Bücher Juni 2011

Zsuzsa Bánk – Die hellen Tage

Das vierte Buch meines Experiments „Auf Tipps von Buchhändlerinnen hören“. Zwei Bücher waren Volltreffer, eins so halb – und das hier eins der wenigen Bücher, das ich nach dem Weglegen doch noch durchgelesen habe.

Eine zunächst namenlose Ich-Erzählerin berichtet von ihrer Freundin Aja und deren Mutter Évi, die am Rand der Kleinstadt Kirchblüt wohnen. Ajas Vater kommt nur alle paar Monate vorbei, um das schiefe Häuschen auszubessern und Zirkuskunststücke vorzuführen. Dritter im kindlichen Bund ist Karl, dessen Bruder eines Tages verschwindet, worauf sich die Beziehung der Eltern zueinander und zu Karl ändert. Und auch die Erzählerin schleppt eine Vergangenheit mit sich herum, die sich erst allmählich zeigt.

Heißt also: ne Menge weiblicher Hauptfiguren, deren Geschichte im Fokus steht und die nicht heißt „Wie finde ich den Kerl fürs Leben“. Das Buch begleitet die drei Kinder und ihre Eltern ungefähr 20 Jahre, wovon ein paar sich in – das ist wirklich purer Zufall! – Rom abspielen.

Klingt toll, hätte genau meins sein müssen – war aber unfassbar anstrengend. Der Stil ist so puppig und ethnokitschig, dass ich das Ding nach 200 Seiten weglegen musste, so sehr vermisste ich ein paar Sätze ohne Adjektive. Dauernd wird Kuchen gebacken, es duftet überall, alles ist kuscheligbunt, Hängematten, Bänder in den Bäumen, knisterndes Packpapier – ich mag sowas ja eigentlich, aber auf die Dauer wurde mir schlecht davon. Aber: Nach einer Pause ging’s wieder. Trotzdem keine Empfehlung – das war mir einfach zu „hübsch“ verfasst. (Wenn ich schlecht gelaunt wäre, würde ich sagen: kalkuliert auf die weibliche Kundschaft im mittleren Alter hingetextet. Not that there’s anything wrong with that.)

(Leseprobe bei Fischer)

Hanns-Josef Ortheil – Rom. Eine Ekstase. Oasen für die Sinne

Schon gut, schon gut, ja, ein Buch über Rom, SCHON GUT. Auch wenn ich es bei dem ekligen Titel kaum ins Bestellkörbchen klicken wollte. Gut, dass ich es trotzdem gemacht habe, denn Ekstase war quasi eine Urlaubsverlängerung. Ortheil hat viele Jahre in Rom gelebt, nimmt einen als Leser_in jetzt an die Hand und bummelt mit einem durch seine Stadt. Er zeigt mir seine Lieblingslokale, Buchhandlungen, Gemäldesammlungen und Brunnen, und tollerweise kannte ich sogar ein paar der Stellen und Straßen und Geschichten. Außerdem berichtet er von Goethe, der als Filippo Miller in Italien lustwandelte und guckt sich an, wo der Herr Geheimrat so langgeschlendert ist (und hat damit dafür gesorgt, dass ich mir Goethes „Italienische Reise“ gekauft habe). Für mich jetzt gerade perfekt. Und für später stehen im Buch noch bergeweise leckere, angeblich total echte römische Rezepte drin.

(Leseprobe bei amazon.de)

Christoph Thoenes – Raffael

Relativ schmales Buch, aber gute Druckqualität und okayes Format, was beim Abdruck von Gemälden ja nicht ganz unwichtig ist. Das Buch konzentriert sich auf das bildnerische Werk und vergisst mal Zeichnungen bzw. das architektonische Schaffen Raffaels, aber es bot mir einen guten ersten Überblick – und die Information, dass in München drei Raffaels hängen, die ich mir anschauen konnte. Was ich dann ja auch gemacht habe.

(Blick ins Buch bei Taschen)

Irving Stone – The Agony and the Ecstasy. A Biographical Novel of Michelangelo

Wurde mir empfohlen, als ich von Michelangelo auf Twitter rumgeschwärmt hatte, und ich höre ja auf alles, was mir meine Timeline ans Herz legt. Agony ist keine „richtige“ Biografie, sondern ein biografischer Roman, und das ist auch genau der Grund, warum mir das Buch nicht ganz so gut gefallen hat. Ich wusste nie so genau, was jetzt überliefert und gesichert ist und was pure Fantasie bzw. ausgeschmückte Situationen. Über die Dialoge muss man auch nicht reden – das Buch wurde in den 60er Jahren geschrieben, und sie klingen manchmal ein bisschen sehr staubig. Trotzdem habe ich was mitgenommen, nämlich dass Marmorstatuen zu schnitzen anscheinend echt richtig lang dauert. Und: Ich habe mir unbewusst ein paar Namen und Daten gemerkt, mit denen ich erst was anfangen konnte, als ich durch die Alte Pinakothek wandelte. Denn dort erzählt der Audioguide etwas über die Situation in Florenz, in der zum Beispiel Botticelli seinen Stil änderte bzw. sogar seine eigenen Bilder verbrannte, oder über den Lehrmeister Michelangelos, Domenico Ghirlandaio, von dem dort auch ein Bild hängt – das sehr, sehr anders aussieht als das, was ich von Michel kenne. Also immerhin lehrreich.

(Leseprobe bei amazon.de)

Johanna Adorján – Eine exklusive Liebe

Adorjáns Name ist einer der wenigen Namen von Journalist_innen, den ich mir gemerkt habe. Sie ist mir vor Ewigkeiten in der FAS aufgefallen, und alles, was ich an ihrem Stil dort schon gemocht habe, bekommt hier die große Bühne. Worum es in dem Buch geht, verrät gleich der erste Satz: „Am 13. Oktober 1991 brachten meine Großeltern sich um.“ Das Buch beschreibt mithilfe von Zeug_innen das Leben von Adorjáns Großeltern, wie sie sich kennenlernten, wie sie den Holocaust überstanden, wir ihr Leben in Ungarn war und dann in Dänemark, wie die Familie und Freunde sie wahrnahmen und wie der gemeinsame Gang in den Tod das einzig richtige Ende für die beiden war. Ein zärtliches, schonungsloses, wunderschönes, entsetzlich trauriges Buch. (Nie, nie, nie im Bus lesen. Vor allem nicht die letzten Seiten.)

(Leseprobe bei amazon.de)

Wolfgang Büscher – Hartland

Ich weiß nicht, was genau ich erwartet hatte bei der Grundidee „Ich gehe zu Fuß von Nord nach Süd durch die USA“, aber ich glaube: ein bisschen mehr als das, was jetzt im Buch steht. Ich mochte den Stil, ich fand es schön, einfach einem „train of thought“ zu folgen, aber ich hätte gerne etwas mehr Tiefe gehabt, mehr Historie, mehr Information. Vielleicht lag es daran, dass ich schon so ungefähr wusste, was bei Wounded Knee abgegangen ist oder wie die Besiedlung des Westens lief, vielleicht lag es daran, dass Amerika und das Gefühl, was es auslöst, mir so bekannt sind. So war es ein langes Tagebuch, das sich wirklich gut lesen lies, von dem aber keine einzige Story oder Begegnung hängengeblieben ist. (Andererseits lese ich gerade Goethes „Italienische Reise“, und die klingt sehr ähnlich. Vielleicht muss das ja so.)

(Leseprobe bei Rowohlt)

Jasper Fforde – Lost in a Good Book

Zweites Buch in der charmant-durchgedrehten Reihe um Thursday Next, die bei LiteraTec unter anderem dafür sorgt, dass die Figuren von Shakespeare nicht in ein anderes Drama ziehen, wenn ihnen ihr eigenes langweilig geworden ist. Dieses Mal muss sie sich vor allem mit der Goliath Corporation auseinandersetzen, die so ziemlich das ganze Land im Griff hat, aber seine eigenen Leute nicht unbedingt unter Kontrolle. So konnte Thursday im letzten Band sich eines Blödmanns dadurch entledigen, dass sie ihn in Poes „Raven“ einsperrte, was der Mann nicht allzu lustig fand und seine Vorgesetzten auch nicht. Außerdem passieren sehr unangenehme Dinge mit Thursdays frischgebackenem Ehemann und ihrem zeitreisenden Papa. Und dann steht sie auch noch vor Gericht und zwar ausgerechnet vor dem aus Kafkas „Prozess“. Also alles mal wieder sehr wirr – und unglaublich unterhaltsam. Und man will wieder einen Klassiker aus dem Schrank ziehen und lesen, dieses Mal nicht „Jane Eyre“, sondern „Great Expectations“. (Erstmal Goethe.)

(Leseprobe bei amazon.de)

Neil Gaiman (und 1000 Zeichner) – Sandman Vol. 3: Dream Country

Der dritte Band aus der Sandman-Reihe erzählt die Geschichte nicht weiter, sondern lässt den Herrn der Träume einfach mal in einer paar anderen Storys auftauchen. Hat mir gut gefallen.

(Leseprobe bei amazon.de)

James Sturm/Guy Davis – Fantastic Four Legends: Unstable Molucules

Schönes Ding. Wir gehen mal davon aus, dass die Fantastischen Vier auf realen Persönlichkeiten beruhen und erzählen deren Biografie bzw. einen kurzen Ausschnitt davon. So hadert Susan (Invisible Woman) damit, eine Hausfrau in den 50er Jahren zu sein; ihr kleiner Bruder Johnny (The Human Torch) würde sich gerne einer Gruppe Beatniks anschließen anstatt in einer Kleinstadt zu versauern, und Ben Grimm (The Thing) vergisst kurz seine Freundschaft zu Dr. Reed Richards (Mister Fantastic), als er sich Susan nähert. Das Buch ignoriert einfach den ganzen Superheldenkram und erzählt uns was von „normalen“ Menschen. Mag ich ja immer.

Jeph Loeb/Tim Sale – Superman for All Seasons

Noch ein schönes Ding. Jeph Loeb (von dessen Partner und ihm ich schon ei/niges gelesen habe) ersann mit dieser Story die Blaupause für die Serie Smallville, an der er auch mitgearbeitet hat. Hier bekommen wir eine klassische Coming-of-Age-Story vorgesetzt und erleben Clark Kent beim Erwachsenwerden, beim Auszug von zuhause, bei den ersten Auftritten als Superheld und bei seiner kurzen Rückkehr ins alte Leben. Melancholisch und mit vielen schönen Panels, die diesen Namen gar nicht verdient haben, weil sie stattdessen eine Doppelseite sind.

(Leseprobe bei amazon.de)

„In der Kirche der Eremitaner habe ich Gemälde von Mantegna gesehen, einem der älteren Maler, vor denen ich erstaunt bin. Was in diesen Bildern für eine scharfe, sichere Gegenwart dasteht! Von dieser ganz wahren, nicht etwa scheinbaren, effektlügenden, bloß zur Einbildungskraft sprechenden, sondern derben, reinen, lichten, ausführlichen, gewissenhaften, zarten, umschriebenen Gegenwart, die zugleich etwas Strenges, Emsiges, Mühsames hatte, gingen die folgenden Maler aus, wie ich an Bildern von Tizian bemerkte, und nun konnte die Lebhaftigkeit ihres Genies, die Energie ihrer Natur, erleuchtet von dem Geiste ihrer Vorfahren, auferbaut durch ihre Kraft, immer höher und höher steigen, sich von der Erde heben und himmlische, aber wahre Gestalten hervorbringen. So entwickelte sich die Kunst nach der barbarischen Zeit.“

Johann Wolfgang von Goethe, Italienische Reise, dtv 2007, S. 62

„Gemüse aus Fleisch und Blut“

Sehr schönes Porträt über Yotam Ottolenghi von Christian Seiler, das man nie, nie, nie lesen sollte, wenn man noch ein winziges bisschen Platz im Magen und eine volle Speisekammer hat. (Via Kaltmamsells Gezwitscher)

„Ich probiere von der Artischocke mit Emmer, Saubohnen und Ziegenkäse, eine Fülle an bitteren und süßen Aromen, eine Zelebration von Konsistenzen. Jeder Bissen präsentiert sich ein bisschen anders, je nachdem, welche Konsistenz gerade in den Vordergrund tritt.

Gegrillter Spargel mit einer aus Chili, Brot, Nüssen, Mandeln, Knoblauch, Tomaten und Öl gefertigten Romesco-Sauce, ein Kraftakt. Gegrillter Oktopus mit Salmorejo-Sauce, der Tintenfisch außen knusprig und innen zart, begleitet von dem pikanten Aromen der Sauce – Geschmäcker wie im Stroboskop, eine eklektizistische Party. Die Wachtel mit Miso, Honig, Weintrauben und Verjus – Referenz an die japanische, aber auch an die südfranzösische Art zu kochen. Viele Fäden führen in die Küche, und bei Yotam laufen sie alle zusammen, denn er sorgt dafür, dass aus den unzähligen Einflüssen etwas Originäres und Harmonisches entsteht.

„Können Sie noch?” fragt Yotam.

Ich kann nicht mehr.

„Klar”, sage ich.“

Salat mit grünen Bohnen, Avocado und Fetakäse

Der Salat gehört seit gut anderthalb Jahren in mein Repertoire, und ich weiß gar nicht, warum ich den noch nicht anständig verbloggt habe. Das Rezept stammt von hier und möchte zu all dem Gemüse noch gebratenen Speck. Kann man machen, muss man aber nicht.

Ich habe mich noch nie um die Mengenangaben im Originalrezept gekümmert, sondern mache den Salat stets frei Schnauze. Er schmeckt lauwarm (wenn die Bohnen und Pinienkerne noch Temperatur haben) genauso gut wie kalt und ist damit sowohl ein prima Abendessen als auch ein prima Office Lunch.

Für mich alleine koche ich
eine gute Handvoll grüne Bohnen bissfest und röste
Pinienkerne kurz in einer Pfanne an.
In einer Schüssel mit
einer Handvoll Kirschtomaten,
einer in Scheiben geschnittenen Avocado und
einem Schwung Fetakäse, in Würfel geschnitten, vermischen.

Dazu gibt’s ein Dressing aus Balsamico-Essig, Olivenöl und nicht zu viel Knoblauch.

Killing Kids Thin

Dances With Fat schreibt über eine Studie, in der schon Zehnjährige angeben, sich den Finger in den Hals zu stecken, um abzunehmen. Die Studie schließt mit der oberschlauen Bemerkung, man müsse den Kindern beibringen, dass Kotzen keine gute Idee zur Gewichtskontrolle sei.

„It’s not about how much vomiting is encouraged or discouraged for weight control. It’s how much weight control is encouraged or discouraged. (…)

I’m pretty sure that kids don’t think that vomiting is a good idea. I think that we’ve created a world where kids actually think that making themselves vomit is somehow healthier than being fat because they’ve been convinced that unhealthy behaviors will lead to health if they make you thin. (If that’s true then we should be passing out cocaine with school lunches.) Or they no longer care about being healthy, they just want to look like Mrs. Obama says they should so she’ll stop trying to convince everyone to bully them. And that’s a problem. A huge problem. But luckily, an easily correctable one.

The solution that I propose is to be for healthy children, not against obese ones. It’s easy to do: Be for access to affordable healthy food, for access to movement that they enjoy (maybe different PE classes for kids who are athletic and kids who would rather play Dance Revolution), be for the mental health that is only possible when kids are not constantly stigmatized by society because of their size, or terrified of being stigmatized by society if their size changes.”

Fragile Bird

Seit der knuffige Autor eines gewisen Sportblogs auf diesen Trailer zum Stanley Cup hingewiesen hat, geht mir der Song „Fragile Bird“ von City and Colour nicht mehr aus dem Kopf. Jetzt habt ihr ihn auch.

Guckt euch bitte den Eishockey-Spot an (Song geht ungefähr bei Minute 2 los). Mir ist diese Sportart sowas von egal und mir war es noch egaler, wer den Pott holt, aber nach der Montage war ich doch kurz versucht, den Fernseher einzuschalten. Hervorragend gemacht.

Und nachdem ich gestern bei der U17-WM mal wieder ein paar schöne Fußballszenen (der Jungs) mit Hardrock unterlegt gesehen habe, bin ich sehr auf die Trailer für die Frauen-WM gespannt. Kriegen die angeblich nicht so athletischen Damen Rondo Veneziano als Begleitung?

Broeding

Mein Kurzkurzurlaub in München beinhaltete nicht nur die Alte Pinakothek, sondern vor allem einen Besuch bei der charmanten Frau Kaltmamsell und einem gemeinsamen Essen im Broeding. Das Restaurant ist recht klein und war bei unserem Besuch hell erleuchtet; hätte ich das gewusst, hätte ich die Digitalkamera eingepackt. So lag diese faul zuhause rum, während ich im Laden mit dem iPhone fotografierte. Zudem waren wir so ins Gespräch und die begleitenden Weine vertieft, dass ich zwei Gänge komplett vergessen habe.

Der Gruß aus der Küche: kalte Tomatensuppe mit Mozzarella und Artischockenchips. Unaufgeregt und stimmig. Dazu gab’s für mich als Aperitif einen Apfelsekt (mehr! nochmal! kaufen wollen!) und für meine Begleiterin irgendwas Alkoholfreies, das mit Kardamom gewürzt war. Auch ganz großartig. Blöderweise ist das das einzige Getränk, an das ich mich erinnere. Ich muss wirklich anfangen, die Etiketten der Weinflaschen zu fotografieren, wenn sie mir entgegengehalten werden – oder zumindest notieren, was ich hatte, denn bis auf einen Grünen Veltliner (na toll, DEN hab ich mir gemerkt) haben mir alle Weine sehr, sehr gut geschmeckt. Aber immerhin habe ich mir merken können, dass Smaragd nicht nur ein Edelstein, sondern auch ein Gütesiegel für Wein aus der Wachau sein kann, denn der Service war nicht nur schnell und freudlich, sondern auch sehr auskunftsfreudig.

1. Gang: Zweierlei vom Reh mit Salat und Cranberry-Mayonnaise. Mit essbaren Blumen kriegt man mich ganz leicht rum, aber der Kracher war für mich die Cranberry-Mayonnaise. Ich liebe ja die Kaffeemajo aus dem Momofuku, aber auf die Idee, da was Fruchtiges runterzurühren, wäre ich nie gekommen. Während der Kaffee diese weichwarme Schlotzigkeit von Majo unterstützt, geben die leicht säuerlichen Cranberrys dem ganzen einen richtig schönen Schubs in die frische Richtung, ohne dass es plötzlich zu Jogurt wird. Sehr seltsam beim ersten Bissen und sehr großartig beim zweiten.

Den 2. Gang habe ich vergessen zu fotografieren, das wäre Seeforelle mit Pfifferling-Sugo gewesen. Den hätte ich euch gerne gezeigt, weil der weiße Fisch eine herrlich knusprige Haut hatte, und obwohl ich kein Pilzfan bin, habe ich den ganzen Pfifferling-Sugo, den mein Löffel nicht erwischt hat, mit Brot aufgetunkt. Sehr wenig Waldboden, aber dafür sehr viel Würze.

3. Gang: Kartoffel-Ravioli mit schwarzen Walnüssen. Angenehm cremige Füllung, leicht knackige Nüsse, alles irgendwie kuschelig zusammengewürzt – flauschiges Wohlfühlessen.

4. Gang: Gebratene Lammhüfte mit Bohnen und Zucchiniblüte. Die Bohnen waren vielleicht eine Winzigkeit zu hart, aber das mag persönlicher Geschmack sein. Jedenfalls hat mich der Rest des Menüs mehr begeistert. Vor allem die Zucchiniblüte, an die ich mich auch noch nie rangetraut habe, weder beim Essen noch beim Zubereiten. Aber wie schon gesagt: Mit essbaren Blumen kriegt man mich immer. Mit Lamm sowieso.

5. Gang war Käse: Fougerus mit marinierter Feige und, wie Frau Kaltmamsell sich ausdrückte, Keksen aus dem Ökoladen. Ich formuliere es wohlwollender: Die formstabilen Kekse boten einen spannenden Kontrast zu … nee, warte. Die waren steinhart, aber dafür war der Käse äußerst schmackhaft, sowohl mit der Feige als auch mit dem würzigen roten Irgendwas. (Das ist der Paprikatomatenschlumpf, und der hat auch schon fünf Gläser Wein intus.)

Frischestes, fast fruchtiges Magenaufräumen mit Basilikumsorbet, Olivenöl und Sauerrahm. Danach gab’s noch herrlich warme, süße Marillenknödel mit Hollersauce und einem ebenso wunderbaren Dessertwein, aber auch die habe ich vergessen zu fotografieren.

Den einzigen Wein, den ich per Notizfunktion auf dem iPhone notiert hatte, als die Flasche auf dem Nachbartisch stand, war der Morillon Zieregg vom Weingut Tement. Von dem würde ich mir gerne noch einen Nachschlag ordern, aber der Weinshop vom Broeding wird gerade überarbeitet. Macht mal hin, ich will noch mehr Geld bei euch ausgeben. Und wiederkommen will ich auch. Dringend.

„Fußballerinnen in der Nachschminkzeit“

Schöner Artikel im Tagesspiegel über die dusselige Strategie „20Elf von seiner schönsten Seite“. Via Mädchenmannschaft, die noch viele weitere Links zur beginnenden Frauenfußball-WM gesammelt hat.

„Sex sells – die normative Kraft dieser alten Werberegel ist immens. Und für Fußballerinnen gibt es wenig Spielraum, sich dieser Vorgabe zu entziehen, zumal sie die Werbeeinnahmen dringend brauchen. Die meisten Bundesliga-Spielerinnen sind Halbprofis, sie arbeiten nebenher oder machen Ausbildungen. Andere sind Sportsoldatinnen. Selbst bei größeren Vereinen liegen die Monatsgehälter der Spielerinnen zwischen 500 und 2000 Euro. Da lässt man sich schon mal etwas tussig fotografieren. Manche Spielerinnen sehen darin offenbar auch eine Chance. Schließlich gilt Fußball in Europa – anders als in den USA – immer noch als der Männersport schlechthin. Er steht für Kraft, Kampf und Härte, Attribute, die traditionell der männlichen Rolle zugeschrieben werden. Daran ändern auch metrosexuelle Aufhübschungen nichts, die letztlich nur eine geschickte Marketinganpassung an die Popkultur sind. Für Männer besteht kein Rollenkonflikt im Fußball, für Frauen – vor allem für heterosexuelle – ist er omnipräsent. Also versuchen sie, die Weiblichkeit, die ihnen auf dem Spielfeld abgesprochen wird, abseits davon wiederherzustellen – durch betont genderkonformes Auftreten.

Diese Kompensationsbewegung ist angesichts der jahrzehntelangen Verunglimpfung des Frauenfußballs als unästhetischer Mannweiber-Sport nur allzu verständlich. Sie birgt aber ein unauflösbares Dilemma: Indem sie den Blick verstärkt auf ihre äußere Erscheinung lenken, sabotieren die Fußballerinnen ihren eigenen Wunsch, in erster Linie als Sportlerinnen ernst genommen zu werden. Symptomatisch ist eine Aussage der Bayern-Spielerin Annika Doppler im „Playboy“: „Fußballerinnen sind sehr durchtrainiert, sehen aber immer noch weiblich aus – und oft auch sehr gut. Ich lade alle Männer ein, sich bei einem Spiel live davon zu überzeugen.“ Dieses Zitat ist auch insofern beschämend, weil es männlichen Zuschauern ein rein sexistisches Interesse am Frauenfußball unterstellt. Dass sie ins Stadion gehen, um sich ein gutes Frauenfußballspiel anzuschauen, wird gar nicht für möglich gehalten. Ein sportlich interessiertes Publikum gewinnt man so sicher nicht.“

Groupietum, 500 Jahre zu spät

Nachdem ich in Rom gemerkt hatte, wie wundervoll das ist, sich mal wieder ein bisschen altes Zeug anzugucken, buchte ich am Wochenende äußerst spontan einen Flug nach München, um a) mit Frau Kaltmamsell gut essen zu gehen und b) vorher der Alten Pinakothek einen Besuch abzustatten. Ich sparte mir das gesamte Erdgeschoss, denn ich wollte nur eins: den Herrn Raffael wiedersehen, dessen Stanzen mich im Vatikan so beeindruckt hatten.

Vor den italienischen Malern bot der erste Stock aber erstmal ein paar Franzosen, Holländer und Flamen. (Nein, keine _innen.) Ein paar Bilder notierte ich mir, um sie zuhause in Ruhe zu ergoogeln, weil sie mir so gut gefallen haben, dass ich mehr über sie wissen wollte. Über die meisten erzählte mir freundlicherweise der hervorragende Audioguide etwas. Mit den Dingern stehe ich manchmal auf Kriegsfuß – das letzte Mal schleppte ich sie im Grünen Gewölbe mit mir rum, und da reichten zehn Minuten, um sie mir zu verleiden. Den hier kann ich aber weiterempfehlen: Die Infos sind gefühlt um die fünf Minuten lang, nicht zu kurz, nicht zu schnarchig, die Sprecher_innen gut ausgewählt, und zu den meisten Bildern kommt ein Fakt, den man sich prima für Small Talk merken kann. So zum Beispiel zu „Das Große Jüngste Gericht“ von Rubens, eines der größten Bilder, die je in Europa gemalt wurden. Der Saal, in dem das Bild hängt, wurde eigens dafür konzipiert – und der Rest des Museums wurde dann um diesen Raum herum gebaut. Das „Gericht“ ist das einzige Bild, das noch am gleichen Ort hängt, an dem es zur Eröffnung des Museums 1836 hing.

(Ich mag solche Geschichten.)

Im Vatikan hatte ich gelernt, dass man auch „punktuell“ durch ein Museum gehen kann, ja, dass das vielleicht sogar die schlaueste Methode ist, um sich nicht selbst zu langweilen. Also: nicht jedes Bild angucken bzw. vor jedem pflichtbewusst stehenbleiben, sondern sich die rauspicken, die einen sofort erwischen. Ich gucke mir im Cinemaxx ja auch nicht alle zehn Filme an, nur weil sie da sind, sondern nur den, den ich eben sehen möchte. Also ließ ich in jedem der Räume den Blick erstmal schweifen, sah sofort ein, zwei, drei Bilder, die mich anlachten, machte trotzdem brav eine Runde – manches sieht ja erst auf den zweiten Blick toll aus –, schlenderte aber doch relativ zielstrebig zu den Auserwählten und gönnte mir dann dort eine etwas längere Zeit. Es war leider nicht zu allen etwas auf dem Audioguide zu finden, aber deswegen notierte ich mir die Titel ja auch.

Eins der ersten Bilder, das mir auffiel – auch wegen seiner Größe, aber noch mehr wegen des Inhalts – war nochmal ein Rubens: „Der Höllensturz der Verdammten“. Vor dem Gemälde kann man durchaus einen halben Tag zubringen, um alle Figuren zu erfassen, die dort ins Fegefeuer stürzen. Es kam mir sehr modern vor, und ich habe mich an Moores und Gaimans Comics erinnert gefühlt. (Nein, ich behaupte, damit tue ich weder Herrn Rubens noch den anderen beiden Jungs unrecht.)

Ein kleiner Ausgleich: die weltliche Pracht des „Obst- und Gemüseladens“ von Frans Snyders. Sieht in Wirklichkeit deutlich schmackhafter aus. Und wenn man nach dem Mann googelt, findet man noch viele weitere leckere Stillleben.

Dann fiel mir Tintorettos „Bildnis eines Jünglings mit einer Skulptur der Lucretia“ ins Auge, weil es zwischen der ganzen Farbenpracht und dem Jesus-Maria-Apostel-Overkill sehr herausstach. Es sieht fast schwarzweiß aus, so stark ist der Kontrast zwischen dem dunkel gekleideten Jüngling und der weißen Statue, an der er lehnt. (Finde ich nicht bei Google. Hm.)

Und dann kam ein Bild, das ich von nun an als mein neues Lieblingsbild bezeichne (sorry, Seerosen): „Die mystische Vermählung der hl. Katharina“ von Lorenzo Lotto, der mir vorher, ehrlich gesagt, unbekannt war. Weder mein Monitor noch das Buch, das ich sofort im Museumsshop erwarb, kann die Farbpracht auch nur annähernd wiedergeben, die einem entgegenleuchtet, wenn man vor dem Werk steht. Es erzeugt eine tiefe Ruhe, der knarrende Fußboden ist auf einmal egal, die Schulklasse im Raum hinter einem auch, ich versank völlig in den Falten der Gewänder, dem ruhigen Gesicht von Maria und dem weichgrünen Vorhang, der die Intimität der Szene noch verstärkt. Ein wunderschönes Bild, und mir fehlen absolut die Worte, es adäquat zu beschreiben. (Und mir fehlt die Fähigkeit, das iPhone ruhig zu halten.)

Von Fra Filippo Lippi mochte ich besonders „Maria mit dem Kind“, das Google nur in winzig ausspuckt bzw. anscheinend hat der gute Mann 700 Bilder gemalt, in denen die Worte „Maria“, „Madonna“, „Kind“ etc. vorkommen. Ich meine das hier. Die Gesichter waren nicht so plüschig wie die meisten anderen, und die Details sind so feinziseliert, dass es sehr neu aussieht. Klingt blöd, weiß ich, aber es wirkt eben, als wären die Ärmel gestern bestickt worden, weil sie heute noch so golden schimmern.

Verstörend, selbst wenn man christlichen Motiven nichts abgewinnen kann: „Die Beweinung Christi“ von Botticelli. Auch hier muss man davorgestanden haben, anstatt einen Link anzuklicken. Die Farbigkeit ist nicht so intensiv wie bei Lotto, aber die verzerrten Gesichter und die dramatischen Posen haben mich sehr gefangen. Und auch hier: Es sieht nicht so aus, als sei es 500 Jahre alt. Die Figuren haben mich an Picasso und den Kubismus erinnert, denn sie sind nicht ganz perspektivisch korrekt bzw. eindeutig nicht so gemalt, als sollten sie ein Abbild sein. Die erschienen mir wie Sinnbilder, und sie sind nicht so rund, wie sie unter dem Link aussehen. Mir kamen sie sehr scharfkantig vor; man fühlt mit ihnen, was sie fühlen. (Verdammt, Bilder zu beschreiben ist noch schwieriger als Wein!)

Und dann kamen schließlich die drei Werke von Raffael, für die ich den Flug gebucht hatte. „Die Heilige Familie aus dem Hause Canigiani“, „Die Madonna Tempi“ (das ist die Dame oben in diesem Posting) und „Die Madonna della Tenda“. Alle drei scheinen von innen zu strahlen, und wenn man den Saal betritt und sich einmal umschaut, bleibt man sofort an ihnen hängen. Ich weiß schon gar nicht mehr, was noch an den Wänden war. Ich setzte mich erstmal direkt vor sie und gucke einfach zehn Minuten vor mich hin. Auch sie verströmen eine ganz eigene Ruhe, fast eine Aura. Während andere Bilder, zum Beispiel der bewegte „Höllensturz“ voller Aktion sind, sind diese drei eine Momentaufnahme – aber die scheint sich zur Ewigkeit auszudehnen. Alle Figuren fühlen sich bewusst an, in ihrem Tun gefestigt, so dass das, was sie gerade machen, nie an Gültigkeit verlieren wird.

Danach schlenderte ich noch an ein paar Holbeins und Dürers vorbei, und das war auch alles wunderbar, aber ich glaube, ich habe mein Herz an die italienische Renaissance verloren. Obwohl ich mich durchaus auch von Treppenhäusern in Museen beeindrucken lasse.

Ich weiß nicht, warum mich die Kunst gerade jetzt so erwischt. Vielleicht ist es noch ein Rom-Nachklingen, vielleicht musste ich erstmal gestresst genug sein, um zu spüren, wie wundervoll es ist, sich von der Ruhe und Präsenz eines Bildes einfangen zu lassen, vielleicht ist es eine Altersfrage. Aber auch wenn das alles gerade nicht auf euch zutrifft, kann ich euch die Alte Pinakothek sehr ans Herz legen. Ich habe zwei Stunden in ihr zugebracht, aber sie scheinen nicht aufzuhören.

Spaghetti cacio e pepe

Habe ich in Rom mehrmals gegessen und seit meiner Rückkehr auch. Dafür probierte ich verschiedene Rezepte aus, denn selbst aus so simplen Zutaten wie Nudeln, Käse und Kochwasser kann man bei nicht artgerechter Behandlung Müll zaubern in Form eines Käseklotzes, der nach Salzwasser schmeckt.

In einigen Rezepten fand ich auch Butter und Sahne und Olivenöl, aber ich weiß jetzt, dass die Methode mit dem Öl diejenige ist, die bei mir klappt. Achtung, es folgt ein total kompliziertes Rezept.

Spaghetti bissfest kochen. Nicht abgießen.

Währenddessen in einer Pfanne einen Schwung Olivenöl erhitzen und ein paar schwarze Pfefferkörner darin anrösten. Das aromatisiert das Öl, und auch wenn man einfach gemahlenen Pfeffer über das Gericht hauen könnte: Probiert das mal aus. Der Duft! Die Pfefferkörner nach ein paar Minuten aus dem Öl fischen und im Mörser zerstoßen.

So viel Pecorino, wie man haben will, reiben.

Die gekochten Nudeln aus dem Wasser fischen und ins Öl umsiedeln, den Käse drüber, den Pfeffer drüber und noch so ein, zwei kleine Kellen Kochwasser. Alles umrühren, bis es ein bisschen saucig geworden ist und sofort verspeisen. Ach ja, und je mehr Pfeffer, desto besser. Wirklich. Haut einfach noch was drauf.

Die öllose (oh, das Wort sieht hübsch aus) Variante: Nudeln abgießen, Wasser auffangen. Ein paar Kellen in eine Schüssel, Käse rein, mit dem Schneebesen zu einer Sauce verquirlen, Nudeln dazu, Pfeffer dazu. Hat bei mir nie funktioniert; ich habe immer Käseklumpen produziert. Vielleicht ist meine Schneebesentechnik nicht ausgereift genug.

Kettenreaktion

Das war nämlich so. Florian und ich (und noch ein paar andere) waren im Februar beim Mixed Grill in London. Dort gab es während der Veranstaltung einen Perlwein zu trinken, der völlig an mir vorbeigegangen ist. An Florian nicht, denn der kontaktierte den französischen Hersteller, der ihm eine Kiste nach Hamburg schickte.

Kurze Zeit später organisierte Florian den Burger Thursday im Hamburger betahaus. Als kleines Goodie schenkte er jedem, der wollte, ein winziges Glas dieses Perlweins ein, der sich Le 7 nannte, und meinte, er könne da bei Interesse eine Großbestellung organisieren.

Ich liebe Sekt. Und Prosecco. Und Champagner. Und seit meinem Rom-Besuch Franciacorta. Alles, wo Blubber drin ist, ist meins. Und wenn es bunt ist, ist es noch meinsiger. Daher bestellte ich flugs zwei Kisten, die anderen bestellten ebenfalls, und wir warteten auf die Lieferung.

Die traf vor kurzem ein, und am Samstag brachte mir Malte (nochmals vielen Dank) meine zwei Kistchen an die Haustür. Die erste Flasche wurde sofort geköpft, und seitdem jammere ich, dass ich Horst nur zwei Kisten bestellt habe und nicht 20.

Der Rosé Véritable méthode ancestrale von Domaine du Fontenay hat lockere 9% Alkohol. Ein tiefer Geschmack nach Holunder und ein bisschen Rhabarber, ein Hauch Hefe ist noch zu erahnen, und ich behaupte, im Mund bleiben ein paar Walderdbeeren zurück. Dazu ein leichtes Prickeln, nicht so billig wie bei Sekt, nicht so protzig wie bei Champagner, genau richtig für den Sommer oder für jede Jahreszeit, die gute Laune verdient hat.

Allem Anfang, den ich auch über Florian in London kennengelernt habe und der meinen Lieblingsweißwein auf der Karte des St Johns Bread and Wine aussuchte, hat über Le 7 etwas mehr geschrieben, genau wie Originalverkorkt. Beide erwähnen, wer Le 7 außer uns ebenfalls mag: Das noma, das angeblich beste Restaurant der Welt, hat auch ein paar Kisten geordert. Ihr könnt das hier tun.

Und das finde ich so lustig an diesen Ketten. Dass ich in Hamburg sitze, glücklich an einem französischen Perlwein nippe und mir vorstellen kann, in Kopenhagen zu sein. (Und darüber jammere, das nur noch elf Flaschen lang zu können.)

Musterbeispiel

Für mein Büchlein beschäftigte ich mich auch Medienbildern – also den massenhaften Fotos von Frauen, die uns als „Norm“ präsentiert werden, was sie in den seltensten Fällen sind. Um einen Fakt aus dem Buch vorwegzunehmen: Das durchschnittliche Model ist heute 1,80 m groß, wiegt um die 55 kg und hat meistens zu wenig Körperfett, um zu menstruieren. Trotzdem werden diese Ausnahmeerscheinungen uns als „normal“ und „erstrebenswert“ präsentiert.

Wenn man sich über derartigen Quatsch aufregt, bekommt man des Öfteren zu hören: „Mich stört das nicht. Ich weiß ja, dass Models nicht „normalen“ weiblichen Körpern entsprechen. Ich kann das unterscheiden.“

Wie sehr diese Bilder uns und unsere Wahnehmung von „normal“ beeinflussen, kann man gerade hervorragend bei einer Spon-Bilderstrecke bewundern. Es geht um die Finalshow von Germany’s Next Top Model (zum Sinn und Unsinn dieser Sendung sage ich mal nix), in der Lady Gaga aufgetreten ist. Ich persönlich halte den Körper von Lady Gaga auch schon für schlanker als den Durchschnittskörper (50% aller Amerikanerinnen tragen Größe 42 und drüber, bei uns sieht es ähnlich aus) – aber seht selbst, was passiert, wenn man sich durch die folgenden sieben Bilder klickt. Auf den ersten sieht man die hyperschlanken Finalkandidatinnen und die ebenso hyperschlanke Frau Klum – und dann die schlanke Lady Gaga.

Und dann erzählt mir nochmal, dass diese Fotos nicht auch an eurer Wahrnehmung drehen.

Edit: Post von Lu.

„Moin Anke,

da muss ich nun aber doch mal meinen Senf zu Deinem Eintrag zu den „normalen“ Frauen und den Wahrnehmungen loswerden, aus einem anderen Blickwinkel allerdings.

Du schreibst:

Wie sehr diese Bilder uns und unsere Wahnehmung von „normal“ beeinflussen, kann man gerade hervorragend bei einer Spon-Bilderstrecke bewundern. Es geht um die Finalshow von Germany’s Next Top Model (zum Sinn und Unsinn dieser Sendung sage ich mal nix), in der Lady Gaga aufgetreten ist. Ich persönlich halte den Körper von Lady Gaga auch schon für schlanker als den Durchschnittskörper (50% aller Amerikanerinnen tragen Größe 42 und drüber, bei uns sieht es ähnlich aus) – aber seht selbst, was passiert, wenn man sich durch die folgenden sieben Bilder klickt. Auf den ersten sieht man die hyperschlanken Finalkandidatinnen und die ebenso hyperschlanke Frau Klum – und dann die schlanke Lady Gaga.

Die Durchschnittsfrau trägt in der Tat zwischen 40 und 42, wobei sie sich im normalen Feld bewegt. Aber genau so wie Du Toleranz forderst, und sagst: Auch dicke Körper können gesund sein, genau so sage ich: Ja, und auch schlanke Körper können das und sind das. Nicht jede Frau um die 1,75 mit 60 Kilo hat Mensisprobleme, und erst recht keine junge Frau. Die Mädchen, die bei der aktuellen Staffel von GNTM liefen, hatten durch die Reihe weg sportliche, schlanke Körper (Also die späteren Top 10) Es wurde diesmal nicht auf magere Störche gecastet, sondern wirklich auf Mädchen, die Kondition haben und sportlich sind. Heidi Klum ist nicht hyperschlank, jedenfalls nicht in meinen Augen, sondern hat für eine mehrfache Mutter und ihr Alter eine wirklich gute Figur. Und das ist der nächste Knackpunkt:

Die von Dir als hyperschlank wahrgenommenen Mädchen sind in einem Alter, wo sie noch so sein dürfen. Zwischen 16 und 18 sind sie noch nicht komplett ausgewachsen, die Körper haben noch Wachstumsschübe, was ihnen oft noch zu diesen unweiblichen, sehr geraden Beinen verhilft etc. Das alles ändert sich ab spätestens 20 wenn die weiblichen Hormone zuschlagen, die Drüsen anders arbeiten, wobei sich dann auch verschieben würde, dass sie tatsächlich zu dünn sind, würden sie so bleiben. Das bedeutet nämlich für die meisten dann starke Entbehrungen, um als Frau noch einen mädchenhaften Körper zu behalten. Lady Gaga ist schon 25 und groß wie eine Bierdose. Da drückt sich der Po mal zusammen, wenn sie tanzt J

So, das wollte ich einmal kurz loswerden. Toleranz für die schlanken, jungen Fohlen, und Hut ab für Frau Klum (die nach jedem Baby immer mit Herrn Kirsch geackert hat, und auch sagt, dass es Arbeit und nicht Glück ist, wenn man wieder in Form kommen muss.)“

Meine Antwort (natürlich habe ich Lu um Erlaubnis gefragt, ob ich unseren Mailwechsel abdrucken darf):

Gnarg. Ich finde das inzwischen fast lustig, dass ich bei jedem Eintrag oder Kommentar (wie neulich bei der Kaltmamsell) dazusagen muss: Ich hab nix gegen dünne Frauen. Von mir aus kann der ganze Rest der Welt dünn sein, solange ich weiter dick sein kann. Das schreibe ich sogar gleich an zwei Stellen im Buch, weil ich geahnt habe, dass der Spruch irgendwann kommt.

In meinem Blogeintrag geht es nicht darum, ob dünn oder dick gesund ist oder normal oder was weiß ich. Vielleicht war das geringe Körperfett der Auslöser für deinen Kommentar, aber mir ging es um den Blickwinkel, der sich verschiebt, wenn man die ganze Zeit sehr dünne Frauen vorgesetzt kriegt – und auf einmal sieht eine „normale“ Frau eben dick aus. Das ist alles.

Und dass eine 1,75-Frau mit 60 Kilo menstruiert, stelle ich auch nirgends in Abrede. Aber 1,80 und 55 ist für mich einfach extrem. Nicht ungesund, nicht eklig, sondern extrem und alles andere als „normal“. (Auch das Wort schreibe ich im Buch konsequent in Anführungszeichen.)

Zitronen-Thymian-Huhn mit dem tollsten Weißwein aller Zeiten

Wenn mich ein Fleischrezept anspringt, muss es schon verdammt gut sein, denn ansonsten lasse ich mich ja neuerdings eher von vegetarischen Rezepten anspringen. Das hier habe ich über Björn Freitag gefunden, dem ich auf Twitter folge, und es sprang mich völlig zu Recht an. Ganz simpel zuzubereiten, wenige Zutaten, kein Schnickschnack. Perfekt für einen entspannten Sommerabend.

Ein Bio-Huhn füllen mit
2 Bio-Zitronen, geviertelt,
1 Bund Thymian,
1/2 Knolle jungem Knoblauch,
Meersalz und
schwarzem Pfeffer.

Im Originalrezept stand was von einer halben Zehe, aber ich behaupte, Knolle passt besser. Das Huhn auf einem Gitter in den Ofen schieben und in der Schiene darunter ein tiefes Blech einschieben, das mit

500 ml Wasser

gefüllt ist. Im auf 180° vorgeheizten Ofen für circa 90 Minuten braten; bei uns waren es 15 Minuten mehr. Das Huhn tranchieren und währenddessen ein Sößchen zaubern. Dazu den aufgefangenen Bratensaft mit

200 ml Weißwein und
200 ml Geflügelfond (bei uns Gemüsebrühe) auf ein Drittel einkochen lassen und mit
1 EL Butter aufmontieren.

Das Originalrezept wollte dazu Polenta mit Pinienkernen, gerösteten Zwiebeln und Pecorino – habe ich gemacht, fand ich aber zu geschmacksintensiv zum Huhn. Ich war absolut glücklich nur mit ein bisschen Fleisch, das herrlich duftete und ganz sanft nach Zitrone und Thymian schmeckte, und einem Klecks Sauce, bei der die Zitrone so richtig durchknallte.

Dazu gab’s meinen liebsten Weißwein, den ich in London im St. John Bread and Wine das erste Mal getrunken habe. Ich zitiere mich mal eben selbst: „Ein Muscat sec von Domaine Boudau 2010. Die Nase sagt: Bergamotte-Tee, der unter gelben Bäumen serviert wird. Und der Gaumen sagt gar nichts mehr, sondern wirft sich ergeben dem Stoff zu Füßen: viel, viel Frucht, ohne süß zu sein, viel, viel Kraft, ohne den Kopf zu plätten, ein ganz großer Mund, eine ganz leichte Säure, und über allem eben diese Bergamotte-Note, die vom Gebirge runterweht und ein bisschen Schnee mitbringt. Sowas habe ich noch nie getrunken, aber davon brauche ich jetzt dringend eine Kiste.“

Diese Kiste ist inzwischen bei mir angekommen. Der Winzer liefert leider nur nach Frankreich und Monaco, aber Google verrät einem mehrere Shops in Deutschland. Ich persönlich bestellte bei Karl Kerler in Nürnberg* und bin mit Liefergeschwindigkeit und Service sehr zufrieden – bei meiner Adresse hatte sich ein kleiner Fehler eingeschlichen, weswegen die kostbare Kiste wieder zum Versender zurückging. Nach einem freundlichen Mailwechsel bekam ich den Schatz ohne erneue Kosten nochmals zugeschickt. Danke dafür.

Inzwischen kann ich den Geschmack auch noch etwas genauer definieren: Der Schnee vom Gebirge erinnert mich an Eisbonbons. Ganz kühle, klare Eisbonbons, die nach Earl Grey schmecken, ohne die Klebrigkeit von Bollos zu haben oder die lauwarme Langeweile von Teebeuteln. Stattdessen duftet einem eine eisige Glasplatte entgegen, auf der das Aroma aufgetragen scheint, und genauso schmeckt der Wein dann auch. Klar definierte, deutliche Geschmacksnoten, nicht das üblich diffuse „irgendwas mit tropischen Früchten“ oder „mineralisch“. Der Wein bleibt nicht übermäßig lange am Gaumen, macht den Mund aber ganz groß und steigt bis in die Nase. Und: Er verändert sich nicht großartig, ganz egal, ob man dazu Zitronenhuhn isst oder – gerade beim Tippen ausprobiert – Honigbrötchen.

Ich kriege mich seit gestern abend nicht mehr ein über diesen Wein, denn er ist der einzige, den ich – behaupte ich mal – aus allen anderen Weißweinen, die ich in den letzten zwei Jahren getrunken habe, herausschmecken würde, so einzigartig finde ich seinen Geschmack.

(Wir brauchen kein Duftfernsehen. Wir brauchen Geschmacksblogs!)

* Wie mir ein freundlicher Leser gerade (Dienstag mittag) mitteilt, ist bei Herrn Kerler der Muscat übers Wochenende ausverkauft worden. Was mich in die knifflige Lage bringt, entweder weiter über meine Lieblinge zu schreiben und sie dann selber nicht mehr zu kriegen, weil meiner Leserschaft sie ordert, oder alle Kostbarkeiten für mich zu behalten, was total asig wäre.

O-Ton Niggemeier: „e-kel-haft, wie dir deine leser einfach blindlings folgen, e-kel-haft. einen wein- und fressmob kommandierst du da!“

Ich signiere meine Mails jetzt nur noch mit „Geliebte Führerin“

Klatschrose

Wenn Sie sich bitte mal das Blog von Frau Klatschrose angucken mögen? Das ist nämlich ziemlich schön. Bisheriger Favorit (ich lese das gerade von vorne nach hinten durch) sind diese wunderbaren zehn Ratschläge, mit denen man prima durchs Leben kommt.

„Interesse am System“

Interview von n-tv mit Hans-Ullrich Grimm:

Gibt es denn angesichts der wachsenden Weltbevölkerung eine Alternative zur massenhaften Produktion von Lebensmitteln?

Ich war in China, um genau dieser Frage nachzugehen. Zu meiner Überraschung stellte sich heraus, dass die dort zu größten Teilen von einer kleinbäuerlichen Landwirtschaft ernährt werden. Ich war in Peking auf dem Großmarkt, der die Stadt mit ihren 15 bis 18 Millionen Einwohnern beliefert. Der Markt wird, sagte mir der Leiter, von 80 Millionen Kleinbauern beliefert. Man kann die Menschheit der Zukunft durchaus kleinbäuerlich ernähren. Die Frage ist, ob das jemand will. Vom jetzigen System profitieren halt unglaublich viele. Allein die spanischen Gemüsebauern haben jetzt angeblich einen Schaden von 200 Millionen Euro pro Woche. Nur mit Gurken und dergleichen. Wer 200 Millionen umsetzt pro Woche, hat ein massives Interesse an diesem System.“

(via Lus Gefacebooke)