„Ja gibt es denn kein Buch mehr auf der Welt, an das ich mich erinnere? Die beiden roten Bände dort, die dicken mit den roten Stoffähnchen, die muß ich doch noch kennen, die kommen mir vertraut vor wie alte Möbel, die habe ich gelesen, gelebt habe ich in diesen Bänden, wochenlang, vor gar nicht allzu langer Zeit, was ist denn das, wie heißt denn das? “Die Dämonen”. Soso. Aha. Interessant. – Und der Autor? F.M. Dostojewskij. Hm. Tja. Mir scheint, ich erinne mich vage: Das Ganze spielt, glaube ich, im 19. Jahrhundert, und im zweiten Band erschießt sich jemand mit einer Pistole. Mehr wüßte ich darüber nicht zu sagen. Ich sinke auf meinen Schreibtischstuhl nieder. Es ist eine Schande, es ist ein Skandal. Seit dreißig Jahren kann ich lesen, habe, wenn nicht viel, so doch einiges gelesen, und alles, was mir davon bleibt, ist die sehr ungefähre Erinnerung, daß im zweiten Band eines tausend Seiten starken Romans sich irgend jemand mit einer Pistole erschießt.“

Patrick Süskind, Amnesie in litteris, via Martin Vogels Kommentar auf meinen G+-Eintrag)