Was schön war, Sonntag, 21. Mai 2017 – Zeitunglesen

Na gut, bevor ich Zeitung lesen konnte, musste ich erst mal auf Twitter meckern, dass meine Probe-Abo-FAS nicht im Briefkasten steckte. Der allwissende F. meinte, vielleicht liegt sie vor der Haustür, was ich spontan abstritt, aber ganz hinten im Köpfchen wachten Bilder auf von Tüten, die an Türklinken hingen. Ich stapfte erneut fünf Stockwerke nach unten – und natürlich war sie da. Korrekturtweet abgesetzt anstatt den ersten verschämt zu löschen. Trotzdem sorry an den/die Zusteller*in. Das wollte ich mir ja eigentlich schon längst abgewöhnt haben: das Rummeckern, ohne es zu hinterfragen. Ist anscheinend noch in Arbeit.

Aber dann: fast den kompletten Tag auf dem Sofa verbracht, ab und zu mal einen neuen Kaffee gekocht oder ein Nutellabrot geschmiert und halt Zeitung gelesen.

Ich habe in den vergangenen Jahren mehrfach versucht, die SZ, den Spiegel oder die FAZ auf dem iPad zu abonnieren, aber egal, in welchem Format sie da waren, ich habe sie kaum bis nie gelesen. Die New York Times und die Washington Post lese ich (als Abonnentin) auf der Website und nur dann auf dem iPhone, wenn mir ein Artikel in die Twittertimeline gespült wird. Sonst gucke ich da, genau wie auf Papier, nach den Inhalten, die mich interessieren. Das klappt, warum auch immer, auf der vollgeballerten FAZ– und der noch schlimmeren SZ-Website nicht, wobei die SZ mich zusätzlich noch mit blinkender Werbung nervt. Auf SpON versuche ich schon seit längerer Zeit zu verzichten, weil das noch atemloser ist als alles andere und mich jede dusselige Promi-Geschichte anödet. Ich weiß, ich kann die überlesen. Mache ich ja auch. Aber sie sind halt da. *krückstockfuchtel*

Deswegen genieße ich es sehr, wieder mit einer Papierzeitung vor der Nase entspannt irgendwo rumzusitzen und ebenso entspannt lesen zu können. Ich überblicke sofort, was mich auf einer Seite erwartet und muss nicht erst irgendwelche Headlines anklicken, nichts blinkt und nervt, es gibt keine Kommentare und kein Forum; es ist ein seltsam statisches Angebot, das ich nach zwei Jahrzehnten im Internet wieder zu schätzen weiß.

Dass es die FAZ und nicht die Süddeutsche geworden ist, die eher auf meiner politischen Linie liegt und die dazu auch noch einen nicht ganz unspannenden Lokalteil für mich da hätte, liegt natürlich am Feuilleton, das ich auch immer als erstes lese. Danach kommt das erste Buch mit Politik, wo ich bei fast jedem Kommentar mit den Augen rolle, ihn aber gleichzeitig als Gegenentwurf zu meinen eigenen Gedanken wahrnehme, was ich momentan auch als angenehm empfinde. Es ist, als ob man wissenschaftliche Aufsätze liest, die man danach in der Hausarbeit auseinandernimmt. So lese ich den Großteil der FAZ – und bin so schön beschäftigt.