mich generell nervt, ist, dass mehrere Schreibweisen nebeneinander existieren. Man darf Jogurt, aber auch Joghurt schreiben, freudscher oder Freud'scher Fehler, Portemonnaie oder Portmonee. Jeder wie er mag. Was zur Folge hat, dass man sich nicht mehr auf das gedruckte Wort z.B. in Zeitschriften oder Büchern verlassen kann. Ich habe meine gute Rechtschreibung dadurch gelernt, dass ich viel gelesen habe und mir so die korrekte Schreibweise fast nebenher merken konnte. Wenn ich heute drei Magazine vergleiche, schreibt jeder auf eine andere Weise – auch gerne nochmal nach der alten, heute also falschen Rechtschreibung. Vielleicht weil auch viele Redakteure die neue noch nicht so verinnerlicht haben.

In meinem Job war es wichtig, die neue Rechtschreibung so schnell wie möglich zu lernen, denn die meisten Kunden wollten von vornherein keine „alten“ Texte mehr. Und obwohl es natürlich für alles ein Lektorat gibt und ich eine Menge Texter kenne, die nicht mal die alte Rechtschreibung beherrschen, ist es einfach mein ganz eigener Anspruch an mich, korrekt schreiben zu können. Also habe ich mich hingesetzt und Regeln gepaukt. Aber gerade bei Getrennt- und Zusammenschreibung muss ich vieles nachschlagen, weil ich mir einfach nicht merken kann, ob jetzt z.B. eine Verbindung von einem Verb im Infinitiv und einem zweiten zusammen oder getrennt geschrieben wird (man schreibt es immer getrennt). Beim Blogs!-Buch, wo ich alle meine Texte nochmal Korrektur gelesen habe, waren trotzdem noch fünf kleine Fehler drin. Immerhin weiß ich nun, dass man des Öfteren mit großem ö schreibt. Aber es schleichen sich in meine Ergüsse immer noch Macken ein, einfach, weil ich bei vielen Worten gar nicht darüber nachdenke, ob sie inzwischen vielleicht anders geschrieben werden.

Ich glaube trotzdem, dass es falsch wäre, die Reform zurückzunehmen. Sie sollte in einigen Fällen nachgebessert werden, aber auf keinen Fall möchte ich wieder zur alten Schreibweise zurück. Auch wenn ich vorher gejammert habe wie nichts Gutes, dass ich mich nie an ein Doppel-S gewöhnen würde – es ging schneller als ich gedacht habe.

Peinlich finde ich die FAZ, die ja weiterhin nach der alten Rechtschreibung schreibt; sie erinnert mich an ein bockiges Kind im Supermarkt, das sich auf die Erde schmeißt, weil es kein Snickers kriegt. Ich habe mir die neuen Regeln mehr oder minder vollständig angeeignet, die Schulkinder lernen sie seit Jahren – was würde es bringen, das Ganze wieder rückgängig zu machen? Warum sollte man zweimal neue Regeln lernen, wenn einmal völlig ausreicht? Und auch wenn ich großen Respekt vor vielen deutschen Schriftstellern habe – dieses Genöle, man wolle die alte Rechtschreibung wiederhaben, ist doch affig. Ich konnte mich umstellen, dann kann Günter Grass das doch erst recht.

3. Mein deutsches Lieblingswort in diesem Jahr ist ...
Idiosynkrasie. Wie jedes Jahr. Hab ich vor 100 Jahren in einem MAD-Heft gelesen. Ist das erste Wort, bei dem ich mich erinnere, die Bedeutung nachgeschlagen zu haben.

4. Mein deutsches Unwort in diesem Jahr ist ...
Ich mag Worte wie Knorpel oder Propf Pfropf nicht. Die klingen so organisch-eklig.

5. Das Wort, das ich immer falsch schreibe, ist ...
Es gibt zwei Worte, bei denen ich etwas langsamer tippe. Einmal Atmosphäre (h oder kein h?) und Marilyn wie in Monroe. Wo das i und wo das y? Eselsbrücke: wie im Alphabet. Erst das i, dann das y.

6. Es gibt im Deutschen kein Wort für „nicht mehr durstig“ (nicht mehr hungrig = satt). Mein Vorschlag für ein solches Wort:
Ich kann mit „nicht mehr durstig“ prima leben. Kunstworte finde ich doof.

7. Der Verein Deutsche Sprache fordert weniger Anglizismen. Dieses englische Wort/dieser Spruch nervt mich am meisten:
Mich nervt eher der Verein Deutsche Sprache als irgendein Anglizismus. Die komische Altherrenrunde, die am liebsten aus
E-Mail E-Post machen würde, nur weil es ums Verrecken deutsch klingt, kann ich einfach nicht ernst nehmen. Sprache ist etwas Lebendiges; sie profitiert von fremdsprachigen Einflüssen und wird dadurch reicher. Pseudo-Anglizismen wie Handy oder Showmaster oder Werbesprüche wie „Come in and find out“ oder (mein Negativliebling) „The Future. Together. Now.“ sind natürlich grenzwertig, aber solange sie nicht komplett falsch sind, sehe ich kein Problem.

Außerdem finde ich das Feindbild allmählich langweilig. Wo ist die Bürgerbewegung gegen den allgemein fremdsprachlichen Einfluss? Ich wollte schon immer ne Demo gegen Haute Couture machen. Oder gegen Paparazzi. Oder la ola. Haben die Jungs eigentlich auch was gegen kreative deutsche Wortschöpfungen wie unkaputtbar?




Freitag, 30. Juli 2004



Wenn der seltsamste liebste Kerl von allen mir zum Siebenmonatigen eine Schwimmschlange schenkt, heißt das, dass ich zum Achtmonatigen einen Affenarsch und zum Zehnmonatigen eine Zimtzicke kriege?




Donnerstag, 29. Juli 2004

Dinge, die ich in den letzten zwei Tagen gelernt habe:

Du weißt, du hast nicht genug gefrühstückt, wenn das Rascheln der Zeitung eines Mitfliegers in deinen hungrigen Ohren wie eine geschüttelte M&M's-Tüte klingt. (Erdnuss, nicht plain.)

Franken ist Franken und auf keinen Fall Bayern.

Der 5er BMW ist innen ganz schön eng. Aber auch ganz schön schön.

Es braucht fünf Mädels, um das Navigationssystem in Gang zu setzen. („Das lag am Parkhaus! Der Satellit hat uns einfach nicht gefunden." „Genau. Mal sehen, wer uns diese Variante abkauft.“)

Es erstaunt Ingenieure immer wieder, dass auch Frauen über Technik schreiben können. (Schreiben. Nicht bedienen. Und ein Navigationssystem ist keine Technik, sondern Zauberei.)

Es gibt immer noch Produktpräsentationen, bei denen ich vor Faszination fast anfange zu heulen.

Mein Fernseher ist a) viel zu klein, b) viel zu hässlich und kann c) gar nichts.

Andere Fernseher sind a) einfach nur groß, b) wunderwunderschön und können c) die Rolläden in meinem Ferienhaus in Lugano auf- und zumachen. Wenn ich ein Ferienhaus in Lugano besäße. Und den dazu passenden Fernseher.

ich muss meine Vorurteile über bayerische ... fränkische Kleinstädte wiederrufen. Gott, war das idyllisch.

Antipasti könnte ich kiloweise essen, Rotwein schmeckt manchmal nach Zahnarzt, und für Nachtisch ist immer noch Platz.

Wie gut, dass ich neben dem langärmeligen Polyacrylblüschen noch das kurzärmelige Baumwollblüschen eingepackt habe.

Kantinendessert kann auch mal nur aus Farb- und künstlichen Aromastoffen bestehen, die die wattige Konsistenz aber trotzdem nicht überdecken können.

Wenn man 15 Kilometer hinter einem Betonlaster hängt und nicht überholen kann, es dann endlichendlichendlich schafft und aus fünf Mädchenkehlen heller Jubel tönt, ist die Chance verdammt groß, dass zehn Sekunden später ein Sandlaster direkt vor einem einschert.

Abends in der Lufthansa-Lounge gibt's nur noch die Financial Times. Wie gut, dass ich die neue Intersection dabei hatte. Mein Sitznachbar mit der FAZ hat auch gerne mitgelesen.

Irgendwann schwenkt das faszinierte Gefühl über die neue Aufgabe in ein panisches um, wenn man weiß, wieviel man noch zu tun hat und dass man dafür eigentlich überhaupt keine Zeit hat.

Dann mal los.




Dienstag, 27. Juli 2004

Spam-Betreffzeilen-Lyrik:

Rattlesnake fetishist near 9
Cloud formation girls for 66
Did the two of you really sleep together?
Why would you insulate alkane

Endlich habe ich es gefunden
Heiß und ganz neu aus den USA
Too late to get a diploma?
Purchase valium online here

Sri bully chomp
Couldn't jacobus
diminiutive

Orville
Snuggle
Boot girls

The antidote is here
Your degree by Fedex shipped
Hey, need meds?
Don't lose hope, man.



Die Zweitplatzierte in der Kategorie „Fachblog“ gratuliert ganz herzlich der Zweitplatzierten in der Kategorie „Erzählen“. Und natürlich auch der Siegerin. Ebenso herzlich.

Und wir sehen uns Donnerstag. Kunde ruft. Anke fliegt. Diesmal sogar mit drei vier Kolleginnen. Mädchenabend! Kissenschlacht!




Montag, 26. Juli 2004

Gestern wurden in Bayreuth die Festspiele eröffnet. Nervensäge Christoph Schlingensief durfte sich an Parsifal vergehen, eine der wenigen Opern, die ich in Bayreuth noch nicht gesehen habe.

Was ich nämlich schon auf dem Grünen Hügel gesehen habe, sind Der Fliegende Holländer, Tannhäuser, Lohengrin, Die Meistersinger von Nürnberg und – mein Heiligtum – Der Ring des Nibelungen. Für den Parsifal hatte meine liebe Mama vor drei Jahren endlich Karten bekommen, aber da lag ich leider gerade krank geschrieben und bandscheibenvorfallgeplagt im Bettchen und hätte es keine drei Minuten im Sitzen ausgehalten. Vor allem nicht auf den sehr spärlich gepolsterten Bayreuther Stühlen (die Akustik! Die Akustik!).

Die Wartezeit für Eintrittskarten betrug früher sieben Jahre, seit Grenzöffnung sind es zehn (damn you, Zonis!). Meine Mutter allerdings meint, es sei ganz easy, an Karten zu kommen: Man schreibt einfach im Namen aller Nachbarn, Verwandten und Bekannten, die nicht in die Oper wollen, ans Festspielhaus mit der Bitte um zwei Karten, ganz egal für welche Oper, für welche Vorstellung und in welcher Preiskategorie. Nur nicht für die Hörplätze, die zwar extrem erschwinglich sind – als ich das letzte Mal da war, haben sie um die zehn Mark gekostet –, aber dafür sitzt oder steht man hinter einer Säule, so dass man wirklich überhaupt nichts sieht. Daher wohl auch der clevere Name „Hörplätze“.



Meine Mutter hatte Mitte der 70er Jahre angefangen, nach Bayreuth zu schreiben. 1979 hat sie zum ersten Mal Karten bekommen, und zwar für den Fliegenden Holländer, damals in der Inszenierung von Harry Kupfer. Ich weiß noch, dass meine Mama sich ewig über die moderne Inszenierung aufgeregt hat: „Der hat das Erlösermotiv zum Schluss einfach weggelassen! WEGGELASSEN!“ Blasphemie!

Generell finde ich, moderne Inszenierungen sind der einzige Weg, Opern noch zeitgemäß auf die Bühne zu bringen. Ich mag aber auch nicht jede. Wenn sie grafisch schlicht sind und trotzdem das Wesentliche zeigen, ohne es aufgesetzt wirken zu lassen, gefällt es mir sehr gut. So wie die Inszenierung des Holländers von Dieter Dorn, in deren Genuss ich 1991 gekommen bin. Sie wirkte nicht auf Teufel komm raus-modern, sondern einfach stimmig. Er hat das Schiff des Holländer erhalten, aber das Bühnenbild war immer noch sehr karg und dramtisch reduziert; wir mussten keine Nebelorgie, keine Schatztruhen oder plüschige Kostüme ertragen.

Am peinlichsten wird es ja, wenn man versucht, den im Buch vorgesehenen Drachen im Siegfried auf die Bühne zu kriegen. Das hat Hannover mal gemacht, und ich musste jedesmal gackern, wenn das silbrige Ungetüm sich auf die Bühne wälzte, mit rauchendem Metallkopf und rot glühenden Scheinwerferaugen. Da hat auch Wolfgang Schmidt in der Titelrolle nichts geholfen – obwohl er einer der wenigen Sänger ist, für die ich in der Oper Rotz und Wasser heule. Im Bayreuther Tannhäuser zum Beispiel. Bei der Rom-Erzählung war alles vorbei.

Der Tannhäuser war von Wolfgang Wagner inszeniert und verströmte diese eklige Wagner'sche Biederkeit: wallende Gewänder im Venusberg, ein blau-violettes Bühnenbild, das 1958 bestimmt total revolutionär war und eine sehr statische Aufführung. Aber egal: Wolfgang Schmidt hat gesungen, und ich habe geweint. Wie ich übrigens in Bayreuth immer weine, sobald die Ouvertüre anfängt. Zu wissen, ich sitze im besten Opernhaus der Welt und höre die besten Stimmen und die besten Musiker – das ist schon geil. Ich hab kein besseres Wort.

Ich erzähle ja immer wieder gerne die Geschichte von Verstehen Sie Spaß?, das damals Cherno Jobatey moderiert hat (glaube ich). Ein Hotelpage, der Opernfan war, wurde veräppelt und hat zum Trost dafür einen Preis bekommen, den er sich aussuchen konnte: eine Woche Sydney mit Opernbesuch, eine Woche New York und die Met oder eine Woche Bayreuth mit Festpielkarten. Und was hat der gute Mann genommen? Bayreuth. Ich hätte es genauso gemacht.



Die Akustik im Festspielhaus ist einfach nicht zu beschreiben. Das Orchester sitzt in einem überdachten Graben, so dass man es nicht sieht – was ich etwas schade finde, weil ich so gerne den Harfenistinnen beim Stricken zugucke. Trotzdem hört man es auf jedem Platz gleich gut; ich habe schon in der zweiten Reihe gesessen und in der 20sten: kein Unterschied. Und die Stimmen! Die Chöre in Bayreuth bestehen aus Einzelsängern, was bedeutet, dass einem 50 und mehr Solisten auf einmal entgegenschallen. Diese geballte Macht erwischt mich jedesmal wieder.

Bayreuth lebt natürlich auch von der Geschichte und von den kleinen Eigenheiten, die hier den Opernbesuch noch besonderer machen. Die Pausen zum Beispiel dauern eine ganze Stunde. Meine Mutter und ich sind dann stets gemütlich zum Auto zurückgeschlendert, haben die fiesen High Heels abgestreift und den Sekt aus der Kühltasche im Kofferraum geköpft. Danach sind wir Promi-Gucken gegangen oder haben die Sonne genossen. Meine Mutter jedenfalls. Ich hingegen fand das lästig – die Festspiele finden immer im Juli/August statt, so dass man in seiner Abendrobe schwitzt wie irre. Und so schön kühl der Zuschauerraum auch ist, klimatisiert ist er natürlich nicht (die Akustik! Die Akustik!).

Das Ende der Pausen wird übrigens nicht mit einem schnöden Gong angezeigt. Stattdessen stehen auf einem Balkon mehrere Bläser, die ein Motiv aus der jeweils gegebenen Oper spielen. 15 Minuten vor Einlass einmal, 10 Minuten vorher zweimal, und eigentlich solltest du schon auf deinem Platz sitzen, wenn sie dreimal tröten.

Zum standesgemäßen Bayreuth-Besuch gehört natürlich auch der Abstecher zum Wohnhaus des Meisters: Haus Wahnfried. „Hier wo mein Wähnen Frieden fand, sei dieses Haus von mir benannt.“ Heute ist das Haus ein Museum, und im Saal mit der Rotunde, in der ein Flügel steht und aus dem man in den Garten schauen kann, lauscht man ausgesuchten Aufnahmen aus Bayreuth.

Genau wie ich gestern in der Badewanne. Mein kleines Stück Bayreuth für zuhause. Dem Parsifal trauere ich übrigens wirklich noch nach. Aber egal – in spätestens sieben Jahren bin ich wieder da.




Sonntag, 25. Juli 2004



Wenn Marion Zimmer Bradley Magnetic Poetry besäße.

(„Besäße?“ Manchmal ist der Konjunktiv ein ganz schöner Poser.)




Samstag, 24. Juli 2004

SamstagSieben:
1. Welches Buch hast du zuletzt gelesen?
In der Mache habe ich gerade My Life von Bill Clinton, Close Range: Wyoming Stories von Annie Proulx, und ausgelesen habe ich gerade The Book, the Film, the T-Shirt von Matt Beaumont.

2. Warum hast du das Buch gelesen?
Weil ich Beaumonts erste beide Bücher, e und The e before Christmas, ziemlich unterhaltsam fand. Beide Bücher sind Nachkommen des Briefromans: E-Mail-Romane. Sie spielen, wie auch Bookfilmshirt, in einer Werbeagentur, und der Verfasser ist Texter. Deswegen sind die Texter in den Büchern auch die Guten und alle anderen die Doofen. Wasser auf meiner Mühle.

Question: How many art directors does it take to change a lightbulb? Answer: "Fuck off, I'm not changing a thing!"

3. Welches Buch hast du angefangen und nie zuende gelesen?
Ne Menge. Mein letztes war The Little Friend von Donna Tartt, was mich sehr enttäuscht hat. Ich liebe The Secret History von ihr; zusammen mit Fight Club und The Beach ist es das Buch, was ich am meisten verschenke. History war so schön straight forward geschrieben, das lies sich so richtig schön runter. The Little Friend mäandert seitenlang hin und her, und ich habe es, glaube ich, dreimal angefangen, bis ich es irgendwann nur noch aus Pflichtgefühl gelesen habe. Und darauf hatte ich einfach keine Lust mehr. Genauso wie ich aus Kinofilmen rausgehe, wenn sie mir nicht gefallen, lese ich auch keine Bücher mehr zuende, die mich nerven.

4. Klassik, Krimi, Fantasy ... welches Genre bevorzugst du?
Ich mag gut erzählte Geschichten. Gut erzählt heißt für mich relativ leicht zugänglich, emotional, nicht überfrachtet, sehr menschlich.

Überhaupt: menschlich. Ich lese gerne Bücher, die mir Charaktere näher bringen. Ich liebe es, wenn ich ein Buch zuklappe und merke, dass mir die Personen, die ich kennengelernt habe, fehlen werden oder dass ich darüber nachdenke, wie es wohl mit ihnen weitergegangen wäre. Dieses Gefühl ist genre-unabhängig.

5. Welche Bedeutungen haben Werke von Goethe und Schiller für dich?
Eine große. Ich bin dankbar dafür, einiges von ihnen in der Schule gelesen zu haben. Der Werther zum Beispiel ist für mich heute genauso aktuell wie vor 200 Jahren, und Don Carlos von Schiller begeistert mich noch heute durch seine ungestüme Leidenschaft.

Goethe und Schiller haben bei mir die Liebe zur Klassik geweckt; in vielen ihrer Werke finde ich eine unglaublich schöne Sprache, die in meinen Ohren nicht alt und verstaubt klingt, sondern, ganz im Gegenteil, wunderbar zeitlos. Wenn ich an Poesie denke, denke ich an einige amerikanische Lyriker, aber vor allem an Goethe, dessen Gedichte ich sehr gerne mag. Wobei mir einige andere deutschsprachige Lyriker genauso viel bedeuten: Rilke, Benn, Trakl zum Beispiel. Ich mag nicht alles von Goethe und Schiller, ich kenne auch beileibe nicht alles, aber vieles von ihnen ist für mich zu Recht ein Maßstab, an dem sich auch heutige Literatur messen lassen muss.

6. Was liest du in einem Buch zuerst? Erste oder letzte Seite?
Den ersten Absatz. Wenn der mich noch in der Buchhandlung fesselt, hat das Buch gewonnen. Wobei ich fast nie mehr in eine Buchhandlung gehe, sondern stattdessen bei Amazon Großeinkäufe tätige. Da lese ich dann gar nichts, sondern verlasse mich auf Empfehlungen, Kritiken, Entdeckungen und lasse mich überraschen, wenn ich das Päckchen aufmache.

(Wer die letzte Seite zuerst liest, kann auch gleich Königs Erläuterungen lesen.)

7. Was ist dein bevorzugter Platz, an den du dich zum Lesen zurückziehst?
Mein Bett. Schon immer. 500 Kissen im Rücken, Kuscheldecke, was zu Trinken, ein bisschen Schokolade ... na gut, ne Menge Schokolade und viel Licht. It doesn't get much better than that.




Freitag, 23. Juli 2004


Jerry Goldsmith, 10.02.1929–21.07.2004



Ona a lighter note (no pun intended): Ich war im Kino und habe (T)Raumschiff Surprise – Periode 1 genossen. Mehr in der Kinoecke.




Donnerstag, 22. Juli 2004

Hey, Hamburger Zahnärzte – ich weiß ja, dass offiziell Sommer ist, aber muss das sein, dass ihr alle GLEICHZEITIG in den Urlaub fahrt und irgendwelchen Metzgerlehrlingen, die keiner kennt und deshalb auch keiner weiterempfehlen kann, eure Praxen überlasst? Und wieso haben diese Metzgerlehrlinge, nebenbei bemerkt, ALLE Mittwoch nachmittag keine Sprechstunde? Kriegt Hamburg da generell keine Zahnschmerzen?

Dann lasst mich eins klar stellen: Manche Hamburger kriegen genau Mittwoch nachmittag böses Zahnweh und wollen gehegt und gepflegt und praxisgebührkassiert werden. Ich zum Beispiel. Und wenn ich keine Rundmail an meine Freunde und Kollegen geschrieben hätte und nicht der immerhin neunte (!) Arzt, den ich angerufen habe, da gewesen wäre und Sprechstunde gehabt und wenigstens versucht hätte, mein Aua wieder heile zu machen, dann würde ich jetzt nicht hier sitzen und tippen, sondern mit einem Flammenwerfer durch die Zahnärztliche Vereinigung stürmen. Wenn ich wüsste, ob es sie überhaupt gibt und wenn ja, wo sie sitzt, aber hey, ihr habt meine Botschaft verstanden, ja?

(Und dank der Drogen meines charmanten Chefs konnte ich abends noch mit der Frau Lyssa eine kleine Cola light trinken gehen, die mir die zweite Staffel von 24 wiedergegeben hat (die Lyssa, nicht die Cola). Die (die Staffel, nicht die Lyssa) hatte ich letzten August Herrn Hebig geliehen, der sie an Frau Sibylle und Herrn Lumma weitergereicht hat, der sie schlussendlich Frau Lyssa übergeben hat. Wie gut, dass in zwei Wochen die dritte Staffel rauskommt. Vielleicht hat sich Lyssa bis dahin ja auch wieder beruhigt: „Wow, ich bin die einzige Bloggerin, die den Kerl und die Wohnung kennt.“)




Mittwoch, 21. Juli 2004

Liebes Tagebuch

(ein herzliches „Wir sehen uns morgen“ all den Lesern, die jetzt weggeklickt haben),

gestern bin ich schon um 4.15 Uhr aufgestanden, weil mein Lieblingskunde in Stuttgart unbedingt um 9 Uhr ein Meeting ansetzen musste. Was bedeutete, dass meine zwei charmanten Kolleginnen und ich in der 6 Uhr 40-Maschine saßen (ich hab mir gerade „6 Uhr 40-Flieger“ verkniffen). Mein innerliches Genöle („willinsbett“) verstummte ziemlich schnell, als die Pilotin durchsagte, dass wir ausnahmsweise eine sehr tiefe Schlaufe über den Hafen fliegen würden, um die Queen Mary 2 aus der Luft angucken zu können.

Das Ding ist groß. Verdammt groß. Und der Hafen ja auch von unten klasse, aber von oben noch ne Ecke schöner. Und Verben braucht kein Mensch.

Das Meeting selbst war auch gut, aber dass das Taxi zurück zum Flughafen ein Ford war, hat sich dann doch ein bisschen wie Gotteslästerung angefühlt.

Zwei Stunden vor Abflug. Langeweile, dein Name ist „Mist, ich hab den iPod vergessen“. Der Flughafen in Stuttgart ist noch banaler als der in Hamburg, aber immerhin gab's hier endlich Zeitungen für lau. Ich habe in 20 Minuten die Frankfurter Rundschau durchgehabt und mich sehr über einen Kommentar gefreut, in dem Majonäse als „Franzosen-Schmodder“ bezeichnet wurde. Außerdem habe ich gemerkt, dass mir die „neue“ Rechtschreibung nicht mehr ganz so weh tut und mich gewundert, dass die FR noch „Thunfisch“ statt „Tunfisch“ schreibt, aber sonst brav alles macht, was der Duden „neuerdings“ haben will.

(Heute gibt's Rabatt auf Anführungszeichen.)

Wieder in Hamburg angekommen, bin ich erstmal nach Hause gefahren, um mich aus den Kundenklamotten (schwarzer Anzug, erbsengrüne Bluse, die natürlich aus Leinen ist, was natürlich knittert, was mir natürlich immer erst im Taxi auffällt, wenn es natürlich zu spät ist) zu schälen und in meine Wohlfühlklamotten zu hüpfen. Denn nun, liebes Tagebuch, ging es per Bus in die Innenstadt, wo ich mir eine neue Waschmaschine gekauft habe. Warum, fragst du? Nun gut:

Seit ein paar Tagen tropft Wasser in unsere Tiefgarage. Unschuldige Beobachter könnten meinen, es käme aus meiner Wohnung, aber meine Wohnung ist ganz trocken, und das müsste ich doch merken, wenn hier was undicht wäre. Jedenfalls habe ich das dem freundlichen Klemptner gesagt, der besorgt bei mir anrief, ob ich feuchte Stellen in der Küche hätte. Er wollte aber trotzdem nochmal bei mir vorbeischauen, wogegen ich natürlich gar nichts hatte, vor allem, weil das blöde Wasser auf MEIN Auto tropfte. Was sich im Nachhinein aber als nur fair erwiesen hat, denn – ich nahm die Pointe bereits vorweg – natürlich kam der Grütz aus meiner Wohnung. Das Wasser hat rücksichtsvoll meine Küche verschont (jedenfalls den Fußboden und die Stellen, die ich einsehen kann) und ist stattdessen aus einem undichten Schlauch, Ventil, keine Ahnung in die Wand und in die Lüftungsschächte gelaufen. Tagelang. Allmählich sieht man das auch meiner Küchenwand an, und deswegen kommen Freitag nochmal ein paar freundliche Menschen vorbei, die überlegen, ob sie Lüfter oder Heizstrahler oder wasweißich in meiner Küche aufstellen, um die Wände wieder trocken zu kriegen. Solange überlege ich, ob meine Hausratsversicherung das deckt, wenn die Hausverwaltung mir jetzt ein bröseliges Fundament und ganz viele Fachleute mit tollen Endoskopie-Kameras, mit denen man in Schächte gucken kann, in Rechnung stellt. Bis dahin habe ich erstmal eine neue Waschmaschine geordert, mit Aquastopp und allem Schnickschnack, damit in Zukunft Wasser nur noch dahin kommt, wo's hinsoll.

600 Euro bei Saturn an der Kasse zu lassen und rein – gar – nichts außer einem blöden Lieferschein mit nach Hause zu nehmen, macht übrigens auch nicht wirklich Spaß. Genausowenig wie im Bus danach hinter Mr. Cheese sitzen zu müssen. Beziehungsweise Mr Very old and very stinky cheese that has been stored in your FRIGGIN' ARMPITS, dem Mann, der bei strömendem Regen auf Socken und mit 30 Alditüten besoffen über die Mönckebergstraße torkelte und natürlich genau in meinen Bus stieg. Ich bin eine Station später wieder rausgeflüchtet, hab mich ein bisschen nassregnen lassen, mir ne Laugenbrezel gekauft und den nächsten Bus genommen.

Und dann bin ich zu meinem Schnuffi gefahren, um mit ihm einzuschlafen, was mir letzte Nacht ja nicht vergönnt war, weil das Mädchen nicht um 4.15 Uhr geweckt werden wollte. Ich hatte kurz überlegt, mein Handy gegen 4 Uhr klingeln zu lassen, aber ich ahnte, dass
das eventuell für ein ganz kleines bisschen Ärger gesorgt hätte.

So, liebes Tagebuch, jetzt bist du wieder auf dem Laufenden. Ich habe sehr mit mir gerungen, diesen Eintrag zu machen anstatt zehn Filmartikel aus dem Guardian zu zitieren, wo ich doch als Fachblog und nicht als Erzählblog nominiert bin. Aber eigentlich mache ich das ja auch nur, um Lu und Emily und Lyssa zu ärgern. Erzählen – pffft. Kann ja jeder. See?

(Tagebuchschreiber. Kuschelblogger. Geh mir weg.)




Dienstag, 20. Juli 2004

Ich gebe zu, ich bin nicht für die Queen Mary 2 aufgestanden – wozu auch, wenn Herr Hebig und Herr kho so schöne Fotos machen.



Am Donnerstag startet (T)Raumschiff Surprise: Periode 1 in den Kinos. Im SZ-Magazin gibt's ein bisschen Hintergrundwissen über den Film und den Macher: Herr Big.

„Angefangen hat alles in einer lauen Sommernacht 1997. Der Fall schien schwierig zu sein. Michael Bully Herbig machte gerade seit ein paar Monaten die bullyparade, damals ein mäßig bekanntes und gerade erst erfolgreich werdendes Sketchprogramm, das bei Pro 7 lief. Das reichte noch nicht fürs Leben, weshalb er nebenbei Radiogags schrieb, vor allem für den Münchner Radiosender Energy. Der Ort, an dem der denkwürdige Abend seinen Lauf nahm, war München. Die Zeit: so gegen 23 Uhr. Der Zustand: mehr als fatal, denn Bully und Alfons Biedermann, dem Co-Autor, fiel nichts ein.

Alle von Bullys kleiner Firma herbX waren schon weg. Überall Dunkelheit, nur in Bullys Zimmer brannte noch Licht. Draußen Frieden, drinnen Übermüdung und zunehmende Unruhe. Sie wollten sich lustig machen über die Alien-Filme, die damals gerade en vogue waren. Wollten eine Szene schreiben, die sofort ins Herz traf. Hört sich nicht so kompliziert an, aber wenn das Original schon schräg und jenseits jeder normalen Vorstellungswelt ist, dann ist es nicht einfach, da noch etwas draufzusetzen.

Doch dann traf Bully der berühmte Blitz, der in solchen Fällen dankenswerterweise immer aus heiterem Himmel kommt. Und Bully sagte: „Mensch, Alfons, das Alien ist schwul!“ Und er sagte als Alien, so pikiert, wie er konnte: „Jetzt beamts mich halt endlich hoch!“ Da war es nicht mehr weit zu „Beam me up, Scotty“ und dem Raumschiff Enterprise, auf dem die Besatzung, so wollte es die Sketchidee, so sauer war, weil Käpt’n Kork nichts dagegen unternahm, dass sie immer und immer wieder in derselben Scheiß-Milchstraße umherflogen.

Und nach nur wenigen Minuten hatten sie den ersten Dialog, der durch die bullyparade in die Geschichte eingehen sollte, den man sich aber unbedingt tuntig und münchnerisch gesprochen vorstellen muss: „Käpt’n, Käpt’n, ich hab was auf meinem Schirm.“ - „Ja, dann mach’s halt weg.“



Das wird Frau Kaltmamsell nicht gefallen: Ich hab irgendwie nicht aufgepasst, und jetzt hab ich noch ein Blag am Hals. Ab wann gibt's das Mutterkreuz mit Eichenlaub und Schwertern und einem Stachelschwein, aufrecht stehend in einem Lilienfeld?

(Endlich fühle ich mich als ganze Frau. Danke, Emily, shhhh, Florian.)




Montag, 19. Juli 2004

The wonderful Dooce makes me cry.





Ich sollte aufhören, Best of Formel Eins zu gucken. It's alright, baby's coming back ...



Schon beschlossen, wohin ihr wählt?




Sonntag, 18. Juli 2004

Die gescheiterte Filmkritik. Zu bewundern in der Kino-Ecke unter dem Stichwort Super Size Me.




Samstag, 17. Juli 2004

Samstag Sieben:
1. Wo wirst du im Jahr 2014 leben?
Im englischsprachigen Ausland. Oder weiter hier in Hamburg. Aber am allerliebsten am Meer. An welchem auch immer. (Ozean würde ich auch gelten lassen.)

2. Was wirst du arbeiten?
Ich werde weiterhin schreiben, für wen oder was auch immer.

3. Welchen Wunsch wirst du dir bis dahin auf jeden Fall erfüllt haben?
Ein hübscheres Layout für mein Weblog (ist in Arbeit); das erste Buch, auf dem (unter anderem) mein Name steht (ist im Lektorat); längere Zeit im Ausland leben (ist noch in der Pipeline).

4. Was wirst du auf jeden Fall hinter dir gelassen haben?
Meine 2-Zimmer-Wohnung zugunsten eines Viel-mehr-Zimmer-Penthouse und wahrscheinlich mein heute bereits 16 Jahre altes Auto. Auch wenn ich es liebe.

5. Was wird sich bis 2014 trotzdem nicht verändert haben?
Meine Faszination für die Zukunft. 2014 werde ich also über 2024 nachdenken.

6. Wie lautet der Titel des meistgelesenen Buches 2014?
Die Bibel. Some things never change.

7. Wie wird 2014 das Internet aussehen?
Pffft, keine Ahnung. Ich kann mir technischen Fortschritt immer erst vorstellen, wenn ich ihn sehe. Das Internet ist für mich ein Gebrauchsgegenstand, immer noch faszinierend, aber eben doch nur ein Hilfsmittel: zum Suchen, zum Lernen, zum Informieren. Ich hoffe, dass ich eines Tages das Wissen der ganzen Welt auf Knopfdruck abrufen kann.



In Bezug auf meinen Eintrag vom Donnerstag: Ich habe wirklich schon alles erzählt. Ich war der festen Überzeugung, noch nie über meine Schülerzeitungszeit geschrieben zu haben, aber mein blöder Freund hat natürlich mal nach Kaos gegoogelt und festgestellt, dass ich es bereits am 13. September 2002 in aller Ausführlichkeit erwähnt habe.

Das ist ein Zeichen. Ich hab nix mehr zu sagen. Macht's gut.




Freitag, 16. Juli 2004

Mit ihrem Kommentar zu dieser wunderbaren Aktion hat die Frau Kaltmamsell natürlich Recht. Ich nominiere in allen drei Kategorien die Schülerzeitung Kaos, das Großartigste, was das Gymnasium Mellendorf jemals hervorgebracht hat. Jedenfalls im Jahre 1988, ein Jahr vor meinem Abitur.



Fast unsere gesamte erste Ausgabe bestand aus einem Interview mit den Ärzten, die Mitredakteure Rossi und Katja in Berlin kennengelernt hatten. Bzw. sie hatten Bela B. vor seiner Wohnung aufgelauert und ihm solange von unserer total anderen Schülerzeitung erzählt, bis er ihnen ein Interview nach dem Konzert in Hannover gewährte, was wir auch wirklich gekriegt haben. Außerdem haben wir unter Nichtbeachtung sämtlicher Copyrights einen Comic von Ralf König, der von der Hannöverschen Aids-Hilfe herausgegeben wurde, veröffentlicht, was ungeahnte Reaktionen seitens des Direktors hervorrief. Die explizite Darstellung eines Sexualakts (!) zwischen zwei Männern (!) wurde nicht gut geheißen, und bevor wir unsere wundervolle Zeitung auf dem Schulgelände verkaufen durften, sollten wir den Comic schwärzen.

Aufmüpfig wie wir waren, haben wir die Seiten, statt sie zuzuspachteln, locker verklebt, so dass man sie wieder auffriemeln konnte, um den skandalösen Inhalt, der damals bereits Schulgespräch war, lesen zu können. The Direktor was not amused.

Die zweite Ausgabe bescherte uns dann nicht nur den Stress mit Cheffe, sondern zusätzlich eine Elternkonferenz und einen Besuch im Niedersächsischen Kultusministerium, denn diesmal hatten wir es gewagt, wiederum etwas zum Thema Aids zu schreiben, außerdem aber noch jedem Heft ein Kondom beizulegen (danke an Billy Boy für 500 kostenlose Präservative) und eine gezeichnete Anleitung abzudrucken. Diese Anleitung war nach Auffassung der Elternsprecherin die reinste Pornografie und das Kondom eine eindeutige Aufforderung zum Geschlechtsverkehr. Die armen Siebtklässler hätten von sowas ja noch überhaupt keine Ahnung und würden mit diesen Bildern total überfordert. Dass genau zu der Zeit eine 13jährige an unserer Schule von einem 14jährigen schwanger war, konnte sie auch nicht davon überzeugen, dass die Kiddies durchaus schon wussten, was man mit der Mumu und dem Pillermann so anstellen kann und dass es der Kleinen vielleicht ganz gut getan hätte, wenn ihr Stecher ein Kondom plus Betriebsanleitung dabeigehabt hätte.

Wir haben die Zeitung außerhalb des Schulgeländes vertickt, aber das reichte den Eltern nicht. Sie drohten der Schule mit einer Klage, woraufhin wir zwecks Ermahnung ins Kultusministerium zitiert wurden. Wofür wir übrigens schulfrei bekamen. Ich zitiere unsere dritte Ausgabe: „Wo bleibt der Bildungsauftrag?“

Unsere vierte und letzte Ausgabe, bevor wir uns über die Richtung der Zeitung zerstritten haben, beschäftigte sich mit den Neonazi-Spacken, die es damals bei uns auf dem Dorf zuhauf gab und die uns auch während der Abiparty auf die Fresse geben wollten. Dass mein Name im Impressum stand, hat dafür gesorgt, dass mein Elternhaus ein paar Eier und wir ein paar Drohanrufe abgekriegt haben, aber ansonsten haben die Blödmänner sich nix getraut. Ich war ja schon davon überrascht, dass sie wussten, wie ein Telefon funktioniert.

Ic
h habe gestern mit dem vierten Mitstreiter gesprochen, der unsere Redaktion komplettiert hat – er ist bis heute mein bester Freund und wie ich Texter. Sowas verbindet anscheinend. Er beschrieb die Zeit sehr schön: „Das ist das rebellischste Stück Jugend, das ich habe.“

Immerhin hat er sich damals die Haare lang wachsen lassen, obwohl seine Eltern das scheiße fanden. Und ich hab seitdem ne gepiercte Nase. Katja ist übrigens heute Hausfrau und Mutter irgendwo in Frankreich, und Rossi wurde zum letzten Mal auf dem Sprengel-Gelände in Hannover in einem Bauwagen gesichtet. Quasi die rote Flora in der Provinz. Und ich werde gerade ganz wehmütig. Nicht, weil ich die dämliche Schule vermisse, der ich es persönlich immer noch übel nehme, dass ich damals zum Abi keinen Buchpreis gekriegt habe, nur weil ich mal ne Zeitung rausgegeben habe, die der Direktor scheiße fand, obwohl ich, verdammt nochmal, Schülersprecherin war und im Filmclub und überhaupt. Nein, ich bin wehmütig, weil man damals so schön naiv dachte, man könnte wirklich die Welt verändern mit ein paar zusammengeklebten und handgehefteten Seiten, mit Brecht-Zitaten und Aids-Aufklärung und Warnungen vor den bösen, braunen Buben. Ich finde es schade, dass man sich diese Naivität, diesen Glauben an das Gute, irgendwann abtrainiert zugunsten eines bequemen Pragmatismus, angesiedelt irgendwo zwischen Eckcouch und Nicht-mehr-wählen-gehen.

Obwohl: Rossi hat das ja nicht gemacht.
Aber der war schon immer komisch.




Donnerstag, 15. Juli 2004

Ich habe seit einigen Wochen das Gefühl, alles schon gesagt zu haben, alles schon aufgeschrieben zu haben, alles schon erlebt zu haben. Ich weiß natürlich, dass dem nicht so ist; schließlich kenne ich die Trivial Pursuit-Karte mit dem Leiter des Patentamts von achtzehnhundertzack, der sich zur Ruhe setzen will mit der Begründung, es sei alles schon erfunden worden.

Aber trotzdem bin ich im Moment ein bisschen davon gelangweilt, Filmartikel zu lesen und sie zu posten. Ich bin davon genervt, ständig in mich reinzuhorchen, um zu gucken, ob da noch ein Fünkchen Anke ist, das ich noch nicht im Blog durchgekaut habe. Ich bin einerseits sehr, sehr glücklich darüber, den Kerl zu haben und andererseits bedauere ich es, nicht mehr soviel Zeit für Kino und DVDs zu haben, denn natürlich ist Knutschen viel schöner als Filmegucken.

Und außerdem habe ich das Gefühl, immer und immer und immer wieder die gleichen Weblogs zu lesen. Auf meiner öffentlichen Blogroll stehen nur meine Lieblinge; in meinen Bookmarks allerdings tummeln sich an die 100 Blogs, die ich täglich ansurfe, und sei es nur für einen kurzen Blick. Trotzdem fühlt es sich so an, als ob seit Ewigkeiten nichts Neues mehr in meinem Blickfeld aufgetaucht ist. Dass auch dem nicht so ist, weiß ich ebenfalls, siehe Preisbloggen, wo einige Weblogs nominiert sind, von denen ich noch nie gehört habe (von denen ich teilweise aber auch weiterhin nichts hören will).

Was mich zur großen Publikumsfrage von heute bringt: Wen lest ihr denn so? Was sind eure Entdeckungen, von denen ihr glaubt, dass sie auf jede Linkliste gehören? Her mit den neuen Namen! Ich fang mal an und biete den Happy Beagle, ein amerikanisches Pärchen in Hamburg, das zurzeit leider im Urlaub ist, Big Fat Blog, The Fat Acceptance Weblog mit einer Menge interessanter Links und Artikel, und Vigilien, dem ich allerdings persönlich die weiße Schrift auf schwarzem Grund ganz, ganz übel nehme.

So. Anlegen, bitte.

(Haloscan mag es übrigens, wenn man Links mit spitze Klammer auf a href und so weiter einleitet. Und ich auch, weil ich dann sofort draufklicken kann. Firma dankt.)




Mittwoch, 14. Juli 2004

Neu auf meinem Nachttisch: The Pythons: Autobiography by The Pythons. Mindestens zehn Kilo schwer, 350 Seiten dick und schön großformatig. Die Jungs haben nicht nur ihre Tagebücher, Fotoalben und Skizzenblöcke geöffnet, um der Welt zu erzählen, wie es zum Flying Circus kam, wie die Dreharbeiten zu den ganzen filmischen Meisterwerken waren und warum sie sich getrennt haben, sondern auch den Klappentext selbst geschrieben:

„It's about time they (the publishers) stopped talking about it, and let us have a go. Firstly, Graham is dead so now we can say whatever we want about him. Secondly, Cleese is out of rehab and can actually remember life before crack. Thirdly, Eric has finally realized that The Beatles have split up and, no, they're never going to call him "just on the off chance". Forthly, Michael Palin is taking a break from travelling to increasingly obscure parts of the world. Fifthly, Terry Gilliam is now such a financial liability/insurance risk that no one will back any of his generally insane ideas for a movie – and let's be honest, the man is mad. And, finally, Terry Jones thinks it's a good idea too. And he' s Welsh, so he should know. The result ist this tome – some would say tombstone – that tells you everything you ever wanted to know about Monty Python, plus all the stuff you don't want to know, but will have to trawl through just to get to the juicy bits. (With tits.) It is big, it is glossy and – frankly – they're paying us peanuts for it. The only way to make a crust on this is in royalties. Thirty odd years on we think you, the educated and discerning book-buyer, owe us. Big time."



Wo wir grad bei Büchern sind: Herr del hat eine eindrucksvolle Liste von Filmbüchern gepostet, die Alexander Horwath, der Direktor des österreichischen Filmmuseums in Wien, empfiehlt. Und ich habe festgestellt, dass ich immerhin eins, zwei besitze. Da geht noch was.



An manchen Tagen passiert einfach gar nichts Außergewöhnliches. Man wird wachgekuschelt, albert schlaftrunken rum, steht auf, fährt zur Arbeit, schreibt, korrigiert, denkt aus, lernt dazu, telefoniert, surft, fährt nach Hause, kocht, isst zusammen, redet, schweigt, liest, lacht, liebt, schläft ein. Und am nächsten Morgen fällt einem auf, dass das, was so banal klingt, ein wunderschöner Tag war. An dem gar nichts Außergewöhnliches passiert ist. Nur das normale Leben.

Was für ein Leben. Was für ein Tag. Was für ein kleines Wunder.




Dienstag, 13. Juli 2004

Bitte wählen Sie jetzt.

(Verdammt, heute nix Fachblog-Taugliches im Angebot. Dann müsst ihr halt für den Herrn argh stimmen. Hehe.)



Eeewig langer Artikel im NYT Magazine über Comics und ihre Zeichner ("graphic novelists"), wie sie zu ihrem Beruf oder ihrer Berufung gekommen sind und warum Comics irgendwann einmal den Roman ablösen werden: Not Funnies beschäftigt sich hauptsächlich mit den Werken von Art Spiegelman, Seth, Chester Brown, Adrian Tomine und Joe Sacco.
"The term ''graphic novel'' is actually a misnomer. Satrapi's Persepolis books (another installment is due this summer) are nonfiction, and so, for that matter, is Maus, once you accept the conceit that human beings are played, so to speak, by cats, dogs, mice and frogs. The newest book by Chester Brown (who drew the cover for this issue of The Times Magazine) is a full-scale, 200-plus-page comic-book biography (which took five years to research and draw) of Louis Riel, who in Brown's native Canada occupies roughly the position that John Brown does here. Nor are all these books necessarily ''graphic'' in the sense of being realistic or explicit. (When I mentioned to a friend that I was working on an article about graphic novels, he said, hopefully, ''You mean porn?'')

Many practitioners of the form prefer the term ''comix,'' with that nostalgic ''x'' referring to the age of the underground comics, which were sold in head shops along with bongs and cigarette papers. Scott McLoud, the author of a very helpful guide (in comic-book form) called Understanding Comics, prefers the slightly pretentious term ''sequential art.'' Alan Moore, creator of The League of Extraordinary Gentlemen, likes ''big expensive comic book''; Spiegelman is partial to ''comic book that needs a bookmark.''

But for want of a universally agreed-on alternative, the graphic-novel tag has stuck, and it received something like official sanction a year and a half ago when Spiegelman and Chris Oliveros, the publisher of Drawn and Quarterly, persuaded the book-industry committee that decides on subject headings to adopt a graphic-novel category with several subsections: graphic novel/literature, graphic novel/humor, graphic novel/science fiction and so on. Afterward, Spiegelman turned to Oliveros and said, ''I think we've just created the state of Israel – one great big boundary dispute in one little corner of the bookshop globe.''

The center of this dispute – the comic book with a brain – is a somewhat arbitrary and subjective place, not unlike pornography in Justice Stewart's famous formulation (you recognize it when you see it). But a few generalities may be hazarded. First of all, the graphic novel is not just like the old Classics Illustrated series, an illustrated version of something else. It is its own thing: an integrated whole, of words and images both, where the pictures don't just depict the story; they're part of the telling."



Mein Kleiner hat Geburtstag.




Montag, 12. Juli 2004

DVDs vom Wochenende (wieso muss mein Kerl arbeiten, wenn ich frei habe und umgekehrt? Grrr):

Along Came Polly (... und dann kam Polly): Unausgegorene Komödie mit einem völlig verschenkten Ben Stiller und einer langweiligen Jennifer Aniston. Die beiden haben es doch eigentlich gar nicht nötig, sich in sowas Halbgarem rumzutreiben. Ich habe beiden keine Sekunde lang geglaubt, dass sie füreinander bestimmt waren, ich fand keinen der Frettchen-Jokes lustig und die Furz-und-Kotz-Orgie schon gar nicht. Wenn der Film für 13jährige war, waren zu wenig Titten drin, für alle Älteren zu wenig Story und für alle zu wenig Witz. (Philip Seymour Hoffman und Hank Azaria waren die einzigen Lichtblicke. Aber selbst die haben's nicht gerissen.)

Mona Lisa Smile (Mona Lisas Lächeln): pseudo-feministisches Geblubber mit Julia Roberts als Kunstlehrerin am traditionsreichen Wellesley-College in den 50ern. Der Film kann sich nicht entscheiden, ob er nun eine der fünf angerissenen Liebesbeziehungen mehr als nur schablonenartig anreißt oder doch lieber den Konflikt „Küche oder Karriere“ beleuchtet oder nur den Selbstverwirklichungswunsch der Hauptfigur abbildet oder generell ein Statement zum Leben der amerikanischen Frau nach dem Zweiten Weltkrieg abgibt. Es sollte wohl so eine Art Dead Poets Society für Mädchen werden; das ist es leider sowas von gar nicht geworden. Stattdessen quält sich Mona Lisa Smile von einer Handlungsebene auf die nächste, und keine wirkt richtig fertig. Viele Nebenfiguren werden spannend angerissen (die lesbische Krankenschwester, die einsame Vermieterin, die promiskuitive Studentin), aber alle versacken in einem sehr unstrukturiert wirkenden Drehbuch. Und Julia Roberts habe ich bisher nur Pretty Woman abgekauft und danach keine einzige Rolle mehr. Vor allem nicht diese.

Cold Mountain (Unterwegs nach Cold Mountain): epische, langsame Reise eines Deserteurs (Jude Law) im Bürgerkrieg der USA nach Hause, nach Cold Mountain, zu seiner Geliebten (Nicole Kidman), die mit einer einzigen weiblichen Hilfskraft (Renée Zellweger) versucht, ihre Farm vor den Kriegswirren und dem Winter zu retten.

Ich musste mich anstrengen, diesen Film zu mögen, denn ich kann Nicole Kidman nicht leiden, und auch ihre zerstrubbelten Haare (die aber immer noch nach Fotoshooting aussahen) und dreckigen Hände haben mich nicht davon überzeugen können, dass sie eine Farm bewirtschaftet. Genau wie Renée Zellweger anscheinend immer einen Schmollmund hat; ihr schöner Südstaatenslang hat aber einiges wettgemacht. Jude Law ist mir ein wenig zu feingliedrig gewesen für das ganze Schlachten um ihn herum, aber vielleicht sind mir gerade deswegen die Gewaltszenen so nahe gegangen.

Die Sequenzen aus dem Schützengraben hatten eine satte Farbigkeit und wirkten durch Kameraführung und Zeitlupe wie Gemälde. Kostüme und Ausstattung schufen eine perfekte Illusion; gerade deshalb hat es genervt, so viele bekannte und vor allen nicht gerade zeitlose Gesichter in der Geschichte wiederzufinden. Giovanni Ribisi, Charlie Hunnam, Jack „The White Stripes“ White, Philip Seymour Hoffman ... einzig Natalie Portman schien mir in das Lokalkolorit zu passen.

Die Geschichte hat zwar den roten Faden des Nach-Hause-kommen-Wollens, aber das, was den Film ausmacht, sind eher die verschiedenen Menschen, die Law auf eben diesem Weg trifft. Jedes einzelne Schicksal ist vom Krieg gezeichnet; die Sinnlosigkeit gerade dieses Krieges wird sehr deutlich, obwohl der Film sie geschickt und nicht mit dem Holzhammer transportiert. Untermalt wird das ganze von der einfühlsamen Musik von Gabriel Yared: sehr martialisch bei den Kampfszenen, aber sehr zurückgenommen und zärtlich bei allem anderen.

Die Dialoge tun ihr übriges: Sie schwanken angenehm zwischen erdiger Bodenständigkeit gerade von Zellweger und völlig gestriger Südstaaten-Vornehmheit. Manchmal etwas plakativ, aber deshalb nicht weniger wahr, z.B. wenn Law sich rechtfertigt, dass er Kidman nicht öfter geschrieben habe: "If you could see my inside, or whatever you want to name it; my spirit, that's what I fear. I think I'm ruined. They kept trying to put me in the ground but I wasn't ready. But if I had ... if I had goodness, I lost it. If I had anything tender in me, I shot it dead! How could I write to you after what I'd done? What I'd seen?“

Elephant: dokumentarisch anmutende Nacherzählung des Massakers in Littleton. Der Film folgt sehr bedächtig mehreren Schülern auf ihren endlos scheinenden Wegen durch die Schule, so dass der Zuschauer sich zum Schluss dort perfekt auskennt und daher die Bedrohung fast selbst spürt, wenn einer der beiden Täter um eine Ecke biegt. Das Werk bezieht seine komplette Spannung daher, dass man auf die Bilder wartet, die man kennt: die Cafeteria, die Leichen in den Gängen, die waffenstrotzenden Schützen. Regisseur Gus van Sant widersteht der Versuchung, das Ganze reißerisch aufzumachen und lässt stattdessen scheinbar einfach die Kamera laufen an einem ganz normalen Schultag. Die 80 Minuten Film fühlen sich bis auf den Schluss ziemlich langweilig an; gleichzeitig ist das aber der Pluspunkt des Films, denn genauso wird sich das Leben in Littleton angefühlt haben, bis auf einmal alles anders wurde.

Einige zaghafte Erklärungsversuche wie das Außenseiter-Dasein und die Waffenverrücktheit der beiden Täter, ihre Faszination für Ego Shooter oder die Nazis klingen an, werden aber nicht als Grund für das Massaker herangezogen. Am eindringlichsten fand ich die Schlussszene, in der einer der beiden einen Abzählreim nutzt, um für sich selbst klarzumachen, wen der zwei Schüler, die er flehend vor sich hat, er nun als erstes erschießen wird. Das ganze ist ein Spiel, ein Spaß, hat keine Konsequenzen und ist genauso „normal“ wie die kotzenden Mädchen nach dem Lunch auf dem Klo oder dass der eine Täter den anderen erschießt, einfach so, es ist egal. Grundlos, sinnlos. Dieses Gefühl fängt der Film perfekt ein. Trotzdem bleibt die Frage, was er eigentlich soll, denn er erzählt mir nichts Neues oder Überraschendes und ist, wie gesagt, verdammt langweilig.




Sonntag, 11. Juli 2004


Inge Meysel, 30.05.1910–10.07.2004



Ich hab keine Ahnung, worum's hier geht.




Samstag, 10. Juli 2004

Samstag Sieben:
1. Welches ist derzeit dein bevorzugtes Verkehrsmittel?
Zur Arbeit fahre ich mit dem Bus, ansonsten erledige ich alles mit dem Auto.

2. Welches Ereignis ist dir mit diesem Verkehrsmittel am stärksten in Erinnerung geblieben?
Was soll mir denn bitte an einem blöden öffentlichen Bus in Erinnerung bleiben? Die Zwiebelfahne des Nachbarn? Der miese Kopfhörer mit übelstem Deppentechno des Vordermanns? Die nöligen Fahrer, die nicht mal selbst die Tarife im Kopf haben?

Eigentlich mag ich Busfahren nicht, weil man gezwungenermaßen mit ner Menge Fremden unterwegs ist, meist auch mit unfreiwilligem Körperkontakt, was ich gerade morgens, nee, eigentlich nie mag. Das Schöne am Busfahren ist allerdings, dass ich mich nicht auf den Verkehr konzentrieren muss, sondern gemütlich durch die Gegend geschaukelt werde und dabei Musik hören oder lesen kann. Und zur Ehrenrettung des HVV muss ich ja zugeben, dass ich mit dem Bus schneller in der Hamburger Innenstadt bin als mit dem Auto, für das ja außerdem noch ein Parkplatz gefunden werden muss.

(Bitte erinnern Sie sich nochmals an die Begriffe „Parkplatz" und „Innenstadt“ im letzten Satz und lachen Sie herzlich.)

Im Gegensatz zum Bus war mein Auto schon immer etwas Besonderes für mich, ein ganz privater Ort, eine Rückzugsmöglichkeit. Als ich noch zuhause gewohnt habe, bin ich gerne stundenlang im Auto durch die Gegend gefahren, um alleine sein zu können. Als ich bis morgens um halb 7 in der Kneipe gearbeitet habe, bin ich danach immer noch mindestens eine halbe Stunde auf der Autobahn rumgeheizt, um die Arbeit aus dem Kopf zu kriegen und ein bisschen Weite und Ruhe zu spüren. Und da ich in meiner letzten Wohnung die dünnsten Wände Hamburgs hatte, war mein Auto das einzige Refugium, in dem ich lauthals zum Radio mitgrölen konnte, ohne irgendjemand zu belästigen. Ich habe alle meine Autos geliebt und kann mir nicht vorstellen, keins zu haben. Selbst wenn ich es, wie jetzt, kaum wirklich brauche, weil man in einer Großstadt auch fast alles per Öffis erledigen kann. Ich mag dieses Gefühl, mein Schmuckstück zu besitzen und jederzeit einfach losfahren zu können.

3. Mit welchem Verkehrsmittel wirst du dich nie (wieder) bewegen?
Ich bin jahrelang Motorrad gefahren, aber irgendwann wurde das ungute, unsichere Gefühl immer stärker. Es gab keinen Grund, ich hatte mit dem Motorrad nie einen Unfall oder eine brenzlige Situation, aber irgendwie hat sich immer mehr der ängstliche Kopf eingeschaltet, der mich mit 80 über den Lenker fliegen sah. Also habe ich meinen geliebten Reiskocher vor, ich glaube, drei Jahren vertickt. Ich hätte schon mal wieder Lust, mich auf einen schönen Chopper draufzusetzen, aber ich kann auch gut ohne leben.

Wenn es um ein Verkehrsmittel geht, mit dem ich mich bewegen wollen würde, es aber noch nie gemacht habe, wäre das das Space Shuttle. Aber ich ahne, dass ich das nie erleben werde. Außer, ich werde ganz schnell reich und kaufe mir einen Platz an Bord.

4. Lieber öffentliche Verkehrsmittel oder eigenes Auto?
Siehe Frage 2. Auf jeden Fall Auto.

5. Welches Auto aus einem Film wäre dein bevorzugtes Vehikel?
Das türkisfarbene Thunderbird Cabrio aus Thelma and Louise. Oder den schickschwarzen Benz aus Men In Black 2. Möglichst mit all dem außerirdischen Schnickschnack, der auch im Film drin war. Ich bin auch sehr gespannt auf den futuristischen Audi in I, Robot, der nicht auf Rädern, sondern auf Kugeln läuft. Und ich mochte den Lexus aus Minority Report. Oder die M-Klasse aus Jurassic Park. Oder den Truck aus Truck. Oder den DeLorean aus Back to the Future. Am liebsten den, der fliegen konnte.

6. Wenn dein Auto ein Namen hätte/hat: Welcher wäre/ist das?
Alle meine Autos hatten Namen, sonst kann man sie ja nicht anbrüllen oder loben. Das erste war ein grüner 2CV4 (vulgo: Ente) und hieß Mistkarre oder Schatz, je nachdem, ob es angesprungen ist oder nicht. Die folgenden Fiat Unos hießen Weiße Göttin (weiß – you guessed it), Feuervogel (rot) und Brünnhilde (blau-metallic). Mein jetziges Gefährt, vor dem ich gerne Opfer niederlege und es anbete, heißt Rocky, ist ein BMW 316i, Bj. 88, champagner-metallic. Als ich ihn gekauft habe, hieß er Fränzchen. Die Erstbesitzerin war eine alte Dame und hat Fränzchen immer nur in und um Frankfurt herum zum Einkaufen benutzt. Als ich ihn letztes Jahr gekauft habe, hatte er gerade mal 45.000 runter. Ich liebe ihn.

Und wenn ich groß bin, kaufe ich mir irgendwann ein Auto, das die Lack- und Lederfarben hat, die ich wirklich gerne hätte. Obwohl ich mit champagner-metallic hervorragend leben kann. Auch wenn meine Freunde es gerne „Rentnergold“ nennen.

7. Das erste Auto im Leben vergisst man ebensowenig wie die erste Frau (Stirling Moss) oder den ersten Mann.
Mag sein, aber wolltest du mich nicht irgendwas fragen?




Freitag, 9. Juli 2004

1000 Tage Sofa. Eins der ersten Weblogs, auf das ich vor etwas über zwei Jahren gestoßen bin. Ich oute mich hiermit als Spätentdecker, aber Konstantliebhaber.



Michael Moores Fahrenheit 9/11 läuft seit einer Woche in den USA. Time bringt über den Filmemacher eine Coverstory, die leider nur Abonnenten auf der Website zugänglich ist. Aber Michael Moore hat schließlich auch eine; hier der komplette Artikel, der sich unter anderem fragt, ob ein Kinofilm eine politische Wende herbeiführen kann so wie es seinerzeit die Fernsehdebatte zwischen Kennedy und Nixon tat: The World According To Michael; Taking aim at George W., a populist agitator makes noise, news and a new kind of political entertainment.

"From his debut movie, Roger & Me, which detailed his attempt to confront General Motors boss Roger Smith about the social effects of closing a GM plant in Moore's hometown of Flint, Mich., the filmmaker has been America's pre-eminent populist pest. He has taken on Nike's Phil Knight over factory conditions and the N.R.A. and America's gun love. Fahrenheit 9/11 considerably ups his nuisance value: he is after a President's foreign and domestic policy, and Moore is not cowed. "I come from a factory town," he says, "and you don't go to a gunfight with a slingshot." Moore shoots only with a camera, but it's loaded.

"I'm not just preaching to the choir. And it's not just the choir giving the ovation. I've got letters from a bunch of Marines who went to see it at a theater near Twentynine Palms, Calif. A church group in Tulsa went to see it and was incredibly moved. There was a Republican woman in Florida unable to get out of her seat, crying."

You would have expected Moore's movie to play well in the liberal big cities, and it is doing so. But the film is also touching the heart of the heartland. In Bartlett, Tenn., a Memphis suburb, the rooms at Stage Road Cinema showing Fahrenheit 9/11 have been packed with viewers who clap, boo, laugh and cry nearly on cue. Even the dissenters are impressed. When the lights came up after a showing last week, one gent rose from his seat and said grudgingly, "It's bull----, but I gotta admit it was done well." "



Und wer wissen will, wie ich Spider-Man 2 fand, schwingt sich mal in die Kino-Ecke.

(Ich kann diese Kalauer einfach nicht lassen. Macht aber auch zuviel Spaß.)




Donnerstag, 8. Juli 2004

In memoriam Bernd Pfarr.




In der Mittagspause in den nahegelegenen Spar-Markt geschlendert, weil ich Japp auf Grießbrei hatte (Fertigprodukte, I salute you). Im Spar-Markt leuchtete mir als erstes eine Kiste Limetten entgegen, mein übermüdetes Nach-Präse-Hirn reagierte pawlowartig auf den Schlüsselreiz und wollte plötzlich nur noch eins: Cocktails. Literweise. Einfache, damit man nicht so viele Zutaten kaufen musste. Aber bei Limetten geht ja eh nur einer wirklich. Also ging ich zielstrebig auf die Kiste zu, als sich – whooosh – eine typische Eisente, komplett mit zartrosa Twinset und Perlenkettchen, direkt vor mich drängelte und damit begann, jede einzelne Limette anzutesten.

Ich hab bis heute nicht verstanden, wie genau man den Reifegrad einer Südfrucht feststellt, es ist mir meistens auch egal, schließlich wird das Zeug eh zerstoßen und mit Schnaps übergossen und zugezuckert, scheiß drauf, ob die noch drei Tage hätten liegen müssen. Ich schlich also etwas ziellos in der Obstecke umher, weil ich dachte, Frau Eisente müsste doch nach 20 Sekunden fertig sein, aber weit gefehlt. Nachdem sie ungefähr die halbe Kiste durchgedrückt und dabei ganze zwei Limetten in ihren Einkaufskorb gepackt hatte, erinnerte ich mich daran, dass ich ja eigentlich Grießbrei kaufen wollte, ging zum Kühlregal, griff mir die Drogen und trödelte wieder zum Obst. Frau Eisente war weg. In nicht mal zehn Sekunden lagen sechs Limetten in meinem Körbchen, und trotz Müdigkeit fiel mir ein, dass ich auch noch braunen Zucker brauchte.

Ich bog voller Vorfreude auf hemmungslosen Alkoholkonsum in den Gang mit dem Zucker ein und – stand direkt hinter der Eisente, die sich nicht entscheiden konnte, welchen der drei braunen Zuckersorten sie nun nehmen sollte. Sie nahm die erste Tüte, schüttelte sie, drückte sie, stellte sie wieder zurück, nahm das Päckchen, das neben der Tüte stand, schüttelte es, wollte es wieder ins Regal stellen, aber – eine flinke Hand kam ihr dazwischen. Frau Gröner war nämlich inzwischen etwas ungeduldig geworden, griff sich den erstbesten verdammten Zucker, der da war und sprintete in die Alkoholabteilung, um ja vor der Eisente beim Pitú zu sein. Ich kam an, sie war nicht da, ich dachte, ich hätte gewonnen. Im Hochgefühl meines Sieges ging ich zur Kasse, nur um dort – ihr ahnt es – wieder direkt hinter der Eisente zu stehen, die anscheinend bereits über Pitú verfügte. Und außerdem über eine EC-Karte, mit der sie natürlich zahlen wollte. Um ihren billigen Triumph perfekt zu machen, stieg sie nach getätigtem Einkauf in einen schwarzen Boxster und fuhr offen davon, während ich mich vernichtet wieder ins überhitzte Büro schleppte.

Ich war kurz davor, den Pitú schon in der Agentur anzubrechen. Aber ich hab's bis zuhause ausgehalten und sogar auf dem Heimweg noch ein Fläschchen Ginger Ale für den Kerl gekauft, weil dieser dem Alkohol nicht so verfallen ist wie unsereiner.

Der muss ja auch nicht gegen Eisenten einkaufen.




Mittwoch, 7. Juli 2004

Der Artikel Lost the plot versucht in der unnachahmlichen Guardian-Schreibe, hinter die Geheimnisse von fünf schwer verständlichen Filmen zu blicken, z.B. Memento von Christopher Nolan:

In a nutshell
Leonard Shelby is trying to track down his wife's killer but was injured when she was attacked and now has anterograde amnesia, rendering him incapable of forming new memories. He keeps annotated Polaroids of significant places and people and tattoos really important facts on his body.

What's so baffling about that?
It's all in the editing. Pay attention. One storyline, in colour, runs backwards. Each scene depicts events that actually took place after the next scene we see. Another storyline, in black and white, follows chronological convention. Colour and black-and-white scenes alternate. Eventually the black-and-white thread segues into the colour thread at the end of the film, which is actually the middle of the sequence of events depicted. If you found the plot of Van Helsing, say, challenging, don't bother with Memento.

The structure isn't some sort of smartypants gimmick but an ingenious means of placing the viewer in Leonard's position. Like him, we frequently don't have a clue who is doing what to whom or why – Lenny's forgotten; we don't yet have the information. Nolan muddies the waters further by dropping hints that not everything Lenny tells us is gospel truth. Fans are still arguing about whether Leonard is faking his condition, whether he killed his wife and even whether she is still alive.

Movie critic Andy Klein wrote a detailed explanation of Memento for salon.com. "I received an extraordinary number of letters after that piece, probably more than I've gotten from the rest of my 20 years as a critic put together," he says. "I accused Nolan of playing 'dirty pool' at the end of the article. Now I'd be more inclined to say that he included some stuff so subtle that it eluded me even after multiple viewings."

The key
On some part of your body, tattoo "Leonard Shelby is an unreliable narrator. Do not believe his lies." Or you could just read Klein's perceptive analysis. The film's website www.otnemem.com also offers new information.

Really not helping
Nolan is known for wearing a blazer.“







Being happy.

Ein Kuss. Ein Lächeln. Die Morgenkühle. Der Einzelsitz im Bus. Der richtige Song im iPod. Das offene Fenster in der Agentur. Die Füße auf dem Tisch. Der Bagel mit Kollegen zu Mittag, das Kochen mit dem Herzblatt abends. Die Hand auf dem Rücken, den Atem im Nacken. Die warme Decke, das offene Fenster, die rauschenden Blätter, der leise Regen.

Enjoying.

My life. The Book, the Film, the T-shirt. Six Feet Under. Die Bibel.

Take a deep breath.

Der Stapel Arbeit. Die Beule im Kotflügel. Die ungewaschene Wäsche. Die blöde Schwüle.

Remember.

Du kannst schreiben. Du kannst gehen. Du kannst alleine gehen. Du kannst überhaupt gehen. Du kannst dich wieder freuen. Du kannst diese Freude teilen. Du kannst deine Miete bezahlen. Du kannst ins Kino gehen. Du hast Freunde. Du hast eine Familie. Du kannst schreiben. Du wirst sogar dafür bezahlt.

So?

This is good. This is so very good.




Dienstag, 6. Juli 2004

Rage against the coffee machine.



Na klasse. Den eigenen Geburtstag verschlafen. Beziehungsweise den meines lieben, kleinen Weblogs. Am 1. Juli ist es stolze zwei Jahre alt geworden. Es hat eine Menge Freunde gefunden und leider auch ein paar Feinde, die ich zu ignorieren versuche, was an dünnhäutigen Tagen nicht immer klappt und mich leider auch zeitweilig die vielen Freunde vergessen lässt. Es ist immer noch kein „richtiges“ Blog, weil es sich beharrlich weigert, Permalinks zu haben und einen RSS-Feed und des öfteren zum Tagebuch mutiert und nur einmal pro Woche jemanden anpingt, und das auch nur, wenn seine verschlafene Verfasserin das morgens nicht vergisst.

Überhaupt: die Verfasserin. Was wurde ihr nicht schon alles an den Kopf geworfen in den vergangenen Jahren. Arrogant sei sie, überheblich, habe wohl das Wissen gepachtet, sei total Amerika-hörig, habe keinen Funken Schreibtalent, lege viel zu viel Wert auf sowas Doofes wie Rechtschreibung, fülle blöde Fragebögen aus, sei eine verlogene Werberin und maße sich an, über Filme zu schreiben, obwohl sie doch selbst noch nie einen gemacht habe.

Gleichzeitig wurde ihr aber auch per Mail oder Kommentar bescheinigt, wundervolle Worte zu finden, einfühlsam zu sein, gute Laune zu machen, schön zu schreiben, amüsant zu sein, jemandes Tag zu machen, den Morgenkaffee zu versüßen, eine treue Begleiterin zu sein, eine einfach ganz andere Seite zu haben und dass die Woche kopfstehe, wenn sie nicht da sei.

Für die Schreiber der ersten Zeilen: Get off my blog.

Für die der zweiten: Keep it coming. Ich schreibe für mich, aber genauso sehr für euch.

Und jetzt gebt mal den Schaumwein rüber. Und die Erdnussflips. Stößchen!




Sonntag, 4. Juli 2004

Fragt mich nächsten Donnerstag nochmal.




Samstag, 3. Juli 2004



No more being a contender. No more Stella. No more offers one can't refuse. And no more playing around with butter in empty apartments.

Good-bye, Mr. Brando. And thanks for all the memories.

Marlon Brando, 03.04.1924 – 01.07.2004



Samstag Sieben:
1. Welche Erfindung müsste es geben?
Eine Blöde-Antworten-Zurücknehm-Maschine. Ein Tu-mir-nicht-weh-Schutzschild. Einen Wow-toller-Tag-heute-Knopf.

2. ... und welche muss es nicht geben?
Den DVD-Player, der bei „schmutzigen“ Szenen vorskippt.

3. Was ist für dich die wichtigste Erfindung?
Ich bin für alles dankbar, was mein Leben bereichert oder erleichtert. Elektrizität. Computer. Internet. Auto. Kino. Sprühsahne.

4. Bei was kannst du besonders erfinderisch sein?
Beim Ausdenken neuer Wortkombinationen. Jedenfalls werde ich dafür bezahlt.

5. Erfinderisch sein müssen: Kannst du gut lügen?
Nicht gut genug, um in die Politik zu gehen; gut genug, um glaubhaft abzustreiten, dass ich die letzte Schokolade gegessen oder im Fahrstuhl gepupst habe.

6. Wen bewunderst du ob seines Erfindungsreichtums besonders?
Billy Wilder. Stephen King. Douglas Coupland.

7. Erfinderisch sein für freitags: eine Frage, die du nächsten Freitag beantworten willst ...
Bist du froh, dass Mittwoch die Präse war und du endlich wieder ein Wochenende hast?

(Man, do I know the answer.)




Freitag, 2. Juli 2004

Google-Whacking at its best.



Ich hab die liebsten Ex-Kollegen der Welt. Heute abend findet in meiner ehemaligen Agentur eine Party statt, zu der ich netterweise eingeladen wurde. Ich habe in einer Mail meine persönlichen Lieblinge gefragt, ob sie denn auch gefälligst alle da seien und mich ein bisschen bepuscheln, weil ich grad so genervt bin und sie mir ein bisschen fehlen und ob sie mir dann bitte ein Bier ausgeben würden, oder, nee, warte, wenn ich's mir richtig überlege, hätte ich das Bier eigentlich am liebsten schon jetzt.

Und nicht mal eine halbe Stunde später stand ein Kurier in meiner Agentur und brachte mir ein Päckchen:



Sie machen's mir ja schon schwer, neue Freunde zu finden, die kleinen Hasen. Die schnuffeligen.




Donnerstag, 1. Juli 2004

Man könnte einfach alles auf PMS schieben oder den Vollmond oder die Tatsache, dass der Kerl einem die letzten Pringles Sour Cream & Onion weggemampft hat, auf die man sich den ganzen Tag gefreut hatte, oder man könnte sagen, dass der Tag im Texterflöz alles andere als glatt gelaufen ist, dass man mal wieder eins von diesen Meetings hatte, aus denen man rauskommt und erst heulen und dann kündigen will und bei denen man sich die ganze Zeit fragt, ob man jemals eine gute Zeile geschrieben hat und wenn ja, ob das bloß das berühmte Korn des berühmten Huhns gewesen ist, oder man könnte es darauf schieben, dass man ziemlich übermüdet ist, weil man sich ein bisschen mit dem Kerl in der Wolle hatte, und das zehrt doch immer so an den Nerven, selbst wenn man auf alle Frauenzeitschriften dieser Welt gehört und sich noch am selben Abend versöhnt hat, denn man soll ja nicht im Streit ins Bett/auseinander/aus dem Haus gehen, also versöhnt man sich und kuschelt und liegt dann trotzdem noch ne Stunde wach und denkt sich, früher hätte man nach einem miesen Tag den Teddy vollgeflennt oder ne DVD geguckt oder einfach ne Flasche Wein leergemacht, stattdessen liegt man in einer nackten Umarmung und kann sie doch nicht genießen und ist müde und kann doch nicht schlafen, weil man soviel denken muss, und am nächsten Morgen ist man noch müder und weiß, dass man noch so ein Meeting vor sich hat und dass übermorgen Vollmond ist und dass man bald wieder die ob-Schachtel vom oberen Regalbrett aufs griffbereite packt, und man kann sich gar nicht entscheiden, welchem der vielen Faktoren man jetzt eine aufs Maul hauen soll, weil man so fürchterlich, fürchterlich traurig ist.




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* The Art of Looking Sideways, Alan Fletcher