Hallo Nachbar

Auch wenn mir Million Dollar Baby so gar nicht gefallen hat, war der Nachmittag im Abaton interessant, denn ich hatte einen prominenten Sitznachbarn: der Herr Müller-Westernhagen saß links von mir, und von ihm links saß seine Gattin. Ich finde seine Musik zwar grottenlangweilig, aber jemand, der den ganzen Film lang gerade zwei Worte zu seiner Frau sagt und die brav leise, ansonsten schön die Klappe hält, nicht rumzappelt und zudem noch ein wohlriechendes, dezentes Eau de Toilette aufgelegt hat, kann kein schlechter Mensch sein. Will immer solche Nachbarn haben. Gerne auch unprominent, denn die stehen nämlich irgendwann auf, anstatt sitzenzubleiben, bis das Kino leer ist, um nicht mit der Masse rausgehen zu müssen. Rechts von mir saßen leider zwei Mädels, die der Film arg mitgenommen hatte und die noch nachheulten, weswesen ich weder rechts noch links rauskonnte, ohne drängeln zu müssen, was ich noch weniger leiden kann als lange Abspänne anzugucken. Also bin ich sitzengeblieben und dann nach gefühlten fünf Stunden hinter den schniefenden Mädels rausgegangen. Ehepaar Westernhagen blieb noch und kam mir erst auf der Straße nochmal entgegen. Um ein Beweisautogramm zu bitten, war mir aber auch zu doof.

7 Antworten:

  1. Ich saß einst neben Bernd Hoëcker im Flieger von München nach Köln. Ich hab ihn auch nicht angesprochen, denn ich dachte, das Schweigen tut ihm mal ganz gut.

  2. Ich saß mal im ICE von Frankfurt nach Köln neben Herbert Feuerstein. Genauer gesagt saß er auf meinem reservierten Fensterplatz und ich setzte mich daneben. Ich hab dann auch nicht gesagt daß das eigentlich mein Platz ist und so haben wir uns während der Fahrt gehaltvoll angeschwiegen.

  3. Es gibt eine Sammelstelle für diese Art von Episoden: http://www.hoeflichepaparazzi.de/

  4. Ich bin eher hier engagiert.

  5. Der Vorteil von solch diskreten Promisichtungen ist ja, das sie der Wirklichkeit nicht standhalten müssen. Als ich mit einer Gruppe von Kindern im Stuttgarter Zoo war, meinte ein Junge Teile von Fanta 4 erkannt zu haben. Er faßte sich ein Herz und fragte den vermeintlichen Thomas D.: “Können Sie mir ein Telegramm machen?” Dieser war sichtlich peinlich berührt und dem spöttischen Gelächter seiner Freunde ausgesetzt.

  6. Ich saß mal neben Hanna Krabbe und Irmgard Möller im “Metropolis” und beide haben die ganze Zeit gequatscht und ramentert, aber niemand hat was gesagt, lag wohl an ihrer legendären Vergangenheit.

  7. my favourite:

    auf dem rückweg von einem kongress in leipzig setzt sich im ice-bordrestaurant mir gegenüber, das alk-näschen ungeschminkt und von einem bösen trockenen husten geplagt: deutschlands ehemaliger obermiesmacher und liebster verbalaggressor olaf henkel.

    nebst pubertierendem neffen, und das macht die sache interessant: erst muss ihn herr henkel davon abhalten, mein pils entgegenzunehmen, dann versucht er ihn angestrengt und oberlehrerhaft für die lektüre eines offensichtlich frisch geschenkten xxl-atlanten zu interessieren – natürlich ohne erfolg. auch familiäre themen bringen kein gespräch in gang. am ende liest herr henkel genervt faz, der neffe telefoniert mit dem internat, um seine momentane abwesenheit zu erklären.

    kein wunder, dass herr henkel am abend im fernsehen zwar ein hübsch geschminktes näschen, aber miese laune hat. schuld daran: natürlich die regierung.