Under the Tuscan Sun

Under the Tuscan Sun (Unter der Sonne der Toskana): Pseudo-Feelgood-Filmchen, das zwar versucht, einen Hauch feministisch daherzukommen, aber doch im Endeffekt daraus hinausläuft, dass wir Mädels nur den richtigen Kerl brauchen, um mal wieder übers hübsche Gesichtchen zu strahlen.

Diane Lane spielt eine frisch geschiedene Amerikanerin, die im Italien-Urlaub spontan ein Haus in der Toskana kauft. Warum auch nicht? Bis hierhin (immerhin 20 Minuten) fand ich den Film gut; Diane Lane ist einfach klasse, der Tonfall war angemessen frech und ehrlich statt betroffen-buhu, und die Storyline ließ hoffen. Denn die Grundidee, einfach dem Bauchgefühl nachzugeben, um das Leben in neue Bahnen zu lenken, ist eine schöne und unterhaltsame. Mit dem Kauf des ach so idyllischen Häuschens, das trotz Bruchbudenstatus aber immer total schnuffig aussieht, geht der Film allerdings ziemlich den Bach runter. Bilderbuch-Italiener, Großaufnahmen von Fressorgien, asiatische Lesben, die Mutter werden, polnische Wanderarbeiter, die eigentlich Literaturprofessoren sind, Jugendliche, die sich verlieben und Väter, die dagegen sind – Ethno-Klischees galore und das noch nicht mal spannend. Einige wenige Augenblicke hat der Film, wo man mal nicht das Gesicht verzieht vor soviel Zuckerguss und Midlife-Crisis-Gequatsche, aber die retten den Film auch nicht. Wenn Diane Lane nicht wäre, hätte ich nach einer halben Stunde aufgegeben.

Runaway Jury

Runaway Jury (Das Urteil): klassische Grisham-Verfilmung. Man weiß von Anfang an, wer die Guten und wer die Bösen sind, und man ahnt auch, dass die Bösen auf die Fresse kriegen – das einzige, was diese Art Film spannend macht, ist die Art, wie sie auf die Fresse kriegen.

Runaway Jury hat mir allerdings genau in dem Punkt nicht so gut gefallen. The Firm fand ich raffinierter und bedrohlicher, The Rainmaker fand ich sehr dicht und charakterlich ausgefeilter, A Time to Kill (Ja, liebe „Übersetzer“, den deutschen Titel Die Jury hattet ihr hier ja schon verbraten, wenn ich mir auch ziemlich sicher bin, dass eine Jury im Deutschen keine Geschworenen sind) gefiel mir gut, weil gleich drei Schnuckel dabei sind, namentlich Matthew McConaughey, Kevin Spacey und natürlich Kiefer, und weil ich die Story um Rassenhass in den Südstaaten spannender fand als die banale „Böse Waffenindustrie gegen arme Witwe“-Geschichte.

In Runaway Jury versammelt sich zwar auch eine schöne Starriege (Dustin Hoffman, Gene Hackman, Hasimaus John Cusack und Rachel Weisz), aber irgendwie gingen mir fast alle Charaktere auf die Nerven. Und daher auch der Film, der außerdem mit über zwei Stunden eindeutig zu lang für das bisschen Story geworden ist.

Fahrenheit 9/11

Fahrenheit 9/11 (USA, 2004)

Buch & Regie: Michael Moore

Ich mag Michael Moore nicht. Ich mag seine „Ich bin auf der Seite des kleinen Mannes“-Attittüde nicht, die er gerne benutzt, um mit Halbwahrheiten und Stammtischsprüchen durchzukommen. Ich halte Bowling for Columbine für eine billige Schmierenkomödie. Und so bin ich in Fahrenheit 9/11 reingegangen und habe die übliche Grütze aus Selbstinszenierung und Jahrmarktsunterhaltung erwartet.

Schön, dass ich ziemlich daneben lag.

Fahrenheit 9/11 ist eine Dokumentation (auch wenn ich das Wort im Zusammenhang mit Herrn Moore vorsichtig verwenden möchte) über die Wahl von George W. Bush zum Präsidenten, über seine Ineffizienz im Amt, über die Geschehnisse am 11. September und über den Weg in den Irak-Krieg.

Der Film schwört uns auf die richtige Linie ein, noch bevor die Flugzeuge in die Twin Towers krachen: Er stellt zunächst in Frage, ob George Bush überhaupt rechtmäßiger Präsident der Vereinigten Staaten ist. Er erinnert an die seltsamen Unregelmäßigkeiten bei der Stimmauszählung in Florida, wo zunächst Al Gore als Sieger und damit als neuer Präsident ausgerufen wurde, bis es plötzlich hieß, George Bush habe die Wahl gewonnen. Und schon kommt der übliche Michael Moore-Unterton aus dem Off: Ob es nicht praktisch sei, dass Bushs Bruder in Florida Gouverneur war? Moore kann nicht beweisen, dass Bush die Wahl wirklich gefälscht hat, aber er kann es fragend in den Raum werfen – und wir haben es im Hinterkopf.

Diese Art der „Informationsvermittlung“ ist das, was ich Michael Moore ankreide. Entweder er hat Beweise für seine Behauptungen – dann her damit. Oder er hat sie nicht – dann halt die Klappe. Aber solange er nicht mit absoluter Sicherheit sagen kann, ja, George Bush hat die Wahl gefälscht, ist es eine miese Unterstellung. Wobei ich die erste wäre, die sich über derartige Beweise freuen würde, denn – und da bin ich ganz Moores Meinung – dieser Präsident ist gefährlich und sollte auf keinen Fall wiedergewählt werden. Aber gerade weil ich Moores Meinung bin, kann ich es nicht leiden, wenn er eine Sache, mit der er absolut Recht hat, journalistisch nicht ganz sauber präsentiert und sie damit angreifbar macht.

Einige weitere Momente im Film kriegen ebenfalls Minuspunkte von mir. Als Moore über die Coalition of the Willing berichtet, die an der Seite der USA in den Krieg ziehen, nennt er seiner Meinung nach ziemliche Idiotenländer und bebildert sie dementsprechend. Er stellt in Frage, ob Länder wie Rumänien (wo wir Bela Lugosi als Dracula sehen) oder die Niederlande (Kiffer mit Riesen-Bong) eine Hilfe waren. Der Punkt, den er damit machen wollte, ist mir nicht klar. Ich hätte gerne gehört, dass Bush und seine Administration nicht nur die USA, sondern auch den Rest der Welt getäuscht haben, um Verbündete zu finden. Stattdessen soll ich darüber lachen, wie komisch fremde Völker drauf sind?

Und wenn er Bush, Rumsfeld, Cheney und Blair als die Jungs von der Bonanza-Ranch zeigt, geht das wieder in die Ecke der Dummen im Publikum: „Hey, falls ihr es noch nicht wusstet – Bush ist aus Texas und damit doof.“ Nur nebenbei: Bush ist ein waschechter Ostküstler, und auch der Cowboyhut macht ihn noch nicht per se zum Idioten. Das, was ihn zum Idioten macht, sind Momente, die mir schon im Trailer den Atem haben stocken lassen: Wenn Mr. President markig in die Kamera tönt, wie sehr wir uns dem Terrorismus entgegenstellen sollen – nur um sich dann wieder seinem Golfschläger zuzuwenden und keck zu sagen: “Now watch this drive.” Derartige Bilder zeigen die völlige Naivität (oder die grenzenlose Arroganz) des Staatsoberhaupts viel besser als alberne Montagen.

Andere Bilder wiederum haben mich davon überzeugt, dass ich Moore diesmal seine kleinen Ausrutscher durchgehen lassen möchte. Denn was er sonst noch zu sagen und zu zeigen hat, hat mich entweder tief berührt oder einfach fassungslos zurückgelassen. Er erspart uns zum Beispiel die Bilder vom World Trade Center. Nach dem Vorspann bleibt die Leinwand schwarz, aber wir hören den anfliegenden Jumbo und den Einschlag. Wir hören Weinen, Schreie, Feuerwehrsirenen, dann wird das Bild hell, und wir sehen Tausende von Papierseiten durch die Straßen von Manhattan fliegen. Ich war selbst davon überrascht, wie sehr ich die Bilder vom Feuerball und den stürzenden Menschen schon im Kopf hatte. Der Ton hat gereicht, um mich zum Weinen zu bringen.

Welche Bilder Moore uns allerdings nicht erspart, sind die, die die amerikanische Regierung gerne nie gesehen hätte: die Bilder der Särge mit amerikanischen Flaggen, die Bilder von verwundeten oder getöteten Irakis, die Bilder von schreienden, sterbenden GIs. Und dieser Bildermacht stellt er eine selbstgefällige Führungsriege gegenüber, die, laut Moore, wusste, dass der Irak nichts mit dem 11. September zu tun gehabt hat und die trotzdem einen Krieg wollte; die vor den Anschlägen verkündet hat, der Irak sei keine Gefahr; die Terrorwarnungen einfach igorierte, ja, sie nicht hören wollte; die gezielt eine Atmosphäre von Angst und Panik geschürt hat, um die Bevölkerung dazu zu bringen, einem Krieg zuzustimmen; die an Firmen beteiligt ist, die horrende Gewinne durch den Krieg einfahren – und einen Präsidenten, dem nichts Besseres einfällt, als dass Saddam Hussein seinen Daddy habe töten wollen.

Aber Moore wäre nicht Moore, wenn er auch in Fahrenheit 9/11 nicht wieder seine Kleiner Mann-Tour fahren würde. Er saust in einem Eiscreme-Wagen ums Kapitol und verliest über Lautsprecher den Patriot Act, der Zivilrechte gravierend beschneidet und den anscheinend keiner der Abgeordneten gelesen hat, und er versucht mit Handzetteln, Mitglieder des Kongresses dazu zu bewegen, ihre Kinder in die Army und damit an die Front zu schicken.

Aber auch darüber wollte ich hinwegsehen, denn Moore holt Lila Lipscomb vor die Kamera, eine Frau, die ihren Kindern den Militärdienst empfiehlt, weil diese dadurch ihre Ausbildung finanzieren können, was sie selbst nicht kann. Das Unfassbare: Lila hat einen Sohn an der Front verloren. Und trotzdem glaubt sie an ihr Land, an das, wofür es steht und daran, dass es „gute“ Kriege gibt. Die Bilder von Lila, wie sie versteht, dass ihr Sohn umsonst gestorben ist und wie sie vor dem Weißen Haus vor Schmerz fast zusammenbricht, weil sie so fürchterlich wütend über ihre Regierung ist und weil sie so fürchterlich viel verloren hat, sind fast genauso schwer zu ertragen wie die Bilder aus Bagdad.

Fahrenheit 9/11 trägt auf jeden Fall die Handschrift von Michael Moore. Er ist mit dem fact checking diesmal etwas gründlicher gewesen als bei Bowling for Columbine – zum Glück, denn dieses Thema ist eine Ecke wichtiger als die Waffengesetze in den Staaten. Trotzdem konnte ich das ungute Gefühl nicht ganz abschütteln, in einem fiesen Propagandafilm gesessen zu haben. Dass auch die Demokraten dem Irak-Krieg zugestimmt haben, wird mal kurz erwähnt, aber ansonsten ist das Feindbild klar. Ich hätte mir ein bisschen weniger REM und Neil Young im Hintergrund gewünscht und mehr sauber aufbereitete Fakten anstatt ironisch angehauchte Fragestellungen, die Wahrheit nur suggerieren.

Trotzdem bleibt als übergreifender Eindruck: Diese Regierung hat das amerikanische Volk (und wahrscheinlich auch den Rest der Welt) wissentlich getäuscht und in einen Krieg geschickt, der ideologisch und finanziell motiviert war, aber auf keinen Fall der Präventivschlag war, als der er verkauft wurde. Es bleibt die Fassungslosigkeit über diese Kaltschnäuzigkeit und Bösartigkeit – und die Trauer über die vielen unschuldigen Opfer. Fahrenheit 9/11 mag seine Macken haben, aber ich bin froh, dass es diesen Film gibt.

Sylvia

Sylvia: deprimiert-düster fotografiert, bieder gespielt, braves Drehbuch – das hat die faszinierende Sylvia Plath nicht verdient. Jedes Gedicht von ihr ist zehnmal aufwühlender als diese Schnarchnummer, und Gwyneth Paltrow war noch nie so berechenbar. Nach einer Stunde in die Tonne gekloppt.

House of Sand and Fog

House of Sand and Fog (Das Haus aus Sand und Nebel): einer von den Filmen, bei denen man am Anfang schon weiß, dass es böse ausgehen wird. Wir sehen Ambulanzwagen von einem Haus wegfahren, ein Polizist fragt die verheulte Jennifer Connelly: “Is this your house?” worauf sie nicht antwortet und die zurückliegende Handlung beginnt.

Es geht um dieses Haus. Es geht um Kathy (Connelly), die ihre Steuern nicht bezahlt hat und nun das Haus ihrer Familie an den Staat verliert. Es geht um den iranischen Colonel Behrani (Ben Kingsley), der mit seiner Familie das Haus kauft, was Kathy nicht hinnehmen will. Ein Streit entbrennt, Kathys Freund mischt sich ein, die Situation eskaliert. Die Geschichte überrascht mit einigen Wendungen, endet aber trotzdem relativ konventionell für ein Drama, vielleicht sogar ein bisschen zu dick aufgetragen.

Was den Film sehenswert macht, sind seine gelungene Charakterstudien. Jede Figur wird in wenigen Szenen und Dialogen umrissen; es wird ein klares Bild gezeichnet, was im Laufe des Film aber mehrmals verwischt und neue Konturen bekommt. Die Entwicklung der Figuren ist stimmig und trotzdem überraschend; das Tempo langsam, aber sehr angemessen. Einzig die vielen Geigen von James Horner im Hintergrund tragen ein wenig zu dick auf, aber ansonsten bleibt von House of Sand and Fog eine beeindruckte Stimmung zurück. Beeindruckt von der Unausweichlichkeit mancher Dinge und dem vergeblichen Wunsch, vielleicht doch etwas ändern zu können.