November-Journal, 6.11.2012

Am Terminal 2, Hamburg:

Ja, Mensch, Typ im Apricot-Hemd, da hast du dich so schön professionell vorgedrängelt, um quick zu boarden, und jetzt stehst du doch mit uns allen im Finger und musst warten. Wer hätte es gedacht.

In der S8 Richtung München:

Ja, Mensch, Typ im Anzug und mit keckem Mützchen auf, da hast du dich so schön professionell auf drei Sitze verteilt UND die Beine übereinandergeschlagen und so auch noch den niedlichen Versuch gestartet, einen vierten Platz zu blockieren, und jetzt setz ich mich trotzdem da hin. Wer hätte es gedacht.

(Pappnasen sind pappnasig.)

Wohnungsübergabe. Zum gefühlt hundertsten Mal in München gedacht, hossa, jetzt bist du echt in München. Auf 44 Quadratmetern in der Maxvorstadt, um genau zu sein. Ein Zimmer – das wird das Schlafzimmer, logisch –, fast genauso große Wohnküche – da kommt meine total innovative Küchentisch/Arbeitstisch-Kombi hin plus der Drucker, den ich nicht im Schlafzimmer haben will –, Bad mit Badewanne und: eine Abstellkammer bzw. ein begehbarer Kleiderschrank. Schon mit Böden und Kleiderstange drin. Der temporäre Mitbewohner hat drei Wochen lang Witze darüber gemacht, dass ich Wohnungen ohne Abstellkammer oder wenigstens Stauraum sofort verworfen habe, aber für mich ist das wirklich ein K.O.-Kriterium, wenn ich in einer 1-Zimmer-Wohnung (nach der hatte ich ja gesucht) ständig meinen Staubsauger sehen muss, weil er nirgends zu verstecken ist. Jetzt hat er ein prima Plätzchen. Wobei: Ich muss erstmal einen Staubsauger kaufen, den ich verstecken kann.

Das „Hossa, jetzt bist du echt in München“-Gefühl wurde abends noch schlimmer, als der temporäre Mitbewohner sein Auto umbaute, um meinem ganzen Krempel nach dem ersten Ikea-Einkauf Platz zu machen. Denn anstatt unsere Hamburger Wohnung halb auszuräumen und hier wieder aufzubauen, kaufe ich lieber alles neu. Kommt preislich ungefähr auf dasselbe raus und ist weniger Nervkram. (Bis jetzt. Mal sehen, wie der Ikea-Einkaufs-, Liefer- und Aufbauservice funktioniert.)

Unsere Hamburger Wohnung ist neben Holztönen creme, rot und violett, die in München wird grau und grün. Damit ich weiß, wo das richtige Zuhause ist und wo das fast richtige.

Zwei schöne Mails an einem Tag. Ich zitiere die erste:

„Ich finde es faszinierend, daß du wieder zur Uni gehst. Ich glaube ich könnte das nicht und möchte dir gerne meine Bewunderung aussprechen! (…) Entfernungsbeziehung ist scheiße, auch das kann ich dir bestätigen. Es zeigt mir aber, wie sehr du dieses Studium brauchst.“

Dass mit dem „brauchen“ hatte ich so noch gar nicht gesehen, aber: Ja. Wenn ich das alles in Kauf nehme und dabei auch noch meine Ersparnisse auf den Kopf haue, dann ist das anscheinend mehr als nur etwas, was glücklich macht. Vielleicht ist es wirklich etwas, was sein muss.

Und die zweite:

„Übrigens wollte ich Ihnen schon lange mal sagen, dass Den-Blog-von-der-ollen-Gröner lesen, manchmal, also wenn man an so ins stille Zimmerchen kommt und nur sein Wurstbrot als Gesprächspartner zur Verfügung steht, schon sowas Vertrautes hat. Bisschen wie Heimkommen.“

Dankeschön.