The Door in the Floor

Ich habe selten einen Film erlebt (erlebt, nicht nur gesehen), der mich so schnell von einer Sekunde zur anderen vom Lachen zum Weinen gebracht hat, vom amüsierten Zuschauen zum fassunglosen Nachvollziehen, von der wundervollen Leichtigkeit des Lebens zur erdrückenden Fragilität desselben. The Door in the Floor (Die Tür der Versuchung) erzählt die Geschichte … nein, schon falsch, es fühlt sich nicht mal wie eine Geschichte an. Der Film fühlt sich wie eine Momentaufnahme an, ein kleiner Einblick in eine große Story, von der wir den Anfang erst ganz zum Schluss erfahren und deren Ende uns verborgen bleibt.

Ein Ehepaar (großartig: Jeff Bridges und Kim Basinger) hat ihre halbwüchsigen Söhne bei einem Unfall verloren. Mit ihrer Nachzüglertochter ziehen sie um und wollen ein neues Leben beginnen, eingerahmt in Dutzende von Fotos der Söhnen, umgeben von alten Gewohnheiten, mit denen sie nicht brechen können oder wollen und die nun, in der Zeit der Trauer, noch stärker hervorbrechen und einen Neuanfang unmöglich machen. In ihre kleine, eingeschweißte Welt bricht ein junger Mann (unaufdringlich: Jon Foster) ein, der den Prozess der Auflösung noch beschleunigt, indem er sich Mann und Frau auf sehr unschuldige, aber ebenso präsente Weise nähert.

Der Film beginnt relativ harmlos, kleine Szenen zeigen uns die Welt, in der wir uns für die nächsten zwei Stunden begeben, aber bereits die ersten Dialoge klingen ungewohnt, ziseliert, aber seltsamerweise nicht aufgesetzt. Die Grundsituation des Films ist eine außergewöhnliche – daher dürfen die Figuren auch außergewöhnlich reagieren und sprechen. Aus diesen Satzfetzen und Eigenschaften entsteht zum Schluss ein dichtes, logisches Bild, eine Wanderung durch menschliche Gefühle, die wir mitnehmen und würdigen können. The Door in the Floor wagt es, Dinge nur anzureißen, uns mitten in verschiedene Leben hineinzuwerfen. Was wir damit machen, bleibt uns überlassen. Wir können uns gelangweilt abwenden. Wir können aber auch fasziniert und zutiefst traurig zusehen.

6 Antworten:

  1. Vielen, vielen Dank, liebe Anke. Ich hatte mir so gewünscht zu erfahren, wie jemand den Film unabhängig vom Buch sieht.

  2. Ich wollte ja eigentlich keinen Irving mehr lesen, aber jetzt hab ich “A widow for one year” doch bestellt.

  3. wobei es fraglich ist, ob man das dann wirklich noch lesen muss. ich fand teil 1 des buches nämlich hervorragend mit “door in the floor” verfilmt und teil 2 des buches ist dann irgendwie nicht mehr so toll.

    aber vielleicht beglückst Du uns dann ja noch mit einer kleinen buchbesprechung?

  4. :Ich wollte ja eigentlich keinen Irving mehr lesen, aber jetzt
    :hab ich “A widow for one year” doch bestellt.

    ah, Du kanntest das Buch also nicht …?
    Ich wuerde ja gerne mit Dir einer Meinung sein, aber … – ich fand das alles zu langweilig. Zu transusig.
    Aber dann eben nicht beklemmend genug.
    Das hat Irving in meinem Kopf so viel besser geschafft, so dass ich trotz des grossartigen Jeff Bridges und trotz Frau Basinger, die ich ja mit jedem Film mehr verehre immer wieder gähnend mit dem Blick auf der Uhr gelandet bin …

    Aber: Mich interesseirt dann schon auch, wie Du das Buch findest …?

  5. john irving: bin auf seite 360 (von 800) von “gottes werk und teufels beitrag”. nein, ich hab den film dazu (noch) nicht gesehen. das buch saugt mich regelrecht ein. diese poetischen momente im stink normalen alltag klingen so wunderbar! ich geniesse jede seite dieses ach so dicken schmökers!!!

  6. seit “gottes werk..” wollte ich eigentlich keine irving-verfilmung mehr ansehen, aber da gab es ja irgendwann auch noch “garp” & “hotel new hampshire”.. & die tatsache, dass irving das drehbuch nicht selbst geschrieben hat, lässt hoffen….