Was schön war, Sonntag, 4. Juni 2017 – Drei Viertel

Morgens wieder Walken gewesen und dabei den Unterschied zwischen „Regen im März, wenn es 10 Grad sind und man eine Regenjacke trägt“ und „Regen im Juni, wenn es 17 Grad sind und man keine trägt“ kennengelernt. Ist beides toll. Ich mag das Regengeräusch auf meiner Kapuze, aber ich hasse nasse Wege, weil ich ja bekanntlich etwas unsicher unterwegs bin. Sommerregen fühlt sich stattdessen wie eine Mitnehmdusche an; das war herrlich.

Generell bin ich immer nervös, wenn ich mir durchlese, was ich am Vortag verfasst habe, denn ich erwarte grundsätzlich mies formulierten Quatsch. Der erste Schwung Lüpertz war aber okay, ich kann beruhigt mit dem zweiten anfangen (nur nicht heute, weil Feiertag und geschlossene Bibliotheken, hmpf).

Ich habe mir zum ersten Mal den kompletten bisherigen Stand der MA-Arbeit ausgedruckt und durchgelesen, um ein Gefühl dafür zu kriegen, ob man einen großen Bogen sieht oder das alles gefühlt einzelne Blöcke sind, denn so habe ich sie innerlich angedacht, aber so sollen sie natürlich nicht klingen. Heißt: Ich habe einzelne Stoffsammlungen zu den einzelnen großen Themenblöcken angelegt, also: Einleitung und Forschungsstand, Vergangenheitsbewältigung in der Bundesrepublik, deutsche Kunst nach 45, die sich mit der NS-Zeit beschäftigt, Georg Baselitz, Gerhard Richter und dann die großen Blöcke Anselm Kiefer und Markus Lüpertz, abschließend ein Vergleich sowie als Rausschmeißer die Zusammenfassung. Natürlich habe ich, wenn ich schreibe, immer im Hinterkopf, was ich schon geschrieben habe, um mich darauf beziehen zu können. Deswegen schreibe ich auch von vorne nach hinten und erst, wenn ich genau weiß, wo ich hin will. Der Twitter-Account des LMU-Schreibzentrums hat mir mal gesagt, dass man Menschen, die so schreiben, Architekten nennt. Andere fangen irgendwo an, kommen zum Schluss, fügen vorne noch was ein und schreiben die Einleitung als letztes, was sich mir überhaupt nicht erschließt. In der Einleitung lege ich fest, wie meine Forschungsfrage lautet und zeige den Weg auf, sie zu beantworten; ich bastele mir also schon das Gerüst für die Arbeit. Ehe ich das nicht habe, weiß ich gar nicht, wo ich hin will. Daher schreibe ich die Einleitung grundsätzlich zuerst, um mir selbst darüber klarzuwerden, was ich eigentlich aufschreiben möchte. Wenn ich dabei schon ins Stottern gerate, weiß ich, dass irgendwas in der grundsätzlichen Ausrichtung knirscht.

Das habe ich dieses Mal allerdings erst gestern gemerkt. Als ich den ganzen Schwung – ich bin jetzt zu drei Vierteln fertig und bin bei gut 72.000 Zeichen; 100.000 sollen es werden – durchgelesen hatte, fiel mir auf, dass ich eine latent andere Frage beantwortet habe als die, die in der Einleitung steht. Kurz gegrinst, korrigiert – und dann las sich das alles doch viel besser als ich insgeheim befürchtet hatte. Und ja, man sieht den großen Bogen, aber ein paar Stützpfeiler muss ich hier und da noch einbauen.

Mich um das Basteln des irrwitzig langen Abbildungsverzeichnisses gedrückt, indem ich mit Steuerkram anfing, als mir einfiel, dass mich mein bester Freund ums Korrekturlesen seiner Website gebeten hatte. Mich so auch erfolgreich vor der Steuererklärung gedrückt.